Managementsystem: So führen Sie Ihr KMU erfolgreich

Ein effektives Managementsystem ist der Schlüssel zu nachhaltigem Unternehmenserfolg. Doch kleine und mittlere Unternehmen stehen vor besonderen Herausforderungen: begrenzte Ressourcen, informelle Strukturen und stark vom Tagesgeschäft geprägte Entscheidungsprozesse. In diesem Beitrag lesen Sie, wie Sie ein massgeschneidertes Managementsystem entwickeln.

08.04.2025 Von: Thomas Gysler
Managementsystem

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KMU-spezifische Problemfelder bei der Einführung von einem Managementsystem

Die spezifischen Eigenheiten von KMU erfordern ein an die Betriebsgrösse und Unternehmensmerkmale angepasstes Managementsystem. Eine Diplomarbeit an der Universität St. Gallen zeigte am Beispiel von papierverarbeitenden KMU in Deutschland folgende KMU-spezifischen Problemfelder auf:

Betriebsgrösse

  • Beschränkt verfügbare finanzielle und personelle Ressourcen.
  • Erschwerte Informationsanalyse durch überwiegend informelle (mündliche) Kommunikation. Lückenhafte schriftliche Berichterstattung.
  • Ausbleiben gruppendynamischer Impulse und Entwicklungen durch zu starke Orientierung auf den Geschäftsführer/-inhaber.
  • Fehlen von sachbezogenen Stellenbeschrieben und Organigrammen.
  • Aufgrund personalisierter Organisationsformen begrenzte Möglichkeit für gegenseitige Kontrolle und Abstimmung.

Führungsstil

  • Arbeitsweise stark durch den persönlichen Führungsstil des Geschäftsführers/-inhabers geprägt.
  • Dominierender Einfluss des Tagesgeschäftes.

Werthaltung

  • Oft eher negative Einstellung der Schlüsselpersonen zu Weiterbildung und Beratung.
  • Operative Aspekte werden höher als strategische gewichtet.

Die meisten KMU weichen daher von der Vorgabe durch Kaplan und Norton ab und kreieren eine unternehmensspezifische Managementsystem-Scorecard. Ergänzungen durch weitere Perspektiven werden u.a. in den Thematiken Wachstum, Qualität, Kosten, Risiken oder Projekte gemacht. Es können auch themenspezifische Managementsystem-Scorecards wie z.B. IT-Scorecards mit fachspezifischen Perspektiven entwickelt werden.

Erfolgsfaktoren für einen erfolgreichen Balanced-Scorecard-Prozess

Diverse Praxisprojekte haben gezeigt, dass aus diesen Gründen in KMU folgende spezifische Erfolgsfaktoren für einen erfolgreichen BSC-Prozess gegeben sein müssen.

Firmenkultur

Insbesondere im Rahmen von KMU in denen normalerweise einige wenige Persönlichkeiten prägend und bestimmend sind, ist ein partnerschaftliches Grundverhältnis, die Bereitschaft, sich im Führungsteam auf Strategien und Massnahmen zu einigen und sämtliche Beteiligten zu integrieren, unabdingbar. Eine möglichst weit gehende und umfassende Mitarbeiterintegration stellt sicher, dass die Resultate des BSC-Prozesses auch überall im Betrieb mitgetragen und gelebt werden.

Kundenorientierung, Kundenintegration

Ein möglichst hoher Kenntnisstand über die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden sowie die Bereitschaft, diese möglichst zu erfüllen, ist absolut notwendig. Je stärker die Kunden (oder die Kundensicht) in den BSC-Prozess integriert werden können, desto besser sind die erarbeiteten Resultate.

Bereitschaft, sich mit dem Unternehmen auseinander zu setzen

Der BSC-Prozess führt unweigerlich dazu, dass die Grundwerte und Strategien der Unternehmung sowie deren Umsetzung in Frage gestellt werden. Nur wenn die Bereitschaft, sich kritisch mit dem Bestehenden auseinander zu setzen, vorhanden ist, kann der BSC-Prozess zum Erfolg führen.

Fähigkeit zum zielorientierten Vorgehen und Bereitschaft zur Konzentration auf Kerngrössen

Der BSC-Prozess fördert normalerweise grosse Mengen von Ideen und Massnahmen zu Tage. Es ist unumgänglich, diese zu priorisieren und sich in der Messung auf einige wenige Kerngrössen zu konzentrieren.

Der Nutzen des Balanced-Scorecard-Prozesses

«Natürlich haben wir eine Strategie!» ist eine Aussage, mit der ich in vielen KMU konfrontiert worden bin. In vielen KMU finden sich jedoch die Visionen und Strategien nur in den Köpfen der Verantwortlichen, finden nicht die notwendige Verbreitung und münden nur selten in die notwendigen zielgerichteten und koordinierten Umsetzungsmassnahmen. «Turning Strategy into Action» war deshalb Grundidee von Kaplan und Norton. Mittels eines gut und richtig aufgesetzten BSC-Prozesses gelingt es, die Strategie «auf den Boden» zu bringen.

