Unternehmenskultur stärken: Wie Employer Branding die passenden Talente anzieht
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Definitionen von Employer Branding und Unternehmenskultur
Definieren wir das Employer Branding einer Unternehmung als die Gesamtheit aller Massnahmen, die eine Unternehmung ergreift und umsetzt, um die bestgeeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Die Unternehmenskultur wiederum besteht aus den kollektiv gültigen Wertvorstellungen, Überzeugungen und Annahmen darüber, was für die Organisation wichtig, erstrebenswert oder zulässig ist und was im Gegensatz dazu vernachlässigbar, unerwünscht oder inakzeptabel ist.1,2
Kultur ist ein neutraler Begriff. Ihre Ausprägungen können von förderlich und inspirierend bis toxisch und dysfunktional reichen. Auch kriminelle Organisationen haben ihre Werte und Überzeugungen. Aber selbst, wenn wir hier die Extremfälle ausser Acht lassen, ist die Bandbreite der Werte, die Organisationen und Unternehmen vertreten können, gross. So gibt es solche, die konkurrierendes Verhalten unter ihren Mitarbeitenden belohnen, andere, die dies unterbinden; solche, die Eigeninitiative schätzen, andere, die Anpassung und Handeln nach Vorschriften verlangen. Dies ist keine Frage rein subjektiver Präferenzen, sondern hängt mit dem Zweck der Organisation zusammen, der wiederum in Wechselwirkung mit der Branche steht, in der das Unternehmen tätig ist. Je klarer das Ergebnis der Unternehmensaktivitäten definiert werden kann und je unerwünschter eine Abweichung davon ist, desto strenger wird die Forderung nach Regelkonformität bzw. Prozesstreue sein. Dies ist der Fall bei Hamburger-Ketten, in vielen Bereichen der Pharmaindustrie oder in einem Kernkraftwerk. Das Gegenteil wird bei Werbeagenturen, in einem Technologie- Start-up oder in der Unterhaltungsindustrie vorkommen. Sie leben von Kreativität und Innovation, und zu enge Regeln würden diese ersticken.
Einflussfaktoren und Grenzen
Es besteht also ein wesentlicher Zusammenhang zwischen Organisationszweck und Organisationskultur, der jedoch nicht als unveränderbar zu verstehen ist. Es ist Spielraum vorhanden, sodass die Kultur von Unternehmungen, die aus der gleichen Branche stammen und einen ähnlichen Zweck verfolgen, nicht deckungsgleich sein wird. Prägend sind in dieser Hinsicht: das gesellschaftliche Umfeld, die relevanten Anspruchsgruppen (politische Akteure, Lobbys, aber auch Aktionäre); die Führungskräfte, insbesondere das Topmanagement, und die Mitarbeitenden. Je nach Unternehmensgrösse und Governancestrukturen kann der Verwaltungsrat als weiterer, interner Faktor wirken.
Die Gesellschaft ist ein externer Faktor, den die Unternehmung nicht wesentlich beeinflussen kann, dem sie aber auch nicht uneingeschränkt ausgesetzt ist. In welcher Art und Intensität eine Unternehmung z.B. ihre soziale Verantwortung über rechtlich verbindliche Vorgaben hinaus wahrnimmt oder wie konform oder autonom sie sich gegenüber Zeitgeisttrends verhält, hängt in hohem Masse von der Persönlichkeit und den Überzeugungen ihrer Verantwortungsträger ab (siehe Schema 1).
Unternehmenskultur stärken: Kulturentwicklung zwischen Ist- und Sollzustand
Die beiden Faktoren Führungskräfte und Mitarbeitende sind unternehmensintern und stehen in direktem Zusammenhang mit dem Employer Branding. Zur Erläuterung der Wirkungsmöglichkeiten ist es hilfreich, davon auszugehen, dass es auch bei der Unternehmenskultur einen Ist- und eventuell einen Sollzustand gibt. Ersterer ist nüchtern zu bestimmen. Manch viel beschäftigter Führungskraft wird es schwerfallen, die dafür notwendige Zeit, Fachkompetenz und auch Objektivität aufzubringen. Aus diesem Grund würde es sich für sie lohnen, externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Analyse sollte ein Abbild der gelebten Realität wiedergeben und keinesfalls beim Leitbild und bei einer möglichen Auflistung von Werten enden, da diese nicht selten voneinander abweichen. Ein möglicher Sollzustand, eine Vorstellung davon, wie die Unternehmenskultur aussehen soll, muss dann unter Berücksichtigung gegebener (Branchenzugehörigkeit) und externer Faktoren (Gesellschaft und Stakeholder) sowie interner Vorgaben durch den Verwaltungsrat, ambitioniert und inspirierend definiert werden. Daraus ergibt sich dann, wie man die Unternehmenskultur stärken kann.
