Einkauf in die Säule 3a: Auswirkungen auf die Altersvorsorge

Im Sommer 2019 wurde im Ständerat eine Motion eingereicht, welche den Einkauf in die Säule 3a ermöglichen sollte. Nach über vier Jahren hat der Bundesrat einen Revisionsentwurf ausgearbeitet, der die Kernanliegen der Motion nun aber grösstenteils ignoriert. Doch die Sicherung der Altersvorsorge ist aktueller denn je.

08.10.2024 Von: Marian Inäbnit
Einkauf in die Säule 3a

Die Motion 

Am 19. Juni 2019 hat Ständerat Erich Ettlin (Die Mitte) die Motion «Einkauf in die Säule 3a ermöglichen»2 eingereicht. Darin wurde der Bundesrat beauftragt, Art. 82 BVG3 und die entsprechenden Verordnungsbestimmungen (BVV3)4 dergestalt zu ändern, dass Personen mit einem AHV-Einkommen, welche in früheren Jahren keine oder nicht die maximal zulässigen Beiträge leisten konnten, die Möglichkeit eines rückwirkenden Einkaufs erhalten.5 Wie es schon beim ordentlichen Beitrag der Fall ist, sollte auch der rückwirkende Einkauf steuerlich abzugsfähig sein. Die Höhe des Einkaufspotenzials sollte sich anhand der 3a-Tabelle des Bundesamts für Sozialversicherungen6 bestimmen. Die Tabelle berechnet das grösstmögliche 3a-Guthaben für jedes Jahr bei einem Sparbeginn ab 1. Januar des Jahres, in dem das 25. Altersjahr vollendet wird. 

Ständerat Ettlin führte als Begründung seiner Motion an, mit den Reformen der 1. und 2. Säule würden mittelfristig die Versichertenbeiträge steigen. Ausserdem würden die überobligatorischen Renten der 2. Säule sinken. Als Konsequenz müsse die Säule 3a gefördert werden. Gemäss Motion würden insbesondere drei Personengruppen von einem rückwirkenden Einkauf profitieren: 

  • Personen, welche in jungen Jahren kein 3a-Konto hatten 
  • Selbstständigerwerbende, welche die finanziellen Mittel in einzelnen Jahren nicht aufbringen konnten 
  • Personen, welche weder selbstständig noch unselbstständig erwerbstätig waren und entsprechend nicht einzahlen konnten (z. B. nichterwerbstätige Mütter) 

Die erste Personengruppe umfasst auch diejenigen Personen, welche zwar ein 3a-Konto hatten oder hätten haben können, aufgrund eines kleinen Einkommens jedoch nicht einzahlen konnten. Primär sind das Studierende, daneben sind jedoch auch andere junge Personen betroffen, da in den ersten Jahren des Berufslebens in der Regel kein ausreichendes Einkommen für die Einzahlung des Maximalbetrags zur Verfügung stehen dürfte. 

Die Motion hat zum Ziel, die Selbstvorsorge des Mittelstands zu stärken. Damit dieses Ziel nicht ins Hintertreffen gerät und die Motion zum reinen Steueroptimierungsinstrument wird, beschränkt sie sich gleich selbst. So sollen Einkäufe nur alle fünf Jahre möglich und auf den grossen Abzug beschränkt sein. Zusätzlich sollten bereits getätigte Wohneigentumsvorbezüge bei der Berechnung des Einkaufspotenzials berücksichtigt werden, andernfalls eine mehrfache Entlastung resultieren würde. 

Kritik 

Die Motion verfolgt ein wichtiges Ziel, und auch die Begründung vermag zu überzeugen. Jedoch beinhaltet sie nach hier vertretener Auffassung einen grossen Widerspruch: Einerseits sollen vom rückwirkenden Einkauf explizit auch Selbstständigerwerbende profitieren, andererseits soll ein Einkauf im Umfang des grossen Abzugs nur alle fünf Jahre möglich sein. Selbstständigerwerbende könnten so mitunter bis zu 80% ihres Einkaufspotenzials verlieren, während Unselbstständigerwerbende alle potenziell entstandenen Lücken füllen könnten.7 Es wäre nach hier vertretener Auffassung deshalb wünschenswert gewesen, das Einkaufspotenzial analog den ordentlichen Abzügen an die Qualität der Erwerbstätigkeit zu knüpfen. Ausserdem sollten die Einkäufe jährlich möglich sein. 

