KI im Personalbereich: Das Potenzial von KI in verschiedenen HR-Disziplinen

Künstliche Intelligenz (KI) ist zwar in aller Munde, doch nur wenige Unternehmen setzen sie bereits im Personalwesen ein. Dies zeigt z. B. der von Ernst & Young durchgeführte Artificial Intelligence Report¹. So verwenden europaweit nur 7% der Studienteilnehmer KI im Personalbereich. Dabei könnten entsprechende Technologien für spürbar effizientere HR-Abläufe sorgen. Dieser Beitrag zeigt, wie das Potenzial von KI in verschiedenen HR-Disziplinen wie der Rekrutierung, der Personalentwicklung oder bei der Mitarbeiterbindung genutzt werden kann.

13.08.2024 Von: Claus Gerberich
KI im Personalbereich

Die Potenziale der künstlichen Intelligenz

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein multidisziplinäres Forschungs- und Anwendungsgebiet, das sich mit der Entwicklung von Computertechnologien befasst, die in der Lage sind, menschenähnliche Intelligenz und kognitive Fähigkeiten zu simulieren. Dies umfasst die Fähigkeit, Wissen zu erwerben, zu verarbeiten, zu verstehen, zu lernen, zu planen, zu entscheiden, zu kommunizieren, Probleme zu lösen und in komplexen, unstrukturierten Umgebungen zu agieren.

Die Kernidee hinter KI besteht darin, Algorithmen und Systeme zu entwickeln, die es Computern mithilfe entsprechender Software ermöglichen, Aufgaben auszuführen, die normalerweise eine menschliche Intelligenz erfordern. Hierzu gehören die Verarbeitung natürlicher Sprache, die Mustererkennung, das maschinelle Lernen, die robotische Automatisierung und die neuronale Netzwerktechnologie. KI-Systeme können Informationen analysieren, Muster erkennen, aus Daten lernen und Entscheidungen auf der Grundlage dieser Informationen treffen. KI unterstützt damit den Entscheidungsprozess im Unternehmen und sichert Entscheidungen anhand von Daten und Mustern ab.

Die Anwendungsbereiche von KI sind vielfältig und reichen von selbstfahrenden Autos über automatisierte Industrierobotik bis hin zu personalisierten Empfehlungssystemen in der Unterhaltungsindustrie.

Im Kontext des Personalwesens (HR) hat KI im Personalbereich das Potenzial, Prozesse wie die Rekrutierung, die Personalentwicklung und die Mitarbeiterbindung zu optimieren, indem sie grosse Datenmengen analysiert, Muster erkennt, personalisierte Empfehlungen generiert und wiederholbare Aufgaben automatisiert. Damit kann die Betreuung von Mitarbeitern wesentlich individueller erfolgen, Schwächen und Stärken werden systematisch und methodisch erkannt. HR kann sich auf die strategischen Anforderungen konzentrieren.

Die neuen Herausforderungen der HR

Ursprünglich wurde die Abteilung im Unternehmen, die heute als Human Resources bekannt ist, schlicht als die Personalabteilung bezeichnet und war hauptsächlich für administrative Aufgaben im Zusammenhang mit der Mitarbeiterbeschaffung, Vergütung und Abrechnung verantwortlich. Es war fast ausschliesslich eine verwaltende Tätigkeit und primär vergangenheitsbezogen. Fachkräftemangel, die wachsende Betonung der zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz und das gestiegene Bewusstsein dafür, dass die Mitarbeiterzufriedenheit zukünftig eine entscheidende Rolle bei der Verwirklichung der Unternehmensziele spielt, führten nicht nur zur Umbenennung der Abteilung, sondern auch zu einer grundlegend veränderten Sichtweise auf die HR-Abteilung und deren Beitrag zum Unternehmenserfolg.

Der Wandel in den Technologien und den Geschäftsmodellen erfordert auch einen Kompetenzwandel in den Unternehmen. Hier hat HR eine wichtige strategische Aufgabe der Begleitung des Wandels. Changemanagement und Agilität rücken in den Fokus und damit primär zukunftsorientierte Aufgaben.

Einsatz von KI im HR-Bereich

Seit einiger Zeit ist künstliche Intelligenz relevanter denn je. Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2023, die das PINKTUM-Institut in Zusammenarbeit mit dem Fachmagazin eLearning Journal unter 536 Unternehmen im DACH-Raum durchgeführt hat, zeigt, dass sie auch aus dem Personalwesen nicht mehr wegzudenken ist. Fast drei Viertel der Befragten (ca. 72%) geben an, dass sie den Einsatz von KI-Software in den kommenden drei bis fünf Jahren für den wichtigsten Trend in der Personalentwicklung halten, gefolgt von der Individualisierung des Lernens (ca. 67,3%), dem adaptiven Lernen (54%), der Kompetenzentwicklung (51,5%) und dem kollaborativen Lernen (49,1%). Daher stellt sich die Frage, wie HR diese Aufgaben bewältigen kann.

