Fachkräftemangel: Der Kampf gegen den Fachkräftemangel
Passende Arbeitshilfen
Die Symptome des Fachkräftemangels
Am Fachkräftemangel wird deutlich: Viele Unternehmen haben aktuell Probleme, passende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Zum einen gelingt es oft nicht, diejenigen Menschen für das Unternehmen zu begeistern, die die gestellten Anforderungen erfüllen. Andererseits bieten viele Bewerber nicht die Spezialisierung und Fach-Expertise, die sich Unternehmen wünschen. Oder aber es können Menschen mit dem gewünschten Profil zwar angestellt, aber nicht lange gehalten werden: Wo eine tiefere Bindung ausbleibt, ist die Fluktuation hoch.
In anderen Fällen kämpfen Unternehmen mit unmotivierten, unzufriedenen Mitarbeitern und klagen über deren fehlendes Engagement fürs Unternehmen oder über eine mangelnde Adaptationsfähigkeit der Angestellten an sich verändernde Anforderungen in ihrem Arbeitsbereich. Dies alles spricht für ein nicht passgenaues Matching von Unternehmen und Fachkräften im Recruiting-Prozess, was bis in die Unternehmenskultur hineinwirkt.
Die Ursachen des Fachkräftemangels
Der digitale Wandel führt zu neuen Leistungen und verändert die Prozesse. Neue Kompetenzen sind gefragt, und neue Rollen werden geschaffen. Neue innovative Technologien fordern die Mitarbeiter und die Führung heraus. Neue Geschäftsmodelle schaffen andere Leistungen und verändern die globale Wirtschaft und Gesellschaft. Ebenso verändern sich die Wertesysteme der jungen Generation und führen zu einem Wandel im Arbeitsmarkt.
Die Zahl der offenen Stellen steigt, und die Zeitdauer bis zur Besetzung einer Stelle verlängert sich dramatisch. In vielen Bereichen ist man daher zu kürzeren Öffnungszeiten sowie zur Ablehnung von Aufträgen gezwungen.
Wertvorstellungen und gelebte Werte
Die Attraktivität eines Unternehmens wird in immer geringerem Masse durch klassische (Status-)Angebote wie Karriere, Gehalt und Incentives bestimmt. Wer Enttäuschungen im Recruiting-Prozess durch ein Aufeinanderprallen unterschiedlicher Vorstellungen vermeiden möchte, wer Unzufriedenheit und Unmotiviertheit oder gar Burn-out bei seinen (künftigen) Angestellten verhindern und einer hohen Fluktuation vorbeugen will, für den wird es zur Pflichtaufgabe, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der sich die Menschen wohlfühlen und in der sie ihre Tätigkeit als sinngebend erleben können.
Unsere Lebensstile-Typologie und unsere darauf aufbauenden Future Personas zeigen das Spektrum und die mittlerweile grosse Vielfalt dessen auf, was Menschen heute wichtig ist: Heute spielen Werte eine bedeutende Rolle bei der Wahl des Arbeitgebers. Als sinnvoll empfinden Menschen ihre Arbeit nämlich dann, wenn sie im konkreten Arbeitsalltag im Einklang mit ihren Überzeugungen arbeiten können – wenn sie also nach ihren Werten handeln können. Nur dann ist die intrinsische Motivation der Mitarbeiter geweckt, nur dann fühlen sie sich emotional involviert und sind bereit, sich für das Unternehmen persönlich einzusetzen.
New-Work-Trends
Werte lassen sich dabei nicht beliebig auf die Fahnen schreiben: Ob sie wirklich oder nur auf dem Papier gültig sind, zeigt sich sehr schnell daran, ob sie gelebt werden (können) oder nicht. Und da junge Nachwuchskräfte heute in einer Welt der Werbung aufgewachsen sind, deren Mechanismen sie längst durchschaut haben, hinterfragen und prüfen sie äusserst kritisch – und lernen schnell zu unterscheiden, ob Werte nur diktiert, behauptet und reines Marketing sind oder ob sie tatsächlich so gut im Unternehmen verankert sind, dass sie auch in Verhalten übersetzt werden (können). Personaler sollten sich deshalb auch mit den Werten ihres Unternehmens beschäftigen, den Blick nach innen wenden und sich ein Bild davon machen, was das Unternehmen bietet – und für wen das Unternehmensprofil interessant sein könnte. Werte und Unternehmenskultur sind hierbei zwei Seiten einer Medaille: Erst in der gelebten Unternehmenskultur zeigen sich die tatsächlichen Werte, die in einem Unternehmen vorherrschen.