Stellungnahme des Bundesrats 

Am 14. August 2019 beantragte der Bundesrat die Ablehnung der Motion. Lediglich 13% aller Steuerpflichtigen seien überhaupt in der Lage, den Maximalbeitrag zu leisten (Aussage basierend auf Daten des Steuerjahrs 2015). Zusätzlich würden Daten des Bundesamts für Statistik zeigen, dass von einer nachträglichen Einkaufsmöglichkeit in der Mehrzahl Personen mit einem Einkommen von über CHF 100 000.– pro Jahr profitieren würden. Beides führe zu einer übermässigen Privilegierung von Personen mit hohen Einkommen. Ausserdem sei eine Öffnung der Säule 3a für Nichterwerbstätige grundsätzlich nicht mit der Konzeption als Erwerbsversicherung vereinbar. Weiter führte der Bundesrat eine «nicht abschätzbare Minderung der Steuereinnahmen » ins Feld. Trotz des ablehnenden Antrags des Bundesrats nahmen beide Kammern die Motion an. 

Die Argumente des Bundesrats müssen kritisch beleuchtet werden. Dass im Steuerjahr 2015 nur 13% der Steuerpflichtigen den maximalen 3a-Abzug geltend gemacht haben, heisst nicht, dass nur diese 13% dazu in der Lage waren. Vertraut man darauf, dass ein maximaler Einkauf erst mit einem jährlichen Einkommen von CHF 100 000.– möglich sei, so wären es in diesem Zeitraum rund doppelt so viele Personen gewesen, die sich einen maximalen Beitrag hätten leisten können.8 Ausserdem ist das Einkommen einer Person im Zeitverlauf keine konstante Grösse. Naturgemäss ist es zu Beginn der Karriere tiefer und steigt mit gesammelter Berufserfahrung etc. an. Nach der Pension sinkt es wieder. Umso mehr wäre ein Einkauf in die Säule 3a angezeigt. Personen, die sich den maximalen Beitrag in der Vergangenheit nicht leisten konnten, könnten dies in einer Lebensphase, in der sie über genügend Einkommen verfügen, nachholen.

Der Revisionsentwurf 

Am 22. November 2023 schickte der Bundesrat den Revisionsentwurf zur BVV39 in die Vernehmlassung. Die wichtigsten Normen lauten wie folgt: 

  • Nach Art. 7a Abs. 1 E-BVV3 sollen nur diejenigen Arbeitnehmenden und Selbstständigerwerbenden einen Einkauf in die Säule 3a leisten können, welche 
    • in den zehn dem Einkaufsjahr vorangehenden Jahren nicht alle für sie maximal zulässigen Beiträge einbezahlt haben (lit. a); 
    • in den betroffenen Jahren jeweils eine Leistung hätten von ihrem Einkommen abziehen können (d. h. nach geltendem Recht über ein AHV-pflichtiges Einkommen verfügten) (lit. b) und 
    • im Einkaufsjahr die zulässige ordentliche Beitragsleistung (klein oder gross) vollständig einzahlen (lit. c). 
  • Ein Einkauf soll nach Art. 7a Abs. 2 E-BVV3 nur bis zum kleinen Abzug möglich sein. 
  • Gemäss Art. 7a Abs. 3 E-BVV3 dürfen Jahresbeitragslücken in nicht mehr als einem Jahr geschlossen werden. Dagegen können pro Jahr mehrere Jahresbeitragslücken geschlossen werden.10 Die Norm soll verhindern, dass Einkäufe zwecks Steueroptimierung über mehrere Jahre verteilt werden. 
  • Der Einkauf in die Säule 3a soll nur für Beitragslücken möglich sein, die nach Inkrafttreten der revidierten BVV3 entstanden sind. 