Einsatzmöglichkeiten von KI im Personalbereich

Bisher erfüllt künstliche Intelligenz vor allem recht einfache standardisierte Aufgaben in Unternehmen. Der praktische Einsatz von Software mit KI im Personalbereich hat in den letzten Monaten allerdings erhebliche Veränderungen und Innovationen in der Art und Weise mit sich gebracht, wie Unternehmen ihre gesamten HR-Prozesse gestalten und verwalten können. Die Rollen des Wandels stehen im Vordergrund, die bisherigen administrativen Tätigkeiten können fast komplett von KI übernommen werden.

Praktische Anwendung von KI im Recruiting

Die praktische Anwendung von künstlicher Intelligenz im Bereich des Recruitings hat das Potenzial, den Prozess der Talentgewinnung erheblich zu optimieren und zu beschleunigen. KI kann die Suche nach qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern in grossen Bewerberpools durch automatisierte Sichtung von Lebensläufen und Qualifikationen unterstützen. Mithilfe von maschinellem Lernen und entsprechenden Algorithmen können KI-gestützte Systeme die besten Kandidatinnen und Kandidaten anhand von spezifischen Kriterien und Unternehmensanforderungen identifizieren. Chatbots und virtuelle Assistenten können Bewerbern in Echtzeit Fragen beantworten und Informationen bereitstellen. Darüber hinaus können KI-Anwendungen den Auswahlprozess rationalisieren, indem sie Vorstellungsgespräche automatisieren und die Bewertung von Bewerberqualifikationen unterstützen. Die Qualität steigt, die Zeiten werden verkürzt, und die HR-Kosten sinken durch den Einsatz von KI im Personalbereich.

Zudem führen manche KIs Kennzahlenanalysen durch, die beeinflussen, auf welchen Kanälen Unternehmen Stellenanzeigen schalten und welchen Nutzerinnen und Nutzern die jeweilige Anzeige ausgespielt wird. Die Wahl des richtigen Kanals wird deutlich verbessert.

Insgesamt trägt der Einsatz von KI im Recruiting also dazu bei, den Prozess effizienter und präziser zu gestalten und die Qualität der Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten zu verbessern. Durch die Analyse von grossen Datenmengen kann KI nämlich vorhersagen, welche Eigenschaften der Jobanwärter*innen in einer bestimmten Person am wahrscheinlichsten zu einer langfristigen Bindung an das Unternehmen führen werden.

KI zur Erstellung von Zukunftsprognosen

KI spielt eine entscheidende Rolle bei der Erstellung von fundierten zukunftsweisenden Prognosen in HR-Abteilungen. So kann KI beispielsweise das Talentmanagement und die Nachfolgeplanung unterstützen, indem sie Mitarbeiterdaten analysiert und zukünftige Führungskräfte und Schlüsselpositionen identifiziert, um so interne Karrieren zu schaffen. Darüber hinaus kann sie durch die Analyse von Mitarbeiterdaten Muster zur Fluktuation erkennen und Faktoren zur Bindung der Mitarbeitenden ermitteln. Dies ermöglicht es der Personalabteilung, gezielte Massnahmen zur Mitarbeiterbindung zu ergreifen, und erhöht somit die Chance, dass die Mitarbeitenden lange und zufrieden bei einem Arbeitgeber bleiben.

KI kann auch den zukünftigen Arbeitskräftebedarf prognostizieren, was bei der Planung von Rekrutierungsaktivitäten und künftigem Schulungsbedarf hilfreich ist. Die Technologie unterstützt die Analyse von Fähigkeitslücken und hilft bei der Identifizierung von Qualifikationsanforderungen für die Zukunft. Ferner ermöglicht KI die Überwachung und Evaluierung von HR-Strategien und -Programmen, um ihre Effektivität im Zeitverlauf zu verfolgen. Insgesamt ermöglicht die datengetriebene Herangehensweise von KI HR-Abteilungen, bessere bzw. besser informierte Entscheidungen zu treffen und sich auf zukünftige Herausforderungen und Chancen vorzubereiten.

HR wird zum strategischen Partner der Unternehmensleitung und sichert damit die erfolgreiche Umsetzung von Strategien. Bisher war der Beitrag von HR da eher bescheiden.

