Vertrauensarzt: Richter in Weiss

Arbeitgeber können die behauptete Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmenden von einem Vertrauensarzt überprüfen lassen. Wann darf ein Vertrauensarzt beigezogen werden und wie ist dabei vorzugehen?

16.03.2022 Von: Gerhard Koller, Manuel Stengel
Vertrauensarzt

Rund 74 Prozent des gesamten Absenzvolumens der Arbeitnehmenden sind gemäss einer Studie des Bundesamts für Statistik auf Krankheit oder Unfall zurückzuführen. In der Regel werden die Arbeitsverhinderungen der Arbeitnehmenden durch ein ärztliches Zeugnis belegt. Es können jedoch Situationen entstehen, in denen der Arbeitgeber die behauptete Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmenden überprüfen möchte. Ein Instrument hierfür stellt der Vertrauensarzt dar.

Unklare Rechtsgrundlage

Im schweizerischen Privatrecht finden sich keine Regelungen zum Vertrauensarzt des Arbeitgebers. Im Sozialversicherungsrecht gibt es diesbezügliche Bestimmungen, die sich jedoch nicht auf das privatrechtliche Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Vertrauensarzt übertragen lassen. Insbesondere ist der Vertrauensarzt nach KVG nicht mit dem privatrechtlichen Vertrauensarzt des Arbeitgebers gleichzusetzen. Als Vertrauensarzt im privatrechtlichen Sinne ist jener Arzt zu verstehen, welcher das Vertrauen des Arbeitgebers geniesst und von diesem beratend hinzugezogen wird, um die Eignung oder die Arbeitsfähigkeit eines Arbeitnehmenden abzuklären.

Lehre und Rechtsprechung stellen übereinstimmend fest, dass im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen das Recht hat, auf eigene Kosten einen Vertrauensarzt seiner Wahl beizuziehen und dem Arbeitnehmenden die Weisung zu erteilen, seine behauptete Arbeitsunfähigkeit von diesem Vertrauensarzt überprüfen zu lassen. Dafür setzen die einen eine ausdrückliche Regelung im Vertrag oder Reglement voraus, andere leiten dies aus der Treuepflicht ab. Die Tendenz zeigt sowohl in der Lehre als auch in der Rechtsprechung diesbezüglich in Richtung Treuepflicht als ausreichende Grundlage.

Aufgrund der Unklarheit bezüglich der vertragsrechtlichen Grundlage empfiehlt sich eine ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag oder in einem Reglement.

Wann ist die Untersuchung zulässig?

Die Aufforderung des Arbeitgebers an Arbeitnehmende, sich einer vertrauensärztlichen Untersuchung zu unterziehen, ist als Weisung zu qualifizieren. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist jedoch unter anderem durch das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmenden beschränkt. Richtigerweise wird daher zumeist vertreten, dass für die Zulässigkeit einer vertrauensärztlichen Untersuchung in aller Regel objektive Anhaltspunkte vorliegen müssen, welche den Arbeitgeber an der Richtigkeit des Arztzeugnisses und damit am Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit zweifeln lassen. Ein subjektiver Verdacht allein reicht nicht aus. Aufgrund der Verhältnismässigkeit ist zudem zu empfehlen, eine vertrauensärztliche Untersuchung nur dann anzuordnen, wenn bereits ein Arztzeugnis eingeholt worden ist (milderes Mittel). Davon kann es Ausnahmen geben, etwa im Zusammenhang mit Gesundheitsgefährdungen anderer Arbeitnehmenden, wenn hoch ansteckende Krankheiten im Spiel sind. Teilweise wird gefordert, dass die Aufforderung zur vertrauensärztlichen Untersuchung sofort erfolgen muss, dafür gibt es jedoch keinen Grund. Dennoch ist eine zeitnahe Aufforderung zu empfehlen, da ansonsten der Beweiswert der vertrauensärztlichen Untersuchung sinkt.

Eine möglichst rasche Abklärung ist zu empfehlen. Nach Möglichkeit sollten zunächst detaillierte Arztzeugnisse eingeholt werden. Erst in einem zweiten Schritt ist ein Vertrauensarzt beizuziehen.

Was sind objektive Anhaltspunkte?

