Kündigungsschutz bei Mutterschaft: Was in der Praxis gilt
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Zeitlicher und materieller Kündigungsschutz bei Mutterschaft
Wenn vom Kündigungsschutz von Müttern die Rede ist, dann denkt man reflexartig an Art. 336c des Obligationenrechts, das Kündigungsverbot für den Arbeitgeber während 16 Wochen nach Niederkunft. Bereits hier ist aber Vorsicht angebracht: Art. 336c OR kommt nur im privatrechtlichen Arbeitsrecht uneingeschränkt zur Anwendung. In öffentlich-rechtlichen Anstellungen (bei Gemeinden, Kantonen oder öffentlichen Institutionen) können andere Regeln gelten, die auch weniger komfortabel sein können (so z.B. im Kanton Neuenburg, vgl. BGE 139 I 57). Der nachstehende Artikel bezieht sich auf den Kündigungsschutz im Privatrecht.
Mütter werden vom Gesetz mehrfach geschützt: Zum einen besteht ein gesundheitlicher Schutz (z.B. indem schwangere und stillende Frauen keine gefährlichen oder beschwerlichen Tätigkeiten ausüben müssen). Zum anderen besteht ein wirtschaftlicher Schutz, der vor allem im zeitlichen Kündigungsschutz zum Ausdruck kommt.
Weshalb spricht man vom «zeitlichen» Kündigungsschutz? Kündigungsschutz meint zweierlei: Zum einen wird den Arbeitgebern eine Zeitspanne vorgegeben, innert welcher keine arbeitgeberseitige Kündigung ausgesprochen werden darf: Kündigungen vom Beginn der Schwangerschaft bis 16 Wochen nach Niederkunft sind nichtig. Sie sind völlig unwirksam und müssen nach Ablauf der Sperrfrist wiederholt werden.
Zum anderen besteht auch ein so genannter materieller Schutz, der nichts mit einer zeitlichen Komponente zu tun hat. So kann z.B. die Kündigung einer Mutter nach Ablauf der ersten 16 Wochen missbräuchlich sein und in gewissen Konstellationen (wie nachstehend in D. dargelegt wird) auch zu einer Wiedereinstellung führen.
Ab wann und wie lange gilt der zeitliche Kündigungsschutz bei Mutterschaft?
Beginn…
Es gibt verschiedene Schwangerschaftsbeginne: Die Gynäkologen rechnen ab dem ersten Tag der letzten Monatsblutung, im Strafrecht wird auf den Zeitpunkt der Einnistung im Uterus, die Nidation, abgestellt. Seit dem Jahr 2018 wissen wir nun sicher, wann die Schwangerschaft nach Art. 336c OR beginnt: Das Bundesgericht hat im Entscheid BGE 143 III 21 festgehalten, dass bereits die Befruchtung der Eizelle als Beginn der Schwangerschaft gilt. Der Umstand, dass der genaue Zeitpunkt dieses Ereignisses oft gar nicht bekannt ist, ändere daran nichts. Liegt dieser Zeitpunkt knapp vor oder nach dem Kündigungstermin, hat dies auf den Beendigungszeitpunkt oft wenig Auswirkungen: Entweder muss die Kündigung nach 16 Wochen nach Niederkunft wiederholt werden oder aber die Kündigungsfrist wird unterbrochen und läuft 16 Wochen nach Niederkunft weiter – der Beendigungszeitpunkt des Arbeitsvertrags bleibt oft derselbe.
Anders war es im erwähnten bundesgerichtlichen Fall: Die Arbeitgeberin kündigte am 24. Januar 2011 per 31. März 2011. Die Befruchtung – so ist dem Urteil zu entnehmen – fand kurz vor Mitternacht des 31. März 2011 statt. Hier war also entscheidend, ob auf den Zeitpunkt der Befruchtung oder der Nidation abzustellen ist. Wie erwähnt, befand das Bundesgericht, dass der Zeitpunkt der Befruchtung kurz vor Mitternacht massgebend sei, weshalb der Kündigungsschutz von 16 Wochen eintrat. Weshalb der Zeitpunkt der Befruchtung so genau bestimmt werden konnte, lässt sich dem Urteil leider nicht entnehmen. Da es sich um eine natürliche Befruchtung handelte, liess das Bundesgericht explizit offen, wann der Kündigungsschutz bei künstlicher Befruchtung beginnen würde.
Der Kündigungsschutz gilt auch dann, wenn die Schwangere nichts von der Schwangerschaft bemerkt und ebenso, wenn sie diese verheimlicht.
Das Kündigungsverbot beginnt erst nach der Probezeit. Er besteht auch nicht in Arbeitsverhältnissen, die für weniger als drei Monate abgeschlossen wurden. Massgebend ist der Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Vergessen geht ab und zu, dass eine fristlose Entlassung während der Schwangerschaft aus wichtigen Gründen möglich ist. Auch ein befristetes Arbeitsverhältnis endet während der Schwanger- oder Mutterschaft, ohne Rücksicht auf den Kündigungsschutz gemäss Art. 336c OR.
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