Personalmarketing: Arbeitsrechtliche Aspekte im Themenfeld Personalmarketing
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Ausgangslage
Aufgrund der demografischen Entwicklung erreichen seit einigen Jahren jeweils mehr Mitarbeitende das Rentenalter, als neue Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt eintreten. Der daraus resultierende Ressourcenmangel wird zusätzlich verschärft durch den in vielen Bereichen (Ingenieurwesen, Technik, Informatik, Humanmedizin und Pharmazie) herrschenden Fachkräftemangel und macht den Arbeitsmarkt zu einem Arbeitnehmermarkt. Die Arbeitswelt präsentiert sich zudem nicht mehr wie vor der COVID-19-Pandemie, nachdem viele Prozesse und Arbeitsweisen den Umständen angepasst werden mussten. Aktuell ist deshalb ein guter Zeitpunkt für Arbeitgebende, um sich mit den Themen Personalmarketing, Employer Attractiveness und Unternehmenskultur vertieft auseinanderzusetzen und neue Impulse zu setzen. Was sich mit Sicherheit bei jedem dieser Themen lohnt, ist die Investition in eine aktive und klare Kommunikation.
Personalmarketing
Bei der Personalrekrutierung als Teil des Personalmarketings gilt es aus arbeitsrechtlicher Sicht verschiedene Themen zu beachten, insbesondere datenschutzrechtliche Fragen sowie Aspekte hinsichtlich unlauteren Wettbewerbs. Datenschutzrechtlich darf das rekrutierende Unternehmen Daten über einen potenziellen Arbeitnehmenden nur bearbeiten, soweit diese dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrags erforderlich sind. So steht es in Art. 328b OR, welcher nach der Botschaft des Bundesrats zum Datenschutzgesetz (DSG) eine Konkretisierung des Verhältnismässigkeitsgebots von Art. 4 Abs. 2 DSG darstellt. Im Rahmen von Bewerbungsgesprächen müssen die Bewerbungsunterlagen mit aller Diskretion behandelt werden. Wird ein Arbeitsverhältnis am Ende des Rekrutierungsprozesses nicht abgeschlossen, müssen die Bewerbungsunterlagen vernichtet bzw. zurückgegeben werden. Bei elektronischen Unterlagen ist bei einer Absage auf deren Vernichtung hinzuweisen, da eine physische Rückgabe gar nicht möglich ist.
Ferner stellt sich die Frage, inwiefern eine (eigene) Datenerhebung im Rahmen des Rekrutierungsprozesses durch die Arbeitgebenden zulässig ist. Erlaubt ist im Allgemeinen die punktuelle Internetrecherche über eine Kandidatin oder einen Kandidaten mithilfe sog. Businessnetzwerke nicht privater Prägung (z.B. Xing oder LinkedIn), da hier ein ausreichender Arbeitsplatzbezug sowie die Zustimmung der Kandidatin oder des Kandidaten angenommen werden können. Nicht zulässig ist hingegen eine generelle Durchleuchtung mithilfe von Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken mit privater Prägung (z.B. Facebook). Bei der Personalrekrutierung beliebt ist auch das sog. Active Sourcing. Darunter versteht man die persönliche Ansprache von vielversprechenden Kandidatinnen und Kandidaten mit dem Ziel, Interessentinnen und Interessenten für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Active Sourcing wird vermehrt online betrieben in beruflichen Netzwerken wie LinkedIn oder Xing, welche die Profile unzähliger potenzieller Ansprechpersonen enthalten. Geeignete Personen können durch die Aufnahme in einen Talent Pool an das Unternehmen gebunden und der Kontakt durch regelmässige Newsletter und aktuelle Jobangebote gepflegt werden. Ebenso ist dieses «Candidate Relationship Management» eine gute Möglichkeit, aufzuzeigen, wofür das Unternehmen steht. Durch eine klare Kommunikation kann die Arbeitgebermarke gestärkt und die Unternehmenskultur geprägt werden. Bei dieser Form von Personalmarketing sind weniger arbeitsrechtliche denn wettbewerbsrechtliche Aspekte zu beachten (z.B. Verleitung eines Kandidaten zum Antritt der neuen Stelle, wenn dadurch ein nachvertragliches Konkurrenzverbot verletzt wird).
