Purpose: Der Einfluss auf Motivation und Erfolg

In einer Geschäftswelt, die von endlosem Wettbewerb geprägt ist, ist es entscheidend, sich zu fragen: Warum tun wir, was wir tun? Diese Frage bildet den Kern der Unternehmensidentität und ist der Schlüssel zur Transformation. Ein klar definierter Purpose fungiert als Leitfaden, der in einer sich ständig verändernden Arbeitsumgebung Orientierung bietet.

24.10.2024 Von: Sonja Kupferschmid Boxler, Pascal von Känel
Purpose

Die Konkurrenz überholen, die Organisation an die Weltspitze bringen, einen Gewinn erzielen. Noch heute sind dies typische Ziele von Organisationen. Führungskräfte streben danach, ihre Unternehmen zum Erfolg zu führen. Doch im Gegensatz zu einem Spiel mit einem klaren Ende befinden sich Unternehmen heute in einem kontinuierlichen Wettbewerb ohne feste Spielregeln. Die Herausforderung liegt nicht im kurzfristigen Gewinnen, sondern im langfristigen, strategischen Mitspielen. Dabei soll ihnen und den Mitarbeitenden nicht die Puste ausgehen. Dies erfordert eine klare Antwort auf das «Warum» hinter dem Handeln: «Wieso machen wir das überhaupt?» Das Unternehmen braucht einen Sinn oder auf Neudeutsch: einen Purpose, für den es wert ist, langfristig Zeit und Energie reinzustecken. 1

Aus Konkurrenten werden Helfende

Ein Beispielunternehmen, welches den Purpose lebt, ist Buurtzorg. Ein Unternehmen in den Niederlanden, welches häusliche Krankenpflege anbietet. Dieses Unternehmen hat sich auf die Fahne geschrieben, dass Patienten ein erfülltes und unabhängiges Leben führen können. Dieser Purpose steht bei ihnen vor dem Profit. Das Unternehmen ist erfolgreich durch sei¬ne organisationsbezogenen Praktiken und die Managementphilosophie. Statt diese geheim zu halten, um einen Vorsprung vor der Konkurrenz zu haben, teilt sie diese aktiv mit Mitbewerbern. Diese können laut Buurtzorg helfen, den Purpose zum Ausdruck zu bringen oder in einem grösse¬ren oder schnelleren Umfang umzusetzen.

Die Mitbewerbenden werden durch den gelebten Purpose also nicht als Konkur­renz, sondern als Helfende angesehen.2 Doch was ist jetzt genau dieser Purpose? Es bedeutet, ein Ziel zu haben, das viel mehr ist als nur Gewinnorientierung oder irgendwelche Kennzahlen. Das Ziel soll motivierend für die Mitarbeitenden sein, da es einen Beitrag für die Gesellschaft leisten kann. Die Reaktion auf dieses Ziel, diesen Purpose, sollte folgendermassen aussehen: «Das macht Sinn, und es fühlt sich gut und richtig an!» Der Purpose ist die Antriebskraft einer Organisation, er motiviert Mitarbeitende, ist attraktiv für Bewerbende, unterstützt agiles Arbeiten und gibt einen Handlungsrahmen vor, ohne jedoch in Stein gemeisselte Ziele zu definieren.3 

Von der Vision zur Wirklichkeit: Wie Sensegiving und Sensemaking die Unternehmenskultur prägen.

Sensegiving und Sensemaking sind zwei zentrale Konzepte im Bereich der Organi­sationsentwicklung, die den Prozess der Sinnstiftung innerhalb von Unternehmen beschreiben. Sensegiving bezieht sich auf die Bemühungen von Führungskräf­ten und dem Management, einen klaren und überzeugenden Unternehmens­zweck oder eben Purpose zu kommuni­zieren. Ziel ist es, den Mitarbeitenden ein gemeinsames Verständnis der Unterneh­mensziele und -werte zu vermitteln, um so ihre Motivation und ihr Engagement zu fördern. Dies geschieht oft durch narrative Techniken, symbolische Handlungen und die Schaffung von Kontexten, in denen der Purpose des Unternehmens erlebbar wird. 

Sensemaking hingegen ist der Prozess, durch den Mitarbeitende die Informa­tionen und Erfahrungen, die ihnen im Arbeitsalltag begegnen, interpretieren und in einen sinnvollen Kontext setzen. Es geht darum, wie Individuen den Unter­nehmenszweck verstehen, internalisieren und in ihrem täglichen Handeln umset­zen. Sensemaking ist ein kontinuierlicher Prozess, der durch Dialog, Reflexion und die Interaktion mit der Unternehmenskul­tur geprägt ist. 

