Rechtssicherheit für Unternehmer: Wie können wir die Zukunft gestalten?

Die Rechtssicherheit ist ein zentraler Eckpfeiler einer florierenden Wirtschaft und einer stabilen Gesellschaft. In einer Zeit, in der die Geschäftswelt immer komplexer wird und Technologie einen tiefgreifenden Einfluss auf die Art und Weise hat, wie Unternehmen agieren, ist es von entscheidender Bedeutung, ein verlässliches rechtliches Umfeld zu schaffen, das Innovation, Investition und nachhaltiges Wachstum fördert.

26.09.2023 Von: Michael Kummer
Rechtssicherheit für Unternehmer

Rechtssicherheit – unnötige Kosten?

Die Sicherung der Rechtssicherheit für Unternehmer steht zweifelsohne im Zentrum einer wohlgeordneten und funktionierenden Wirtschaftsordnung. Unternehmen haben oftmals einen starken Fokus auf die operativen Tätigkeiten. Unterstützungsprozesse wie rechtliche Abklärungen spielen dabei meist nur eine untergeordnete Rolle. Ein Grund dafür mag sein, dass diese keinen direkten Cash-flow generieren, sondern auf dem Papier vermeintliche Kosten verursachen. Dass diese aber auch für das Kerngeschäft äusserst wichtig sind, wird gerne vergessen.

Risikomanagement

Rechtliche Risiken sind typischerweise ein wichtiges Thema im Bereich des Risikomanagements. Droht dem Unternehmen in naher Zukunft eine Klage, wird von einem Anwalt eine Prozesschancenanalyse eingeholt und basierend darauf das mögliche Schadensausmass errechnet. Auf dieser Grundlage wird weiter geprüft, welche Massnahmen ergriffen werden können, um das entsprechende Risiko zu vermindern, zu verhindern, zu finanzieren oder abzuwälzen.

Diese auf Kosten und Gefahren beschränkte Sichtweise ist jedoch längst überholt. Zu einem erfolgreichen Risikomanagement gehört auch die Berücksichtigung der Chancen, welche den Unternehmenswert erhöhen oder es erlauben vorhandene Potenziale effizient zu nutzen. Rechtsdienstleistungen ist eigen, dass diese nicht auf direktem Weg zu Einnahmen führen. Wo können also die Chancen liegen? Indem man von Beginn an die Rechtslage kennt und saubere Verträge aufsetzt, können vertragliche Ansprüche wesentlich leichter durchgesetzt oder Auseinandersetzungen gar ganz vermieden werden. Rechtliche Stolpersteine werden umgangen und unter Umständen Berührungspunkte mit Behörden vermieden. So kann eine Stärkung der Rechtsabteilung mehr Affinität für rechtliche Belange sowie deren Bedeutung oder im anderen Fall die engere Zusammenarbeit mit einem externen Anwalt zur Einsparung oder Vermeidung unnötiger Kosten führen und so ein klarer Wettbewerbsvorteil sein.

Prävention rechtlicher Hürden bei Verträgen

In jedem Bereich des Vertragsrechts gibt es zahlreiche rechtliche Stolpersteine, die es zu vermeiden gilt. Oft werden dabei die effektiven Folgen von fehlerhaften Verträgen unterschätzt und das Risiko hingenommen. Verträge haben dabei insbesondere einen starken Beweischarakter.

Zu unterscheiden sind primär inhaltliche und formelle Mängel. Inhaltliche Mängel auf der einen Seite beziehen sich auf die konkreten Rechte und Pflichten, welche die Vertragsparteien aufgrund des Vertrags innehaben. Sind die entsprechenden Klauseln rechtswidrig, unsittlich oder widersprechen sie zwingenden gesetzlichen Bestimmungen, sind sie von vornherein ungültig bzw. nichtig. In diesem Fall ist der gesamte Vertrag als nicht zu betrachten, sofern er keine explizite Klausel enthält, wonach der restliche Teil des Vertrags trotzdem seine Gültigkeit bewahren soll.

Formelle Mängel auf der anderen Seite beziehen sich auf die äussere Form des Vertrags. Während die meisten Verträge mündlich abgeschlossen werden können, gibt es für bestimmte Vertragstypen formelle Hürden, wie die Vereinbarung der Schriftlichkeit oder die öffentliche Beurkundung. Werden diese formellen Vorgaben nicht eingehalten, ist ein Vertrag überhaupt nicht zustande gekommen. Folglich sind keine vertraglichen Rechte und Pflichten entstanden.

