Nebenbeschäftigung: Wenn ein Job nicht genug ist
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Nebenbeschäftigungen sind in rechtlicher Hinsicht nur bruchstückhaft geregelt. Das OR enthält bezüglich Nebenbeschäftigungen insbesondere eine einschlägige Norm: Art. 321a Abs. 3 hält fest, ein Mitarbeitender dürfe während der Dauer des Arbeitsverhältnisses «keine Arbeit gegen Entgelt für einen Dritten leisten, soweit er dadurch seine Treuepflicht verletzt, insbesondere den Arbeitgeber konkurrenziert». Diese Bestimmung konkretisiert die allgemeine Treuepflicht der Mitarbeitenden (Art. 321a Abs. 1 OR). Gemäss diesen Bestimmungen sind Nebentätigkeiten im Ergebnis in folgenden Fällen verboten:
- Konkurrenzierung
- Beeinträchtigung der Leistung
- Beeinträchtigung des Ansehens
Konkurrenzierung
In der Praxis sind es insbesondere Fälle einer aktiven Konkurrenzierung, welche die Gerichte bei Nebenbeschäftigungen zu beurteilen haben. Erstaunlich ist dabei immer wieder, mit welcher Dreistigkeit gewisse Mitarbeitende ihre Arbeitgeber konkurrenzieren.
Arbeitgeber darf nicht aktiv konkurrenziert werden
Das Arbeitsgericht Zürich hatte den Fall eines Vermögensverwalters zu beurteilen, der in ungekündigter Stellung seine Kundenbesuche insbesondere dazu verwendete, Kunden für sein eigenes Unternehmen abzuwerben, das er zu gründen plante. Angesichts dieser «krassen Verletzung der Treuepflicht» schützte das Arbeitsgericht Zürich die fristlose Entlassung und wies auch die Klage des Vermögensverwalters auf Ersatz der Spesen für die entsprechenden Kundenbesuche ab. Zwar darf ein Mitarbeitender neben seiner Arbeitstätigkeit durchaus eine spätere konkurrenzierende Tätigkeit vorbereiten und zum Beispiel eine Gesellschaft gründen, jedoch nur, solange er seinen Arbeitgeber nicht aktiv konkurrenziert.
Auch unentgeltliche Nebentätigkeiten sind verboten
Die gesetzliche Regelung von Art. 321a Abs. 3 OR ist insofern irreführend, als der Eindruck erweckt wird, dass nur eine entgeltliche Nebentätigkeit verboten sei. Dies ist jedoch nicht der Fall. Auch eine unentgeltliche Nebentätigkeit kann gegen die allgemeine Treuepflicht des Arbeitnehmers gemäss Art. 321a Abs. 1 OR verstossen. So hat das Bundesgericht eine fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers geschützt, der für eine einem Verwandten gehörende Konkurrenzfirma wiederholt unentgeltlich Arbeiten ausführte (BGE 4C.221/2004).
Einmalige Nebentätigkeit ist kein Grund für eine fristlose Entlassung
Bei unentgeltlichen konkurrenzierenden Tätigkeiten sind die Gerichte jedoch in der Regel deutlich weniger streng als bei einer entgeltlichen Tätigkeit. Dies musste ein Coiffeur im Kanton Luzern erfahren, welcher eine Mitarbeiterin wegen einer einmaligen unentgeltlichen Coiffeurleistung für eine Kundin fristlos entlassen hatte. Das Obergericht des Kantons Luzern hielt fest, dass diese einmalige Nebentätigkeit keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstelle, und schützte eine entsprechende Klage der Mitarbeiterin.
Beeinträchtigung der Leistung
Wie der Wortlaut von Art. 321a Abs. 3 OR festhält, kann auch eine nicht konkurrenzierende Tätigkeit die Treuepflicht verletzen, so zum Beispiel dann, wenn der Mitarbeitende wegen seiner Nebentätigkeit erschöpft ist und seine vertraglich geschuldete Leistung nicht richtig erbringen kann.
Übermüdung als Verstoss gegen die Treuepflicht
Auch dies gilt unabhängig davon, ob die Nebentätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird. Ein Sachbearbeiter, der regelmässig unentgeltlich während der Arbeitswoche bis Mitternacht in der Bar eines Freundes aushilft, verstösst damit in der Regel gegen seine Treuepflicht, wenn er dadurch am nächsten Morgen übermüdet ist.
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Nebentätigkeit darf Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten nicht verletzen
Das Kantonsgericht St. Gallen qualifizierte in einem Entscheid aus dem Jahr 1984 die Nebentätigkeit eines Lastwagenchauffeurs, der in seiner Freizeit als Nebentätigkeit ohne Wissen seines Arbeitgebers bei einem Taxiunternehmen als Fahrer beschäftigt war, als unzulässig, da der Mitarbeitende durch seine Nebentätigkeit auch die Höchstarbeitszeiten und die Ruhezeiten verletzte – und damit auch die Treuepflicht.
Beeinträchtigung des Ansehens
Aus der allgemeinen Treuepflicht folgt schliesslich, dass die Mitarbeitenden durch eine Nebentätigkeit auch nicht das Ansehen und den Ruf des Arbeitgebers schädigen dürfen, selbst wenn die Nebenbeschäftigung hinsichtlich der Konkurrenzierung und der Beeinträchtigung der Leistung zulässig ist.
Konkurrenzverbot bei Teilzeitarbeit?
Teilzeitmitarbeitende sind oftmals finanziell darauf angewiesen, einer weiteren Tätigkeit nachgehen zu können. Dabei stellt sich die Frage, ob das gesetzliche Konkurrenzverbot von Art. 321a Abs. 3 OR auch auf Teilzeitmitarbeitende zur Anwendung kommt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist dies der Fall.
