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Ständige Erreichbarkeit: Keine ruhige Minute mehr

Immer mehr Arbeitgeber stellen die Erreichbarkeit ihrer Mitarbeitenden mithilfe von Smartphones, Tablets und Laptops sicher. In arbeitsrechtlicher Hinsicht sind diesbezüglich viele Fragen offen. Dennoch stösst die ständige Erreichbarkeit an gesetzliche Schranken.

28.08.2023 Von: Roger Rudolph
Ständige Erreichbarkeit

State of the Art

Fast alle Arbeitgeber statten ihre Mitarbeitenden heute mit elektro­nischen Geräten aus. Was mit dem Pager begann, führte übers Handy und den Blackberry bis hin zum Smartphone mit Powerbank. In manchen Branchen und Funktionen gehören Laptops mit UMTS-An­schluss längst zum Stan­dard. Mit dem Einsatz mobiler Geräte geht die Erwartung einher, dass die Mitarbeitenden über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus oder gar ständig via Telefon, E-Mail oder SMS erreichbar und für Arbeitsleistun­gen abrufbar sind.

Belastung wirft Fragen auf

Es ist liegt auf der Hand, dass diese neue Form von Arbeitsbeanspruchung in verschiedener Hinsicht zur Belastung für die Mitarbeitenden werden kann. Beispielsweise kann eine durch die ständige Erreichbarkeit ausgelöste Grundanspannung des Arbeitnehmers zu Stresssituationen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, zumindest aber wird das Abschalten schwieriger. Ebenso kann das Privat- und Familienleben leiden, wenn ein Mitarbeiter am Feierabend oder in den Ferien ständig damit rechnen muss, mit geschäftlichen E-Mails oder Anrufen konfrontiert zu werden.

In arbeitsrechtlicher Hinsicht stellen sich vor allem Fragen des Persönlich­keitsschutzes, des Datenschutzes, der Arbeits- und Ruhe­zeit sowie weiterer arbeitsgesetzlicher Normen, der Entlöhnung, des Aus­lagenersatzes, des Ferien­rechts und der einseitigen Einführung durch den Arbeitgeber. Die schweize­rische Arbeitsrechtswissen­schaft hat sich damit noch kaum be­fasst und die Rechtsprechung dazu ist ebenfalls so gut wie nicht vorhanden. Dennoch soll versucht werden, einigen der skizzierten arbeitsrechtlichen «Hotspots» im Folgenden etwas schärfere Konturen zu verleihen.

Schlüsselfrage der Arbeitszeit

Die Beantwortung zahlreicher arbeitsrechtlicher Folgefragen hängt von der Schlüsselfrage ab, ob – und wenn ja, inwieweit – eine ständige Verfügbarkeit des Arbeitneh­mers als Arbeits­zeit einzustufen ist. Mit dem Begriff der Arbeitszeit hat sich der Gesetzgeber primär in Art. 13 Abs. 1 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) beschäftigt, wonach als Arbeitszeit diejenige Zeit gilt, «während der sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat». Diese Formulierung ist über die direkte Weisungsunterwerfung hinaus in einem umfassende­ren Sinn zu ver­stehen: Jede Zeitspanne, die der Arbeitnehmer mit Wil­len des Arbeitgebers in des­sen hauptsächlichem Interesse verbringt, ist Arbeitszeit, denn er hält sich und seine Zeit während dieser Zeit­spanne zu dessen wirtschaftlicher Verfügung. Folglich ist auch Zeit, die der Arbeitnehmer z.B. zu Hause mit Willen und im haupt­sächlichen Inter­esse des Arbeit­gebers, aber ausserhalb von dessen unmittelba­rer Wei­sungsgewalt verbringt, Arbeitszeit.

Bereits Art. 13 ArGV 1 drückt aus, dass die Arbeitszeit keine örtlich oder durch die einge­setzten Betriebs­mittel bestimmte Grösse ist und nicht als im Betrieb oder unter Verwen­dung von Betriebsmit­teln des Arbeitgebers verbrachte Zeit zu defi­nieren wäre. Die Leistung von Arbeitszeit setzt auch kein tätig sein voraus, hält sich der Arbeitnehmer doch auch mit einem Bereit­schaftsdienst oder durch ganz oder primär untätige Präsenz im Betrieb (z.B. eine Nachtwache in einem Spital) zur Verfü­gung des Arbeitgebers.

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