Das Joint Venture: Gesellschaftsrechtliche Aspekte eines Joint Ventures
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Gesellschaftsform
In der Regel wünschen die Partner eines Joint Ventures einerseits eine Beschränkung ihrer Haftung und anderseits eine Limitierung ihres finanziellen Einsatzes. Deswegen werden als Rechtsform normalerweise Kapitalgesellschaften mit Haftungsbeschränkung gegründet, Nur in besonders geeigneten Fällen werden Gesellschaftsformen mit unbeschränkter Haftung gewählt. Welche Rechtsform innerhalb der Kapitalgesellschaften ausgewählt wird (AG, GmbH usw.), ist eine Detailfrage, die in jedem Einzelfall gesondert durch spezielle Rechts- und Steuerberater zu entscheiden ist.
Umfassend zu prüfen ist dabei die Frage, ob eine Haftungsbegrenzung auf das einbezahlte Kapital wirklich eintritt, namentlich unter den Gesichtspunkten des Gesellschafts- und Konzernrechts, des Investitionsrechts, des Produktehaftungsrechts (im Hinblick auf Technologievergabe und Zulieferungen) sowie des Arbeits- und Steuerrechts. Überdies kann die Haftungsbegrenzung auch durch Landesrecht durchlöchert werden, z.B. durch Bestimmung des Fusionsgesetzes über Gläubigerschutz und Angestellte. Ähnliche Bestimmungen können auch im Ausland zu beachten sein.
Sitz und Rechtswahl
Gleichzeitig ist die Frage zu entscheiden, welchen Sitz die gewählte Kapitalgesellschaft haben soll. Insbesondere bei marktorientierten Joint Ventures wird man in der Regel einen Sitz im Zielmarkt wählen.
Von der Frage des Sitzes eines Joint Ventures (Ort der tatsächlichen Geschäftsführung) ist die Frage nach dem Gründungsstatut zu unterscheiden: Manche Länder (insb. England und die USA) folgen bei der Beurteilung der Rechtsfähigkeit einer Kapitalgesellschaft der so genannten Gründungstheorie und erlauben damit das Auseinanderfallen von Gründungsstatut und Gesellschaftssitz.
Typischerweise enthalten Joint Venture-Verträge Rechtswahlklauseln mit der Konsequenz, dass der Gesellschaftsvertrag der Kapitalgesellschaft zwingend dem Recht des Sitzes unterliegt und der Joint Venture-Vertrag einem anderen frei gewählten Recht.
In der Praxis enthalten Joint Venture-Verträge Rechtswahlklauseln, so dass das Problem einer Bestimmung des anwendbaren Rechts anhand bestimmter Anknüpfungskriterien in der Praxis umgangen wird. Der äusserst komplexen Frage, nach welchem Recht und nach welchen Rechten kraft internationalem Privatrecht in Ermangelung einer Rechtswahlklausel ein Joint Venture-Vertrag zu beurteilen wäre, wird hier nicht weiter nachgegangen. In der Praxis ist zu beobachten, dass Joint Venture-Verträge oft ‹neutralen Rechten› unterstellt werden, d.h. weder Rechten des Sitzes der Kapitalgesellschaft noch der massgeblichen Mütter. Oft befürchten die Parteien, ihnen könnten einzelne zwingende Bestimmungen des Landesrechts eines andern Vertragspartners nicht bekannt sein. Manchmal bestehen zwingend anwendbare Normen, z.B. Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Devisenrecht, Investitionsrecht der betroffenen Staaten, bei denen keine Rechtswahl möglich ist. Manchmal enthalten auch die Separatverträge (Engineering, Lizenz, Know-how, Turnkey usw.) eine eigene Rechtswahlklausel. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass bei Joint Venture-Verträgen sehr häufig mehrere Rechtsordnungen anwendbar sind.
