Freelance: Verträge zur freien Mitarbeiterschaft

Wenn ein Unternehmen eine selbständig erwerbstätige Einzelperson mit der Ausführung eines Projekts oder eines Teils davon betraut und diese Person dies dann im Auftrags- oder Werkvertragsverhältnis für das Unternehmen durchführt gilt das als Freelance. Die Abgrenzung zum Arbeitsvertrag ist aber fliessend, deswegen ist Vorsicht geboten.

02.04.2025 Von: Regula Heinzelmann
Freelance

Freelance - Auftrag oder Werkvertrag?

Ein Freelancingvertrag kann vom Charakter her

  • ein Werkvertrag sein, nämlich dann, wenn vom Freelance ein bestimmtes Resultat geschuldet ist
  • ein Auftrag sein. Dies ist dann der Fall, falls der Auftragnehmer (nur, aber immerhin) eine sorgfältige Dienstleistung erbringen muss.

Achtung Risiko: Umgehung des Arbeitsvertragsrechts ist unzulässig!
Von entscheidender Bedeutung ist die Abgrenzung zum Arbeitsvertrag. Es ist insbesondere darauf zu achten, dass keine Scheinselbständigkeit vorliegt!

Freelance-Vertrag und Outsourcing-Vertrag

Der Freelancingvertrag ist dem Wesen nach ein Outsourcing-Vertrag, wobei beim Outsourcing i.d.R. im Gegensatz zum Freelancing mit einem Unternehmen zusammengearbeitet wird.

Abgrenzung von Freelancingvertrag und Arbeitsvertrag

Beim Freelancingvertrag stellt sich die rechtlich sehr wichtige Frage, ob es sich beim entsprechenden Verhältnis effektiv um eine Kooperation unter Selbständigen handelt oder es sich allenfalls um ein Arbeitsverhältnis handelt.

Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages

Folgende Anhaltspunkte können darauf hindeuten, dass – auch wenn der abgeschlossene Vertrag als Freelancingvertrag bezeichnet wird – trotzdem ein Arbeitsverhältnis vorliegen könnte:

  • Einbindung in eine betriebliche Arbeitsstruktur
  • Bindung an fixe Arbeitszeiten, Blockzeiten usw.
  • Arbeitsmittel (z.B. Computer, PW) werden durch das Unternehmen zur Verfügung gestellt
  • Aufgabe nicht auf ein Projekt beschränkt
  • Regelmässige, mehr oder weniger fixe Entgeltzahlung (Lohn)
  • Weisungsgebundenheit des Freelance

 

Wichtig: Wenn es dem Mitarbeiter untersagt wird, für andere Auftraggeber zu arbeiten, liegt ein Arbeitsverhältnis vor. 

Hingegen ist es nicht unbedingt ein Hinweis auf einen Arbeitsvertrag, wenn der Auftraggeber Arbeitsgeräte wie Handy oder Computer zur Verfügung stellt. Das ist, besonders wenn es sich um geheime Angelegenheiten handelt, auch zu empfehlen, wenn man Selbstständige beschäftigt und dazu eine Geheimhaltungsvereinbarung. 

Arbeitsvertrag – Sozialversicherungspflicht

Liegt ein Arbeitsvertrag vor, gelten die entsprechenden Regeln zum Arbeitsvertragsrecht. Die praktisch wichtigste Bedeutung der Abgrenzung vom echten Freelancingvertrag zum Arbeitsvertrag ist darin zu sehen, dass ein Arbeitsgeber im Gegensatz zu einem Kooperationspartner für einen Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge (AHV, IV, evtl. auch berufliche Vorsorge) bezahlen muss. Weiter gelten auch die arbeitsvertraglichen Kündigungsfristen und die anderen Rechte des Arbeitnehmers. 

Warnung: Geht das Unternehmen fälschlicherweise davon aus, dass es sich beim Vertragspartner um einen Freelance handelt (während die Sozialversicherungsbehörden von einem Arbeitsverhältnis ausgehen), kann es sein, dass nachträglich rückwirkend bis zu fünf Jahre Sozialversicherungsbeiträge nachbezahlt werden müssen. Dies kann für ein Unternehmen, insbesondere wenn es mehrere Leute in dieser Art beschäftigt hat, enorme finanzielle Konsequenzen haben.