Fehler im Recruiting-Prozess
Der Fachkräftemangel sorgt dafür, dass zahlreiche Stellen monatelang unbesetzt bleiben. Begibt man sich auf die Suche nach einem Talent und erhält vielleicht sogar seine Aufmerksamkeit, sollte man alles daransetzen, dass diese nicht wieder verschwindet. Fehler im Bewerbungsprozess können schnell dazu führen, dass die wertvolle Fachkraft das Interesse verliert und sich einem der zahlreichen anderen potenziellen Arbeitgeber zuwendet. Die folgenden sieben Fehler sollten Sie also unbedingt vermeiden.
1. Schwache Arbeitgebermarke
Den ersten Fehler machen Sie schon, bevor der eigentliche Bewerbungsprozess überhaupt beginnt: Sie sorgen sich nicht um Ihre Employer Brand – Ihre Arbeitgebermarke. Das geht häufig mit der Einstellung einher, dass das eigene Unternehmen ohnehin ein attraktiver Arbeitsplatz ist – ohne, dass dafür passende Bedingungen oder Anreize geschaffen werden müssen.
Wird dem Thema Employer Branding zu wenig oder gar keine Aufmerksamkeit geschenkt, kann dies zur Folge haben, dass die Bewerber*innen ganz ausbleiben. Denn vor der Bewerbung werden die Talente sämtliche Kanäle nutzen, um sich über den potenziellen neuen Arbeitgeber zu informieren. Dazu zählen beispielsweise die unternehmenseigene Karriereseite, Social-Media-Profile und Arbeitgeber-Bewertungsportale. Wirken diese Kanäle ungepflegt, veraltet, weisen Rechtschreibfehler auf oder ergeben kein stimmiges Gesamtbild, dann schwächt das die Arbeitgebermarke. Beim Employer Branding zählt der erste Eindruck. Deshalb sollten Sie es richtig machen und dafür sorgen, dass Ihre Karriereseite und Ihre Social-Media-Profile überzeugen.
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2. Schlechte Stellenanzeigen
Zugegebenermassen ist die Bandbreite möglicher Fehler bei der Stellenanzeige ziemlich gross. Klar: Auch hier ist es eher unvorteilhaft, wenn sich Rechtschreibfehler häufen. Aber das ist nicht das einzige potenzielle Ausschlusskriterium. Schlechte Stellenausschreibungen sind langweilig formuliert, unpräzise und lassen den Leser oder die Leserin im Unklaren darüber, ob die Stelle zu ihm oder ihr passen würde. Auch eine Stellenanzeige, die deutlich länger als eine Seite ist oder ein klares Ungleichgewicht zwischen Anforderungen an Bewerber*innen und angebotenen Benefits des Unternehmens aufweist, ist ein absolutes No-Go.
Bei der Wahl des Stellentitels werden ebenfalls häufig Fehler gemacht: Oft ist er zu kompliziert oder einfach abwegig. Viele Jobbörsen werden aber nach bestimmten Stichworten durchsucht; verwendet man diese beim Verfassen der Stellenausschreibung nicht, taucht die Anzeige nicht im Suchergebnis auf. Denken und fühlen Sie sich in Ihre Kandidat*innen hinein und überlegen Sie, nach welchen Informationen sie suchen, welche Ansprüche sie haben und wie Sie diese bestmöglich erfüllen können. Wenn Sie Ihre potenziellen Bewerber*innen ins Zentrum Ihrer Bemühungen rücken, werden Sie automatisch vieles richtig machen.
