Gerechtfertigte fristlose Kündigung: Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen

Immer wieder kommt es vor, dass fristlose Kündigungen ausgesprochen und damit Arbeitsverträge per sofort aufgelöst werden. Streit gibt es regelmässig bei fristlosen Kündigungen durch Arbeitgebende. Arbeitnehmer reichen häufig Klage gegen solche Kündigungen ein und machen geltend, die fristlose Kündigung sei ungerechtfertigt. Der Richter hat diesfalls darüber zu entscheiden, ob es sich um eine gerechtfertigte fristlose Kündigung handelt oder nicht.

02.10.2023 Von: Leena Kriegers-Tejura
Gerechtfertigte fristlose Kündigung

Allgemeines

Unbefristete wie auch befristete Arbeitsverhältnisse können fristlos, d.h. ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Es wird kein Kündigungstermin oder auch kein Enddatum berücksichtigt, sondern per sofort gekündigt. Die fristlose Kündigung kann auch während einer laufenden Sperrfrist ausgesprochen werden, was unter Umständen aber (sehr) teuer zu stehen kommen kann, weshalb eher davon abgeraten wird.

Wann liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor?

Art. 337 OR sieht vor, dass ein Arbeitgeber wie auch ein Arbeitnehmer jederzeit das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen fristlos auflösen kann. Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf (Art. 337 Abs. 2 OR). Über das Vorhandensein solcher Gründe entscheidet im Streitfall der Richter nach seinem Ermessen.

Eine fristlose Kündigung ist somit nur bei besonders schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers gerechtfertigt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die wesentliche Vertrauensgrundlage für die Weiterführung des Arbeitsvertrages zerstört oder zumindest derart zerstört ist, dass einem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Um dies beantworten zu können, muss immer der Einzelfall und dessen Umstände beurteilt werden. Die Richter berücksichtigen dabei Aspekte wie die Stellung des Arbeitnehmers, die Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie Art und Umfang der Verstösse.

Weniger schwerwiegende Pflichtverletzungen oder solche, die einmalig auftauchen, können kaum eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dem Arbeitgeber ist zu empfehlen, sich gut zu überlegen, ob eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden soll. Diese ist als Ultima Ratio anzusehen. Der Arbeitgeber sollte sich fragen: «Gibt es einen anderen Weg das Arbeitsverhältnis aufzulösen?». Wenn dies möglich erscheint, z.B. mittels einer ordentlichen Kündigung und Freistellung oder einer Auflösungsvereinbarung, sollten diese Optionen zumindest geprüft werden. Erweist sich die fristlose Kündigung als nicht gerechtfertigt, führt dies zu einer (hohen) Schadenersatzforderung, was vorher gut überlegt sein soll.

Beispiele für wichtige Gründe

Die Gerichtspraxis zur fristlosen Kündigung ist sehr umfangreich. Beispielhaft soll hier aufgezeigt werden, wann ein wichtiger Grund bei Arbeitgeberkündigung anerkannt wurde: 

  • Strafbare Handlungen eines Arbeitnehmers wie Diebstahl, Nötigung, Sachbeschädigung (bei Straftaten ausserhalb des Betriebes darf nur gekündigt werden, falls sie für die Arbeit von Bedeutung und derart schwerwiegend sind, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann);
  • Konkurrenzierung des Arbeitgebers mit Schwarzarbeit oder Annahme von Schmiergeldern;
  • Verrat von Geschäftsgeheimnissen;
  • Schwerwiegende Pflichtverletzungen und andere Unkorrektheiten am Arbeitsplatz;
  • Beharrliche Arbeitsverweigerung durch den Arbeitnehmer.

Diese Beispiele zeigen deutlich, dass die Ursache gravierend sein muss, damit eine gerechtfertigte fristlose Kündigung vorliegt.

Vorgehen bei fristloser Kündigung

Wichtig ist, die fristlose Kündigung umgehend auszusprechen, nachdem der wichtige Grund gesetzt wurde. Die Entscheidung muss auf jeden Fall sofort gefällt werden, sobald die konkreten Umstände bekannt sind. Unzumutbarkeit bedeutet, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht tragbar ist und eine solche Entscheidung muss schnell gefällt werden. Die Praxis verlangt dabei eine Entscheidung innert zwei bis drei Tagen. In Einzelfällen kann diese Frist auch länger sein, je nach Komplexität des Falles. Wartet der Arbeitgeber zu lange ab, muss er sich vorhalten lassen, dass eine Weiterarbeit für die Dauer einer ordentlichen Kündigung zumutbar gewesen wäre.

Ob ein Vorkommnis objektiv geeignet ist, die Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit so schwerwiegend zu erschüttern, dass nur die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Frage kommt, misst sich im Verhältnis der verbleibenden Frist bis zur ordentlichen Vertragsbeendigung. Je kürzer die Kündigungsfrist oder die Frist bis zum Ablauf der festen Vertragsdauer, desto eher wird objektiv zumutbar sein, den Vertrag ordentlich zu beenden.

Rechtliche Folgen einer fristlosen Kündigung

Die fristlose Kündigung führt zur sofortigen Auflösung des Arbeitsvertrages tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, unabhängig davon, ob tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt oder nicht.

Liegt eine gerechtfertigte fristlose Kündigung vor, so hat die vertragswidrige Partei vollen Schadenersatz zu leisten.

Ist die fristlose Kündigung des Arbeitgebers ungerechtfertigt, hat der Arbeitgeber den Lohn bezahlen, welche für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist geschuldet gewesen wäre, oder durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit beendigt worden wäre. Zusätzlich kann der Arbeitgeber dazu verpflichtet werden, eine Entschädigung von bis zu maximal sechs Monatslöhnen (Art. 337c Abs. 3 OR) zu bezahlen.

Möglich ist auch, dass der Arbeitnehmer die Stelle nicht antritt, oder fristlos verlässt. In diesem Fall steht dem Arbeitgeber eine Entschädigung zu, die einem Viertel des Monatslohnes entspricht (Art. 337d Abs. 1 OR). Allerdings muss der Arbeitgeber diese Forderung innert 30 Tagen seit dem Nichtantritt der Stelle oder des Verlassens der Stelle geltend machen, andernfalls der Anspruch verwirkt ist.

Empfehlungen für die Praxis

Bei fristlosen Kündigungen, insbesondere solcher von Arbeitgebern, ist Vorsicht geboten. Die finanziellen Folgen können massiv sein, weshalb diese Entscheidung gut überlegt sein soll.

Die kündigende Partei sollte – in Berücksichtigung sämtlicher Elemente – die fristlose Kündigung nur aussprechen, wenn sie keinerlei Zweifel daran hat, dass die Gründe für eine fristlose Kündigung objektiv schwer wiegen und keinerlei anderweitigen Elemente angeführt werden können, welche diese Vorkommnisse relativieren können. Andernfalls hat sie sich Alternativen zu überlegen und sich insbesondere mit einer ordentlichen Kündigung zu begnügen, oder allenfalls eine Aufhebungsvereinbarung anstreben.

Der Arbeitgeber muss sodann den Beweis für den wichtigen Grund erbringen, weshalb ein Vorfall gut überprüft und dokumentiert werden sollte, um im Gerichtsfall die entsprechenden Beweise vorlegen zu können. Bei weniger schwerwiegenden Vorfällen ist dem Arbeitgeber zu raten, eine (oder gar mehrere) Verwarnungen vorgängig auszusprechen, bevor fristlos gekündigt wird.

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