Umfang der Beteiligung (Kapitalanteile)
Bei der Gestaltung eines Joint Venture-Konzeptes ist die wichtige Grundsatzfrage zu entscheiden, wie die Kapitalanteile in der gegründeten Gesellschaft verteilt werden. Damit stellt sich gleichzeitig die Frage, welche Gesellschafter oder welche Gruppe von Gesellschaftern eine kontrollierende Mehrheit im Unternehmen erhalten soll. Die aus dem partnerschaftlichen Gedanken heraus auf den ersten Gedanken ideal erscheinende Konstellation, dass zwei Partner (oder zwei Gruppen von Aktionären mit gleichgelagerten Interessen) gleich grosse Kapitalanteile erhalten sollen (50 zu 50), birgt die Gefahr unüberbrückbarer Patt-Situationen und ist daher in der Praxis schwierig und eher in der Minderzahl. Weitaus häufiger sind Joint Venture-Konstellationen, in denen einer der Partner die überwiegende Mehrheit besitzt. In der Praxis zeigt sich, dass Unternehmen meist eine der beiden folgenden Alternativen anstreben:
- Die absolute Mehrheit (allein oder zusammen mit befreundeten Unternehmen): In diesem Fall möchten die Unternehmer das ‹Ruder in der Hand› behalten. Dieser Ansatz setzt sich konsequenterweise in dem Wunsch fort, auch das Management zu bestimmen oder zu majorisieren. Die Kehrseite dieses Ansatzes ist, dass der Majoritätspartner einen entsprechend grossen Anteil an Finanzierungslast, Risiko und Betreuungsaufwand zu tragen hat;
- Deutliche Kapitalminderheit (z.B. 25% oder 33,1% oder darunter): Damit lässt sich das Finanzrisiko und der Betreuungsaufwand einschränken, wofür entsprechend geringe Einflussmöglichkeiten in Kauf genommen werden. In dieser Kategorie findet man auch Fälle, in denen Anlagenlieferanten (mehr oder weniger auf Druck der Besteller) geringe Kapitalanteile am Joint Venture übernehmen und diese intern sofort abschreiben.
Bei der Festsetzung der Prozentsätze wird namentlich abgestellt auf:
- gesellschaftsrechtliche Sperrminoritäten
- steuerliche Aspekte gemäss Doppelbesteuerungsabkommen
- bilanzielle Aspekte.
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Organe des Joint Ventures
Die von den Partnern entschiedene Kapitalstruktur hat unmittelbaren Einfluss auf die Besetzung der Organe der Joint Venture-Gesellschaft. Die Mehrheitsgesellschafter werden meist ein Interesse daran haben, die Aufsichts- oder Geschäftsführungsgremien ebenfalls zu majorisieren, und zwar dadurch, dass Vertrauensmänner der jeweiligen Gesellschafter in die Gremien (Board of Directors im englischen, conseil d’administration im französischen Rechtskreis) entsandt oder gewählt werden. Oft findet man, dass solche mit Vertretern der Partnerunternehmen besetzte Gremien sich nur in periodischen Abständen treffen und sich nur mit wesentlichen Fragen der Geschäftspolitik befassen, während das Tagesgeschäft von einzelnen angestellten Geschäftsführern oder Direktoren geleitet wird.
Die Frage der Organzuständigkeiten allein ist noch nicht ausreichend, um das Kräftespiel im Joint Venture festzulegen. Natürlich bedarf es auch der Festlegung, welche Partner in den Gremien vertreten sind und wie diese Gremien entscheiden. Dabei gibt es diverse Möglichkeiten, das Kräftespiel in den Organen abweichend von der Kapitalbeteiligung zu gestalten, namentlich durch
- Vereinbarung von Vetorechten (Sperrminoritäten)
- Gestaltung der Stimmrechte (Mehrheitsstimmrechtsaktien, Voting-Trusts, Poolung von Stimmrechten)
- Besetzung der Geschäftsführungsorgane durch Vertreter einzelner Partner über- oder unterproportional zu ihrer Kapitalbeteiligung
- Verlagerung von Kompetenzen auf andere Gremien (Exekutivkomitee, Beirat usw.) mit über- oder unterproportionaler Besetzung
- Abschluss von Managementverträgen für das Tagesgeschäft.
Welche Rechtsform ist geeignet?
Grundsätzlich kommen sämtliche Handelsgesellschaften, welche das schweizerische Recht kennt, in Frage. Wenig geeignet ist indessen von Vornherein die Genossenschaft, aber auch – aufgrund der regelmässigen Absicht der Partner der Joint Venture, die Haftung zu beschränken und den finanziellen Einsatz zu limitieren – die Kollektiv- und die Kommanditgesellschaft. Im Vordergrund stehen daher die beiden Rechtsformen der Aktiengesellschaft und der GmbH.
