Vermögensübertragung: Definition und Gesetzesartikel aus dem FusG

Im Handelsregister eingetragene Gesellschaften, Kommanditgesellschaften für kollektive Kapitalanlagen, Investmentgesellschaften mit variablem Kapital und im Handelsregister eingetragene Einzelunternehmen können ihr Vermögen oder Teile davon mit Aktiven und Passiven auf andere Rechtsträger des Privatrechts übertragen. Wenn die Gesellschafterinnen und Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der übernehmenden Gesellschaft erhalten, gilt Kapitel 3 (d.h. Art. 29 ff. FusG betreffend Spaltung von Gesellschaften). Vorbehalten bleiben die gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen über den Kapitalschutz und die Liquidation.

31.08.2020
Vermögensübertragung

Die Vermögensübertragung

Die Vermögensübertragung ermöglicht im Handelsregister eingetragenen Rechtsträgern somit, ihr ganzes oder Teile ihres Vermögens aufgrund eines schriftlichen Vertrages mit Aktiven und Passiven zu übertragen. Zu den im Handelsregister eingetragenen Gesellschaften gehören die Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, eingetragene Personengesellschaften, Vereine sowie Einzelunternehmen, welche im Handelsregister eingetragen sind. Die Vermögensübertragung (Art. 69 – 77 FusG) ist ein Rechtsinstitut, welches vor Erlass des Fusionsgesetzes nicht existierte.

Art. 69 ff FusG ersetzten seit Inkrafttreten des Fusionsgesetzes für privatrechtliche Rechtsträger, welche im Handelsregister eingetragen sind, die Bestimmung von Art. 181 OR zwingend. Letztere Bestimmung ist lediglich noch für die Geschäftsübernahme einer einfachen Gesellschaft sowie für die nicht im Handelsregister eingetragenen Einzelunternehmen, kollektiven Kommanditgesellschaften, Vereine und Stiftungen anwendbar.

Abgrenzung zur Spaltung nach Art. 29 ff. FusG

Grundsätzlich entspricht die Vermögensübertragung wirtschaftlich der Spaltung. Jedoch gibt es dabei wichtige Unterschiede:

  • Eine Aufspaltung oder eine Abspaltung ist nur zulässig, wenn es sich um Kapitalgesellschaften und Genossenschaften handelt (Art. 30 FusG).
  • Im Gegensatz zur Aufspaltung bleiben die beteiligten Rechtsträger bestehen.

Im Gegensatz zur Abspaltung ist der übertragende Rechtsträger der Empfänger einer allfälligen Gegenleistung. Vermögensübertragungen sind folglich bei sämtlichen im Handelsregister eingetragenen Rechtsträgern zulässig.

Eine Gegenleistung ist bei der Vermögensübertragung nicht zwingend (Art. 71 Abs. 1 lit. d FusG). Falls eine Gegenleistung vereinbart wird, besteht bezüglich der Art der Gegenleistung keine Einschränkung, soweit diese dem übertragenden Rechtsträger zukommen. Dabei ist u.a. auch Geld als Gegenleistung möglich. Falls die Gegenleistung aus Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten besteht, welche den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft zugeteilt würden, wäre jedoch eine Spaltung vorzunehmen (Art. 69 Abs. 1 Satz 2 FusG).

    Das Verfahren ist insofern einfach, als dass sowohl das Erstellen eines Berichts, die Prüfung durch einen Revisionsexperten sowie grundsätzlich auch die Notwendigkeit der Zustimmung durch die Gesellschafter entfällt. . Es bedarf somit einzig eines Übernahmevertrages inkl. Inventar und der Eintragung ins Handelsregister. Denn erst mit der Eintragung ins Handelsregister wird die Vermögensübertragung wirksam (Art. 73 Abs. 2 FusG).

    Formen und Beispiele von Vermögensübertragungen

    Die Vermögensübertragung stellt funktional eine Alternative zur Fusion, Spaltung und Umwandlung dar. Sollen keine Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte an die Gesellschafterinnen und Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers übergehen, ist die Vermögensübertragung angezeigt. Formen der Vermögensübertragung können sein:

    1. Sacheinlagen in neue oder bestehende Tochtergesellschaften nach Art. 628 und Art. 650 OR. Hier muss allerdings ein zugelassener Revisor eine schriftliche Prüfbestätigung abgeben, dass der Gründungs- bzw. Kapitalerhöhungsbericht des Verwaltungsrates vollständig und richtig ist
    2. Teilliquidation einer Gesellschaft.
    3. Vorbereitung der Liquidation einer Gesellschaft durch vorherige Vermögensübertragung an eine andere Gesellschaft.
    4. Anpassung rechtlicher Strukturen

    Beispiele von Vermögensübertragungen sind:

    • Verkauf eines Vermögensgegenstandes
    • Übertragung mit Aktiven und Schulden, z.B. Verkauf einer Liegenschaft inkl. Hypothek.
    • Verkauf eines Teilbetriebes.
    • Verkauf einer Zweigniederlassung bzw. Filiale im In- und Ausland.
    • Verkauf des gesamten Vermögens (Nettoaktiven).
    • Abtausch von Geschäftsteilen von zwei Rechtsträgern untereinander.

