Markenpolitik: Markenbildung und Markenausprägungen
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Zunehmende Bedeutung der Markenpolitik
Die Bedeutung der Markenpolitik steigt, weil die Märkte zunehmend segmentiert und internationaler werden, sich die Produktlebenszyklen verkürzen und die Produktinnovationen, bei hoher Floprate, zunehmen. In gesättigten Märkten finden wir daher verstärkt den Trend vom Produkt- zum Marken- bzw. Kommunikationswettbewerb.
Markenbildung
Eine Marke muss in den Augen des Kunden einen Wert (Markenwert) verkörpern. Sie löst beim Kunden, je nach Marke mit unterschiedlicher Intensität, psychische Reaktionen kognitiver (Wahrnehmung, Gedächtnis), affektiver (Emotionen, Einstellungen) und konativer (Kaufabsichten) Art aus (Hätty). Markentreue Kunden zeichnen sich durch eine starke Markenpräferenz eine geringe Preissensibilität aus; eine Ausnahme bildet der Schnäppchenjäger (Smart Shopper), der bei relativ hoher Markenpräferenz eine hohe Preissensibilität entwickelt.
Die Marke muss sich gleichzeitig deutlich von der Konkurrenz unterscheiden. Neben dieser Differenzierung muss sie attraktiv, aussprechbar, merkfähig und schutzfähig sein (Gotta), sei es mittels optischen oder akustischen Markierungsmitteln, sei es als Firmen- oder Fantasiemarke: a good name (VISA), a brand's logo (Coca Cola), a color (Kodak's yellow film box), a symbol (Marlboro Man), a package (Coca Cola's old bottle), a shape (Porsche), a Slogan (Pepsi Generation) and music (This Bud's for you) (Magrath).
Markennamen haben verschiedenste Wurzeln. So ist der Name "Caran d'Ache" eine in französische Schreibart umgewandelte Form des russischen Wortes "karandásch" für "Bleistift", "Persil" aus Bestandteilen der Bezeichnung der Wirkstoffe "Perborat" und "Silikat" gebildet und "Swatch" eine Fügung aus "Swiss Watch" (Lötscher 1987). Ein Name kann daher produktbeschreibend (Swatch), assoziativ-symbolträchtig (Caran d'Ache) oder artifiziell (Persil) sein. Die Markenkommunikation erfolgt akustisch (Melodie, Wort gesprochen) oder optisch (Bild, Wort geschrieben, Zeichen).
Die Marken bilden ein Vertrauenskapital: Der Kunde kauft eine "vorfabrizierte Sicherheit", denn ein Bedürfnis soll ohne Risiko und ähnlich wie in der Vergangenheit befriedigt werden (standardisiertes Kaufverhalten) (Morwind). Er erlebt die Einmaligkeit des Produktes und entwickelt eine Markenloyalität. Diese schafft langfristige Kundenbeziehungen, schützt die eigenen Investitionen und unterstützt die Leistungsdifferenzierung. Das entstehende Vertrauenskapital der Marke hängt jedoch stark von den Branchen und Märkten ab. So enthalten beispielsweise die Marken "Persil" (Waschmittel), "Milka" (Süsswaren) oder "Nivea" (Körperpflege) in den Konsummärkten der Bundesrepublik Deutschland ein hohes Vertrauen (GfK). Insbesondere Jugendliche entwickeln ein starkes Markenbewusstsein.
Jede Marke bewegt sich in einer gewissen Marktschicht (Marktzwiebel, Marktglocke). In dieser Hierarchie bedeutet die Strategie der Aufwertung einer Marke, beispielsweise von einer Konsummarke zu einer Luxusmarke, ein Trading up; ein Abwerten ein Trading down. Weltweite Luxusmarken (Premiummarken) sind beispielsweise "Chanel", "BMW", "Porsche" oder "Rolex". Über die Zeit durchlaufen viele Marke einen Markenzyklus, beispielsweise: Aufbau, Absicherung, Differenzierung, Imitation, Spaltung, Polarisierung und Revitalisierung der Marke.
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Markenausprägungen
Das Markenobjekt kann eine Produkt- oder Dienstleistungsmarke sein. Die ursprüngliche Marke bezeichnet man als Erstmarke. Wird diese gewissen Marktsegmenten nicht gerecht, so kann eine Zweitmarke geschaffen werden. Meist sind dies Billigmarken mit den ihren eigenen Vertriebswegen. Aufgrund der horizontalen Reichweite unterscheidet man zwischen regionalen, nationalen, internationalen und globalen Marken.