Bei der Personalgewinnung ist sodann selbstverständlich das Diskriminierungsverbot zu beachten. Das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) untersagt jede direkte und indirekte Benachteiligung aufgrund des Geschlechts, und das Diskriminierungsverbot gilt explizit auch bei der Anstellung von neuen Mitarbeitenden (Art. 3 Abs. 2 GlG).
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Employer Attractiveness und Unternehmenskultur
1. Permanente Möglichkeit zu Homeoffice
Ein seit der Pandemie besonders aktuelles Thema sind flexible Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit, einen Teil der Arbeitspflicht im Homeoffice zu erfüllen. Das Arbeitsgesetz (ArG) erwähnt Homeoffice als Arbeitsform nicht. Dennoch gelten seine Bestimmungen unabhängig vom Arbeitsort, folglich auch zu Hause. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang insbesondere Artikel 6 des Arbeitsgesetzes und die dazugehörige Verordnung 3. Mitarbeitende haben die Vorgaben der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers in Bezug auf den Gesundheitsschutz auch im Homeoffice zu befolgen, insbesondere bezüglich der Arbeits- und Ruhezeiten. Wichtig zu wissen ist, dass der Mitarbeitende kein Anrecht auf Homeoffice hat. Es fördert jedoch die Arbeitgeberattraktivität, wenn ein Unternehmen Homeoffice in einem bestimmten Rahmen zulässt.
In Bezug auf die zur Verrichtung der Arbeit im Homeoffice notwendigen Geräte und Material gilt, dass Arbeitgebende die Mitarbeitenden damit auszurüsten haben, wenn nichts anderes vereinbart oder üblich ist. Stellen die Mitarbeitenden im Einverständnis mit den Arbeitgebenden selbst Geräte oder Material für die Arbeitsausübung, sind sie dafür zu entschädigen, es sei denn, die Parteien haben etwas anderes vereinbart (Art. 327a Abs. 1 OR). Es empfiehlt sich dringend, mit den Arbeitnehmenden das Arbeiten zu Hause vertraglich zu regeln, um diesbezüglich einen klaren Rahmen zu schaffen. In der Vereinbarung geregelt werden können und sollen unter anderem:
- Ist die Arbeit im Homeoffice freiwillig oder besteht eine Pflicht?
- Wie viel wird im Homeoffice gearbeitet (welche/r Wochentag/e, in welchem Umfang oder in welchen Situationen)?
- Wie wird die Arbeitszeit erfasst?
- Welche Geräte und welches Material werden zur Verfügung gestellt?
- Regelung einer allfälligen Entschädigung, wenn die Infrastruktur vom Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt wird.
- Weitere Vorgaben des/der Arbeitgebenden in Bezug auf den Gesundheitsschutz.
2. Weitere Massnahmen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität
Flexible Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit zu Homeoffice erhöhen die Arbeitgeberattraktivität beachtlich. Weitere Massnahmen zur Steigerung der Employer Attractiveness sind ausserdem:
- Schärfung der Unternehmensmerkmale: Wofür steht der/die Arbeitgebende? (sog. Employer Branding)
- Attraktive Entwicklungsmöglichkeiten (insb. aktive Förderung von Aus- und Weiterbildungen)
- Leistungsorientierung und gerechte Entlöhnung
- Aktive Förderung einer gesunden Work-Life-Balance
- Aktives Engagement für das betriebliche Gesundheitsmanagement
- Vorleben durch die Führungskräfte
3. Code of Conduct
Zum Schluss noch ein paar Ausführungen zu Bedeutung und Verbindlichkeit von Verhaltenskodexen (sog. Codes of Conduct). Ein Code of Conduct beinhaltet in der Regel ein umfassendes Verhaltenskonzept, das als eigentliche «Unternehmensverfassung » betrachtet werden kann. Dabei besteht der Verhaltenskodex nicht nur aus rechtlichen Regeln, sondern aus allgemeinen Prinzipien der Ethik und der Moral. In der Regel enthält der Verhaltenskodex keine einklagbaren Rechte der Mitarbeitenden. Regelverstösse im Zusammenhang mit dem Code of Conduct können je nach Schwere zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur fristlosen Entlassung führen. Sodann können bei Verletzung Schadenersatzforderungen drohen (z.B. im Falle einer Rufschädigung des Unternehmens durch das Verhalten des Mitarbeitenden) sowie die strafrechtliche Verfolgung.
Ein Code of Conduct trägt durch die aktive Kommunikation der Unternehmenswerte ebenfalls zur Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität und der Festigung der Unternehmenskultur bei.