Kündigung von öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen: Zwischen Recht und Pflicht
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Für die Arbeitsverhältnisse von Bund, Kantonen und Gemeinden, aber auch von anderen öffentlich-rechtlichen Institutionen wie z. B. von Gemeinden geführten Altersheimen oder Gemeindeverbänden gilt nicht das Obligationenrecht, sondern das jeweilige öffentliche Personalrecht. Da sowohl der Bund wie auch die Kantone sowie viele grössere Gemeinden eigene personalrechtliche Regelungen erlassen haben, besteht im Bereich der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse keine einheitliche Rechtsgrundlage. Trotzdem sind die Vorgaben, welche in Bezug auf eine Kündigung zu beachten sind, im Grossen und Ganzen die gleichen, denn die Gemeinwesen haben die allgemeinen Grundsätze des staatlichen Handelns zu beachten und sind deshalb nicht gänzlich frei in der Regelung ihrer Arbeitsverhältnisse.
Bei einer Kündigung zwingend zu beachten
Bei einer Kündigung von öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen sind nachfolgende Punkte zwingend zu beachten.
Vorliegen eines sachlichen Grunds
Im privaten Arbeitsrecht gilt grundsätzlich Kündigungsfreiheit, d. h., eine Kündigung kann ohne Vorwarnung und ohne Begründung erfolgen. Sie darf lediglich nicht missbräuchlich sein oder zur Unzeit erfolgen. Anders sieht die Rechtslage im öffentlichen Personalrecht aus. Das Gemeinwesen darf eine Kündigung nur dann aussprechen, wenn ein sachlicher Grund besteht. Ein solcher liegt vor, wenn unter Berücksichtigung des Verhaltens der Mitarbeitenden und der betrieblichen Gegebenheiten die Kündigung objektiv als vertretbare Massnahme erscheint. Die Personalgesetze halten die sachlichen Gründe in der Regel explizit fest. Mögliche sachliche Gründe sind z. B. eine betriebliche Reorganisation mit dem Wegfall der Stelle oder mangelnde Leistung bzw. mangelndes Verhalten der Mitarbeitenden.
Vorgängige schriftliche Abmahnung/ Setzung einer Bewährungsfrist
Sind ungenügende Leistungen bzw. mangelhaftes Verhalten der Grund für eine Kündigung, sind die Mitarbeitenden vorgängig abzumahnen, und es ist ihnen eine Frist zur Verbesserung (sog. Bewährungsfrist) zu gewähren. Diese Vorgaben sind Ausfluss des Prinzips der Verhältnismässigkeit, welches für jedes staatliche Handeln gilt. Es besagt, dass die geplante Massnahme geeignet sein muss, um die aufgetretenen Probleme zu lösen, und dass keine andere, gleich geeignete, aber mildere Massnahme für den angestrebten Erfolg ausreichen würde. Die Abmahnung ist in diesem Sinne das mildere Mittel.
In der Praxis bedeutet dies, dass den Mitarbeitenden schriftlich mitgeteilt werden muss, was beanstandet und was in Zukunft von ihnen erwartet wird. Die Vorwürfe und Auflagen sind dabei so konkret wie möglich zu formulieren, und die Mitarbeitenden sind darauf hinzuweisen, dass bei Nichteinhalten eine Kündigung in Betracht gezogen wird. Die Bewährungsfrist ist so zu bemessen, dass eine Verbesserung in dieser Zeit realistisch ist.
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Prüfung der Weiterbeschäftigung
Ebenfalls Ausfluss des Prinzips der Verhältnismässigkeit ist die Vorgabe, dass vor dem Aussprechen einer Kündigung geprüft werden muss, ob die Mitarbeitenden nicht an einer anderen Stelle weiterbeschäftigt werden können. Es besteht jedoch kein Zwang, extra eine Stelle für die betroffenen Personen zu schaffen.
Gewährung des rechtlichen Gehörs
Einer der grössten Unterschiede zum privaten Arbeitsrecht ist der Anspruch auf ein rechtliches Gehör. Er ergibt sich direkt aus der Bundesverfassung und bedeutet, dass den Mitarbeitenden vor dem Aussprechen der Kündigung durch den Arbeitgeber die Möglichkeit gewährt werden muss, zu den Gründen für die Kündigung Stellung nehmen zu können. Das rechtliche Gehör ist grundsätzlich schriftlich zu gewähren und hat die wichtigsten Gründe für die beabsichtigte Kündigung zu enthalten. Der Entscheid, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, darf erst nach Kenntnisnahme und Prüfung der von den Mitarbeitenden vorgebrachten Einwände erfolgen. Entsprechend ist bei der Formulierung des rechtlichen Gehörs darauf zu achten, dass es sich erst um eine Trennungsabsicht handelt und der definitive Entscheid noch nicht gefallen ist.
Rechtsfolgen einer rechtswidrigen Kündigung
Sind Mitarbeitende mit der erhaltenen Kündigung nicht einverstanden, sind nicht die zivilen Arbeitsgerichte zuständig, sondern spezielle verwaltungsrechtliche Instanzen, welche in den personalrechtlichen Erlassen festgelegt sind. Vielfach sieht das Personalrecht Schlichtungsverfahren vor, teilweise sind diese zwingend dem eigentlichen Gerichtsverfahren vorgelagert. Ebenfalls zu beachten ist, dass in der Regel eine (kurze) Frist für die Anfechtung der Kündigung einzuhalten ist. Erachtet die Rechtsmittelinstanz die Kündigung als rechtswidrig, besteht in den meisten Fällen Anspruch auf Schadenersatz, einzelne Personalgesetze kennen jedoch auch einen Anspruch auf Wiedereinstellung.
Schlussbemerkung zur Kündigung von öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen
Auf den ersten Blick scheint es sehr umständlich, wenn nicht schon fast unmöglich zu sein, ein öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis zu kündigen. Insbesondere die Vorgabe der vorgängigen Mahnung und die Gewährung des rechtlichen Gehörs werden in der Praxis als behindernd erlebt. Dieser Blick ist jedoch etwas voreilig. Denn bei genauerer Betrachtung entsprechen die Vorgaben aus dem Personalrecht dem, was allgemein unter einer guten Führung verstanden wird: mit den Mitarbeitenden in Kontakt sein, Probleme ansprechen, Konsequenzen aufzeigen, Chancen gewähren und Leistung einfordern. Aufgrund dieser zwingenden Vorgaben ist es gerade bei öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen besonders wichtig, dass bei sich abzeichnenden Problemen früh das Gespräch mit den Mitarbeitenden gesucht wird und alle Gespräche und Vereinbarungen schriftlich festgehalten werden.