Scheinselbständigkeit

Als scheinselbstständig gilt, wer von einem Arbeitgeber beschäftigt wird, sich aber als Freelance ausgibt. Ob jemand selbständig erwerbstätig ist oder nicht, beurteilt die zuständige Ausgleichskasse aufgrund der konkreten Umstände im Einzelfall. Dabei spielt es keine Rolle, wie die Parteien ihr Vertragsverhältnis benannt oder was sie über die Bezahlung der AHV-Beiträge vereinbart haben!

Für den Scheinselbständigen hat das falsch benannte Verhältnis die Folge, dass er Beiträge für die Sozialversicherungen selber zahlen muss und allenfalls höhere Beträge als in einem Arbeitsverhältnis.

Wichtig: Als Scheinselbstständig gilt man nicht, wenn man als Vertreter einer AG auftritt, siehe Praxisfall unten. 

Praxis-Tipp
Sind Sie unsicher, ob es sich bei einer Kooperation um eine selbständige Kooperation (d.h. ein echtes Freelance-Verhältnis) oder um eine Tätigkeit im Arbeitsverhältnis handelt, sollten Sie zur Absicherung betreffend die Sozialversicherungsbeiträge die Sache zur Beurteilung der zuständigen Ausgleichskasse bzw. deren Rechtsdienst vorgelegen. Die Kontaktdaten der Ausgleichskassen finden sich unter www.ausgleichskasse.ch.

Das Praxisbeispiel 

Bundesgerichtsentscheid 4A_356/2023 Urteil vom 24. November 2023

Nach eigener unbestrittener Darstellung war die Klägerin und Dienstleisterin Alleinaktionärin der C. AG. In der Vereinbarung ist vom "Auftraggeber" B. AG und von der "Beauftragten" C. AG die Rede. Weiter heisst es, die C. AG stelle die Dienste ihrer Geschäftsführerin für die vereinbarten Verpflichtungen zur Verfügung. Die Dienstleisterin stellte sich auf den Standpunkt, es liege - entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung - de facto und de iure ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr persönlich und der B. AG vor. Entsprechend verlangte sie Lohn und die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses. Das kantonale Arbeitsgericht wies die Klage ab und die Dienstleisterin legte Beschwerde vor Bundesgericht ein, die abgewiesen wurde. 

Die Vorinstanz hatte in ihrer Hauptbegründung ausführlich dargelegt, dass das Vertragsverhältnis zwischen der B. AG und der C. AG andererseits entstanden ist und eine Scheinselbstständigkeit verneint. Es sei unbestritten, dass die Dienstleisterin per E-Mail an die B. AG herangetreten sei, sich für eine Zusammenarbeit empfohlen und dabei in ihrer E-Mail-Signatur die C. AG angegeben habe. Es sei zwar richtig, dass die Dienstleisterin in der besagten E-Mail nicht nur von ihrer Agentur, sondern auch von sich selbst als Person geschrieben habe. Das sei aber nicht weiter erstaunlich, die Bezogenheit der C. AG auf die Person ihrer Inhaberin widerspiegle sich auch schlüssig in der Vereinbarung. Zudem habe sie sich in besagter E-Mail als "Businessfrau mit eigener Werbe- und Kommunikationsagentur" und als "Unternehmerin, die sich sehr für Ihr Projekt interessiert" bezeichnet. Es wäre der Beschwerdeführerin somit zumutbar gewesen, die Vereinbarung nicht zu akzeptieren, wenn diese nicht ihrem Willen entsprochen hätte.

Weiter ist im Urteil folgendes festgehalten: Ein simuliertes Rechtsgeschäft im Sinne von Art. 18 OR liegt im Allgemeinen vor, wenn sich die Parteien einig sind, dass die gegenseitigen Erklärungen nicht ihrem Willen entsprechende Rechtswirkungen haben sollen, weil sie entweder ein Vertragsverhältnis vortäuschen oder mit dem Scheingeschäft einen wirklich beabsichtigten Vertrag verdecken wollen, womit vorherige Rechtssprechung bestätigt wird. Das simulierte Rechtsgeschäft ist sowohl zwischen den Parteien als auch im Verhältnis zu Dritten (mit gewissen Einschränkungen) unwirksam. Wer sich auf eine Simulation nach Art. 18 Abs. 1 OR beruft, hat den vom Wortlaut des Vertrags beziehungsweise Rechtsgeschäfts abweichenden wirklichen Willen der Parteien zu beweisen. 

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