Schliesslich ist zu beachten, dass Verträge insbesondere für einen potenziellen Streitfall gedacht sind. Im Nachhinein wird dann ein Dritter (allenfalls ein Richter) ihn verstehen und auslegen müssen und nicht nur die Parteien. Wichtig ist es daher, dass die vereinbarten Bestimmungen möglichst klar und nicht interpretationsbedürftig gestaltet werden.

Die Konsequenzen von inhaltlich oder formell ungültigen Verträgen können sehr einschneidende Folgen haben, welche sich auf beide Parteien auswirken. Diese möglichen Konsequenzen sind den Parteien oftmals nicht bewusst. In dieser Hinsicht ist der Grundsatz «Vorsicht ist besser als Nachsicht» sehr zu empfehlen. Die Kosten, welche infolge eines dahingefallenen oder eben auslegungsbedürftigen Vertrags entstehen, sind wesentlich grösser als die vorgängige Durchsicht durch einen Anwalt. Eine saubere rechtliche Abklärung verbessert damit nicht nur die Rechtssicherheit und die Stellung im Vertrag, sondern trägt auch zur Senkung vermeidbarer Kosten bei.

Compliance in beaufsichtigten Bereichen

Diverse Tätigkeitsfelder sind nicht jedermann frei zugänglich. Dies liegt daran, dass die Gesetzgebung versucht, riskante Berufsfelder und potenziell unerfahrene Parteien zu schützen. Dies ist unter anderem bei den Anlegern auf dem Finanzmarkt oder auch bei Arbeitnehmern in diversen Handwerksberufen der Fall. Oft sind damit vorgängige oder nachträgliche Kontrollen verbunden, welche in Form von Bewilligungen bzw. Verboten auftreten. Die Wirkungsweise ist indessen dieselbe; die betroffene Person muss bestimmte Kriterien erfüllen, um die entsprechende Tätigkeit ausführen zu dürfen.

Dies zeigt sich besonders im Bereich der Arbeitssicherheit, um ein Beispiel zu nennen. Die Verantwortung zur Sicherstellung einer angemessenen Arbeitssicherheit obliegt dem Arbeitgeber (Art. 3 Abs. 1 Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten). Auch das Unfallversicherungsgesetz (UVG) und das Arbeitsgesetz (ArG) verpflichten den Arbeitgeber gemäss, Berufsunfälle und Berufskrankheiten zu verhüten. Er hat dabei alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den gegebenen Verhältnissen angemessen sind. Sollte die Suva dann feststellen, dass die Arbeitssicherheit nicht angemessen geschützt ist, verfügt sie eine Arbeitseinstellung. Weitere Arbeiten dürfen sodann nur ausgeführt werden, wenn die von der Suva geforderten Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit umgesetzt werden. Die Weiterführung der Arbeit wird somit blockiert und die Eigenverantwortung des Arbeitgebers wird ihm in diesem Akt entzogen. In dieser Zeit kann nicht mit der Leistungserbringung fortgesetzt werden, womit der Umsatz sinkt.

Fazit zur Rechtssicherheit für Unternehmer

Insgesamt gesehen wird der Rechtssicherheit zu wenig oder gar keine Aufmerksamkeit gegeben. Zukünftige Hürden und Kosten werden hingenommen oder nicht genügend betrachtet, was schliesslich insbesondere dazu führt, dass keine verlässlichen Verträge gemacht werden oder rechtlichen Aspekten wie z.B. der Arbeitssicherheit keine oder zu wenig Beachtung geschenkt wird. Da sich die negativen Folgen dieser Vorgehensweise erst viel später herausstellen, sticht deren Wichtigkeit nicht besonders hervor. Dennoch ist es notwendig, auch rechtlichen Belangen, insbesondere Verträgen, die notwendige Beachtung zu schenken, um künftige Probleme und Kosten zu vermeiden.

Ziel ist es dabei, ein Gleichgewicht zwischen unternehmerischer Freiheit und rechtlicher Compliance zu finden. Die rechtlichen Vorsichtsmassnahmen dürfen dabei nie die den unternehmerischen Aspekt derart einschränken, dass die operative Geschäftstätigkeit darunter leidet, muss aber genügend weit greifen, um den entsprechenden Zweck – nämlich die Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten – zu erfüllen. Genau dieses optimale Gleichgewicht in zu finden, zeichnet eine gute juristische Beratung aus.

Newsletter W+ abonnieren