Lohnfortzahlung bei Mutterschaft: Besteht ein Anspruch?
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Während den ersten acht Wochen nach der Niederkunft gilt ein generelles Arbeits-, bzw. Beschäftigungsverbot. Die Mutter muss der Arbeit fernbleiben. Zudem darf sie während den ersten 16 Wochen nach der Niederkunft nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden (Art. 35a ArG). Mit der Niederkunft entsteht der Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung. Sie wird während 14 Wochen ausgerichtet.
Arbeitsvertragliche Lohnfortzahlungspflicht
Die Dauer des bezahlten Mutterschaftsurlaubes kann arbeitsvertraglich verlängert werden. Ist nichts anderes vereinbart, gilt ein solcher von 14 Wochen. Frühestens nach acht Wochen kann die Frau auf die Mutterschaftsentschädigung verzichten und ihre Arbeit ganz oder teilweise wieder aufnehmen.
Eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers besteht, wenn die Arbeitnehmerin gegenüber der Mutterschaftsversicherung keinen Anspruch geltend machen kann.
Strittig waren bisher die Fälle, in welchen sich eine Mutter entschied, den Mutterschaftsurlaub aufzuschieben, bis sie ihr Kind nach mindestens drei Wochen aus dem Spital nach Haus nehmen kann. Die Möglichkeit eines Aufschubs wurde per 1.07.2021 aufgehoben und folglich beginnt der Anspruch auf die Entschädigung immer am Tag der Geburt.
Die neue Regelung sieht vor, dass Mütter einen zusätzlichen Anspruch auf die Entschädigungstage erhalten, wenn das Kind direkt nach der Geburt länger als 14 Tage im Spital bleiben muss. Der Anspruch verlängert sich um die Zeit im Spital, höchstens aber um 56 Tage. Dies ergibt eine maximale Bezugsdauer von 154 Tagen, entsprechend 22 Wochen.
Wenn die Mutter in den ersten Monaten nach der Niederkunft nicht voll leistungsfähig ist und dies durch ein Arztzeugnis bestätigt wird, so darf sie nicht zu Arbeiten herangezogen werden, die ihre Leistungsfähigkeit übersteigen (Art. 64 Abs. 2 ArGV1). Das ärztliche Zeugnis muss Auskunft geben, welche Arbeiten die Mutter ausüben kann und welche nicht.
Die Lohnfortzahlung bei Mutterschaft ist wie folgt geregelt:
- Während des Mutterschaftsurlaubs besteht grundsätzlich keine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Ausnahmen bestehen dort, wo der Arbeitgeber sich vertraglich verpflichtet hat.
- Die EO ersetzt berufstätigen Frauen während des Mutterschaftsurlaubs normalerweise von 14 Wochen bis maximal 22 Wochen, bei Spitalaufenthalt des Kindes nach der Geburt, einen Teil des ausfallenden Erwerbseinkommens. Die Entschädigung beträgt 80% des ausfallenden Erwerbseinkommens, kennt dabei aber Höchstgrenzen.
- Die Entschädigung bei Mutterschaft ist an eine Berufstätigkeit vor der Geburt gebunden.
- Der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung entsteht unabhängig von anderen, im gleichen Kalenderjahr bereits aufgetretenen Absenzen.
Anspruchsberechtigte Personen für die Mutterschaftsentschädigung (MSE)
Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung haben Frauen, die im Zeitpunkt der Geburt entweder
- Arbeitnehmerinnen sind; oder
- Selbständigerwerbende sind; oder
- Mitarbeitende im Betrieb des Ehemannes, der Familie oder des Konkubinatspartners sind und einen Barlohn vergütet erhalten;
- arbeitslose Frauen, die bereits ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung beziehen oder die Anspruchsvoraussetzungen für ALV-Taggelder erfüllen würden;
- arbeitsunfähige Frauen, die wegen Krankheit, Unfall oder Invalidität arbeitsunfähig sind und deswegen:
- Taggeldleistungen einer Sozial- oder Privatversicherung beziehen, sofern das Taggeld auf einem vorangegangenen Lohn berechnet wurde; oder:
- zwar noch in einem gültigen Arbeitsverhältnis stehen, aber keine Lohnfortzahlung oder Taggeldleistung erhalten, weil der Anspruch ausgeschöpft ist.
Der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung entsteht, wenn die Anspruchsberechtigten
- während neun Monaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes im Sinne der AHV obligatorisch versichert waren; und
- in dieser Zeit mindestens fünf Monate lang eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben.