3. Zu hohe Ansprüche
Sicher, für Ihre Firma wollen Sie nur das Beste, und dazu gehören auch die besten Mitarbeitenden. Aber zeichnen sich diese tatsächlich durch zahlreiche Qualifikationen aus? Zu hohe Ansprüche im Recruiting können sich als grosser Fehler erweisen, der den Einstellungsprozess verzögern oder sogar gänzlich aufhalten kann. Sie sollten schon beim Schreiben der Stellenausschreibung sorgfältig abwägen, welche Wünsche unverzichtbar und welche eher schwer realisierbar sind. Ausserdem sollte der Zusammenhang zwischen beschriebenen Anforderungen und Aufgaben immer erkennbar sein – sonst könnten viele Kandidat*innen von Ihrem Stellenprofil abgeschreckt werden und auf eine Bewerbung verzichten.
Insbesondere bei der Suche nach IT-Expert*innen sollten Sie herausfinden, welche Voraussetzungen aufseiten der Bewerbenden tatsächlich notwendig sind: Braucht es wirklich ein abgeschlossenes Informatik studium, um die vakante Stelle zu besetzen? Oder reichen anderweitig erlernte Kenntnisse aus? Manche Fähigkeiten kann man sich auch im Job aneignen – was ein neues Teammitglied, das für Ihr Unternehmen brennt, sicherlich tun wird.
4. Aufwendige Bewerbungsprozesse
Bewerber*innen legen heute im Recruiting Wert auf einen schnell ablaufenden sowie gut organisierten Bewerbungsprozess, andernfalls sehen sie von einer Bewerbung ab. Deshalb sollten Sie gut überlegen, welche Bewerbungsformen Sie zulassen und anbieten möchten. Auch Bewerbungsformulare, die Schwachstellen aufweisen, zu viele oder sogar die falschen Fragen stellen und das Verfahren somit zu kompliziert machen, sollten vermieden werden. Lange Ladezeiten oder technische Fehler ebenfalls.
Wollen Sie es Ihren Bewerber*innen so einfach wie möglich machen, ermöglichen Sie One-Click-Bewerbungen. In diesem Fall können Interessent*innen zur Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle ihre Profildaten direkt von Karrierenetzwerken wie LinkedIn oder XING an das Unternehmen übermitteln. Das bedeutet eine wesentliche Zeitersparnis.
5. Lahmes Feedback
Viele Unternehmen vergraulen ihre Kandidat*innen, weil sie insgesamt zu lange brauchen, um auf eingegangene Bewerbungen zu antworten, einen Termin zum Vorstellungsgespräch zu vereinbaren und im Anschluss an dieses eine Zu- oder Absage zu erteilen. Bedenken Sie: Die wenigsten Jobsuchenden bewerben sich ausschliesslich auf eine Stelle. Kann ein anderes Unternehmen einen schnelleren und reibungsloseren Prozess bieten, gehen Sie höchstwahrscheinlich leer aus. In Sachen Tempo gilt die Faustregel: Länger als 48 Stunden sollten Sie für eine Rückmeldung nicht brauchen.
6. Mangelnde Wertschätzung
Viele Unternehmen gehen noch immer von einem Arbeitgebermarkt aus. Soll heissen: Sie erwarten, dass sie von Fachkräften umworben werden, die die vakante Stelle ergattern wollen. Was sie nicht sehen, ist, dass der Fachkräftemangel schon vor einiger Zeit für einen Umschwung gesorgt hat. Aus dem Arbeitgeber- ist ein Arbeitnehmermarkt geworden. Es ist also an den Unternehmen selbst, die wertvollen Talente zu umwerben und sie so für sich zu gewinnen. Ausschlaggebend ist dabei nicht selten die Wertschätzung, die Unternehmen ihren Bewerbenden entgegenbringen.
Doch auch hier passieren häufig Fehler. Beispielsweise dann, wenn ein Kandidat oder eine Kandidatin keine feste Ansprechperson hat, an die er oder sie sich wenden kann und die sich regelmässig mit Updates meldet. Auch mangelndes Feedback und eine intransparente Gestaltung des Bewerbungsprozesses fallen negativ ins Gewicht, denn Ihre Kandidat*innen verdienen es, zu wissen, woran sie sind.
7. Onboarding unterschätzen
Das Talent hat zugesagt, der Vertrag ist unterschrieben. Recruiting beendet – oder? Nicht ganz, denn einer der wichtigsten Abschnitte beginnt erst jetzt: das Onboarding. Gutes und effizientes Onboarding heisst, einen Neuankömmling schnell in die neue Arbeitswelt sowie Teamumgebung einzugliedern. Wird die Einarbeitung des neuen Teammitglieds unterschätzt, kann es sein, dass es sich schon nach wenigen Wochen oder Monaten wieder aus dem Unternehmen verabschiedet.