Unter objektiven Anhaltspunkten sind Umstände zu verstehen, welche bei einem objektiv urteilenden Menschen Zweifel an der Richtigkeit eines Arztzeugnisses begründen können. Sie lassen sich grob in vier Kategorien einteilen:

  1. Formelle und materielle Mängel des Arbeitsunfähigkeitsnachweises (z.B. Zeugnisse, die unleserlich (formeller Mangel) oder übermässig rückdatiert (materieller Mangel) sind)  
  2. Verhalten des Arbeitnehmenden (z.B. wenn ein wegen eines Knieleidens krankgeschriebener Mitarbeitender dabei beobachtet wird, wie er zu Hause sein Hausdach ausbessert)  
  3. Verhalten des Arztes (z.B. wenn der Arzt auf dem Zeugnis abfällige Bemerkungen über den Arbeitgeber anbringt)  
  4. Zeitpunkt, Häufigkeit und Dauer der Arbeitsunfähigkeit (z.B. wenn der Arbeitnehmende genau zu jenem Zeitpunkt erkrankt, an dem ein Ferienbezug zu dem von ihm gewünschten Zeitpunkt verweigert wurde)

Sind objektive Anhaltspunkte gegeben und ist die vertrauensärztliche Untersuchung für die Durchführung des Arbeitsvertrags nicht nur nützlich, sondern notwendig, kann der Arbeitnehmende dazu aufgefordert werde, sich einer solchen Untersuchung zu unterziehen. Es ist jedoch zu beachten, dass der Arbeitnehmende seinerseits die Möglichkeit hat, Einwendungen gegen die vertrauensärztliche Untersuchung geltend zu machen. So kann von einem Arbeitnehmenden beispielsweise nicht erwartet werden, dass er sich vom Vertrauensarzt untersuchen lässt, wenn es sich dabei um seinen Nachbarn handelt, mit dem er gerade eine gerichtliche Auseinandersetzung hat. Die Einwendungen führen nicht dazu, dass der Anspruch auf eine vertrauensärztliche Untersuchung entfällt. Der Arbeitgeber hat lediglich dafür zu sorgen, dass berechtigte Einwendungen beseitigt werden, indem er zum Beispiel einen anderen Vertrauensarzt zur Auswahl stellt.

Zwischen dem Zweifel auslösenden Umstand und der Aufforderung zur vertrauensärztlichen Untersuchung sollte nicht zu viel Zeit vergehen. Obwohl ein unverzügliches Handeln nicht Voraussetzung ist, ist es mit Blick auf die Beweiskraft der Untersuchung dennoch zu empfehlen. Dem Arbeitgeber wird zudem empfohlen, den Arbeitnehmenden darauf hinzuweisen, dass die Kosten der Untersuchung vom Arbeitgeber getragen werden.

Wer eignet sich als Vertrauensarzt?

Die Wahl des Arztes ist so zu treffen, dass dieser in der Lage ist, eine entsprechende Untersuchung durchzuführen. Da die Krankheit oft nicht bekannt ist, dürfte in aller Regel ein Allgemeinmediziner die geeignetste Wahl sein.

Es empfiehlt sich, mindestens zwei Vertrauensärzte zur Auswahl anzubieten. Dabei sollte es sich nach Möglichkeit um einen Vertrauensarzt sowie um eine Vertrauensärztin handeln, um Einwendungen des Arbeitnehmenden zuvorzukommen und unnötige Verzögerungen bis zur Untersuchung zu vermeiden.

Was geschieht bei einer Weigerung?

Von grosser praktischer Bedeutung ist auch, was der Arbeitgeber unternehmen darf, wenn der Arbeitnehmende der Weisung des Arbeitgebers keine Folge leistet und die vertrauensärztliche Untersuchung verweigert, obwohl die entsprechenden Voraussetzungen gegeben wären. Kann der Arbeitnehmende keine Gründe geltend machen, welche ihn zu der Weigerung berechtigen, so kann das als Entkräftung eines bestehenden Arbeitsunfähigkeitszeugnisses durch den Arbeitnehmenden eingestuft werden, womit der Arbeitgeber bis zu einer gerichtlichen Überprüfung die Lohnfortzahlung einstellen kann. Des Weiteren setzt sich der Arbeitnehmende damit wegen einer Vertragsverletzung einer Reihe von Sanktionen aus. Die Sanktionen des Arbeitgebers können dabei vom Verweis oder von einer Verwarnung bis hin zu einer Entlassung reichen. Eine fristlose Entlassung ist höchstens in absoluten Ausnahmefällen gerechtfertigt. Zudem wird der Arbeitnehmende schadenersatzpflichtig, wenn dem Arbeitgeber aufgrund der Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist.

