Fristlose Kündigung: Triftige Gründe für den blauen Brief

Eine fristlose Kündigung liegt dann vor, wenn die Willensäusserung einer Partei dahingeht, das Arbeitsverhältnis per sofort, also ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, aufzulösen. Damit eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, müssen sehr wichtige Gründe vorliegen, die es einer Partei unzumutbar erscheinen lassen, das Arbeitsverhältnis auch nur noch kurze Dauer - das heisst bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist - weiterzuführen.

24.03.2025 Von: Thomas Wachter
Fristlose Kündigung

Aus wichtigen Gründen können Arbeitgeber wie Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis jederzeit auflösen, so steht es in Art. 337 OR. Ein wichtiger Grund liegt vor,

  • wenn es einer Partei nicht mehr zumutbar ist, bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist mit der anderen zusammenzuarbeiten, oder
  • wenn das Vertrauensverhältnis grundlegend gestört ist. Die fristlose Auflösung ist ein Notventil und wird daher in der Gerichtspraxis nur dann geschützt, wenn der Anlass zu Kündigung ausreichend gravierend ist

Wichtige Gründe auf Seiten des Arbeitgebers

Die Gründe für eine fristlose Auflösung sind mannigfach, und es ist jeder im Einzelfall auf Grund der vorliegenden Umstände zu prüfen. Im Folgenden werden die wichtigsten genannt.

Eigenmächtiger Ferienbezug

Eigenmächtiger Ferienbezug stellt eine grobe Pflichtverletzung dar. In der Praxis tauchen Fragen zum Ferienbezug häufig auf.

Der Arbeitgeber ordnet die Ferien an, hat aber auf Familienpflichten, Wünsche der Mitarbeitenden etc. Rücksicht zu nehmen. Vereinzelt kann er auch rechtzeitig bereits zugesagte Ferien stornieren und verschieben. Da sind Konflikte vorprogrammiert.

Nichtbeachten von Weisungen

Als wichtiger Grund gilt das beharrliche oder wiederholte Nichtbeachten von berechtigten Weisungen des Arbeitgebers. Handelt es sich um weniger gravierende Angelegenheiten, ist vorgängig eine Verwarnung nötig.

Unwahre Angaben bei der Anstellung

Unwahre Angaben oder Verschweigen von Tatsachen, die für das Arbeitsverhältnis wesentlich sind, können zur fristlosen Auflösung führen. Dies gilt dann, wenn sich herausstellt, dass der Arbeitnehmer unter diesen Voraussetzungen für die vorgesehene Tätigkeit nicht einsetzbar ist. Bedingung ist, dass der Arbeitgeber bei der Einstellung danach gefragt hat und eine unwahre Antwort erhalten hat.

Möglich ist auch, dass der Arbeitnehmer genau wissen musste, dass er die Arbeit gar nicht wahrnehmen kann und somit den Arbeitgeber getäuscht hat. Bewerberinnen und Bewerber müssen einen zukünftigen Arbeitgeber von sich aus über Probleme informieren, die sie für die Stelle als ungeeignet erscheinen lassen.

Strafbare Handlungen

Ein wichtiger Grund kann dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer strafbare Handlungen begeht. Dabei ist zu unterscheiden, ob diese am Arbeitsplatz oder in der Freizeit erfolgen.

Unverschuldete Arbeitsverhinderungen

Unverschuldete Arbeitsverhinderungen wie beispielsweise Krankheit, Unfall oder höhere Gewalt sind grundsätzlich kein Grund für eine fristlose Entlassung. Es liegt aber am Arbeitnehmer, den Arbeitgeber darüber zu orientieren und ihn über seine Arbeitsverhinderung auf dem Laufenden zu halten. Lässt er über lange Zeit nichts mehr von sich hören und bietet nach seiner Genesung auch die Arbeit nicht mehr an, kann der Arbeitgeber zu Recht davon ausgehen, das Arbeitsverhältnis sei im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst worden.

Wichtige Gründe auf Seiten des Arbeitnehmers

Das Recht zur fristlosen Auflösung steht nicht nur dem Arbeitgeber, sondern auch dem Arbeitnehmer zu. In der Praxis ist dieser Fall allerdings viel weniger häufig anzutreffen. Für den Arbeitnehmer gelten die gleichen strengen Voraussetzungen an wichtigen Gründen wie für den Arbeitgeber. Ein Hinderungsgrund ist oft auch das Problem der Beweisbarkeit. Als wichtige Gründe gelten z.B.

  • Beschimpfungen und Tätlichkeiten durch den Arbeitgeber
  • unsittliche Anträge oder Belästigungen durch den Arbeitgeber
  • Kränkungen und Belästigungen durch Mitarbeiter ohne Eingreifen des Arbeitgebers
  • Weisungen, sittenwidrige oder strafbare Handlungen zu begehen
  • nicht behobene Sicherheitsmängel, mangelnde Sicherheitsvorrichtungen
  • unzumutbares Arbeitsklima ohne Eingreifen des Arbeitgebers
  • zu weit gehende Überwachungen am Arbeitsplatz oder im Privatbereich
  • schwerwiegende grundlose Verdächtigungen oder üble Nachreden durch den Arbeitgeber
  • Der einzige vom Gesetz konkret genannte Grund ist derjenige der Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit) des Arbeitgebers (Art. 337a OR). Vereinzelt verspätet erfolgte Lohnauszahlungen stellen hingegen keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar.


Der Grund muss auch hier gravierend sein. 

Bei geringeren Problemen hat auch der Arbeitnehmer zuerst eine Verwarnung auszusprechen. Als wichtige Gründe werden in der Praxis angesehen:

Tätlichkeiten und grobe Beschimpfungenkriminelle Handlungen am Arbeitsplatz
beharrliche ArbeitsverweigerungKonkurrenzierung des Arbeitgebers
grobes, unredliches Verhalten gegenüber KundenFälschung von Arbeitsrapporten, Spesenbelegen
Annahme von SchmiergeldernUnfall im angetrunkenen Zustand bei der Arbeit
Fälschung von StempeluhrkartenVerschweigen von berufserheblichen Vorstrafen

Nicht als wichtiger Grund gelten hingegen:

verspätetes Beibringen des ArztzeugnissesVerschweigen nicht berufserheblicher Vorstrafen oder Betreibungen
einmalige fahrlässige SchadensverursachungHerumschwatzen, länger Pausen machen, kleine Verspätungen
private Telefonate am Arbeitsplatzeinmaliges Blaumachen oder Betrunkensein am Arbeitsplatz

Bei der Würdigung solcher Vorkommnisse ist immer zu beachten, dass es auch stark auf die Art des Betriebes, der Person und deren Stellung und Bildung ankommt. So herrscht in der Baubranche ein etwas rauherer Umgangston als beispielsweise in einem Büro.

Fazit

Damit eine fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt ist, muss ein derart wichtiger Grund eingetreten sein, dass eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar ist (Art. 337 ff. OR). Dies bedeutet aber auch, dass die Kündigung sofort nach Kenntnisnahme des wichtigen Grundes ausgesprochen und der Gegenseite zur Kenntnis gebracht werden muss; andernfalls wird durch das Zuwarten die Unzumutbarkeit widerlegt.

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