Um die 5-monatige Mindesterwerbsdauer zu erfüllen, ist nicht erforderlich, dass die Mutter pro Kalendermonat eine bestimmte Anzahl Arbeitstage bzw. Arbeitsstunden geleistet hat. Es kommt weder darauf an, ob beispielsweise eine Arbeitnehmerin in einem vollen Beschäftigungsverhältnis steht noch ob sie wöchentlich nur an einem Tag erwerbstätig ist. Massgebend ist vielmehr, dass die Arbeitnehmerin einen Lohn vom Arbeitgeber im entsprechenden Kalendermonat erhalten hat. Die Mindesterwerbsdauer braucht nicht zusammenhängend erfüllt zu werden, doch muss sie während der massgebenden Vorversicherungsdauer zurückgelegt worden sein und insgesamt fünf Monate betragen.
Bei einer selbstständigerwerbenden Person muss der Status mindestens fünf Monate gedauert haben.
Versicherungs- und Beschäftigungszeiten in der EU und EFTA werden mitberücksichtigt, wenn das Freizügigkeits- oder das EFTA-Übereinkommen anwendbar ist und die ausländischen Zeiten nachgewiesen werden.
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Im Falle einer vorzeitigen Geburt reduziert sich die Frist von neun Monaten wie folgt (EOV, Art. 27):
Geburt vor dem: | minimale Versicherungsdauer: |
7. Schwangerschaftsmonat | 6 Monate |
8. Schwangerschaftsmonat | 7 Monate |
9. Schwangerschaftsmonat | 8 Monate |
Der Anspruch auf Lohnfortzahlung gemäss Obligationenrecht (Art. 324a Abs. 1–3 OR, Lohnfortzahlungspflicht bei Verhinderung des Arbeitnehmers) oder auf Lohnfortzahlung gemäss Einzel- oder Gesamtarbeitsverträgen kommt zum Zuge, wenn einer Mutter kein Anspruch auf eine Mutterschaftsentschädigung zusteht.
Praxishinweis
Der Anspruch auf die Entschädigung entsteht am Tag der Geburt eines lebensfähigen Kindes und zwar unabhängig von der Schwangerschaftsdauer.
Wenn das Kind tot geboren wird oder bei Geburt stirbt, hat die Mutter Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung, wenn die Schwangerschaft mindestens 23 Wochen gedauert hat.
Kein Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung entsteht bei einer Adoption. Gesamtarbeitsvertraglich kann aber ein Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber vorgesehen sein, in der Regel abhängig vom Alter des adoptierten Kindes.
Beginn und Ende des Anspruchs
Der Entschädigungsanspruch entsteht mit dem Tag der Niederkunft (Geburt). Wird das Kind tot geboren oder stirbt es bei der Geburt, so besteht der Anspruch auf die Entschädigung, wenn die Schwangerschaft mindestens 23 Wochen gedauert hat.
Der Anspruch endet am 98. Tag nach seinem Beginn. Er endet vorzeitig, wenn die Mutter ihre Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise wieder aufnimmt oder wenn sie stirbt. Die teilweise Aufnahme der Erwerbstätigkeit während dieser 14 Wochen verwirkt den Anspruch auf die restliche Mutterschaftsentschädigung. Zu beachten ist, dass Wöchnerinnen während acht Wochen nach der Niederkunft nicht und danach bis zur 16. Woche nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden dürfen (Art. 35a Abs. 2 ArG).
Praxisbeispiel | |||
---|---|---|---|
Geburt | Beginn MSE | Ende MSE | Ende 16. Woche |
01. März | 01. März | 06. Juni | 20. Juni |
06. September | 06. September | 12. Dezember | 26. Dezember |
28. Oktober | 28. Oktober | 02. Februar | 16. Februar |
Nach dem Ende des entschädigten Mutterschaftsurlaubs von 14 Wochen kann die Mutter noch zwei Wochen unbezahlten Urlaub nehmen (Art. 35a ArG).
Muss das neugeborene Kind nach der Geburt aus gesundheitlichen Gründen während mindestens 14 Tage im Spital bleiben, so wird die Dauer der Ausrichtung um die Dauer der Hospitalisierung verlängert, höchstens aber um 56 Tage. Bei einem Spitalaufenthalt des Neugeborenen endet die Mutterschaftsentschädigung spätestens am 154. Tag (22 Wochen) nach der Geburt und Art. 35a ArG kommt somit nicht zur Anwendung.