Eigenheimfinanzierung: Eigenheim durch Pensionskassenvorbezug

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Gelder aus der Pensionskasse für Wohneigentum: Eine Alternative für künftige Eigenheimbesitzer?
Ein malerisches Haus auf dem Land oder eine moderne Stadtwohnung – der Traum vom Eigenheim ist in der Schweiz weit verbreitet. Doch nur 36% der Schweizer Haushalte besitzen das Wohnobjekt, in dem sie leben. Damit hat die Schweiz eine der niedrigsten Wohneigentumsquoten weltweit. Warum ist das so?
Die Antwort liegt in den finanziellen Hürden, die hierzulande mit dem Erwerb von Wohneigentum verbunden sind. Banken fordern in der Regel, dass etwa 20% des Immobilienwerts als Eigenkapital eingebracht werden. Das stellt viele erwerbstätige Personen vor ein grosses Problem: Aufgrund des ungünstigen Verhältnisses von Einkommen zu Lebenshaltungskosten fehlt schlichtweg das benötigte Kapital, um ein Darlehen zu erhalten. Da sie deshalb weiter ihren Wohnraum mieten müssen, fehlt auch die Möglichkeit, diese benötigten Eigenmittel ansparen zu können.
Doch seit 1995 gibt es einen Ausweg: Mit der Verordnung zur Wohneigentumsförderung (WEFV) wurde die Möglichkeit geschaffen, Gelder aus der beruflichen Vorsorge zur Eigenheimfinanzierung zu verwenden. Damit soll der Erwerb von Wohneigentum gefördert und erleichtert werden.
Verwendung von Pensionskassengeldern
In der Schweiz ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass jede erwerbstätige Person für ihr Leben nach dem Altersrücktritt vorsorgen muss. Das Vorsorgesystem besteht aus drei Säulen:
- 1. Säule: Staatliche Vorsorge (AHV/IV/EO) – Grundsicherung im Alter.
- 2. Säule: Berufliche Vorsorge – Ziel einer Sicherung des Lebensstandards im Alter.
- 3. Säule: Private Vorsorge – freiwillige steuerbegünstigte Sparmassnahmen zur Schliessung von Einkommenslücken.
Seit 1990 ist es möglich, Ersparnisse aus der 3. Säule für den Erwerb von Wohneigentum zu nutzen. 1994 erweiterte der Bundesrat mit der Wohneigentumsförderungsverordnung (WEFV) diese Möglichkeit auch auf die 2. Säule. Gelder in der 2. und 3. Säule entsprechen de facto erspartem Eigenkapital, da es auf den Namen der Personen selbst angelegt wird.
Bedingungen für den Bezug
Die Verordnung regelt, unter welchen Bedingungen auf das angesparte Guthaben in der 2. Säule zugegriffen werden darf. Erlaubt ist der sogenannte Wohneigentumsvorbezug für:
- Erwerb, Erstellung, Renovation oder Vergrösserung von Wohneigentum
- Rückzahlung von Hypothekardarlehen
- Erwerb von Beteiligungen am Wohneigentum
Dabei gilt: Das bezogene Geld muss für das selbst genutzte Wohneigentum verwendet werden – also für den Hauptwohnsitz. Sollte sich eine Person später dazu entschliessen, den Hauptwohnsitz zu verkaufen, muss das bezogene Geld wieder an die entsprechende Pensionskasse zurückgezahlt werden.
Zusätzlich kann ein Vorbezug für die Eigenheimfinanzierung maximal alle fünf Jahre beantragt werden. Sollte also ein Vorbezug zum Kauf einer Immobilie getätigt worden sein, darf frühestens nach fünf Jahren ein weiterer Vorbezug geltend gemacht werden, um beispielsweise Renovierungs- oder Ausbauarbeiten an dieser Immobilie vorzunehmen. Und: Der letzte Vorbezug darf maximal drei Jahre vor der Pensionierung erfolgen.
Welche Summe darf bezogen werden?
Auch die Höhe der Beiträge, die entnommen werden können, ist in der Verordnung festgelegt. Der Mindestbetrag beträgt CHF 20 000.–, der Höchstbetrag bis zum Alter von 50 Jahren das maximal einbezahlte Sparguthaben. Ab einem Alter über 50 Jahren beträgt es entweder (a) das bei einem Alter von 50 Jahren einbezahlte Sparguthaben oder (b) die Hälfte des aktuell einbezahlten Sparguthabens – je nachdem, welche Summe höher ist.
