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Krankheitsbedingte Absenzen: Wann gehören Absenzen ins Arbeitszeugnis?

Das Bundesgericht hat im Jahr 2010 den Grundsatzentscheid getroffen (BGE 136 III 510), dass Absenzen, falls sie einen berechtigten Kündigungsgrund darstellen, zu erwähnen sind. Nicht restlos geklärt war bis vor Kurzem, ob Absenzen in jedem Fall und, wenn ja, ab welcher Zeitspanne aufzunehmen sind.

22.11.2023 Von: Selina Oes, Nicole Vögeli
Krankheitsbedingte Absenzen

Anspruch auf ein Arbeitszeugnis

Arbeitnehmer:innen können jederzeit von Arbeitgeber:innen ein Zeugnis verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über ihre Leistungen und ihr Verhalten ausspricht (Art. 330a Abs. 1 OR). Diese knappe Formulierung im Gesetz gab und gibt immer wieder Anlass zu Gerichtsentscheiden, die sich mit Detailfragen zum genauen Inhalt eines Arbeitszeugnisses beschäftigen.

Erhebliche krankheitsbedingte Absenzen müssen erwähnt werden

Im Sachverhalt, der dem Bundesgerichtsurteil BGE 136 III 510 (Urteil vom 6. September 2010) zugrunde liegt, war der Arbeitnehmer ursprünglich zu 100 Prozent seit dem 1. Juni 2004 bei einer Gewerkschaft als Regionalsekretär angestellt. Der Arbeitnehmer erlitt am 23. August 2007 einen Nervenzusammenbruch und war in der Folge zu 100 Prozent arbeitsunfähig. Ab Januar 2008 wäre der Arbeitnehmer in einer anderen als der bisherigen Tätigkeit wieder zu 100 Prozent arbeitsfähig gewesen. Das Arbeitsverhältnis endete in gegenseitigem Einvernehmen am 31. Januar 2009. Die Vorinstanz hielt fest, dass im Arbeitszeugnis folgender Satz aufzunehmen sei: «Wegen gesundheitlichen Problemen konnte A seine Funktion als Regionalsekretär seit dem 24. August 2007 nicht mehr wahrnehmen.»

Vor Bundesgericht war (unter anderem) strittig, ob die Absenz im Arbeitszeugnis erwähnt werden darf, obschon die Kündigung nicht damit begründet wurde. Das Bundesgericht erkannte, dass die Arbeitgeberin gehalten ist, diese in einem qualifizierten Arbeitszeugnis zu erwähnen, unabhängig davon, ob die Kündigung effektiv aufgrund der Krankheit ausgesprochen wurde. Der Arbeitnehmer war in Bezug auf seine bisherige Tätigkeit über ein Jahr arbeitsunfähig und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses war nicht absehbar, ob und wann er sie wieder werde ausüben können. Die Krankheit stellte also seine weitere Eignung zur Ausübung der bisherigen Tätigkeit erheblich infrage (E. 4.4).

Das Bundesgericht bejahte die Zulässigkeit der Erwähnung der Krankheit im Arbeitszeugnis, gestützt auf die für Arbeitszeugnisse geltenden Grundsätze der Wahrheit und Vollständigkeit. Ein qualifiziertes Zeugnis dürfe und müsse negative Tatsachen erwähnen, die Einfluss auf die Leistungsbeurteilung haben, sofern sie für die Gesamtbeurteilung erheblich sind. Bei Krankheiten ist das zutreffend, wenn sie einen erheblichen Einfluss auf die Leistung oder das Verhalten der Arbeitnehmer:innen haben oder die Eignung zur Erfüllung der bisherigen Aufgaben infrage stellen und damit einen sachlichen Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses bilden. Längere Absenzen sind zu erwähnen, wenn sie im Verhältnis zur Vertragsdauer erheblich ins Gewicht fallen und ein falscher Eindruck über die tatsächlich erworbene Arbeitserfahrung entstehen könnte, wenn sie nicht erwähnt werden. Es kommt hierbei immer auf den Einzelfall an (E. 4.1).

Verhältnis zwischen Dauer der Absenz und dem Arbeitsverhältnis massgebend

Im Bundesgerichtsurteil 4A_574/2017 vom 14. Mai 2018 wurde eine durch Krankheit und Freistellung bedingte Absenz von sechseinhalb Monaten im Verhältnis zu einem neun Jahre dauernden Arbeitsverhältnis als erheblich eingestuft und der folgende Satz im Arbeitszeugnis geschützt: «A hat seit dem 1. Januar 2013 keine Tätigkeit mehr für die BAG ausgeführt und war in der Folge freigestellt worden.»

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