Krise: Sind Sie für die Krise gewappnet?

Es kann jedes Unternehmen treffen. Eine Krise kommt nicht immer unerwartet, aber oft im dümmsten Moment. Dann, wenn ein neuer CEO die Leitung des Unternehmens übernommen hat. Dann, wenn die Kommunikationsabteilung etwas dünn aufgestellt ist. Dann, wenn erst kürzlich ein negativer Artikel in der Zeitung erschienen ist. Eine Krise kommt selten allein. Ein ohnehin schon gefordertes Unternehmen gerät schnell ins Straucheln. Aus einem kleinen Problem wird plötzlich ein grosses. Sie haben gerade eine Krise? Sie müssen handeln. Sie haben gerade keine Krise? Sie müssen ebenfalls handeln. In diesem Artikel zeige ich Ihnen auf, was Sie in welchem Fall machen müssen.

27.08.2024 Von: Karin Baltisberger
Krise

Atmen Sie tief durch. Nicht jedes Problem ist eine Krise. Analysieren Sie den konkreten Vorfall. Eine Krise hat immer Auswirkungen auf Menschen, Reputation, finanzielle Mittel oder Ressourcen und ist existenzbedrohend. Ein negativer Artikel in der Zeitung ist per se noch keine Krise, könnte aber eine werden. 

In der Krise kommunizieren

Gründen Sie einen Krisenstab, wenn Sie noch keinen haben. Die wichstigsten Abteilungen und Funktionen müssen darin vertreten sein. Insbesondere die Kommunikationsverantwortlichen müssen von Anfang an dabei sein. Hier passiert oft der Fehler, dass man die Kommunikationsabteilung zuletzt informiert und sie nur noch «ausführen» soll, was man sich überlegt hat. Das führt dazu, dass wichtige Überlegungen zur Reputation nicht berücksichtigt werden und Entscheidungen nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Falls Sie niemanden haben, der für die Kommunikation in Ihrem Unternehmen zuständigt ist, ernennen Sie jemanden oder noch besser, ziehen Sie eine Expert:in von aussen hinzu. 

Der Krisenstab muss sich regelmässig treffen (virtuell oder physisch), um sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. In einer aktuen Krise kann das gut auch zweimal täglich sein. Ob und was nach Aussen kommuniziert wird, wird gemeinsam entschieden. Reputation ist nie nur eine Frage der Kommunikation, sondern muss verschiedene Aspekte, zum Beispiel auch juristische, berücksichten. Es kann aus Kommunikationssicht richtig sein, sich zu entschuldigen - aus juristischer Sicht gilt das jedoch als Schuldeingeständnis und könnte den Ausgang eines möglichen Prozesses beeinflussen. Oft gibt es nicht einfach nur Richtig oder Falsch, es gibt unterschiedliche Perspektiven und das Unternehmen muss den für sich richtigen Weg finden. 

Regelmässige Treffen des Krisenstabs sind zentral - gerade, wenn die Prozesse nicht ganz klar geregelt sind. Ich empfehle in einer aktuen Krise immer das Kanban-Modell zu benutzen. Es ist einfach, wird sofort von jedem verstanden und man kann die Aufgaben priorisieren und zuteilen. 

Effizient dank Kanban-Modell

Das Kanban-Modell ist eine agile Managementmethode, die ursprünglich in den 1940er Jahren von Toyota entwickelt wurde, um den Produktionsprozess zu optimieren. Das Wort «Kanban» stammt aus dem Japanischen und bedeutet «Karte» oder «Signal». Das Konzept basiert auf visuellen Signalen, die den Fortschritt von Aufgaben oder Prozessen anzeigen.

In der Krise kann das Kanban-Modell Unternehmen helfen, ihre Arbeitsabläufe zu organisieren, Engpässe zu identifizieren und Ressourcen effizient einzusetzen. Hier sind einige Möglichkeiten, wie das Kanban-Modell in der Krise helfen kann:

  • Visualisierung von Aufgaben und Arbeitsabläufen: Durch die Verwendung von physischen oder digitalen Kanban-Boards können Teams ihre Arbeit visuell darstellen. Dies ermöglicht es allen Beteiligten, den aktuellen Status der Aufgaben zu verstehen und Engpässe schnell zu erkennen.
  • Priorisierung von Aufgaben: Mit dem Kanban-Modell können Teams Aufgaben nach ihrer Dringlichkeit oder ihrem Wert priorisieren. Dies ist besonders wichtig in Krisenzeiten, in denen Ressourcen möglicherweise begrenzt sind und es entscheidend ist, sich auf die wichtigsten Aufgaben zu konzentrieren.
  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Kanban ist eine flexible Methode, die es Teams ermöglicht, sich schnell an sich ändernde Bedingungen anzupassen. In einer Krise können unvorhergesehene Ereignisse auftreten, und das Kanban-Modell bietet die Möglichkeit, Arbeitsabläufe und Prioritäten entsprechend anzupassen.
  • Transparenz und Zusammenarbeit: Kanban fördert die Transparenz innerhalb des Teams, da alle Mitglieder den Fortschritt der Arbeit sehen können. Dies erleichtert die Zusammenarbeit und ermöglicht es den Teammitgliedern, sich gegenseitig zu unterstützen und bei Bedarf Hilfe anzubieten.
  • Kontinuierliche Verbesserung: Ein zentraler Grundsatz des Modells ist die kontinuierliche Verbesserung. Indem Teams regelmässig ihre Arbeitsabläufe überprüfen und analysieren, können sie ineffiziente Prozesse identifizieren und Massnahmen ergreifen, um sie zu optimieren.