Aktiengesellschaft
In der Schweiz können sich hier einige Probleme ergeben.
Kern des Problems ist dabei mitunter Art. 716a des Obligationenrechts, der dem Verwaltungsrat unübertragbare und unentziehbare Aufgaben zuweist, namentlich die Oberleitung der Gesellschaft, die Festlegung der Organisation sowie die Finanzverantwortung. So ist der Verwaltungsrat der Joint Venture-Gesellschaft nichts anderes als ein Spiegelbild der zuständigen Führungsequipe der beiden Partnergesellschaften; er tut und unterlässt, was jene wollen oder nicht wollen. Man könnte sogar – mit BÖCKLI – sagen, dass das Joint Venture Inbegriff der Fremdorganschaft ist.
Ein solcher Verwaltungsrat ist, so lange die beiden Partnerunternehmungen noch in der Phase der grossen Anfangserwartungen stehen, so gut wie unnötig oder bestenfalls ein Ort des Gesprächs. Wenn die Parteien sich auseinandergelebt haben, wird er zuerst zum Hexentreff, dann funktionsunfähig. Art. 716a OR ist deshalb auf die Joint Ventures schlechterdings nicht zugeschnitten, ja die ganze Aktiengesellschaft von Art. 620 ff. OR ist es eigentlich nicht. BÖCKLI kommt daher zum Schluss, dass die Schweiz für die legitime wirtschaftliche Ausprägung des Gemeinschaftsunternehmens heute keine adäquate Gesellschaftsform zur Verfügung stellt.
Immerhin stellt BÖCKLI auch fest, dass die Möglichkeit der Vinkulierung d.h. der Bindung der Übertragbarkeit einer Aktie an die Zustimmung eines Gesellschaftsorgans, regelmässig des Verwaltungsrates, durchaus den Bedürfnissen der Joint Venture-Gesellschaften entgegenkommt: Die Übertragung kann nämlich gestützt auf eine entsprechende Statutenbestimmung über die Zusammensetzung des Aktionärskreises im Hinblick auf den Gesellschaftszweck abgelehnt werden. Andere Autoren, wie namentlich FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, welche sich ausführlich mit dem Aktienrecht befasst haben, gehen auf das Problem gar nicht speziell ein.
GmbH
Anders als die Aktiengesellschaft lässt die GmbH neben der Liberierungspflicht – anders als die Aktiengesellschaft – weitere gesellschaftsrechtliche Pflichten in den Statuten zu. Die Joint Venture-Gesellschaft lässt sich deshalb durchaus als GmbH konzipieren. Mit der Revision des GmbH-Rechts besteht ab 1.1.2008 auch keine Kapital-Obergrenze (des GmbH-Kapitals von CHF 2 Mio.) mehr. Weitere Vorteile, die sich mit der Revision ab 1.1.2008 ergeben:
- Die Plafonierung des Stammkapitals, die bisher die GmbH für grosse Joint Ventures als ungeeignet erscheinen liess, fällt weg.
- Die Statuten können je verschiedene Nachschuss- und Nebenleistungspflichten für jeden der beiden Partner verankern, falls dies erwünscht ist.
- Die Kompetenzen der Gesellschafterversammlung können erweitert werden, unter anderem durch einen Genehmigungsvorbehalt für bestimmte Geschäftsführungsakte.
- Vierteljährliche oder noch häufigere Gesellschafterversammlungen können statutarisch vorgesehen werden.
- Die Wahl der Geschäftsführer lässt sich in den Statuten so regeln, dass die Bedürfnisse der 50-zu-50-Partner abgedeckt sind.
- Es besteht grosse Flexibilität für die Regelung der Beschlussfassung.
- Die oft komplizierten Regeln für die Folgen einer Patt-Situation und die Auflösung des Joint Ventures lassen sich in den GmbH-Statuten direkt unterbringen.
Wichtig: Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Recht der GmbH am meisten Möglichkeiten zur Ausgestaltung eines Joint Venture-Unternehmens bietet.