Die Untersuchung beim Vertrauensarzt: ein Fallbeispiel

Bestehen Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit von Mitarbeitenden, kann ein Vertrauensarzt hinzugezogen werden. Folgender Gerichtsentscheid zeigt, dass Arbeitgeber durch dieses Vorgehen hohe Kosten vermeiden können.

Sachverhalt

Die Arbeitgeberin kündigte der Klägerin Mitte Mai 2009 per Ende August 2009 und stellte sie frei. In der Folge wurde die Klägerin von ihrem Hausarzt zuerst vom 27. August bis zum 7. September und anschliessend vom 8. September bis zum 13. September krankgeschrieben. Nachdem die Klägerin eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht hatte, verlangte die Arbeitgeberin die Untersuchung beim Vertrauensarzt. Dieser stellte am 15. September 2009 fest, es liege keine Arbeitsverhinderung vor. Für die Zeit vorher konnte er keine Angaben machen. In der Folge wurden u.a. die Ärzte als Zeugen befragt. Der Hausarzt nahm zu seinem Arztbericht zuhanden des Vertrauensarztes als Zeuge Stellung.

Widersprüchliche Angaben

Zu diesen Ausführungen ist festzuhalten, dass sie sich grundsätzlich mit dem Arztbericht decken. Daraus lässt sich schliessen, dass der Arzt auch zum Zeitpunkt der Beweisverhandlung – mit an sich (in dieser Hinsicht) glaubhaften, wenn auch äusserst knapp gehaltenen Schilderungen – an seiner ursprünglichen Diagnose festhält.

Dennoch ergeben sich dem Gericht gerade aus den Zeugenaussagen des Arztes nicht unerhebliche Zweifel am tatsächlichen Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin.

Zunächst fällt auf, dass sich der Arzt selber widerspricht, wenn er nach seiner anfänglichen Angabe, er habe die Klägerin am 28. August erstmals und dann wöchentlich untersucht, anlässlich der Zeugeneinvernahme angibt, nach dem 8. September, also dem zweiten Untersuch, habe es keine Untersuchung mehr gegeben. Dies ist nicht nur ein Widerspruch in sich, sondern lässt auch die Aussage der Klägerin, wonach diese den Arzt nach dem ersten Arztbesuch am 28. August noch drei weitere Male aufgesucht haben will, völlig unglaubhaft erscheinen.

Sodann machte der Arzt zur Krankschreibung an sich und deren Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit sehr ausweichende und unglaubhafte Aussagen. So hielt er fest, dass bei einem Beschwerdebild, wie es bei der Klägerin vorgelegen habe, konzentriertes Arbeiten im Büro seiner Meinung nach nicht möglich wäre und eine Arbeit auf dem Bau sowieso nicht. Es sei eine Arbeitsunfähigkeit gewesen für das, was die Klägerin machte. Dabei deute vielleicht die Rachenentzündung allein noch nicht auf eine Arbeitsunfähigkeit hin, der Schwindel aber schon, vor allem, wenn er akut auftrete.

Später hielt der Arzt dann fest, vor allem die Tätigkeit wäre ein Problem gewesen. Die Klägerin habe ihm am 28. August gesagt, dass sie im Büro arbeite und Sekretariatsarbeiten mache. Dass sie damals seit ein paar Monaten freigestellt war und nicht mehr arbeitete, habe er nicht gewusst. Auch habe er keine Kenntnis davon gehabt, dass zwei Tage nach dem Untersuch bei ihm das Arbeitsverhältnis geendet hätte. Er attestiere jedoch auch eine Arbeitsunfähigkeit, wenn jemand nicht arbeite, für die Arbeitslosenkasse. Dies mag zutreffend sein, doch mutet es schon sehr seltsam an, wenn der Arzt die Klägerin als arbeitsunfähig «für das, was sie machte» bezeichnet, aber gleichzeitig keine Ahnung hatte, dass sie gar nicht mehr arbeitete.

