Toxische Führungskräfte: Wie Sie das Betriebsklima entgiften können
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Führungskräfte nehmen in Organisationen eine zentrale Rolle ein und beeinflussen mit ihrem Wirken massgeblich deren wirtschaftlichen Erfolg. Grundlage dazu ist eine gelingende Mitarbeitendenführung. Dabei gilt es, den Mitarbeitenden ein möglichst produktives Arbeitsumfeld zu schaffen und sich persönlich und regelmässig um deren Wohlergehen und Weiterkommen zu kümmern. Hier stellt sich die Frage, ob die Führungskräfte dieser Aufgabe auch tatsächlich nachkommen. Die in Deutschland durchgeführte Studie «Arbeitsfrust vs. Arbeitslust» liefert eine aufrüttelnde Antwort dazu: Die Rangliste der 30 untersuchten Spassverderber führt der Ressourcenmangel an. Platz zwei belegt das Fehlen an attraktiven Karriereperspektiven, gefolgt von Führungsthemen (fehlendes Vertrauen, kaum kritisches oder positives Feedback). Dass Führungskräfte eine häufige Ursache für Ärger und Frust bei den Mitarbeitenden sind, zeigte sich auch in einer in Norwegen durchgeführten Untersuchung, bei welcher 35% der Arbeitnehmenden angab, dass der Führungsstil ihrer vorgesetzten Person entweder «Laissez-faire», destruktiv oder gar beleidigend ist. Ein solches Verhalten wirkt sich nachweislich auf das Wohlbefinden, die Arbeitszufriedenheit, die Leistungsbereitschaft und sogar auf die Kontraproduktivität und die Gesundheit der Mitarbeitenden aus. Dies sollte mittlerweile hinlänglich bekannt sein, und trotzdem scheint das Problem destruktiv wirkender, toxischer Führungskräfte in der Mehrzahl der Unternehmen immer noch virulent zu sein. Fragen Sie einmal in Ihrem Umfeld nach miesen Chefs (und Chefinnen) – Sie werden die unglaublichsten Geschichten zu hören bekommen!
Toxisches Verhalten wird oft toleriert
Ein Grund für die Persistenz toxischer Führungskräfte ist, dass sich Menschen mit dunklen Persönlichkeitseigenschaften wie beispielsweise Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie von Machtpositionen angezogen fühlen und entsprechend danach streben, die Karriereleiter emporzuklettern. Dass der Anteil dunkler Persönlichkeiten mit zunehmender Hierarchiestufe steigt, konnte empirisch belegt werden.
Ein weiterer Grund dafür – und dieser ist viel tragischer – liegt darin, dass unangebrachtes Verhalten bei Führungspersonen oft geduldet wird. Anstatt bei sich verdichtenden Hinweisen zu handeln werden die Augen verschlossen, weil sich ja nur einzelne Mitarbeitende der Kategorie «ewige Nörgler» an deren Verhalten stören, die Führungskraft eine gute Performance zeigt oder diese im oberen Management über ein gutes Ansehen verfügt. Gerade bei den besonders toxisch wirkenden Narzissten und Machiavellisten ist bekannt, dass sie sich nach oben gut vernetzen – man bedient sich hier auch der Metapher des Radfahrerverhaltens: «Nach oben buckeln, nach unten treten». Hier öffnet sich eine systemische Perspektive, welche von Padilla, Hogan und Kaiser unter dem Begriff des «toxic triangle» zusammengefasst wurde: Um ihre Wirkung entfalten zu können, sind diese Chefs auf ein förderliches Umfeld und empfängliche Mitarbeitende angewiesen.
Handeln ist angesagt!
Was kann dagegen unternommen werden? Beginnen wir mit den Möglichkeiten als Direktbetroffene resp. Direktbetroffener: Zuerst muss ich mir klar werden, dass das Problem nicht (nur) bei mir, sondern hauptsächlich bei meiner vorgesetzten Person liegt. Dies gelingt am besten, indem ich das Erlebte Arbeitskolleg*innen, Freund*innen oder Partner*innen berichte. Eine Bestätigung, dass dies «nicht normal» ist und auch nicht einfach so hingenommen werden muss, gibt Mut, weitere Schritte zu unternehmen. In einem persönlichen Gespräch mit der Chefin, dem Chef halte ich anhand der Schilderung konkreter Situationen fest, dass ich mich an diesem Verhalten störe und dass ich in Zukunft nicht mehr auf diese Weise behandelt werden möchte.