Zwei Wege zum Ziel: Vorbezug oder Verpfändung
Wer Gelder aus der beruflichen Vorsorge für die Eigenheimfinanzierung nutzen möchte, hat zwei Möglichkeiten: entweder durch den bereits beschriebenen Vorbezug oder durch eine Verpfändung des Kapitals zugunsten des Gläubigers, also im Normalfall einer Bank. Beim Vorbezug wird das Geld direkt ausbezahlt, während es bei der Verpfändung als Sicherheit dient.
Bei beiden Varianten lassen sich Ähnlichkeiten hinsichtlich der Bedingungen feststellen. So gibt es beispielsweise Begrenzungen nach einem Alter von 50 Jahren, die schriftliche Zustimmung des Ehegatten oder des eingetragenen Partners ist erforderlich, es gibt eine Frist von drei Jahren vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen und mögliche Einschränkungen bei Unterdeckung.
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Möglichkeit 1: Vorbezug von Pensionskassengeldern
Bei einem Vorbezug der Pensionskassengelder wird die gesparte Versicherungssumme direkt an den Verkäufer der Immobilie oder den Darlehensgeber ausgezahlt. Doch dieser Bezug kostet: Die Auszahlung unterliegt einer Kapitalauszahlungssteuer, die unabhängig vom Jahreseinkommen berechnet wird. Bezahlt werden muss diese Steuer ausserdem aus eigenen Mitteln – die Gelder aus der Pensionskasse dürfen dafür nicht genutzt werden.
Die Höhe der Kapitalauszahlungssteuer variiert je nach Kanton erheblich. Laut aktuellem Steuerrechner der Eidgenössischen Steuerverwaltung fallen für das Jahr 2024 für den Wohnort 8001 Zürich bei einem Vorbezug von CHF 500 000.– voraussichtlich rund CHF 32 962.– Steuern an, die sich wie folgt zusammensetzen: Kantonssteuer CHF 9800.–, Gemeindesteuer CHF 11 900.–, Kirchensteuer CHF 1000.– und direkte Bundessteuer CHF 10 262.– Der Steuerbetrag entspricht 6,59% der Kapitalauszahlung.
Im Vergleich dazu fallen für den Wohnort 6006 Luzern bei einem Vorbezug von CHF 500 000.– für das Jahr 2024 voraussichtlich CHF 40 816.– an (Kantonssteuer CHF 13 968.–, Gemeindesteuer CHF 14 404.– Kirchensteuer CHF 2182.– direkte Bundessteuer CHF 10 262.–). Der Steuerbetrag entspricht somit etwa 8,16% der Kapitalauszahlung. 1
Neben dieser anfallenden Steuer hat ein Vorbezug aber noch weitere Konsequenzen. Erstens entsteht mit dem Bezug eine Vorsorgelücke, insbesondere dann, wenn der Vorbezug vor der Verrentung nicht mehr zurückbezahlt wird. Zweitens reduzieren sich die Zinserträge, da das Kapital nicht mehr angelegt wird. Was dies im Einzelfall bedeuten kann, zeigt folgendes Rechenbeispiel: CHF 300 000.–, angelegt zu einem durchschnittlichen Zinssatz von 2,5% p.a., vermehren sich durch den Zinseszinseffekt innerhalb von 25 Jahren auf CHF 556 183.–. Wird also im Alter von 40 Jahren ein Vorbezug von CHF 300 000.–, getätigt, so entgehen der Person bis zum Pensionierungsalter (65 Jahre) rund CHF 256 183.– an Kapitalerträgen – eine beträchtliche Summe.
Da das Alterssparguthaben mit dem bis zum Zeitpunkt der Pensionierung aufgezinsten Vorbezugsbetrag gekürzt wird, sind die Altersleistungen später geringer. Invaliden- und Hinterlassenenleistungen werden in der Regel während der Aktivzeit nicht gekürzt. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Versicherten in einem Anhang versichert sind, bei dem die Invaliden- und Hinterlassenenleistungen nicht in Prozenten des versicherten Lohns, sondern mittels des hochprojizierten Alterskapitals zum Zeitpunkt der ordentlichen Pensionierung berechnet werden. Dies kann in Ausnahmefällen zu tieferen Invaliden- und Hinterbliebenenleistungen führen.
Möglichkeit 2: Verpfändung der Vorsorgegelder
Bei der Verpfändung dient das Pensionskassengeld als Sicherheit für ein Darlehen der Bank. Im Gegensatz zum Vorbezug erfolgt bei der Verpfändung keine sofortige Auszahlung – und somit auch keine unmittelbare Steuerbelastung.
