Frühpensionierung BVG: Entlassung und Einkauf in die Berufliche Vorsorge

Kündigungen von Mitarbeitenden ab 58 Jahren sind heute nicht selten und sind häufig mit einer Unternehmenssanierung verbunden. In einem solchen Fall leisten die Arbeitsgeber meistens eine finanzielle Abfindung. Lesen Sie, welche Folgen eine Entlassung mit Frühpensionierung und Einkauf in die berufliche Vorsorge haben kann.

09.11.2021 Von: Hans Zeltner
Frühpensionierung BVG

Frühpensionierung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite möglich

Der Anstoss zu einer vorzeitigen Pensionierung kann sowohl vom Arbeitnehmer als auch vom Arbeitgeber ausgehen, insbesondere, wenn sich dieser anlässlich einer Unternehmenssanierung von älteren Mitarbeitenden trennen muss oder will.  Je nach Situation ergeben sich aus Sicht der beruflichen Vorsorge verschiedene Fragestellungen.

Gefahr erheblicher Renten- und Kapitalkürzungen

Die Aufgabe der Erwerbstätigkeit und der Zeit­punkt des Erreichens des AHV-Rentenalters bzw. Pensionierungsalters in der beruflichen Vorsorge gehen je länger, je mehr auseinan­der. Liegt die Entlassung im Alter zwischen 58 und 60 Jahren, so ist dieser Schritt mit einer happigen Renten- und Kapitalkürzung in der beruflichen Vorsorge verbunden. Wenn es die finanzielle Situation der Firma zulässt, werden bei angeordneter Entlassung bzw. vorzeitiger Pensionierung finanzielle Ausgleiche geschaf­fen. In der Regel erfolgt dies so, dass eine finanzielle Abfindung gewährleistet wird und die Einkäufe für das entgangene Alterskapital in die berufliche Vorsorge durch den Arbeitge­ber ausgeglichen werden.

Fallbeispiel: Frühpensionierung im Alter von 62 Jahren

CHF 210 000.- von Arbeitgeber in Pensionskasse einbezahlt

In einem konkreten Fall "Frühpensionierung BVG" hat der Arbeitgeber eine Person im Alter von 62 Jahren entlas­sen und sogleich freigestellt und ihr für die restliche Kündigungszeit die Lohnzahlung per dato überwiesen. Zudem hat er ihr rund CHF 150 000.– für die fehlenden Beiträge für die kommenden 3 Jahre in die Pensionskas­se einbezahlt. Zusätzlich wurde der Auskauf der Rentenkürzung mit CHF 60 000.– abge­golten. Das ergibt einen Gesamtbetrag von CHF 210 000.–, welcher in die Pensionskasse vom Arbeitgeber einbezahlt wurde. Dem Ar­beitnehmer wurde versichert, sowohl durch die Firma als auch durch die Pensionskasse, dass er diesen Betrag bei den Steuern von CHF 210 000.– als Vorsorgeeinkauf in Abzug bringen kann.

Damit der Mitarbeiter aber den Lebensun­terhalt für die nächsten 3 Jahre für sich und seine Familie finanzieren konnte und weil er weder eine AHV-Rente noch eine BVG-Rente bezieht, beschliesst er, CHF 400 000.– als Teilkapitalbezug aus der Pensionskasse zu beziehen.

Kapitalbezug zum reduzierten Ansatz?

Hiermit stellt sich folgende Frage: Kann der Mitarbeiter den Kapitalbezug zum reduzierten Ansatz beziehen (obwohl inner­halb der Frist von 3 Jahren vor der Pensionie­rung)? Anzumerken ist, dass die Einzahlung in die Pensionskasse einseitig durch den Arbeit­geber erfolgte wegen Kündigung. Der Arbeit­nehmer konnte sich dazu nicht äussern. Die Einzahlung durch den Arbeitgeber ist in aller Regel steuerlich abziehbar, da es sich um ei­nen Einkauf in die Pensionskasse handelt. Die Kapitalleistungen werden im Normalfall zum Rententarif besteuert.

Da Einkäufe der Vorsorge des Arbeitnehmers zuzuordnen sind und den Arbeitgeber keine reglementarische Pflicht zur Übernahme von Einkäufen trifft, ist die freiwillige Finanzierung des Einkaufs zugunsten des Arbeitnehmers als Lohnbestandteil zu qualifizieren. Die direkt in die Pensionskasse einbezahlte Abgangs­entschädigung ist daher vom Arbeitgeber auf dem Lohnausweis zu deklarieren und unter­liegt der AHV-Pflicht.

Bezug der Kapitalleistung verletzt 3-Jahres-Frist

Der Bezug einer Kapitalleistung im Anschluss an den Einkauf in die Pensionskasse verletzt die 3-Jahres-Frist gemäss Art. 79B Abs. 3 Satz 1 BVG. Danach dürfen die nach einem Einkauf resultierenden Leistungen innerhalb der nächsten 3 Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden. Das Bundesgericht hat im Entscheid vom 12. März 2010 entschieden, dass gemäss steuerlicher Auslegung von Art. 79B Abs. 3 BVG die Abzugsfähigkeit von Einkäufen im­mer dann zu verweigern ist, wenn innerhalb der Sperrfrist eine Kapitalauszahlung erfolgt. Die weiteren Umstände des Einzelfalles (be­ziehungsweise, wenn die Frühpensionierung gegen den Willen des Arbeitnehmers durch­gesetzt wurde oder der Arbeitgeber die Ab­gangsentschädigung entgegen dem Wunsch des Arbeitnehmers in die Pensionskasse einbezahlte) sind dabei nicht massgebend (Verobjektivierte Sperrfrist).

Zusammenfassung Frühpensionierung BVG

Der Einkauf von CHF 210 000.– ist nicht zum Abzug zugelassen, sofern folgende Bestimmungen erfüllt sind:

  1. Steuerpflichtige Person verlässt das Unter­nahmen ab dem vollendeten 55. Altersjahr.
  2. Die (Haupt)Erwerbstätigkeit wird definitiv aufgegeben.
  3. Durch den Austritt aus dem Unternehmen und dessen Vorsorgeeinrichtung entsteht eine «künftige» Vorsorgelücke.
  4. Wird die Abgangsentschädigung zum Vor­sorgetarif der separaten Steuer besteuert.

Praxis-Tipp unseres Experten

Freizügigkeitspolice hat steuerlich grosse Konsequenzen 
Nicht berücksichtigt wird, dass in solchen Situationen bei Entlassungen sehr oft eine Freizügigkeitspolice – bei einer Bank oder Versicherung – erstellt wird. Dadurch kann die mitarbeitende Person nie Gebrauch von einer Rente machen, weil von der Freizügig­keitspolice her oder dem Konto nur ein Kapi­talbezug möglich ist, und dies hat steuerlich grosse Konsequenzen.

Anfrage beim kantonalen Steueramt lohnt sich
Wenn die Abfindung nicht als Vorsorgeleistung betrachtet wird, so müssen Sie diese Summe gemäss dem ordentlichen Tarif zusammen mit Ihren übrigen Einkünften versteu­ern. Da jede Abgangsentschädigung unterschiedlich ausgestaltet ist, lohnt sich im Voraus eine Anfrage beim kantonalen Steueramt. Zeigen Sie die Situa­tion auf und verlangen Sie eine konkrete schriftliche Antwort.

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