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Geschäftsmodelle: Wie digitale Geschäftsmodelle erfolgreich entwickelt werden

Digitale Transformation bedeutet, seine Geschäftsmodelle zu überdenken. Das klingt logisch und einfach. In Wahrheit ist es für Unternehmen eine der härtesten und anstrengendsten Aufgaben in der heutigen Zeit. Die Digitalisierung verändert nicht nur die Art und Weise, wie wir Produkte und Dienstleistungen erstellen und liefern, sondern auch, wie wir diese Produkte und Services verwenden.

02.07.2024 Von: Kevin D. Klak
Geschäftsmodelle

In diesem Kontext hat der Verwaltungsrat die Verantwortung, die Richtung der digitalen Transformation zu bestimmen und zu steuern. Das Gremium muss sicherstellen, dass die Unternehmensstrategie stets die neuesten digitalen Trends und Technologien berücksichtigt. Zudem liegt es in seiner Verantwortung, die notwendigen Ressourcen und Kompetenzen bereitzustellen, um die Transformation erfolgreich zu gestalten und das Unternehmen zukunftsfähig zu machen.

Iteratives Vorgehen statt Holzhammermethode 

Neue Geschäftsmodelle zu implementieren sind meist Change-Management-Projekte. Denn es ist unmöglich, die gesamte Belegschaft von heute auf morgen von einer komplett neuen Ausrichtung zu überzeugen – gerade in gestandenen Strukturen und bei grosser Anzahl Mitarbeitender. Hinzu kommen die Schnelllebigkeit unserer Zeit und die kurzen Zyklen, mit denen auf Entwicklungen im Markt reagiert werden muss. Daher gilt: Iterativ vorzugehen ebnet den Weg zu langfristiger Innovation. Denn es bietet die Möglichkeit, im Unternehmen schneller und einfacher auf Veränderungen im Markt zu reagieren und damit einhergehend auch innovativer zu sein als der Wettbewerb.

Tipp: Sollten bei all dem Schwierigkeiten entstehen, kann es als Zwischenlösung hilfreich sein, eine Art Beiboot zu schaffen – etwa in Form einer «Digital Unit». Diese ist bereits schnell und agil unterwegs und stösst wichtige Prozesse an, bis der schwerfälligere Rest des Unternehmens nachgezogen hat.

Der Weg zum neuen Geschäftsmodell

Wie entsteht überhaupt ein neues Geschäftsmodell? Bestimmt nicht in einem Heureka-Moment beim Autofahren oder unter der Dusche. Auch wenn solche Momente durchaus Auslöser für eine zündende Idee sein können. Die Innovation entspringt meist einem strukturierten Design-Prozess und wird von der Idee bis zur Version, die man dem Kunden vorstellt, noch vielfach überarbeitet.

Weiter stellt sich die Frage, was überhaupt neu an einem Geschäftsmodell ist. Die Novität kann sowohl ein neues Angebot (Produktinnovation), ein neuer Ablauf (Prozessinnovation) oder auch das Abrechnungsmodell (Business-Model-Innovation) sein. Ein viel zitiertes Modell ist das Pay per Use – «man verkauft die Maschine nicht mehr, sondern wird nur noch für die Nutzung bezahlt» –, dies ist beispielsweise nur eines von fünf möglichen digitalen Geschäftsmodellen, die wir kurz näher beleuchten:

Plattform 

Eine Plattform vermittelt «nur» zwischen Anbieter und Anwender, allerdings mit einer gewissen Intelligenz, die dem Plattform-Nutzer echte Mehrwerte bietet. Sie kann auch mit einem Marktplatz verglichen werden, wobei das Geschäftsmodell die Bereitstellung der Standflächen und die Partizipation an den Geschäften zwischen Nutzern und Anbietern vorsieht.

Applikationen

Applikationen stellen Anwendungen dar, die bereits aus Daten einen Nutzen generieren.

Produkt als Service

Beim Produkt als Service wird – wie oben unter Pay per Use angedeutet – nur die Verwendung und nicht der Besitz in Rechnung gestellt. Den Kunden wird so eine hohe Flexibilität im Gegenzug zu festen Einnahmensströmen für den Dienstleister geboten.

Digitale Elemente

Digitale Elemente können Mehrwerte als digitale Komponenten sein, also der digitale Zwilling zur Maschine oder Augmented-Reality-Anwendungen. Der Bereich kann leicht mit dem Feld «Applikationen» verschwimmen.

Konnektivität

Konnektivität schlussendlich bildet die Online-Verfügbarkeit als Geschäftsmodell ab, also beispielsweise für die Fernwartung.

