Whistleblowing: Wie müssen Arbeitgeber mit diesem Phänomen umgehen?
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Whistleblower setzen sich regelmässig dem Risiko von Vergeltungsmassnahmen aus. Dies, obwohl das Melden von unternehmensinternen Unregelmässigkeiten, insbesondere für Unternehmen von grösster Relevanz sein kann. Während es im öffentlichen Personalrecht Schutzbestimmungen für Bundespersonal gibt (Art. 22a Bundespersonalgesetz), hat der Schutz von Whistleblowern im Privatrecht in der Schweiz bis heute keinen Eingang ins Gesetz gefunden. Nach rund 12 Jahren ist das Revisionsvorhaben, Schutz bei Meldung von Unregelmässigkeiten gesetzlich zu regeln, im März 2020 im Parlament gescheitert. Immerhin gibt es Gerichtsentscheide, die eine Orientierungshilfe bieten. Hierzu mag auch die EU-Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstösse gegen das Unionsrecht melden, dienen, dies vor allem für international tätige Arbeitgeber.
Melderecht oder Meldepflicht?
Im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Treuepflicht ist der Arbeitnehmer berechtigt, seinen Arbeitgeber auf Unregelmässigkeiten hinzuweisen. Dies wurde vom Bundesgericht bestätigt, wonach es dem Arbeitnehmer erlaubt sein muss, solche Hinweise zu geben, umso mehr, wenn die Arbeitssituation des Arbeitnehmers selbst betroffen ist. Dieses interne Melderecht setzt voraus, dass die Meldung im Interesse des Arbeitgebers erfolgt und auf einem hinreichenden Verdacht fusst – die Meldung somit in Treu und Glauben erfolgt und keinen böswilligen Charakter aufweist. Des Weiteren ist der Arbeitnehmer – sofern diesbezüglich vom Arbeitgeber Weisungen erlassen wurden – gehalten, den für entsprechende Meldungen vorgesehenen Dienstweg einzuhalten.
Ein externes Melderecht steht dem Arbeitnehmer demgegenüber nur in Ausnahmefällen zu, da externe Meldungen von Unregelmässigkeiten regelmässig auch mit einem Imageverlust des Arbeitgebers verbunden sein und somit finanziell negative Folgen für den Arbeitgeber nach sich ziehen können. Vor diesem Hintergrund und gemäss geltender Rechtsprechung darf eine externe Meldung in Bezug auf eine Unregelmässigkeit nur dann erfolgen, wenn ein überwiegendes Interesse (seien dies gewichtige Eigen-, Dritt- oder öffentliche Interessen) vorliegt und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gewahrt wird. Verhältnismässig ist eine Meldung dann, wenn das vom Bundesgericht begründete Kaskadenprinzip eingehalten wird: Demnach handelt ein Arbeitnehmer dann nicht unverhältnismässig, wenn er nach einer erfolglosen internen Meldung die zuständige externe Behörde informiert. Sollte auch diese untätig bleiben, so ist es dem Arbeitnehmer gestattet, als ultima ratio die Öffentlichkeit zu informieren, sofern dies angesichts der Umstände gerechtfertigt ist.
Während dem Arbeitnehmer somit ein Melderecht zusteht, ist fraglich, ob in gewissen Konstellationen auch eine arbeitsvertragliche Pflicht besteht, wahrgenommene Unregelmässigkeiten in der Organisation des Arbeitgebers zu melden. Eine solche Meldepflicht wird basierend auf der arbeitsvertraglichen Treuepflicht dem Grundsatz nach anerkannt, deren Umfang ist jedoch nicht abschliessend geklärt. Eine Meldepflicht dürfte aber im Zusammenhang mit wesentlichen Vorkommnissen und Schadensereignissen bestehen, wobei letztlich der Umfang der im Einzelfall geltenden Meldepflicht auch von der Position des betreffenden Arbeitnehmers abhängen dürfte. Analog zum Melderecht ist schliesslich auch ein zur Meldung verpflichteter Arbeitnehmer gehalten, das Kaskadenprinzip zu beachten, eine Meldung hat somit stets zuerst bei der intern zuständigen Stelle zu erfolgen.
Meldung eingegangen – was nun?
Das geltende Arbeitsvertragsrecht sieht keine explizite Pflicht der Arbeitgeber vor, ein internes Verfahren betreffend die Meldung und deren Handhabung zu implementieren. Infolge unterschiedlicher gesetzlicher Bestimmungen ist der Arbeitgeber aber gehalten, Meldungen in Bezug auf unternehmensinterne Unregelmässigkeiten zu berücksichtigen und darauf angemessen zu reagieren.
Hat der Arbeitgeber eine interne Meldung erhalten, wird er zunächst entscheiden müssen, ob er diesen Hinweisen nachgehen will. Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist der Arbeitgeber in Bezug auf den Umgang mit Meldungen aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet, die Persönlichkeit des meldenden und des beschuldigten Arbeitnehmers zu schützen.
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