Mithin wurde mehreren Kernanliegen der Motion offensichtlich nicht entsprochen. Erstens steht die Beschränkung der Einkaufsmöglichkeit auf die zehn dem Einkaufsjahr vorangegangenen Jahre in offensichtlichem Widerspruch zur Motion, welche ein Einkaufspotenzial als Differenz aus dem grösstmöglichen 3a-Guthaben pro Jahr gemäss 3a-Tabelle des BSV und den effektiv geleisteten Beiträgen, mithin Beitragslücken entstanden ab dem 25. Altersjahr, vorsieht. Zweitens hat der Bundesrat es in Art. 7a Abs. 1 lit. a und b E-BVV3 trotz expliziter Forderung eben gerade nicht ermöglicht, dass Personen, welche in einem Beitragsjahr weder selbstständig noch unselbstständig erwerbstätig waren und deshalb keinen Beitrag leisten durften, dies mittels Einkaufs nachholen können. Auch die Tatsache, dass Einkäufe erst für Beitragslücken möglich sein sollen, welche nach Inkrafttreten der revidierten BVV3 entstanden sind, entspricht nach hier vertretener Auffassung nicht dem Sinn der Motion (siehe Tabelle 1). 

Aufgrund des oben Gesagten ist der Revisionsentwurf nach hier vertretener Meinung stark überarbeitungsbedürftig. Mindestens müsste er sich an der Motion, wie sie von beiden Räten angenommen wurde, orientieren. Im besten Fall würde er die Mängel der Motion beseitigen. Der Entwurf sollte somit dahingehend angepasst werden, dass der Einkauf in die Säule 3a 

  • auch für Jahre möglich ist, in denen die versicherte Person über kein AHV-pflichtiges Einkommen verfügte; 
  • nicht erst für Beitragslücken, die ab Inkrafttreten der Revision der BVV3 entstanden sind, möglich ist, sondern auch für Beitragslücken, welche sich ab dem 25. Altersjahr ergeben haben; 
  • nicht zwangsläufig eine ganze Jahresbeitragslücke vollständig äufnen muss; 
  • nicht für alle nur bis zum kleinen Abzug möglich ist, sondern das Einkaufspotenzial analog den ordentlichen Abzügen an die Qualität der Erwerbstätigkeit geknüpft wird.

Finanzielle Auswirkungen 

Der Bundesrat geht in seinem erläuternden Bericht von Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer von rund MCHF 100 bis 150 und bei den Kantons- und Gemeindesteuern von MCHF 200 bis 450 pro Jahr aus.11 

Vernehmlassung 

Wenig überraschend lehnen Grüne und SP den Revisionsentwurf so wie schon die Motion aufgrund der geschätzten Mindereinnahmen und aus sozialpolitischen Überlegungen ab. Dass von einem rückwirkenden Einkauf vor allem auch Mütter profitieren könnten, wird in beiden Antworten nicht thematisiert. Die Mitte Frauen und FDP Frauen, die FDP und die SVP beantragen, der Bundesrat habe sich an die Motion, wie sie vom Parlament angenommen wurde, zu halten, und schlagen deshalb diverse Änderungen vor. Abgesehen von der SVP fordern sie, dass Einkäufe auch für Jahre, in denen kein AHV-pflichtiges Einkommen erzielt wurde, zu ermöglichen seien. Somit sollen Mütter von einem nachträglichen Einkauf profitieren können, sobald sie wieder über ein höheres Einkommen verfügen. Die FDP als Wirtschaftspartei fordert ausserdem, dass Selbstständigerwerbende mittels einer eigenen Regelung erfasst werden, wie dies leider bei Motion und Entwurf vergessen ging.