Lässt sich damit die gewünschte Wirkung nicht erzielen oder – was durchaus im Bereich des Möglichen liegt – verschlimmert sich das Verhalten noch, ist der Gang zur nächsthöheren Führungskraft angezeigt. Im Idealfall suche ich mir zuvor noch weiter Leidensgenoss*innen, damit klar wird, dass das Problem auch andere betrifft. Entspannt sich die Situation dann immer noch nicht, habe ich nur noch zwei Möglichkeiten: Ich kann mich durch Änderung meines Mindsets – «Ich bin nicht schuld.», «Es könnte noch schlimmer sein.», «Ich lasse die Beleidigungen nicht mehr an mich herankommen.» etc. – und Schaffung von Distanz mit der Situation arrangieren. Oder aber ich entziehe mich dem Wirkungsfeld der vorgesetzten Person durch Versetzung oder Kündigung. Abzuraten ist von einem Rachefeldzug, da dieser in den meisten Fällen in einem Waterloo enden wird, da der Übeltäter resp. die Übeltäterin gut im Sattel zu sitzen scheint.
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Entgiften Sie Ihr Unternehmen
Welche «Entgiftungsmöglichkeiten» gibt es seitens der Organisation?
- Das Problem in den Fokus rücken: Wenn das Thema keine Management-Attention erhält, wird es auch nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit angegangen werden. Versagen und Entgleisen muss als das anerkannt werden, was es ist: Unerwünschtes und stark schädigendes Verhalten – sowohl auf der unternehmerischen wie auch auf der menschlichen Ebene. Grundsätzliches Handeln im Sinne eines Überdenkens der Firmenkultur ist angezeigt, wenn das ganze Unternehmen toxisch ist. Einen ersten Anhaltspunkt dazu liefert eine beim Autor dieses Beitrags erhältliche Checkliste.
- Konsequent handeln: Wegschauen ist keine Lösung! Hinweise auf fehlbares Verhalten von toxischen Führungskräften müssen ernst genommen werden. Es gilt mit allen Beteiligten das Gespräch zu suchen, Massnahmen einzuleiten und deren Umsetzung zu verfolgen. Neben einer Ermahnung kann auch ein Coaching oder – wenn die Entgleisung auf mangelnden Fähigkeiten beruht – eine Führungsausbildung angezeigt sein. Wirkt dies nicht verhaltensverändernd, müssen Konsequenzen aufgezeigt werden. Von einer Versetzung oder gar Trennung darf nicht zurückgeschreckt werden.
- Präventiv wirken: Um es mit den Worten Schillers zu sagen: «Darum prüfe, wer sich ewig bindet.» Eine nach den Regeln der Kunst durchgeführte Personalauswahl mit einem zusätzlichen Fokus auf unerwünschte Persönlichkeitseigenschaften ist der Dreh und Angelpunkt zur Eindämmung von Management Derailment. Ein Codex, welcher auch unerwünschtes Verhalten umfasst, ist ein weiteres, wichtiges Präventionsinstrument.
Um ein Unternehmen möglichst frei von toxischen Einflüssen seitens der Führungskräfte zu halten, muss die entsprechende Einsicht, ein ausgeprägter Wille und ein langer Atem vorhanden sein. Meistens gilt es nicht nur, Prozesse einzuführen oder anzupassen, sondern es muss auch ein Kulturwandel angestossen werden. Aber eines ist klar: Alle diesbezüglichen Anstrengungen werden mittel- bis langfristig Früchte tragen, da sie dazu führen, dass sich das Arbeitsklima verbessert. Und dies wirkt sich direkt auf die Motivation, die Leistungsbereitschaft und auch die Gesundheit der Mitarbeitenden aus. Ein alleweil lohnendes Ziel!
Massnahmen zur Eindämmung destruktiven Führungsverhaltens
- Im Verhaltenscodex ist festzuhalten, welches Führungsverhalten erwartet wird und insbesondere auch, welches Verhalten nicht toleriert wird (beispielsweise Anschreien, Blossstellen, Demütigen, Ignorieren, etc. aber auch Vernachlässigen von Pflichten).
- Hinweise von Mitarbeitenden auf unerwünschtes Verhalten seitens der toxischen Führungskräfte sind ernst zu nehmen.
- Es gilt Standardprozesse festzulegen, wie beim Vorliegen solcher Hinweise vorzugehen ist. Diese sind konsequent umzusetzen und die Wirksamkeit der eingeleiteten Massnahmen ist zu überprüfen.
- Zeigt sich eine Führungskraft unverbesserlich und kann auch eine Versetzung das Problem nicht lösen, muss gehandelt und der Trennungsprozess eingeleitet werden.
- Bei Beförderungen und Neueinstellungen sind Führungskräfte nicht nur bezogen auf ihre Führungsqualitäten, sondern auch hinsichtlich ihres Schädigungspotenzials zu beurteilen.