Neuerungen im Arbeitsrecht: Darauf müssen Sie 2025 achten
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Neuerungen im Arbeitsrecht: Teilrevision der ZPO
Überblick
Per 1. Januar 2025 wird namentlich das Prozesskostenrecht geändert und der Kostenvorschuss auf maximal die Hälfte des mutmasslichen Gesamtbetrags reduziert. Dies erleichtert den Zugang zum Gericht für Personen, die keine unentgeltliche Rechtspflege erhalten. Das ist auch in arbeitsrechtlichen Verfahren relevant, wenn über Forderungen mit einem Streitwert von mehr als CHF 30 000.– gestritten wird. Denn dann fallen Gerichtskosten an, und die klagende Partei hat in der Regel einen entsprechenden Vorschuss zu leisten. Ab 2025 fällt dieser Vorschuss wesentlich geringer aus.
Die revidierte ZPO erweitert zudem die Kompetenzen der Schlichtungsbehörde. Neu werden die Kantone zudem internationale Handelsgerichte errichten können. Diese Änderung ist bei Arbeitsstreitigkeiten allerdings wenig relevant, weil in der ZPO ab 2025 klargestellt wird, dass arbeitsrechtliche Verfahren normalerweise nicht in die Zuständigkeit der Handelsgerichte fallen. Ausserdem können die Gerichte in Zivilverfahren inskünftig, unter gewissen Bedingungen, Verhandlungen mittels elektronischer Ton- und Bildübertragung durchführen.
Erleichterungen der Verfahrenskoordination
Wenn verschiedene Ansprüche oder Verfahren inhaltlich zusammenhängen, ist eine Erledigung in einem einheitlichen Prozess oft am effizientesten. Die ZPO-Revision sieht punktuelle Anpassungen der Verfahrenskoordination vor, welche diese vereinfacht. Arbeitgebende und Arbeitnehmende werden von den erweiterten Möglichkeiten der Klagenhäufung und der Widerklage profitieren. Ausserdem wird mehr Rechtssicherheit geschaffen.
Einfache Streitgenossenschaft
Art. 71 ZPO erlaubt es mehreren Personen, gemeinsam zu klagen oder beklagt zu werden, wenn die gleiche Verfahrensart anwendbar ist und ein Konnex («gleiche Tatsachen oder Rechtsgründe») zwischen den verschiedenen Klagen besteht.
Zwei Arbeitnehmende können daher beispielsweise zusammen gegen die Arbeitgeberin aufgrund einer falsch durchgeführten Massenentlassung vorgehen. Sie können gemeinsam, im vereinfachten Verfahren, einen Betrag bis zu je CHF 30 000.– als Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung nach Art. 336a Abs. 3 OR fordern.
Fortan wird in der ZPO ausdrücklich festgehalten, dass für alle eingeklagten Ansprüche die gleiche sachliche Zuständigkeit gelten muss. In den Kantonen mit Arbeitsgerichten als Fachgerichte bleibt ein gemeinsamer Prozess einer Arbeitnehmerin wegen Lohnansprüchen und eines Arbeitnehmers wegen behaupteter Forderungen aus einem vom Arbeitsverhältnis losgelösten Kaufvertrag gegen die Arbeitgeberin daher ausgeschlossen.
Klagenhäufung
Art. 90 ZPO regelt die Klagenhäufung. Das ist eine Vereinigung mehrerer Ansprüche in einer Klage. Ein Beispiel dafür ist, wenn ein Arbeitnehmer gerichtlich gegen seine ehemalige Arbeitgeberin vorgeht und kumulativ CHF 15 000.– als Entschädigung wegen behaupteter missbräuchlicher Kündigung und CHF 10 000.– für offene Ferienansprüche geltend macht.