Strukturiertes Onboarding dient deshalb dazu, einer solchen negativen Entwicklung vorzubeugen. Ziel muss es sein, den individuellen Bedürfnissen neuer Arbeitskolleg*innen bestmöglich Rechnung zu tragen. Zu diesem Zweck ist es hilfreich, schon im Vorfeld Erkundigungen bei Bewerber*innen einzuziehen. Nach der Einstellung können Einzelgespräche dafür sorgen, gemeinsame Erwartungen und Ziele abzustimmen und durch die Einarbeitung sowie Hilfestellung geeigneter Teammitglieder die Mitarbeiterbindung sicherzustellen.
Den Kampf um Talente gewinnen
Der Fachkräftemangel ist bereits seit vielen Jahren ein Thema, doch erst jetzt macht er sich deutlich und real bemerkbar. Besonders stark betroffen sind die technologiegetriebenen Branchen, aber auch der Handel, die Dienstleistungen und das Handwerk, für die es zunehmend schwierig ist, Mitarbeitende zu finden, zu gewinnen und zu halten.
Bereits vor 20 Jahren wurde davor gewarnt, dass es durch den demografischen Wandel zu Engpässen auf dem Arbeitsmarkt kommt. Dies ist nun eingetroffen, beschleunigt durch die hohen Unsicherheiten wie Corona, Versorgungslücken, Ukrainekrieg und Chip-Krise.
Auch der Arbeitsmarkt hat seinen Einfluss. Die Generation der Babyboomer geht in Rente und hinterlässt offene Stellen. Ebenso wächst die Wirtschaft, und neue Stellen werden geschaffen. Aber eine Reihe von Aufgaben ist für die nun nachrückende Generation Y und Z nicht mehr interessant und attraktiv genug (z.B. Bäcker, Pflege, Lkw-Fahrer, Gastronomieberufe etc.) und daher besonders schwer zu besetzen. Einige dieser Faktoren sind von den Unternehmen nur schwer beeinflussbar. Bei anderen Punkten könnten Firmen jedoch etwas bewirken, indem sie Arbeitnehmenden das bieten, was diese bei einer Anstellung erwarten.
Employee Experience
Employee Eperience heisst der Schlüssel zum Erfolg. Unternehmen müssen sich so positionieren, dass es für Mitarbeiter erstrebenswert ist, dort zu arbeiten. Dazu gilt es, die Unternehmenskultur auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden auszurichten. So wollen z.B. viele junge Menschen keine klassische Karriere mehr, sondern sind eher auf der Suche nach Sinnhaftigkeit. Dieser Umstand ist unbedingt zu berücksichtigen.
Flexible Arbeitsmodelle
Flexible Arbeitsmodelle sind eine wichtige Massnahme, um den Bedürfnissen der Mitarbeiter entgegenzukommen. Alle Stellen werden in einem Pensum von 60–100% ausgeschrieben. Bei flexiblen Arbeitsmodellen geht es nicht nur um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern auch um Hobbys, Weiterbildung oder eigene unternehmerische Aktivitäten. Daneben können auch weitere Serviceleistungen angeboten werden, um den Einsatz und das Engagement zu verbessern.
Durch Weiterbildung befähigen
Permanente Weiterbildung ist heute ein wichtiges Element, um nicht den Anschluss zu verlieren. Damit sollen Mitarbeiter die notwendigen Kompetenzen für neue Aufgaben oder neue Technologien erlangen. Mitarbeiter können durch Upskilling (Fortbildung) und Reskilling (Umschulung) motiviert werden und binden sich an das Unternehmen. Blended Learning und digitale Formen des Trainings sind einzusetzen.
Umdenken und neue Wege gehen
Ein Umdenken ist gefragt. Oft fehlt noch das Verständnis für die Engpässe auf dem Arbeitsmarkt. Die HR-Abteilung spielt dabei eine wichtige Rolle – wenn sie es schafft, sich von der Beschäftigung mehrheitlich administrativer Aufgabe zu lösen. Sie muss die Vision und die Unternehmensstrategie kennen und vermitteln.