Ausweichende Aussagen

Weiter sagte er aus, dass er den Grund, also den Auslöser für die Beschwerden der Klägerin, nicht kenne. Er mutmasste, dass es vielleicht Stress gewesen sei. Aber wenn es eine Infektion gewesen sei, habe dies ja nichts mit Stress zu tun. Auf zweimaliges Wiederholen der Frage, ob er die Patientin nicht nach dem konkreten Auslöser für den Schwindel und den Kollaps gefragt habe, meinte der Arzt lediglich, er verstehe die Frage nicht. Nicht nur grundsätzlich die Tatsache, dass der behandelnde Arzt, ohne wenigstens nach den Umständen am Tag des Krankheitsausbruches zu fragen, einfach auf die Schilderungen der Patientin abstellt, sondern gerade dieses ausweichende Aussageverhalten lässt die Aussagen des Zeugen als äusserst unglaubhaft erscheinen.

Wenn er dann noch zu Protokoll gibt, die Klägerin habe erzählt, sie sei am Arbeitsplatz kollabiert, und anfügt, dies habe er angenommen, so ist abgesehen vom – aufgrund der Freistellung der Klägerin und deren Aussage anlässlich der persönlichen Befragung, wonach sie bei ihrem Freund zu Hause kollabiert sei – offensichtlich nicht zutreffenden Inhalt dieser Aussage erstellt, dass der Zeuge lediglich eigene Vermutungen aufstellte, ohne diese bei der Klägerin zu verifizieren. Dass der untersuchende Arzt vor allem auf die Schilderung der Klägerin abstellte, zeigt sich auch in seiner Aussage, dass er nicht den Eindruck gehabt habe, die Klägerin täusche etwas vor, und dass ihm die Schilderung der Patientin plausibel erschienen sei. Die Begründung, weshalb er diesen Eindruck gehabt habe, nämlich dass er auch schon Fälle gehabt habe, welche deswegen hatten hospitalisiert werden müssen, ist jedoch keine, auf jeden Fall keine aussagekräftige in Bezug auf die Klägerin. Dies ist ein weiterer Grund, die Glaubhaftigkeit der Aussagen infrage zu stellen.

Geringe Kenntnis des Gesundheitszustands

Was der Glaubhaftigkeit jedoch endgültig einen Abbruch tut, ist die Tatsache, dass der Zeuge, welcher wohlgemerkt schon seit zehn Jahren der Hausarzt der Klägerin ist, zwar ohne Weiteres auf die Schilderungen der Klägerin abstellt, von deren Krankengeschichte, so wie sie die Klägerin selber schilderte, jedoch nichts weiss. Er meinte zwar, die Klägerin habe ihm gesagt, dass es auch schon vorgekommen sei, dass sie kollabiert habe, aber nicht so extrem. Er selber konnte sich jedoch nicht daran erinnern, ob die Leiden auch schon vorgekommen sind, und es war ihm auch nicht bekannt, dass die Klägerin seit vielen Jahren Probleme mit gewissen Wetterlagen hatte, wie diese anlässlich der persönlichen Befragung geltend machte. Nachdem er sodann zweimal gefragt worden war, ob die Klägerin allgemein unter zu tiefem Blutdruck leide, worauf er zunächst ausweichend angab, ein tiefer Blutdruck sei normal, und beim zweiten Mal die Frage verneinte, meinte er später, er habe zwar gewusst, dass sie einen tiefen Blutdruck habe, aber nicht, dass dieser so stark sei. Es kann zwar schon sein, dass die Klägerin nicht nur vom Zeugen betreut worden ist, wie er selber geltend macht, allerdings ist es schwer vorstellbar, dass ein seit zehn Jahren eine Patientin betreuender Hausarzt, welcher zudem die Klägerin alle halben Jahre wegen kleinen Sachen gesehen haben will, keine klare Antwort auf allfällige, immer wiederkehrende Beschwerden aufgrund eines tiefen Blutdrucks geben kann.