Rahmenbedingungen für Erfolg

Ein guter Startpunkt für die einfache Formulierung eines Geschäftsmodells ist das Business Model Canvas: Es hilft, sich auf einer Seite einen Überblick über die angebotene Leistung, das Kosten- und Einnahmenmodell zu verschaffen.

Eine vielversprechende Geschäftsidee sollte einige Anforderungen erfüllen, um auch Erfolgsaussichten zu haben. Die folgenden Rahmenbedingungen haben sich bisher als relevante Eckpunkte herauskristallisiert:

Den Kundennutzen in den Fokus stellen: Das Verständnis der Kundenprobleme und deren Lösung durch das Geschäftsmodell ist essenziell.

Das experimentelle Vorgehen: Die Verwendung von Minimum Viable Products (MVPs) und agilen Methoden ist entscheidend, um Hypothesen schnell zu testen und anzupassen.

Datenbasierte Entscheidungen: Kennzahlen sind aussagekräftiger, und Überlegungen müssen sich auf belastbaren Daten statt auf reinen Meinungen oder Bauchgefühlen abstützen.

Möglichst kurze Lernzyklen: Dynamische Anpassungen an sich schnell ändernde Bedingungen erfordern schnelles Lernen und kurze Iterationen.

Kundennutzen im Fokus

Wichtig für die Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen ist der Blick aus Sicht der Kunden. Welches Problem löst das neue Geschäftsmodell, wie häufig tritt es beim Kunden auf, und ist er überhaupt bereit, dafür zu bezahlen? Wer datenbasierte Geschäftsmodelle so entwickelt, dass der Kunde genervt ist, weil er am Ende für alles extra bezahlen muss, hat vielleicht Monetarisierungspotenziale gehoben, aber lässt frustrierte Kunden zurück oder gewinnt sie nicht, da sie die Salamitaktik durchschauen. Zudem entwickeln Sie damit vielleicht auch noch ein Einfallstor für (branchenfremde) Disruptoren. Disruptoren setzen genau dort an, wo der Frust der Kunden am grössten ist, und schieben sich zwischen Kunden und Anbieter. So wird der Anbieter ganz vom Kundenkontakt abgeschnitten.

Experimentelles Vorgehen

Agile Projekt- und Unternehmensstrukturen haben das Testen durch Experimente stark gefördert. In Sprints, die zwei bis vier Wochen dauern, werden Hypothesen durch Experimente getestet und bestätigt. Minimum Viable Products (MVPs) – also grundlegende Prototypen eines Produkts – werden genutzt, um die Kundenzufriedenheit zu überprüfen. Diese Prototypen sollen primär eine Kernfunktion abbilden. Am Anfang steht dabei die Überprüfung des Problem-Lösungs-Fits: Wie häufig tritt das Problem auf, ist es von Bedeutung, besteht Interesse an einer möglichen Lösung? Typischerweise werden hier Teilnehmer für Beta-Programme rekrutiert. Wie schnell werden Plätze belegt? Wie oft wird ein Whitepaper heruntergeladen? Das Ziel ist es dabei, von null auf eins zu kommen. Danach folgen Experimente, um den Produkt-Markt-Fit zu testen, um zu sehen, ob das Produkt tatsächlich die Probleme löst. Das Ziel ist es hier, von einem Level von eins auf zehn zu steigen. Anschliessend wird erforscht, wie das Geschäftsmodell skaliert werden kann – der Schritt von zehn auf hundert.

Das Hauptziel dieser Experimente ist es, frühzeitig und häufig zu scheitern, um durch schnelle Lernzyklen wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Kurze Lernzyklen

In einer Welt, wo sich Rahmenbedingungen rasch und oft unerwartet ändern, ist es wichtig, flexibel auf sich verändernde Parameter zu reagieren. Schnelle Lernprozesse sind entscheidend, um diese Veränderungen effektiv in die Weiterentwicklung einzubeziehen. Schnelles Lernen bedeutet auch, in kleineren Funktionseinheiten zu denken und zu handeln. Statt auf die komplette Fertigstellung eines Produkts zu warten, geht es darum, Produkte mit einer Hauptfunktion einzuführen und daraus zu lernen, welche Funktion als Nächstes aus Nutzersicht hinzugefügt werden sollte. Dabei sollte man jedoch die grössere Vision nicht aus den Augen verlieren, um alle Elemente zu einem stimmigen Ganzen zusammenzuführen. Dieser Prozess folgt dem Motto: gross denken, klein anfangen, schnell lernen. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele. Sei es die Migros, welche anfangs Lebensmittel aus einem Verkaufswagen verkauft hat, oder Brack.ch, wo man zu Beginn ausschliesslich Unterhaltungselektronik kaufen konnte und heute beinahe alles erhält.

