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Lieferkette: Neue EU-Richtlinie über Lieferketten

Die neue EU-Lieferkettenrichtlinie, auch EU-Lieferkettengesetz genannt, verpflichtet die Unternehmer zur Überprüfung ihrer Geschäftspartner in Bezug auf Menschenrechte und Klimavorgaben. Diese Richtlinie gilt nicht nur für die in der EU gegründeten Firmen, sondern auch für Schweizer sowie in einem anderen Drittstaat gegründeten Unternehmen, sofern sie in der EU Geschäfte machen!

04.06.2024 Von: Regula Heinzelmann
Lieferkette

Einleitung

Weitere Eckpunkte sind:

  • Zunächst gilt die Richtlinie für grössere Unternehmen, aber der Gültigkeitsbereich wird in fünf Jahren nach dem Inkrafttreten sukzessive auch auf kleinere Unternehmen ausgedehnt.

  • Die Richtlinie enthält Vorschriften über die Verpflichtungen von Unternehmen in Bezug auf tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt im Zusammenhang mit ihrer eigenen Geschäftstätigkeit, der Geschäftstätigkeit ihrer Tochterunternehmen und der Geschäftstätigkeit, die in den Aktivitätsketten dieser Unternehmen ausgeführt wird. 

  • Weiter besteht die Verpflichtung für Unternehmen zur Umsetzung eines Übergangsplans zur Minderung der Folgen des Klimawandels. Das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens soll eine nachhaltige Unternehmensführung gewährleisten, die mit dem Pariser Übereinkommen vereinbar ist. 

  • Die Richtlinie regelt auch die Strafmassnahmen und die Haftung für Verstösse gegen die darin festgelegten Verpflichtungen. 

  • Die Anhänge der Richtlinie beinhalten die international verpflichtenden Abkommen sowohl zu den international geschützten Menschenrechten als auch zu internationalen Umweltabkommen, aus denen konkrete Verhaltenspflichten für Unternehmen abgeleitet werden, z.B. das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit.

Einigung im zweiten Anlauf

Die Europäische Kommission hat am 23. Februar 2022 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung vorgelegt. Dieser wurde abgelehnt. Am 14. Dezember 2023 wurde eine sogenannte vorläufige politische Einigung für die Richtlinie zwischen der EU-Ratspräsidentschaft und dem europäischen Parlament erreicht. Am 15. März 2024 stimmte die qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU dafür. Am 19. März 2024 hat der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments die politische Einigung zur Richtlinie mit 20 Ja-Stimmen zu 4 Nein-Stimmen angenommen. Das EU-Parlament hat am 22. April dem Vorschlag zugestimmt. 

Die EU Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD, EU-Lieferkettenrichtlinie oder EU-Lieferkettengesetz) enthält sowohl menschenrechtliche als auch umweltbezogene Sorgfaltspflichten sowie Vorgaben für einen Klimaplan. Ziel ist es, dass Unternehmen in der EU bestimmte Sorgfaltspflichten umsetzen, um negative Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Menschenrechte und Umwelt in ihren Aktivitätsketten innerhalb und ausserhalb Europas zu vermeiden.

Die neue Richtlinie berührt nicht die Verpflichtungen in den Bereichen Menschenrechte, Beschäftigung und soziale Rechte, Umweltschutz und Klimawandel im Rahmen anderer Rechtsakte der Union. Stehen die Bestimmungen der neuen Richtlinie im Widerspruch zu Bestimmungen eines anderen Rechtsakts der Union, mit dem dieselben Ziele verfolgt und weitergehende oder spezifischere Verpflichtungen vorgesehen werden, so gelten die Bestimmungen des anderen Rechtsakts der EU (Artikel 1). 

Wichtige Begriffe 

Im Artikel 3 der Richtlinie werden die Begriffe festgelegt, folgende sind besonders wichtig: 

  • Aktivitätskette: Tätigkeiten der vorgelagerten Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Produktion von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen durch dieses Unternehmen, einschliesslich der Entwicklung, Gewinnung, Beschaffung, Herstellung, Beförderung, Lagerung und Lieferung von Rohstoffen, Produkten oder Teilen von Produkten und der Entwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, sowie  die Tätigkeiten der nachgelagerten Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit dem Vertrieb, der Beförderung und der Lagerung eines Produkts dieses Unternehmens, sofern die Geschäftspartner diese Tätigkeiten für das Unternehmen oder im Namen des Unternehmens ausüben. Davon ausgenommen ist der Vertrieb, die Beförderung, die Lagerung des Produkts, das Ausfuhrkontrollen gemäss der Verordnung (EU) 2021/ über eine Unionsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Vermittlung, der technischen Unterstützung der Durchfuhr und der Verbringung betreffend Güter mit doppeltem Verwendungszweck oder Güter, die den Ausfuhrkontrollen in Bezug auf Waffen, Munition oder Kriegsmaterial unterliegen, sobald die Ausfuhr des Produkts genehmigt wurde.