 

Insgesamt kann das Kanban-Modell Unternehmen helfen, in Krisenzeiten agil und effektiv zu bleiben. Indem es Teams ermöglicht, ihre Arbeit zu visualisieren, Prioritäten zu setzen, flexibel zu bleiben, transparent zu kommunizieren und kontinuierlich zu verbessern, trägt das Kanban-Modell dazu bei, die Resilienz von Unternehmen in herausfordernden Zeiten zu stärken.

Denken Sie in Szenarien. Es ist oft schwierig abzuschätzen, wie sich eine Krise entwickelt, weil sie von äusseren Faktoren abhängt zum Beispiel von einem politischen Entscheid, einer polizeilichen Untersuchung oder den Medien. Entwickeln Sie mögliche Szenarien, um die Krise fassbarer zu machen. 

Erstellen Sie ein Playbook für jedes Szenario. Das Playbook enthält Prozess-Abläufe, Kernbotschaften für die interne und externe Kommunikation, Ansprechpartner:innen und Stellvertreter:innen, zeitliche Abläufe, etc.

Behalten Sie die Oberhand in der Kommunikation. Kommunizieren Sie von sich aus und nicht erst, wenn Sie gefragt werden. Das gilt für intern und extern. Seien Sie ehrlich und offen. Verwenden Sie auf keinen Fall die Salami-Taktik. Reissen Sie das Pflaster ab, auch wenns kurz weh tut. Kommunizieren Sie nur, was Sie auch sicher wissen - keine Vermutungen, Spekulationen oder Behauptungen. Behandeln Sie Journalist:innen freundlich. Sie haben ein Recht auf Information. Wer gut behandelt wird, entwickelt auch keine persönlichen Aversionen. 

Eine Krise kann dauern. Teilen Sie die Kräfte Ihrer Mitarbeiter:innen gut ein. Holen Sie sich Hilfe von intern oder extern, um durchzuhalten.

Lernen Sie aus der Krise. Machen Sie eine Retroperspektive, wenn die Krise gemeistert ist und halten Sie fest, was gut funktioniert hat und wo Sie sich verbessern können. Das Hilft Ihnen bei der nächsten Krise. 

Nach der Krise ist vor der Krise

In der Zeit ohne Krise sollte man sich für die Krise wappnen. Flicken Sie Ihr Dach, wenn die Sonne scheint und nicht wenn es regnet. Kümmern Sie sich um die folgenden Themen:

  • Rollen und Fähigkeiten in der Krise
  • Prozesse und Abläufe in der Krise
  • Checklisten und Mustervorlagen für Output in Krisenzeiten

Für die Unternehmenskommunikation im Speziellen empfehle ich, sich als Corporate Newsroom zu organisieren. Ich habe bei der Mobiliar Versicherung 2016 einen der ersten Schweizer Newsrooms eingeführt. Bis heute ist er der Dreh- und Angelpunkt der Kommunikation. Das Corporate Newsroom-Modell ist eine Organisationsstruktur, die von Medienunternehmen übernommen wurde und es Unternehmen ermöglicht, interne Kommunikation und externe Kommunikation effektiver zu gestalten. Es ist eine agile Methode, die darauf abzielt, die Reaktionsfähigkeit und Effizienz der Kommunikation zu verbessern. Er hat sich auch in Krisenzeiten als bewährtes und effizientes Instrument bewährt. 

In der Krise kann das Corporate Newsroom-Modell Unternehmen auf verschiedene Weise unterstützen:

  • Schnelle Reaktion und Krisenkommunikation: Der Corporate Newsroom ermöglicht es Unternehmen, schnell auf Krisensituationen zu reagieren und relevante Informationen an ihre Stakeholder zu kommunizieren. Durch die Integration von Teams können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Botschaften konsistent und koordiniert sind.
  • Echtzeitüberwachung und Analyse: Der Corporate Newsroom ermöglicht es Unternehmen, Entwicklungen in Echtzeit zu überwachen und auf Basis von Daten und Analysen fundierte Entscheidungen zu treffen. Dies ermöglicht es Unternehmen, ihre Kommunikationsstrategie kontinuierlich anzupassen und zu optimieren, um auf die sich verändernde Situation zu reagieren.
  • Effiziente interne Kommunikation: Das Corporate Newsroom-Modell fördert die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens. Dies erleichtert die interne Koordination und ermöglicht es Unternehmen, effektiver auf Herausforderungen zu reagieren und ihre Mitarbeiter:innen zu unterstützen.
  • Krisenbewältigung und Reputationsschutz: Durch eine koordinierte und konsistente Kommunikation können Unternehmen in Krisenzeiten das Vertrauen ihrer Stakeholder wahren und ihre Reputation schützen. Der Corporate Newsroom ermöglicht es, schnell auf Gerüchte und Fehlinformationen zu reagieren und eine klare und transparente Botschaft zu vermitteln.

    Eine Krise kann jedes Unternehmen treffen - auch wenn man alle Risiken managt. Es gibt immer äussere Faktoren, die man nicht selber beeinflussen kann. Sei es durch ein Fehlverhalten eines Mitarbeiters oder durch einen Angriff von aussen wie zum Beispiel eine Cyberattacke. Eine gute Vorbereitung bringt Ruhe und Selbstvertrauen in eine Krise und kann entscheidend sein für deren Bewältigung.  

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