Fakten über Meinungen: datenbasierte Entscheidungen 

Digitale Geschäftsmodelle können auch als datenbasierte Geschäftsmodelle bezeichnet werden, da sie sich auf die Sammlung und Analyse von umfangreichen Daten stützen, um wertvolle Einsichten zu gewinnen. Bei der Bewertung neuer Geschäftsmodelle sollte ein ähnlicher Ansatz verfolgt werden. Zwar ist ein gutes Gespür für zukünftige Bedürfnisse oft entscheidend, insbesondere bei bahnbrechenden Innovationen, doch Vorsicht ist geboten. Eine zu starke Begeisterung für eine eigene Idee kann den Blick für die Realität trüben und zu einer Vernachlässigung von alternativen Fakten führen. Es ist daher wichtig, Intuition und Bauchgefühl mit soliden, belastbaren Daten zu überprüfen und gründlich zu analysieren.

Vorgehen in sechs Phasen und Sprints

Die Digitalisierung liefert die Möglichkeiten, kundenzentrierter zu werden und neue Geschäftsmodelle durch Innovationen von Produkten, Prozessen und/ oder Abrechnungsmodellen zu entwickeln. Ein Innovationsprozess verläuft in der Regel in sechs Phasen:

Eine Strategie erarbeiten: In dieser Phase werden übergeordnete Ziele und Richtungen definiert. Ein Gipfelkreuz für die bevorstehende Wanderung soll im Prozess den Weg weisen.

Den Readiness-Reifegrad feststellen: Die Bestimmung des aktuellen Stands der digitalen Bereitschaft hilft, den eigenen Startpunkt festzulegen.

Eine Roadmap aufsetzen: Die Entwicklung eines groben Fahrplans für die Umsetzung unterstützt die Beteiligten, sich auf die Reise vorzubereiten und Sicherheit zu geben. Selbstverständlich im Bewusstsein, dass sich die Route jederzeit ändern kann.

Die Technologie evaluieren: Eine Evaluation und Auswahl der geeigneten technologischen Lösungen mit dem Zweck, schnell testen zu können. Diese Technologie kann später auch komplett verworfen und ausführlichere, aufwendigere und stabilere Lösungen können eingesetzt werden.

Den Prototyp entwickeln: Die Erstellung eines ersten funktionsfähigen Modells zur Durchführung von Tests mit der bestehenden oder potenziellen Zielgruppe.

Die Realisierung: Ein erfolgreich entwickeltes Modell wird umgesetzt und implementiert, sobald die Kennzahlen eine unternehmerisch interessante Skalierung versprechen. Oftmals wird ein davor eingesetzter MVP unter Einfluss der bisherigen Erfahrungen komplett neu gebaut.

Jede der sechs Phasen zur (Weiter-) Entwicklung von Geschäftsmodellen wird durch Workshop-Formate unterstützt, die unabhängig zu konkreten Ergebnissen führen. Dies wird durch das Design-Sprint-Format sichergestellt. Jeder Workshop wird in Sprints durchgeführt:

Sprint 1: fokussiert auf die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses des Problems. In diesem Stadium konzentriert sich das Team darauf, die Kernherausforderungen zu identifizieren und sich auf eine klare Problemdefinition zu einigen.

Sprint 2: zielt darauf ab, verschiedene Lösungsansätze zu entwerfen und darüber zu entscheiden, welcher Ansatz weiterverfolgt werden soll. In dieser Phase werden Ideen skizziert, diskutiert und bewertet, um die vielversprechendste Lösung auszuwählen.

In Sprint 3: liegt der Schwerpunkt auf der Verifizierung des ausgewählten Lösungsansatzes. Das Team arbeitet daran, die Wirksamkeit und Machbarkeit der gewählten Lösung durch Tests, Feedback-Schleifen und weitere Analysen zu bestätigen.

Fazit

Die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle erfordert eine kluge und strukturierte Herangehensweise. Führungskräfte müssen sich auf Kundennutzen, agile Methoden, schnelles Lernen und datenbasierte Entscheidungen konzentrieren. Die Beachtung dieser Prinzipien und die Anwendung eines strukturierten Innovationsprozesses können Unternehmen dabei unterstützen, in der digitalen Ära erfolgreich zu sein.

Verwaltungsräte tragen durch strategische Planung und Beratung wesentlich dazu bei, innovative Richtungen zu bestimmen. Eine wichtige Aufgabe ist dabei das Verstehen der Geschäftsmodell-Entwicklung und der damit verbundenen Tätigkeiten. Entsprechend sollen sie durch die Zuteilung von Ressourcen sicherstellen, dass genügend Kapital, Personal und Technologie für die Umsetzung neuer Ideen vorhanden sind.

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