  • Überprüfung durch unabhängige Dritte: Ob ein Unternehmen diese Richtlinie befolgt muss durch einen objektiven und von dem Unternehmen völlig unabhängigen Sachverständigen überprüft werden, der frei von Interessenkonflikten und externer Einflussnahme ist und je nach Art der negativen Auswirkungen Erfahrung und Kompetenz in Umwelt- oder Menschenrechtsfragen besitzt und hinsichtlich der Qualität und Zuverlässigkeit der Überprüfung rechenschaftspflichtig ist.

  • Als KMU gelten Kleinstunternehmen sowie kleine oder mittlere Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform, die nicht Teil einer grossen Gruppe sind.

  • Schwerwiegende negative Auswirkungen: Auswirkungen, die das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen schädigen und/oder die wegen ihrer Grösse, Tragweite oder ihres irreversiblen Charakter besonders gravierend sind. Dabei werden berücksichtigt: Die Anzahl der betroffenen  Personen, das Ausmass der Umweltschädigungen, die Unumkehrbarkeit und die Möglichkeiten, die betroffenen Personen oder die Umwelt innerhalb eines angemessenen Zeitraums wieder in eine Situation oder einen Zustand zu versetzen, die der Situation bzw. dem Zustand vor den Auswirkungen entspricht. 

Sorgfaltspflichten

Die Sorgfaltspflichten werden in Artikel 5 bis 16 der Richtlinie festgelegt. Die Sorgfaltspflicht ist in die Unternehmensstrategie und die Risikomanagementsysteme des Unternehmens zu integrieren (Artikel 7) und man muss eine langfristige Strategie entwickeln und einen Verhaltenskodex erstellen. Das erledigt am besten die Geschäftsleitung, bei Gruppen die der obersten Muttergesellschaft. Vorgeschrieben ist eine vorhergehende Konsultation der Beschäftigten des Unternehmens und ihrer Vertreter.

Weiter sind folgende Elemente vorgeschrieben, über die man die Mitarbeitenden informieren muss:

  • Verfahren zur Durchführung der Sorgfaltspflicht in allen betroffenen Bereichen der Unternehmenspolitik und einschliesslich der Massnahmen zur Überprüfung 

  • Ermittlung und Bewertung tatsächlicher und potenzieller negativer Auswirkungen der Geschäftstätigkeit (Artikel 8)

  • Unverzügliche Entwicklung und Umsetzung eines Präventionsaktionsplans mit angemessenen und klar festgelegten Zeitplänen für die Umsetzung geeigneter Massnahmen und mit qualitativen wie quantitativen Indikatoren um die Verbesserung zu bestimmen, falls dies aufgrund der Art oder Komplexität der für die Verhinderung erforderlichen Massnahmen notwendig ist (Artikel 10). 

  • Einbezug der Interessenträger (Stakeholder) in das Management der Sorgfaltspflichten (Artikel 13). Die Unternehmen können ihre Aktionspläne in Zusammenarbeit mit Industrieinitiativen bzw. Multi-Stakeholder- Initiativen entwickeln. Der Präventionsaktionsplan wird an die Geschäftstätigkeit und die Aktivitätskette der Unternehmen angepasst (Artikel 10).

  • Negative Auswirkungen der Geschäftstätigkeit müssen verhindert oder zumindest verringert werden (Artikel 11). Die schwerwiegendsten Auswirkungen müssen zuerst bekämpft werden, nachher die mittleren und dann die leichten (Artikel 9). Die Staaten sollen bei ihren Vorschriften berücksichtigen, ob die tatsächlichen negativen Auswirkungen von einem Unternehmen, bzw. Tochterfirma, selber oder von einem Geschäftspartner oder einem anderen Betrieb in der Aktivitätskette verursacht werden. 

  • Ein Unternehmen, das negative Auswirkung allein oder gemeinsam mit anderen verursacht hat, hat diese zu korrigieren (Artikel 12). Werden die tatsächlichen negativen Auswirkungen lediglich vom Geschäftspartner des Unternehmens verursacht, so kann das Unternehmen freiwillig Abhilfe leisten bzw. den Geschäftspartner darin unterstützen. 

  • Wichtig: Vertragliche Zusicherungen sind von direkten, aber auch von indirekten Geschäftspartnern einzuholen, um die Einhaltung des Verhaltenskodexes des Unternehmens oder eines Präventionsaktionsplans zu erreichen (Artikel 10). Es ist auch eine Überprüfungsmöglichkeit zu vereinbaren. 

  • Die vertraglichen Zusicherungen oder der Vertrag müssen von geeigneten Massnahmen zur Überprüfung der Einhaltung flankiert werden (Artikel 10). Eine Überprüfung durch unabhängige Dritte kann das Unternehmen einschliesslich im Rahmen von Industrieinitiativen bzw. Multi- Stakeholder-Initiativen, in Anspruch nehmen.

  • Abbruch der Geschäftsbeziehungen, wenn sich die negativen Auswirklungen nicht beseitigen lassen (Artikel 10). 

  • Die Unternehmensstrategie muss alle zwei Jahre überprüft werden und immer bei wichtigen Änderungen (Artikel 7).

  • Die Muttergesellschaften haben ihre Tochtergesellschaften bei der Erfüllung ihrer Pflichten zu unterstützen (Artikel 6) und die Geschäftsleitungen haben sich gegenseitig alle notwendigen Informationen zu übermitteln.

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