Beide Prozesse, Sensegiving und Sensemaking, ergänzen sich gegenseitig und sind entscheidend für die Entwicklung einer starken, sinnstiftenden Unter­nehmenskultur. Während Sensegiving die Richtung vorgibt, ermöglicht Sensemaking den Mitarbeitenden, diese Rich­tung in ihren eigenen Worten zu interpre­tieren und zu verinnerlichen. Zusammen fördern sie ein tiefes Verständnis und eine starke Identifikation mit dem Unter­nehmenszweck, was letztlich zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit, Engagement und Unternehmenserfolg führt.4 

Warum ist Purpose wichtig?

Ein Unternehmen mit einem starken Purpose hat nicht nur eine klare Identität, son­dern auch eine starke Bindungskraft für Mitarbeitende, Kunden und Stakeholder. Mitarbeitende, die sich mit dem Purpose identifizieren können, sind motivierter und engagierter und dem Unternehmen gegenüber loyaler. Ein Unternehmen mit Purpose ist attraktiver für potenzielle neue Mitarbeitende, und diese bleiben auch länger im Unternehmen, wenn sie sich mit dessen Werten und Zielen identi­fizieren können. Auch Kunden, die den Purpose eines Unternehmens teilen, füh­len sich stärker mit der Marke verbunden und sind bereit, langfristige Beziehungen aufzubauen. Darüber hinaus hat der Purpose auch ei­nen direkten Einfluss auf den Unterneh­menserfolg. Purposegetriebene Unter­ nehmen sind nachweislich erfolgreicher als ihre Mitbewerbenden. Sie wachsen schneller, erzielen höhere Gewinne und sind widerstandsfähiger gegenüber Marktveränderungen. Ein Unternehmen ohne Purpose ist wie ein Schiff ohne Kom­pass – es treibt ziellos umher und ist den Launen des Schicksals ausgeliefert. Gera­de in turbulenten Zeiten des Wandels und der Unsicherheit kann ein Purpose Stabili­tät und Orientierung geben. Daher ist es entscheidend, dass Unternehmen ihren Purpose klar definieren und aktiv leben. Nur so können sie langfristig erfolgreich sein und einen positiven Beitrag zur Ge­sellschaft leisten.5

Auch für Veränderungsprozesse ist ein Purpose ausschlaggebend, ganz nach dem Modell der logischen Ebenen. In der untersten Ebene liegt die Umwelt, also der Kontext, gefolgt von dem Verhalten, den Fähigkeiten, den Werten, der Rolle und an der Spitze, der Purpose (siehe Ab­bildung). Wenn nun Veränderungen in unteren Ebenen erreicht werden wollen, müssen Interventionen mindestens auf der gleichen, aber besser noch auf der da­rüber liegenden Ebene stattfinden, denn die oberen Ebenen der Pyramide beein­flussen massgebend die unteren. Durch einen klaren Purpose sind die Mitarbei­tenden motiviert, sich daran zu beteili­gen, und Veränderungen im Unterneh­men können nachhaltig erreicht werden. Der Purpose fungiert hier als Leuchtturm, der die Richtung für erfolgreiche Verän­derungen weist.6  

 

Quellenangaben

1Sinek, S. (2020). Sinnorientierte Unternehmensführung – Strategien für die Ewigkeit. managerSeminare, 265, April 2020. 40–48.

2Laloux, F. (2017). Reinventing Organizations – Ein illustrierter Leitfaden sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. Vahlen.

3Illner, K. (2021). Purpose, Sinn und Werte – Das «Warum?» als Leuchtturm in der digitalen Transformation (1. Aufl.). Haufe.

4Hoppmann, J., Richert, M. & Busch, T. (2023). Not My Business: How Individuals’ Rôle Identities Shape Sensegiving During Corporate Sustainability Initiatives. Organization & Environment 36(4), 529–558. https://doi.org/10.1177/10860266231183955 

5Esch, F.–R. (2020, 10. Juli). PURPOSE: Warum Sinnstiftung für Unternehmen wichtig ist. Eschbrand. www.esch-brand.com/purpo-se-warum-sinnstiftung-fuer-unternehmen-wichtig-ist-teil-12/ 

6Diehl, A. (2019, 28. Oktober). Dilts Pyramide – Das Modell der logischen Ebenen als Werkzeug für deine digitale Transformation. Digitale Neuordnung DNO. https://digitaleneuordnung.de/blog/ dilts-pyramide/

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