    Übertragungsvertrag gemäss Art. 70 FusG

    Der Übertragungsvertrag muss von den obersten Leitungs- oder Verwaltungsorganen der an der Vermögensübertragung beteiligten Rechtsträger abgeschlossen werden (Art. 70 Abs. 1 FusG).  Der Vertrag bedarf der Schriftform, wenn Grundstücke übertragen werden, bedürfen die entsprechenden Teile des Vertrags der öffentlichen Beurkundung (Art. 70 Abs. 2 FusG). Gemäss Art. 71 Abs. 1 FusG muss der Übertragungsvertrag Folgendes enthalten:

    • Firma oder den Namen, den Sitz und die Rechtsform der beteiligten Rechtsträger (lit. a);
    • Inventar mit der eindeutigen Bezeichnung der übertragenen Gegenstände des Aktiv- und des Passivvermögens; wobei Grundstücke, Wertpapiere und immaterielle Werte einzeln aufzuführen sind (lit. b);
    • Den gesamten Wert der zu übertragenden Aktiven und Passiven (lit. c)  (nicht hingegen die Einzelwerte der Vermögensgegenstände). Gemäss Art. 74 Abs. 3 FusG entfällt die Pflicht zur Information der Gesellschafter, falls der Gesamtwert weniger als 5% der Bilanzsumme beträgt;
    • Die allfällige Gegenleistung (lit. d);
    • Sowie eine Liste der Arbeitsverhältnisse, die mit der Vermögensübertragung übergehen (lit. e).

    Hinweis: Eine Vorlage zur Vermögensübertragung (Asset Deal) finden Sie hier.

    Gemäss Art. 71 Abs. 2 FusG ist eine Vermögensübertragung nur zulässig, wenn das Inventar einen Aktivenüberschuss aufweist. Das bedeutet, dass die Aktiven abzüglich der allfällig mitgegebenen Verbindlichkeiten mindestens CHF 1.– beitragen müssen. Damit ist es zulässig, dass unter Umständen nur Aktiven übertragen werden können, nur die Übertragung von Passiven ist dagegen nicht möglich.

    Bewertungsproblematik

    Falls es sich bei der übernehmenden Gesellschaft um eine Drittpartei handelt, wird die Gegenleistung zwischen unabhängigen, rational handelnden Parteien ausgehandelt. Somit wird angenommen, dass die Bewertung der übernommenen Aktiven und Passiven zu Verkehrswerten erfolgt. Falls die übernehmende Gesellschaft jedoch nahe stehend ist, dürften sich die Steuerbehörden für die Bewertung interessieren. Hier besteht das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung an Aktionäre bei zu tiefen Transferwerten und Einlagerückgewähr nach OR 680 Abs. 2, welche Verrechnungssteuerfolgen im Hundert (zu 53,8%) zur Folge haben könnten.

    Zudem sind auch die Folgen gemäss Art. 725 OR bzw. der paulianischen Anfechtungsklagen gemäss dem Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Art. 285 SchKG) im Auge zu behalten, falls eine der Parteien in Konkurs fallen sollte. Deshalb hat der Gesetzgeber eine dreijährige Solidarhaftung der übertragenden und übernehmenden Rechtsträger gemäss Art. 75 FusG vorgesehen.

    Praxistipp: Bei grösseren Transaktionen z.B. von Liegenschaften, Beteiligungen oder immateriellen Werten empfiehlt es sich deshalb, unabhängige Bewertungen einzuholen und die Steuerfolgen mit den Steuerbehörden vorgängig zu regeln. Insbesondere wenn nahe stehende Gesellschaften oder Personen (Related Parties) involviert sind, besteht das Risiko, dass zu nicht marktüblichen Werten, d.h. nicht "at arm's length", übertragen wird.

    Wie schon erwähnt, besteht keine Prüfpflicht durch zugelassene Revisionsexperten wie bei der Fusion, Spaltung und Umwandlung.

    Hingegen ist der Übertragungsvertrag (inkl. Inventar) im Handelsregister offen zu legen und im Anhang der Jahresrechnung der übertragenden Gesellschaft zu erläutern. Diese Darstellung ist auch in der Konzernrechnung der übertragenden Gesellschaft aufzuführen, falls die Übertragung an einen nichtkonsolidierten Rechtsträger ausserhalb des Konsolidierungskreises der übertragenen Gesellschaft erfolgte.

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