Per 1. Januar 2025 wird klargestellt, dass die Klagenhäufung verfahrens- und zuständigkeitsübergreifend zur Verfügung steht, falls die unterschiedliche sachliche Zuständigkeit oder Verfahrensart lediglich auf dem Streitwert beruht. Ansprüche unter und über CHF 30 000.– können dementsprechend in einer Klage zusammengefasst werden. Zudem wird normiert, dass die einzelnen Ansprüche mit unterschiedlichen Verfahrensarten gemeinsam im ordentlichen Verfahren beurteilt werden.
Weiterhin ausgeschlossen bleibt hingegen eine gemeinsame Geltendmachung von Ansprüchen, deren unterschiedliche sachliche Zuständigkeit oder Verfahrensart nicht allein auf dem Streitwert beruht. Ein Arbeitnehmer kann somit grundsätzlich keine Ansprüche aus dem Gleichstellungsgesetz, für welche unabhängig vom Streitwert das vereinfachte Verfahren gilt, zusammen mit einem Anspruch aus Arbeitsvertrag, wie z. B. einer Bonusforderung mit einem Streitwert von mehr als CHF 30 000.– geltend machen.
Widerklage
Die beklagte Partei kann spätestens in der Klageantwort Widerklage erheben, um eigene Ansprüche geltend zu machen. Das Gericht kann die Ansprüche und Gegenansprüche dann gemeinsam in einem einzigen Prozess behandeln und beurteilen.
Die in Art. 224 ZPO geregelte Widerklage erfolgt oft als Reaktion auf eine Teilklage, d. h. im Sinne einer negativen Feststellungswiderklage. Insbesondere in arbeitsrechtlichen Prozessen macht die klagende Partei häufig nur einen Teil ihres gesamten Anspruchs geltend, um die Prozesskosten gering zu halten, um vom Untersuchungsgrundsatz zu profitieren, um das Verfahren zu beschleunigen oder den Rechtsmittelweg zu beschränken oder um die Erfolgschancen in einem Pilotprozess besser einschätzen zu können.
Per 1. Januar 2025 wird im Rahmen der Neuerungen im Arbeitsrecht der Anwendungsbereich der Widerklage ausgedehnt. Die Widerklage wird verfahrensartübergreifend möglich, sofern die unterschiedliche Verfahrensart allein auf dem Streitwert beruht.
Inskünftig ist eine negative Feststellungswiderklage auf eine Teilklage (Hauptklage), die lediglich aufgrund ihres Streitwerts im vereinfachten Verfahren zu behandeln ist, ausdrücklich zulässig. Auch wenn dies bedeutet, dass der Streitwert aufgrund der Widerklage neu CHF 30 000.– überschreitet und folglich das ordentliche Verfahren zur Anwendung kommt. Klagt ein Arbeitnehmer zum Beispiel nur CHF 15 000.– von einem Bonusanspruch von CHF 45 000.– für das Jahr 2024 ein, kann der Arbeitgeber den gesamten umstrittenen Anspruch von CHF 45 000.– zum Gegenstand des hängigen Verfahrens machen und so einen Wechsel ins ordentliche Verfahren bewirken. Dadurch gehen viele Vorteile des vereinfachten Verfahrens verloren.
Auch in Zukunft ist eine Widerklage, die im ordentlichen Verfahren beurteilt wird, nicht möglich, wenn auf die Hauptklage ungeachtet des Streitwerts das vereinfachte Verfahren Anwendung findet. Macht eine Arbeitnehmerin Ansprüche nach dem Gleichstellungsgesetz geltend, kann die Arbeitgeberin in der Klageantwort keine Widerklage etwa mit einer Schadenersatzforderung von CHF 35 000.– erheben. Der umgekehrte Fall ist ebenfalls unzulässig.
Massnahmen zur Erhöhung der Anwenderfreundlichkeit
Im Rahmen der ZPO-Revision werden Regelungen zur Vereinfachung des Prozessierens eingeführt. Zwei dieser Neuerungen werden hier erläutert.
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