KI zur Zeiteinsparung

Künstliche Intelligenz eröffnet HR-Abteilungen die Möglichkeit, erhebliche Zeiteinsparungen im Unternehmen zu realisieren. Dies geschieht durch die Automatisierung zahlreicher Aufgaben und Prozesse, die zuvor zeitraubend waren. KI kann dabei repetitive administrative Tätigkeiten wie die Terminplanung, Zeiterfassung und Ferienverwaltung übernehmen, wodurch HR-Mitarbeiter*innen entlastet werden. In der Rekrutierung beschleunigt KI den Auswahlprozess, indem sie Lebensläufe analysiert, Bewerber*innen identifiziert und Vorstellungsgespräche plant. Die Kommunikation mit Arbeitskräften sowie Bewerberinnen und Bewerbern wird durch Chatbots und virtuelle Assistenten optimiert, die häufig gestellte Fragen beantworten und Informationen bereitstellen. Zudem ermöglicht KI eine effizientere Gestaltung des Onboarding-Prozesses und der Einarbeitung neuer Mitarbeiter*innen. Die automatisierte Leistungsbewertung und die Überwachung der Einhaltung von Compliance-Anforderungen sind weitere Bereiche, in denen KI Zeit einspart. Durch die Analyse grosser Datensätze kann KI im Personalbereich Muster und Trends erkennen, was bei strategischen Entscheidungen hilft. Die Implementierung von KI in HR-Prozesse führt zu einer erheblichen Steigerung der Effizienz, da sie HR-Teams von zeitraubenden Aufgaben entlastet und ihnen mehr Raum für strategische Aktivitäten gibt. Dies trägt dazu bei, die Gesamtproduktivität im Unternehmen zu steigern und Ressourcen effizienter einzusetzen. Aufgrund des gestiegenen Wettbewerbsdrucks ist die Beschleunigung der Unternehmensprozesse ein wichtiger Erfolgsfaktor geworden.

KI zur Stärkung der Mitarbeiterbindung

Auch bei der Stärkung der Mitarbeiterbindung in Unternehmen durch HR-Abteilungen kann KI unterstützen. KI bietet dabei eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Mitarbeiterbindung zu fördern:

  • KI kann individuelle Schulungs- und Entwicklungspläne erstellen, die auf die speziellen Bedürfnisse und Karriereziele der Arbeitnehmer*innen zugeschnitten sind. Dies zeigt ihnen, dass das Unternehmen sich für ihre berufliche Weiterentwicklung interessiert, und fördert die individuelle Bindung. Die kontinuierliche Kommunikation und das Feedback, das KI-gesteuerte Tools ermöglichen, stärken die Bindung der Mitarbeiter*innen, da ihnen vermittelt wird, dass ihre Meinungen und Anliegen gehört und geschätzt werden. Die Individualisierung wird zum Schlüsselfaktor des Erfolgs.
  • KI kann Mentorinnen und Mentoren sowie Coaches für Mitarbeiter*innen identifizieren und Verbindungen herstellen, die die persönliche und berufliche Entwicklung unterstützen und die Bindung an das Unternehmen fördern. Die Flexibilität bei der Arbeitszeit und -ortplanung, die KI ermöglichen kann, trägt zur Verbesserung der Work-Life-Balance bei und steigert die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen, was die Mitarbeiterbindung stärkt. Die Forderung der Gesellschaft zur individuellen Flexibilisierung der Arbeitszeiten wird damit besser erfüllt.
  • Die Überwachung der Leistung durch KI ermöglicht es, angemessene Belohnungen und Anerkennungen vorzuschlagen, die dazu beitragen können, die Mitarbeitermotivation zu stärken. Die Incentivierung wird damit auf die spezifischen Leistungen des Mitarbeiters zugeschnitten.

Insgesamt trägt die Integration von KI in HR Prozessen dazu bei, ein unterstützendes und motivierendes Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Mitarbeiter*innen langfristig gebunden sind und sich wertgeschätzt fühlen. Dies erhöht die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung, reduziert die Fluktuation und steigert die Produktivität im Unternehmen.

Fazit und Empfehlungen: KI im Personalbereich

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Einsatz von KI im Personalbereich eine transformative Kraft darstellt, die eine breite Palette von Vor- und Nachteilen mit sich bringt. Auf der positiven Seite ermöglicht KI die Automatisierung sich wiederholender Aufgaben, die Verbesserung von Auswahlprozessen und die Personalisierung von Weiterbildungsprogrammen. Dies führt zu erhöhter Effizienz, besseren Entscheidungsfindungen und einer insgesamt gesteigerten Mitarbeiterzufriedenheit.

Es sind allerdings auch Herausforderungen zu bewältigen, einschliesslich Datenschutzbedenken, ethischer Fragen und der Notwendigkeit, das HR-Personal entsprechend zu schulen. Die Akzeptanz von KI bei den Mitarbeitenden und die Bewältigung des Fachkräftemangels im Bereich KI sind ebenfalls entscheidend. Trotz dieser Herausforderungen bietet KI im HR-Bereich vielseitige Einsatzmöglichkeiten, von der Verbesserung des Rekrutierungsprozesses bis zur Vorhersage von Mitarbeiterbedürfnissen und der Steigerung der Mitarbeiterbindung. Unternehmen, die diese Technologie effektiv einsetzen und die potenziellen Nachteile bewältigen, können erhebliche Vorteile für ihre HR-Initiativen und den Unternehmenserfolg erzielen.

HR wächst damit in eine neue Rolle im Unternehmen und wird zum Partner des Managements, um den Wandel anzustossen und erfolgreich zu begleiten. Das erfordert auch ein neues Bewusstsein im HR und die Bereitschaft, sich mit neuen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Vision und Rolle von HR werden sich verändern.

 

QUELLE

1 Artificial Intelligence in Europe Report: Ein Überblick. Verfügbar unter pulse.microsoft.com/de-ch/transformde-ch/na/fa1-artificial-intelligence-in-europe-reportein-uberblick/

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