Geschäftsreise ins Ausland: Das gilt es bei den Sozialversicherungen zu beachten
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Was ist eine Geschäftsreise?
Der Begriff Geschäftsreise ist nicht eindeutig definiert und wird je nach Unternehmung unterschiedlich abgegrenzt oder benannt. Meist beziehen sich die Kriterien auf die Dauer der Reise und werden im Zusammenhang mit Spesenvergütungen vorgenommen, z.B. Reisen bis zu drei Monaten am Stück. Unabhängig von unternehmensinternen Definitionen und Reglementen bestehen bei grenzüberschreitenden Arbeitseinsätzen gesetzliche Regelungen, die beachtet werden müssen.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf geschäftlich motivierte Auslandsreisen von Schweizer Arbeitnehmenden von bis zu ca. drei Monaten und zeigen die Stolpersteine im Bereich Sozialversicherungen auf.
Sozialversicherungsdeckung bei einer Geschäftsreise ins Ausland
Grundsätzlich gilt bei der Unterstellung der Sozialversicherungsgesetzgebung das Arbeitsortsprinzip, d.h., die Unterstellung ist am Arbeitsort. Bei einer Geschäftsreise ist der Arbeitsort temporär im Ausland, sodass einerseits die Weiterversicherung in der Schweiz bzw. die Ausnahme der Versicherungsunterstellung im Einsatzland geregelt werden muss.
Versicherungsunterstellung bei Reisen in EU-/EFTA-Staaten
Innerhalb Europas unterscheiden sich die anwendbaren Regelungen auch aufgrund der Nationalität des Reisenden. Die bilateralen Verträge mit der EU erstrecken sich nur auf Schweizer und EU-Bürger. Für Personen anderer Nationalität muss auf das individuelle Sozialversicherungsabkommen zurückgegriffen werden, sofern eines vorhanden ist. Gleiches gilt für das Abkommen mit den EFTA-Staaten, das nur für EFTA-Bürger anwendbar ist. Falls die bilateralen Verträge anwendbar sind, muss das Formular A1 für die Sozialversicherungsdeckung ab dem ersten Tag der Reise bei der Ausgleichskasse beantragt werden. Auch wenn die Schweizer Versicherungsdeckung gewährleistet ist, ist das A1 notwendig, um im Einsatzland den Nachweis einer gültigen Versicherung zu erbringen. Dies ist teilweise auch nötig, um eine Arbeitsbewilligung zu beantragen oder eine Einrichtung (Büro, Baustelle etc.) zu betreten.
Entsendung: Bei einer Entsendung, d.h. bei längerem, befristetem Aufenthalt in einem einzelnen Land, kann bis zu zwei Jahren der Verbleib in den Schweizer Sozialversicherungen beantragt werden. Für Einsätze von mehr als zwei Jahren kann eine Ausnahmegenehmigung bis zu sechs Jahren beantragt werden.
Mehrfachtätigkeit: Für Personen, die ihre Arbeit in mehreren Ländern ausüben, kann das A1 für die Mehrfachtätigkeit beantragt werden. Hier gibt es keine Maximaldauer. Für Personen, die öfters und in mehreren Ländern der EU auf Geschäftsreisen sind, empfiehlt sich der Antrag für ein ganzes Jahr für mehrere Länder, damit nicht für jede Reise ein Antrag gestellt werden muss.
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Einsätze in Nichtvertragsstaaten
Für Geschäftsreisen in Länder ohne Sozialversicherungsabkommen bedürfen Mitarbeitende zur Weiterführung der Schweizer Sozialversicherungen u. a. fünf ununterbrochene, vorhergehende Versicherungsjahre in der Schweizer AHV. Zusätzlich muss ein Antrag zur Weiterführung der obligatorischen AHV innerhalb von sechs Monaten bei der Ausgleichskasse gestellt werden. Für kurzzeitige Einsätze im Ausland gilt eine Person für als in der Schweiz erwerbstätig, sofern sie im betreffenden Kalendermonat auch in der Schweiz tätig war. Ein Antrag zur Weiterführung der obligatorischen AHV muss somit fristgerecht gestellt werden, sobald eine Person einen ganzen Kalendermonat nicht in der Schweiz erwerbstätig ist. Für Personen, welche die benötigten fünf Jahre Vorversicherungszeit nicht erfüllen, ist daher bei längeren Geschäftsreisen in Nichtvertragsstaaten sicherzustellen, dass sie mindestens einen Tag pro Monat in der Schweiz tätig sind, ansonsten verlieren sie die Versicherungsdeckung.
Beispiel: Eine französische Staatsangehörige arbeitet seit drei Jahren in der Schweiz und plant eine Geschäftsreise von sieben Wochen nach Vietnam, Kambodscha und Singapur. Da sie noch nicht seit fünf Jahren in der Schweiz versichert ist, erfüllt sie die Voraussetzungen zur Weiterführung der obligatorischen AHV nicht. Somit wird die Reise vom 6. September bis zum 28. Oktober geplant, damit sie sowohl im September wie auch im Oktober mindestens einen Tag in der Schweiz arbeitet und somit versichert ist.
Mögliche Deckungslücken bei Kranken- und Unfallversicherung
Während eines vorübergehenden Aufenthaltes in der EU/EFTA ermöglicht die Schweizer Unfall- und Krankenversicherung medizinisch notwendige Leistungen in der EU/EFTA zu denselben Bedingungen und Kosten wie für die Versicherten des jeweiligen Landes. Dies wirkt sich einerseits auf die Kostenbeteiligung wie auch auf die Arztwahl aus. Werden andere Leistungen als die gedeckten beansprucht, beispielsweise wenn in Deutschland keine allgemeine Arztpraxis, sondern eine private Klinik aufgesucht wird, ist es möglich, dass die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt.
Für medizinisch notwendige Leistungen ausserhalb der EU/EFTA sind die Leistungen der Kranken- und Unfallversicherung ohne Zusatzdeckung auf den doppelten Betrag limitiert, der die Behandlung in der Schweiz gekostet hätte. Dies kann insbesondere in Ländern mit hohen Gesundheitskosten wie den USA eine Deckungslücke ergeben. Ebenso sind die Such- und Rettungskosten gemäss UVG auf CHF 29 640.– (20% des Maximalbetrags) begrenzt. Dieser Betrag wird im Ernstfall für eine Rückführung aus dem Ausland kaum ausreichen.
Um diese Deckungslücken zu vermeiden, haben zahlreiche Arbeitgebende eine Zusatzversicherung für Geschäftsreisende. Die Leistungen können jedoch auch davon abhängen, dass die Versicherung bei einer Leistung so schnell wie möglich informiert wird. Somit muss seitens der Unternehmung sichergestellt werden, dass die Geschäftsreisenden sowie die HR-Abteilungen über die vorhandene Versicherungsdeckung und allfällige Verfahrensabläufe informiert sind und im Ernstfall entsprechend vorgehen.