Der 3a-Einkauf im Licht der 13. AHV-Rente 

Am 3. März 2024 haben Volk und Stände die Initiative für eine 13. AHV-Rente angenommen. Die 13. AHV-Rente wird dabei voraussichtlich zusätzliche jährliche Kosten von MCHF 4000 bis 5000 verursachen, deren Finanzierung bis jetzt nicht geklärt ist. Gleichzeitig wurde eine Erhöhung des Rentenalters zur nachhaltigen Finanzierung der AHV klar abgelehnt. Es ist also davon auszugehen, dass die 13. AHV-Rente entweder durch höhere Lohnabgaben oder die Erhöhung der Mehrwertsteuer bzw. die Einführung zusätzlicher Steuern finanziert werden muss oder dass die AHV langfristig aufgrund des demografischen Wandels in der Schweiz schlicht nicht mehr zu finanzieren ist (zumindest nicht wie heute).12 

Eine Erhöhung der Lohnabgaben würde hierbei zu einer Mehrbelastung sämtlicher Erwerbstätigen führen, wobei Gutverdienende überproportional betroffen sind; die AHV ist nämlich nur bis zu einem Einkommen von aktuell CHF 88 200.– rentenbildend. Darüber hinaus wird sie de facto zur Steuer. Gerade auch unter diesem Gesichtspunkt ist es nach hier vertretener Auffassung scheinheilig, einen rückwirkenden Einkauf in die Säule 3a aufgrund von Steuerausfällen zu torpedieren. Auch ist fragwürdig, wieso die Selbstvorsorge in diesen Zeiten nicht gestärkt werden sollte, sodass alle, auch Personen, die zeitweilen nicht erwerbstätig waren, davon profitieren und sich ein gesichertes Altersguthaben aufbauen können.

Fazit 

Die Motion «Einkauf in die Säule 3a ermöglichen » ist trotz einiger Mängel ein wichtiger und guter Anstoss zur nachhaltigen Sicherung der Altersvorsorge des schweizerischen Mittelstands. Trotz klarem Willen des Gesetzgebers hat der Bundesrat bzw. das BSV leider einen Entwurf geschaffen, der so nicht zielführend ist. Es ist zu hoffen, dass der Entwurf noch einmal vollumfänglich überarbeitet wird, damit die Altersvorsorge auch für künftige Generationen gesichert ist.

Fussnoten

1 Der Autor dankt Herrn Prof. Dr. Adriano Marantelli für die kritische Durchsicht des Artikels. 

2 Motion 19.3702, abrufbar unter «www.parlament.ch/ de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId= 20193702» (zuletzt besucht, 26. März 2024). 

3 Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982, SR 831.40. 

4 Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen vom 13. November 1985, SR 831.461.3. 

5 Der sog. kleine Abzug für Personen mit 2. Säule nach Art. 7 Abs. 1 lit. a BVV3 betrug zum Zeitpunkt der Motion CHF 6826.– und beträgt aktuell CHF 7056.–. Der sog. grosse Abzug für Personen ohne 2. Säule nach Art. 7 Abs. 1 lit. b BVV3 betrug zum Zeitpunkt der Motion maximal CHF 34 128.– und beträgt aktuell maximal CHF 35 280.–. 

6 Nachfolgend «BSV». 

7 Der maximale kleine Abzug entspricht 20% des maximalen grossen Abzugs. 

8 Vgl. etwa «www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/ arbeit-erwerb/loehne-erwerbseinkommen-arbeitskosten/ lohnstruktur.assetdetail.30765511.html» (zuletzt besucht, 26. März 2024). 

9 Nachfolgend «E-BVV3». 

10 Jahresbeitragslücken ergeben sich aus der Differenz des maximal möglichen Abzugs pro Jahr abzüglich der effektiv geleisteten Beiträge. Vgl. hierzu Erläuternder Bericht zur Änderung der BVV3 zur Einführung von Einkäufen in die Säule 3a, S. 6 f. Abrufbar unter «www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/publikationenund- service/gesetzgebung/vernehmlassungen/vnnachtraegliche- einkaeufe-3a.html» (zuletzt besucht, 26. März 2024) (nachfolgend «erläuternder Bericht»). 

11 Erläuternder Bericht, S. 13. 

12 Der vorliegende Artikel wurde im März 2024 verfasst. Finanzierungsvorschläge, welche zwischen dem 26. März 2024 und Erscheinen des Artikels verabschiedet wurden, sind nicht berücksichtigt.

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