Der einzige Nachteil der Verpfändung ist die Zinsbelastung aufseiten der Hypothek. Weil im Vergleich zum Vorbezug eine höhere Hypothek abgeschlossen werden muss, fallen auch höhere Hypothekenzinsen an. Das heisst, die Wohnkosten sind teurer als bei einem Vorbezug. Aber: Wenn das Geld, das in der Pensionskasse bleibt, mehr Ertrag erwirtschaftet als der Betrag, den man an Zinsen für das höhere Darlehen zahlen muss, reduziert sich dieser Nachteil wieder.
Ausserdem kann es bei einer Verpfändung zu einer Pfandverwertung kommen, sollte die Person zahlungsunfähig werden. Je nach Art der Verpfändung sind dann unterschiedliche Konsequenzen zu erwarten. Grundsätzlich gilt aber, dass bei einer Pfandverwertung maximal die verpfändeten Vorsorgeleistungen verloren gehen. Die Pfandverwertung ist zudem erst zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Vorsorgeleistung möglich. Und: Bei einer allfälligen Pfandverwertung fallen Steuern an.
Rechenbeispiel: Vorbezug vs. Verpfändung
Wie unterschiedlich sich ein Vorbezug oder eine Verpfändung auf die Finanzen der versicherten Person auswirkt, zeigt folgendes Beispiel. Angenommen, eine 40-jährige Person in 8001 Zürich möchte eine eigengenützte Immobilie im Wert von CHF 1 000 000.– erwerben. Dazu sollten CHF 500 000.– des einbezahlten Sparguthabens verwendet werden.
Das bedeutet konkret:
a) Vorbezug: Im Falle eines Vorbezugs werden rund CHF 32 962.– 2 an Steuern fällig. Für das restliche Darlehen in Höhe von CHF 500 000.– mit einer Laufzeit von 25 Jahren bei einem Fixzinssatz von 2,48% p.a. fällt eine Zinsbelastung in der Höhe von CHF 310 000.– an.3 Da das Kapital nicht mehr vermehrt werden kann, entgehen der versicherten Person hier zusätzlich über 25 Jahre hinweg weitere CHF 320 303.– (bei einem angenommenen Jahresertrag von 2%).4 Das heisst, die Gesamtbelastung für diese Finanzierungsform beträgt CHF 663 265.– über die komplette Laufzeit.
b) Verpfändung: Im Falle einer Verpfändung fallen weder Steuern an, noch erfolgt ein Verlust des Kapitalertrags. Einzig die Zinsbelastung erhöht sich. Für das Darlehen in Höhe von CHF 1 000 000.– mit einer Laufzeit von 25 Jahren bei einem Fixzinssatz von 2,48% p.a. fällt eine Zinsbelastung in Höhe von CHF 620 000.– an.
HINWEIS
Dieser Vergleich zeigt, dass die finanzielle Belastung durch den Vorbezug um ca. CHF 43 265.– höher ist als bei einer Verpfändung, weshalb eine Verpfändung in der Regel als die günstigere Variante angesehen kann.
Zudem können bei einer Verpfändung auch noch freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse vorgenommen werden. Dies ist positiv zu werten, da diese Einkäufe aus steuerlicher Sicht sehr vorteilhaft sind – denn der eingezahlte Betrag lässt sich wiederum vom steuerbaren Einkommen abziehen.
Zwischen den Vor- und Nachteilen richtig abwägen
Obwohl ein Vorbezug der Pensionskassengelder deutliche Nachteile mit sich bringt, wählen viele Personen diese Finanzierungsvariante für die Eigenheimfinanzie. Dies lässt sich mit der Tragbarkeit einer Hypothek begründen. Eine Hypothek gilt als tragbar, wenn die gesamten Wohnkosten nicht über einem Drittel des Bruttoeinkommens liegen – d.h., die finanziellen Verhältnisse werden nicht überstiegen. Obwohl Hypothekenkredite aktuell einen zehnjährigen Fixzins in Höhe von zwischen 2,05% und 2,63% p.a.5 aufweisen, wird bankintern mit einer Tragbarkeit von meistens zwischen 4,5% und 5% p.a. gerechnet, bevor ein Kredit vergeben wird. Ausserdem muss man sich bewusst sein, dass bei jedem Vorbezug mindestens 20% des Kaufpreises der Immobilie eingebrachten werden müssen.