Mit einem Teilzeitpensum wird auf das Verbot einer Konkurrenzierung verzichtet
Die Lehre geht hingegen davon aus, dass ein Arbeitgeber eines Teilzeitmitarbeitenden zumindest implizit davon ausgehen muss, dass dieser einer Nebentätigkeit nachgeht. Da diese zumeist im angestammten Tätigkeitsbereich des Mitarbeitenden liegen wird, geht die Lehre davon aus, dass mit der Vereinbarung eines Teilzeitpensums stillschweigend auf das Verbot einer Konkurrenzierung verzichtet wird. Diese Vermutung einer stillschweigenden Genehmigung einer konkurrenzierenden Nebentätigkeit soll allerdings nur dann anzunehmen sein, wenn sich Interessenkonflikte zwischen den beiden konkurrenzierenden Teilzeittätigkeiten ausschliessen lassen.
Zusätzliche Teilzeittätigkeit nur zulässig wenn Treuepflicht nicht verletzt wird
Eine zusätzliche Teilzeittätigkeit ist somit nur dann zulässig, wenn dadurch keine Verletzung der arbeitsrechtlichen Treuepflicht entsteht. Ein Interessenkonflikt liegt etwa auf der Hand, wenn eine in Teilzeit angestellte Kundenberaterin als Nebentätigkeit als Kundenberaterin auch für ein konkurrenzierendes Unternehmen tätig sein möchte. Demgegenüber kann ein zu 50 Prozent angestellter Kassier eines Supermarktes problemlos eine weitere Teilzeitstelle bei einem konkurrenzierenden Geschäft annehmen. Die stillschweigende Genehmigung einer zusätzlichen Teilzeittätigkeit gilt jedoch nur, wenn die Parteien nicht ausdrücklich vereinbart haben, dass eine konkurrenzierende Nebentätigkeit unzulässig sein soll. Die Rechtsprechung hatte sich verschiedentlich mit der Rechtmässigkeit von derartigen Vereinbarungen auseinanderzusetzen. So hat das Arbeitsgericht Zürich in einem Entscheid aus dem Jahr 2006 festgehalten, dass das Verbot für die in Teilzeit angestellte Mitarbeiterin eines Callcenters, auch für andere Callcenters tätig zu werden, zulässig sei.
Vertragliche Regelungen
Die Bestimmung von Art. 321a Abs. 3 OR ist nicht zwingend. Die Parteien des Arbeitsvertrages können also von dieser Bestimmung auch zuungunsten des Arbeitnehmers abweichen und in ihrem Arbeitsvertrag jegliche Nebenbeschäftigung der Mitarbeitenden ausschliessen, wobei sich eine solche Regelung in den Schranken des Persönlichkeitsrechts bewegen muss.
Häufiger Regelungen als generelle Verbote
Häufiger als generelle Verbote von Nebenbeschäftigungen sind in der Praxis Regelungen, wonach Mitarbeitende entgeltliche oder unentgeltliche Nebentätigkeiten, welche einen Einfluss auf die Arbeitsleistungen haben können, nur mit dem vorgängigen schriftlichen Einverständnis des Arbeitgebers ausüben dürfen.
Klauseln machen aus Arbeitgebersicht durchaus Sinn
Konkurrenzierende Nebentätigkeiten während des Arbeitsverhältnisses werden häufig vom Wortlaut eines vertraglich vereinbarten Konkurrenzverbotes mit umfasst, zum Beispiel durch folgende Formulierung: «Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und für ein Jahr nach dessen Beendigung enthält sich der Mitarbeitende jeglicher konkurrenzierenden Tätigkeit.» Zu beachten ist allerdings, dass eine für eine Verletzung eines solchen Konkurrenzverbotes vereinbarte Konventionalstrafe bei Verletzungen während dem laufenden Arbeitsverhältnis nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtes in der Regel nicht durchsetzbar ist. Dies wird damit begründet, dass die Haftung des Arbeitnehmers während dem laufenden Arbeitsverhältnis durch zwingendes Recht geregelt werde, von welchem die Parteien vertraglich nicht abweichen könnten.
PRAXISTIPP
Eine vertragliche Regelung bezüglich Nebenbeschäftigungen ist aus Sicht des Arbeitgebers sinnvoll, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten. Im Arbeitsvertrag ist vorzusehen, dass Nebentätigkeiten, welche einen Einfluss auf die Arbeitsleistungen haben können, nur mit dem vorgängigen schriftlichen Einverständnis des Arbeitgebers ausgeübt werden dürfen.
Arbeitsgesetzliche Vorschriften
In der Praxis stellt sich oftmals die Frage, wer für die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten bzw. Ruhezeiten gemäss Arbeitsgesetz verantwortlich ist. Im Falle einer Beschäftigung bei mehreren Arbeitgebern sind die öffentlich-rechtlichen Arbeits- und Ruhezeitvorschriften des Arbeitsgesetzes nämlich insgesamt – unter Berücksichtigung aller Haupt- und Nebentätigkeiten – einzuhalten. Häufig stehen die verschiedenen Arbeitgeber gar nicht in Kontakt zueinander. Nichtsdestotrotz sind es die Arbeitgeber, welche für die Einhaltung der arbeitsgesetzlichen Vorschriften, insbesondere bezüglich Arbeits- und Ruhezeiten, verantwortlich sind.
PRAXISTIPP
Arbeitgeber sind gut beraten, von den Mitarbeitenden Auskunft über weitere berufliche Tätigkeiten und sämtliche – auch im Rahmen einer Nebentätigkeit – geleisteten Stunden zu verlangen, da nur so die Einhaltung der arbeitsgesetzlichen Vorschriften sichergestellt werden kann.