Nach dem Markengeber (Markeninhaber) können wir zwischen Herstellermarken (Markenartikeln im Sinn von Eigenmarken) und Handelsmarken (Eigenmarken im Sinn von Handelsmarken) unterscheiden. Die Handels- und Herstellermarken sind meist Individualmarken (Hausmarken), oft auch Kollektivmarken (Gemeinschaftsmarken), beispielsweise einer Handelsorganisation.
Eine Herstellermarke ist einerseits in Erst- und Zweitmarken (Primär- und Sekundärmarken), andererseits in Einzel- (Monomarke, Produktmarke), Produktgruppen- (Markenfamilie) und Globalmarke (Dachmarke) gliederbar. Bei vorverpackten Konsumgütern beträgt beispielsweise der Anteil der Herstellermarken im Lebensmittelhandel in der Bundesrepublik Deutschland rund 80 %, in Frankreich 90 %, in Grossbritannien 70 % und in der Schweiz 65 %. Je nach Studie sind etwa 20 % der Kunden bereit, für einen Markenartikel mehr Geld auszugeben.
Der Handel kann sich sortimentspolitisch an den Herstellermarken oder an seinen Handelsmarken orientieren. Diese können wie die Herstellermarken gegliedert werden, zusätzlich finden wir Gattungsmarken. Diese markenlosen Produkte (weisse Ware, generics, No Names, produits blancs), werden insbesondere bei Lebensmitteln und sonstigen Gütern des täglichen Bedarfs (convenience good) geführt: einfache Verpackung und tiefe Preise in engem Distributionskanal, meist Discounter. Gattungsmarken bei pharmazeutischen Produkten (generics) verwenden einst patentrechtlich geschützte Wirkstoffe erfolgreicher Produkte und werden, aufgrund der geringeren Kosten in Forschung und Entwicklung, auf dem Markt preisgünstiger angeboten. Im Konzept "Markenhierarchie" ist die Gattungsmarke die unterste Ebene (Preiskäufer); bei den oberen Ebenen (Markenkäufer) finden wir aufsteigend die Handelsmarken (im eigentlichen Sinn Eigenmarken), die Herstellermarken (Markenartikel) und die Luxusmarken (Premiummarken).
Eine am Markt erfolgreich eingeführte Marke kann "multipliziert" werden, wenn eine Gruppe von Produkten unter dieser Marke abgesetzt wird. So erzielte beispielsweise im Markendach "Nivea" die Nivea-Creme in den Jahren 1975-85 ein Umsatzwachstum von +41 %, das übrige Sortiment (Badeseife, Creme-Bad, Sonnenmilch u.a.) ein Wachstum von +405 % (Prick 1988). Eine Marke ist bei ähnlicher Marktpositionierung mit einer anderen Marke auch verknüpfbar. Dieses Co-Branding, beispielsweise einer Kreditkarte mit der Mitgliederkarte eines Automobilclubs, erlaubt das Ausschöpfen "verwandtschaftlicher" Zielgruppen. Die Marke ist so als Markenrecht (Licensing) von einem Markenrechtsinhaber handelbar.
Markenpolitik
Die Markenpolitik ist Ausdruck der Markenführung (Markenmanagement) mit den folgenden Zielen der Schaffung von Markenbekanntheit, Markenpräferenzen und -Image. Erfüllen die unternehmerischen Leistungen die Kundenerwartungen, so kann sich eine Markentreue entwickeln.
Das Markenimage zeigt sich in den folgenden Merkmalen: (1) starke Marken sind vor allem mit emotionalen Inhalten verknüpft, (2) enge Assoziationen stärken die Markenbeurteilung, (3) starke Marken sind Ausdruck nonverbaler Markeninhalte, einzigartiger Assoziationen mit positiven Gefühlen, (4) Marken müssen mit bestimmten Eigenschaften und Merkmalen vom Kunden leicht verknüpft werden können, (5) die Markenassoziationen müssen die Kundenbedürfnisse treffen und für den Kunden wichtig sein (Esch).
Der Aufbau einer Marke und ihre Führung (Brand Design, branding) ist, ausgehend von vielfältigen Informationen (Marktforschung), Ausdruck eines langfristigen Entwicklungsprozesses und hat sich stark an der angestrebten Positionierung zu orientieren. Dabei stellen sich beispielhafte Fragen:
- Soll für das Produkt eine Marke entwickelt werden?
- Wer ist der Markeninhaber?
- Welche Markenstrategie (Dachmarke, Einzelmarke u.a.) wird verfolgt?
- Unter wievielen Marken soll ein Produkt lanciert werden (Multibrandstrategie)?
- Soll eine heutige Marke neu positioniert werden? Eigene Position stärken oder Konkurrenzposition schwächen?