Ein klarer Vorteil des Vorbezugs ist hingegen die insgesamt niedrigere Zinsbelastung bei der Hypothek, die sich positiv auf die Gesamtkosten auswirkt. Im Vergleich zu einer 100%igen Finanzierung der Kaufsumme durch eine Verpfändung werden durch einen Vorbezug mindestens 20% des Kaufpreises durch Eigenkapital gedeckt. Dies führt zu einer Reduzierung der Zinsbelastung um 20%. Angenommen, die Gesamtsumme beträgt CHF 1 000 000.–, die Laufzeit beträgt 25 Jahre und der Zinssatz beträgt 2,48% pro Jahr, dann entspricht dies einer Ersparnis von CHF 124 000.– an Zinsen. Eine höhere Eigenkapitalquote kann zudem zu einem besseren Zinssatz seitens der Bank führen.
Vorteile des Vorbezugs sind neben der Reduktion der Hypothekarbelastung die Erhöhung der Eigenmittel und die Reduktion der Schuldzinsen. Nachteilig sind hingegen die sofortige Besteuerung des Vorbezugs, die reduzierte Altersrente bei Pensionierung, allenfalls tiefere Hinterlassenenleistungen, die Rückzahlungspflicht auch bei nicht mehr selbst bewohntem Wohneigentum und die geringere Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen des steuerbaren Einkommens. Zudem sind steuerwirksame Einkäufe in die Pensionskasse erst wieder möglich, wenn der Vorbezug zurückbezahlt wurde.
Im Vergleich zum Vorbezug ist die Zinsbelastung bei einer Verpfändung viel höher, da die Vorsorgegelder bei der Versicherung bleiben und nicht ins Eigenkapital übergehen. Höhere Hypothekarzinsen bedeuten jedoch auch höhere Wohnkosten. Werden jedoch sämtliche anfallenden Kosten und Gebühren miteinander abgewogen, kann die Verpfändung noch immer die kostengünstigere Variante sein. Das ist dann der Fall, wenn das veranlagte Kapital mehr Ertrag bringt, als der Jahreszins für das Darlehen beträgt. Zudem fallen keine Kapitalbezugssteuern an, und es können weniger Eigenmittel eingesetzt werden.
Natürlich besteht auch das Risiko, dass das Pfand verwertet wird. Doch dasselbe Risiko besteht auch im Falle eines Vorbezugs und einer Zahlungsunfähigkeit. In beiden Fällen würde dem Gläubiger das Geld zugesprochen werden und eine Versteuerung anfallen.
Fazit
Die Wohnraumförderungsverordnung (WEFV) fördert den Erwerb von Wohneigentum, indem sie den Zugang zu Pensionskassengeldern für die Eigenheimfinanzierung ermöglicht. Doch die Entscheidung, ob diese Gelder vorbezogen oder verpfändet werden sollten, erfordert eine sorgfältige Abwägung, da beide Optionen Vor- und Nachteile haben.
FUSSNOTEN
1 Für die Berechnung wurden jeweils folgende Angaben verwendet, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten: Geschlecht männlich, Alter bei Auszahlung 65, Zivilstand verheiratet, beide Konfessionen reformiert, keine Kinder, Kapitalauszahlungsbetrag CHF 500 000.–
2 Der Steuerbetrag wurde bereits im Zuge des weiter oben genannten Beispiels ermittelt und dementsprechend die dort verwendeten Parameter zugrunde gelegt – siehe Angaben in Fussnote 1.
3 Bei dem Zinssatz handelt es sich um einen Durchschnittszinssatz. Laut dem VZ (VermögensZentrum) liegen die Zinsen derzeit für eine Laufzeit von 15 Jahren Zinsen heute (Stand 11.6.2024) zwischen 2,1% und 2,86%.
4 Laut Pensionskassenvergleich der WHP beträgt der Durchschnittszinssatz der Verzinsung der Altersguthaben der gelisteten Anbieter im Zehnjahresdurchschnitt 2,02%.
5 Dies geht aus den Daten des VZ (Stand 11.6.2024) hervor.
KEY TAKE-AWAYS
• Es gibt zwei Möglichkeiten, Pensionskassengelder zu nutzen: Vorbezug oder Verpfändung.
• Beim Vorbezug wird das Geld direkt ausbezahlt, unterliegt aber einer Kapitalauszahlungssteuer und führt zu einer Vorsorgelücke. Bei der Verpfändung bleibt das Geld in der Pensionskasse, dient jedoch als Sicherheit für ein Darlehen, was zu höheren Hypothekenzinsen führt.
• Ein Vorbezug ist in der Regel teurer als eine Verpfändung, da neben der Steuerbelastung auch Erträge aus der Pensionskasse verloren gehen.
• Eine Verpfändung kann kostengünstiger sein, wenn der Ertrag des veranlagten Kapitals höher ist als die Hypothekenzinsen.