Balanced Scorecards erarbeiten: Ein praktischer Leitfaden für KMU

Ein robuster Balanced-Scorecard-Prozess in 10 Schritten

Für einen erfolgreichen und von allen Beteiligten getragenen BSC-Prozess ist es wichtig, dass sich sämtliche Verantwortungsträger und Schlüsselpersonen aktiv am BSC-Prozess beteiligen. Die intensive Auseinandersetzung mit der Strategie und deren Umsetzung nimmt sehr viel Zeit und Energie des Managementteams in Anspruch. Es ist jedoch von grösster Wichtigkeit, dass im BSC-Projektteam alle wesentlichen Interessengruppen ausgewogen vertreten sind. In der Regel dauert die Entwicklung einer BSC (Mutter-Scorecard) weniger als sechs Monate. Die Ableitung von Tochter-Scorecards dauert normalerweise deutlich weniger lang (ca. vier Monate pro Hierarchiestufe). In dieser Zeit ist das Managementteam stark mit Aufgaben gebunden, die nicht sinnvoll delegiert werden können. Insbesondere darf die inhaltliche Arbeit an der BSC nicht an externe Firmen vergeben werden. Deshalb muss bei KMU der BSC-Prozess rasch zu pragmatischen Lösungen führen. Das folgende Zehn-Punkte-Programm umreisst einen schlanken (und damit schnellen) und robusten BSC-Prozess (Abbildung 1).

Das Vorgehen zur Erarbeitung einer Balanced Scorecard

  1. Überprüfen Sie die übergeordneten Visionen & Strategien

    Als Input für den ersten Workshop «Strategische Ziele» sind sämtliche Grundlagendokumente wie Visionen, Mission, interne Werthaltungen, Strategiepapiere, Analysen, übergeordnete Ziele zu sammeln und auf Konsistenz und Realitätsbezogenheit zu überprüfen. Diese Dokumente bilden die Basis für die gesamte weitere Arbeit. 38,7% der von der Fachhochschule Augsburg befragten Unternehmen haben ihre Strategie einem Strategiecheck unterzogen, 29% haben sie ungeprüft übernommen und 29% haben die Strategie für dieses Projekt neu erarbeitet (3,3% Diverse).

  2. Leiten Sie daraus 4–5 strategische Ziele ab

    Aus diesen Dokumenten lassen sich die Kernelemente, so genannte strategische Ziele, ableiten (2a). In diesem Zusammenhang ist es oft hilfreich, die wesentlichsten Ursachen-Wirkungs-Beziehungen im Unternehmen zu erarbeiten und zu dokumentieren (2b). Strategische Ziele werden rein qualitativ definiert. Die Festlegung der entsprechenden Messgrössen wird in Schritt 4 festgelegt.

  3. Definieren Sie zu jedem strategischen Ziel 1–4 Messgrössen

    Für jedes strategische Ziel sind Messgrössen und Zielwerte zu bestimmen, deren Erreichung nun gemessen werden muss. Mehr als 20 Messgrössen sollte eine Balanced Scorecard jedoch nicht enthalten, da sonst der Fokus auf das Wesentliche verloren geht.

  4. Fragen Sie sich: «Messe ich damit wirklich meinen Erfolg?»

    Hinterfragen Sie jede Messgrösse dahingehend, ob diese wirklich den angestrebten Erfolg korrekt abbildet.

  5. Entwickeln Sie Zielwerte und Massnahmen zu den einzelnen Messgrössen

    Messgrössen, zu denen Sie keine Zielwerte oder keine Massnahmen entwickeln können, müssen ersetzt werden.

  6. Legen Sie Spielregeln für die Erhebung und Verdichtung der Messgrössen fest

    Es muss sichergestellt werden, dass die festgelegten Messgrössen mit vertretbarem Aufwand in definierter Qualität erhoben werden können.

  7. Bereiten Sie eine geeignete grafische Darstellung auf

    Dank modernen Tabellenkalkulationsprogrammen stehen heute technologische Instrumente zur Verfügung, um leistungsfähige Analysemodelle zu bauen und mit wenig Aufwand Simulationen zu erstellen. Planungen und Analysen über mehrere Abrechnungsperioden werden so mit geringem Aufwand möglich. Mittels grafischer Darstellungen (Cockpits) können Entwicklungen einfach erkannt und Variantenrechnungen schnell und sicher beurteilt werden.

  8. Leiten Sie konkrete Massnahmen und Projekte ab und setzen Sie diese auch um!

    Diese werden in strategischen Initiativen und/oder Projekt- und Massnahmenportfolios dokumentiert. Die konkrete Umsetzung erfolgt über die operativen Budgets und hat somit Auswirkungen auf die Liquiditäts- und Kapitalpläne und im Besonderen auf die Projektbudgets. Über die Umsetzung von Sofortmassnahmen lassen sich so genannte «quick wins» realisieren, die schnell Projekterfolge sichtbar werden lassen. Das sofortige Umsetzen in die Praxis wirkt motivierend auf alle Mitarbeiter. Wichtig ist dabei die Integration in einen umfassenden Massnahmenplan.

  9. Sammeln Sie erste Erfahrungen und verbessern Sie die BSC laufend

    Erheben Sie die notwendigen Messgrössen. Beginnen Sie mit einer einfachen BSC und verbessern und ergänzen Sie diese laufend. Die Entwicklung einer umfassenden, möglichst alles abdeckenden BSC dauert zu lange und führt selten zum Erfolg. Solche Projekte scheitern meist an der Komplexität und an der mangelnden Praxisnähe. Während der Entwicklungsphase verändert sich die BSC in schnellem Rhythmus (wöchentlich bis monatlich). Ist jedoch ein gewisser Reifegrad erreicht, so muss auf Stabilität geachtet werden. Kleine Anpassungen werden im Monatszyklus vorgenommen, grössere Änderungen typischerweise im jährlichen BSC-Review.

  10. Initiieren Sie die BSC als Führungsinstrument und kommunizieren Sie die Ergebnisse stufengerecht

    Verbinden Sie die BSC mit Ihren Budgets und Berichten. Brechen Sie die BSC-Massnahmen stufengerecht herunter und integrieren Sie die entsprechenden Werte in die MBOs der einzelnen Mitarbeiter. Entwickeln Sie ein Kommunikationskonzept über alle Unternehmensstufen und setzen Sie dieses auch um.

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