Bezahlte Stillzeiten: Das gilt es zu beachten
Passende Arbeitshilfen
Rechtliche Grundlagen
Die Beschäftigung von stillenden Müttern ist nur mit dem Einverständnis der stillenden Mutter zulässig (Art. 35a). Erwerbstätige Mütter werden in der Praxis aber ihre Arbeitstätigkeit nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs wieder aufnehmen. Es gibt keine gesetzlichen Grundlagen, welche die stillende Mutter bei Verzicht auf die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs schützen würde. Allenfalls kann ihr ein unbezahlter Urlaub gewährt werden. Dies führt häufig dazu, dass stillende Mütter ihre Muttermilch abpumpen, damit ihr Baby während der beruflichen Abwesenheit durch eine Drittperson ernährt werden kann.
Zeitaufwand für das Stillen
Eine zusatzliche Regelung erfahrt der Zeitaufwand fur das Stillen. Die Stillzeit im ersten Lebensjahr des Kindes gilt in folgendem Umfang als Arbeitszeit (Art. 60 Abs. 1 ArGV 1):
die Arbeitnehmerin stillt im Unternehmen: | gesamte Stillzeit |
die Arbeitnehmerin verlässt den Arbeitsort zum Stillen: | Hälfte der Abwesenheit (die übrige Stillzeit darf weder vor noch nachgeholt werden) |
Die erforderliche Zeit zum Stillen gilt nicht als Ruhezeit. Sie darf weder als Überstundenkompensation, noch an die Ferien angerechnet werden.
Bezahlte Stillzeiten
Seit 1. Juni 2014 gilt für stillende Müttern die für das Stillen oder für das Abpumpen von Milch erforderlichen Zeiten im ersten Lebensjahr des Kindes als bezahlte Arbeitszeit:
- bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden: mindestens 30 Minuten;
- bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden: mindestens 60 Minuten;
- bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden: mindestens 90 Minuten.
Das Arbeitsgesetz oder die Verordnung äussern sich nicht explizit dazu, ob für diese Zeit ein Lohn geschuldet ist. Das Übereinkommen Nr. 183 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über den Mutterschutz sieht u. a. eine Entlöhnung der Stillzeit vor. Nationalund Ständerat haben den Bundesrat beauftragt dieses Übereinkommen zu ratifizieren. Der Bundesrat beabsichtigt, die bezahlte Stillzeiten in der ArGV 1 zu regeln.
Dauert die Stillzeit länger als ein Jahr nach der Niederkunft, hat die Mutter Anspruch auf die zum Stillen erforderliche Zeit. Diese gilt aber nicht mehr als Arbeitszeit.
Passende Produkt-Empfehlungen
Beschäftigung während der Stillzeit
Zum Schutz der stillenden Mutter sehen das Arbeitsgesetz (ArG), die Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) und die Mutterschutzverordnung (MuSchV) wesentliche Einschränkungen bei der Arbeitstätigkeit vor.
Ruheraum und Liegemöglichkeit
Stillende Mütter müssen sich unter geeigneten Bedingungen hinlegen und ausruhen können (ArGV 3 Art. 34). Als geeignete Ruhegelegenheit gilt eine bequeme Liege in einem separaten Raum mit guten klimatischen Bedingungen. Der Kopfteil und wenn möglich auch der Fussteil der Liege sollten neigbar sein. Allenfalls kann der Ruheraum durch ständiges Abtrennen eines anderen ruhigen Raumes eingerichtet werden. Es gibt auch die Möglichkeit, dass mehrere Kleinbetriebe in unmittelbarer Nachbarschaft gemeinsam einen Ruheraum einrichten. Eine geeignete Rückzugsmöglichkeit muss bereits während der Schwangerschaft zur Verfügung gestellt werden.
Maximale Arbeitszeit
Die tägliche Arbeit ist auf die vereinbarte ordentliche Dauer zu beschränken. Als ordentliche Dauer gilt die vor Beginn der Schwangerschaft vereinbarte tägliche Arbeitszeit. Es dürfen auch bei Ausnahmesituationen keine Überstunden über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus verlangt werden. Dies gilt auch während der Schwangerschaft. Die Maximalbelastungsgrenze liegt bei neun Stunden pro Tag. Ist vor Beginn der Schwangerschaft eine tägliche Arbeitszeit von mehr als neun Stunden vereinbart worden, so ist diese während der Schwangerschaft und für stillende Mütter auf neun Stunden zu reduzieren (ArGV 1 Art. 60 Abs. 2).
Arbeitsgesetzliche Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers
Das Arbeitsgesetz kennt während der Stillzeit lediglich eine Lohnfortzahlungspflicht bei gewissen objektiv gefährlichen oder beschwerlichen Arbeiten (s. Tabelle oben), wenn keine Schutzmassnahmen getroffen werden können und der Arbeitgeber der Mutter keine gleichwertige Ersatzarbeit ohne Risiken vorschlagen kann. Gleichwertigkeit bedeutet, dass die vorgeschlagene Arbeit den geistigen und fachlichen Anforderungen am üblichen Arbeitsplatz gerecht wird, und der Lohn demjenigen für die sonst übliche Arbeit entspricht. Kann der Arbeitgeber der Mutter eine solche nicht anbieten, hat sie Anspruch auf 80% des Lohnes, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn für die Dauer des Arbeitsverbotes (ArG Art. 35 Abs. 3).