Aufgrund des sehr widersprüchlichen und unglaubhaften Aussageverhaltens des Zeugen bleiben dem Gericht nicht unerhebliche Zweifel am tatsächlichen Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin für die Zeit vom 27. August bis 13. September 2009.

Die Kündigung war daher gültig, und es gab keine Verlängerung der Kündigungsfrist. (aus: Entscheide des Arbeitsgerichtes Zürich 2011 Nr. 8; das OGer. ZH ging hingegen davon aus, die Aussagen des Arztes seien genug glaubwürdig; LA110033, vom 22. März 2012)

Bericht des Vertrauensarztes

Von speziellem Interesse ist auch die Frage, in welchem Umfang der Vertrauensarzt dem Arbeitgeber Auskunft über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmenden geben darf. Dies hängt zunächst von der Entbindung des Vertrauensarztes vom Berufsgeheimnis ab. Nur wenn eine Entbindungserklärung des Arbeitnehmenden vorliegt oder eine solche konkludent angenommen werden kann, darf der Vertrauensarzt den Arbeitgeber über die Ergebnisse seiner Untersuchung informieren. Die Ergebnisse sind dem Arbeitgeber, auch bei vorbehaltloser Entbindung des Vertrauensarztes vom Berufsgeheimnis, unter Berücksichtigung von Art. 328b OR nur in dem Umfang mitzuteilen, als sie für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses notwendig sind. Befund und Diagnose dürfen nicht bekannt gegeben werden. Die Entbindungserklärung des Arbeitnehmenden hat nach der vertrauensärztlichen Untersuchung zu erfolgen. Pauschale vertragliche Klauseln in EAV oder AAB, die vorsehen, dass der Arbeitnehmende verpflichtet ist, den Vertrauensarzt vor der Untersuchung vom Berufsgeheimnis zu befreien, sind nichtig.

Folgen der Untersuchung

Kann die vertrauensärztliche Untersuchung durchgeführt werden, wird das Ergebnis des Hausarztes durch den Vertrauensarzt entweder bestätigt – dann werden kaum noch Probleme auftreten – oder aber der Vertrauensarzt kommt zu einem anderen Schluss als der Hausarzt. Im zweiten Fall stellt sich die Frage, wie sich der Arbeitgeber verhalten kann und welches der beiden Zeugnisse nun gilt. Hier ist zu fordern, dass sich der Arbeitgeber, sofern der Arbeitnehmende oder dessen Hausarzt keine überzeugende Argumente gegen das vertrauensärztliche Zeugnis vorbringen, in der Regel auf das Zeugnis des eigenen Vertrauensarztes stützen darf. Es wäre sinnlos, eine vertrauensärztliche Untersuchung zuzulassen, wenn diese in der Folge lediglich dazu dienen könnte, die Arbeitsunfähigkeit zu bestätigen, nicht aber, diese zu verneinen. Der Arbeitgeber kann damit den Arbeitnehmenden über das Resultat der vertrauensärztlichen Untersuchung unterrichten und ihn dazu auffordern, seine Arbeit sofort wieder aufzunehmen. Dies geschieht mit Vorteil dadurch, dass dem Arbeitnehmende das Arztzeugnis des Vertrauensarztes zugestellt wird.

Weigert sich der Arbeitnehmende, trotz fehlender Argumente gegen das vertrauensärztliche Zeugnis, wieder zur Arbeit zu erscheinen, stehen dem Arbeitgeber wiederum die Sanktionen offen, welche bei der Weigerung zur Konsultation bereits aufgeführt worden sind. Der Arbeitgeber kann die Lohnzahlung vorerst einstellen. Weitere Sanktionen sind denkbar. Gelangt die Angelegenheit an ein Gericht, wird dieses zu beurteilen haben, welches der beiden Zeugnisse einen höheren Beweiswert aufweist. Dies wird nach der Art und Weise des Zustandekommens eines Zeugnisses, nach der Qualität und der Aussagekraft der Zeugnisse, nach dem Fachwissen der Ärzte bezüglich der zu beurteilenden Gesundheitsbeeinträchtigung und nach der Häufigkeit, der Tiefe und der Zeitnähe der persönlichen Untersuchung des Patienten beurteilt. Welches der Zeugnisse als das qualifiziertere angesehen wird, kann damit von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen.

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