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Von der Analyse zur Anwendung
Aus dem Vergleich des Sollzustands mit dem Istzustand ergibt sich eine Differenz. Je grösser diese ist, desto umfangreicher und tiefgreifender sind die notwendigen Veränderungen. Denn es geht nicht um Grundsatzerklärungen, ein neues Leitbild oder eine weitere Auflistung wohlklingender Werte, die ohne beharrliche Umsetzung zum Papiertiger verkommen. Es geht um eine bewusste und langfristig orientierte Veränderung der Art und Weise, wie die Unternehmung funktionieren soll. Keine Frage also, dass zur Schliessung oder Überbrückung einer beträchtlichen Lücke zwischen Ist- und Sollkultur die geballte Ladung des «Managements vom Wandel» zum Einsatz kommen muss. Egal, ob man die Massnahmen des Employer Branding nun separat oder als Bestandteil des Change-Managements betrachten will, sie spielen in jedem Fall eine eminente Rolle im Prozess der Organisationsentwicklung.
Harte und weiche Kompetenzen
In der Organisationsentwicklung gibt es zwei Seiten, die hier der Einfachheit halber als «hart» und «weich» bezeichnet werden. Die Strategie umfasst die «harte Seite» der Veränderung: Produkt-/ Marktauswahl, Geschäftsmodellanpassung, Positionierung im Wettbewerb etc., Kultur die «weiche Seite». Im Employer Branding müssen beide ihren Platz finden. Die fachlichen Kompetenzen haben mit der Strategie zu tun, die «Soft Skills» mit der Kultur.
Wenn es also um die Definition der Profile der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht, die das Unternehmen gewinnen, einstellen und halten will, muss Klarheit über diese beiden Aspekte herrschen. Nur dann wird es möglich sein, gezielt diejenigen Mitarbeitenden auszuwählen und zu entwickeln, die vielleicht nicht die besten aller Spezialisten sind, die aber den am besten geeigneten Mix aus Kompetenzen und Soft Skills mitbringen, um die Unternehmung in die gewünschte Richtung zu steuern. Personalfachleute wissen, dass Soft Skills nicht auf Freundlichkeit reduziert werden dürfen. Durchsetzungsvermögen, Konfliktfähigkeit, Hartnäckigkeit in unterschiedlichen Intensitäten und Ausprägungen sind je nach Unternehmenssituation erfolgskritisch (siehe Schema 2).
Neuanstellungen und bestehendes Personal
Die bisherigen Ausführungen könnten den Eindruck erwecken, dass Massnahmen des Employer Brandings nur bei Neurekrutierungen zum Tragen kommen. Das Gegenteil ist der Fall, denn Employer Branding hört nicht nach der Rekrutierungsphase auf.3 Dass die hochgehaltenen Werte und Prinzipien im Alltag gelebt und nicht nur kommuniziert werden, sollte das Management laufend sicherstellen und die Unternehmenskultur stärken. Dies wiederum bedeutet, dass die Kompatibilität von Haltung und Verhalten der Mitarbeitenden mit der angestrebten Unternehmenskultur wiederkehrend überprüft wird. Dies kann auch die Sanktionierung von abweichendem Verhalten bis hin zur Trennung beinhalten.
Quellen
1 Frei B., A. L. Sablone (2022): Unternehmenskultur. Tatsachen, Möglichkeiten und Grenzen (Teil 2); Management und Qualität; Nr. 7–8; S. 19–22.
2 Sablone A. L., B. Frei (2022): Unternehmenskultur. Tatsachen, Möglichkeiten und Grenzen (Teil 1); Management und Qualität; Nr. 3–4; S. 20–22.
3 Ammann T., A. L. Sablone (2023): Mitarbeitende gewinnen und halten dank Employer Branding; Organisator Nr. 3–4; S. 50–52.