HR-Prozesse: So bändigen Sie den Prozess-Dschungel erfolgreich
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Prozessfallen
Um zu verstehen, warum Prozesse ins Stocken geraten können, kann es hilfreich sein, ein Gedankenexperiment durchzuführen. Nehmen wir das Beispiel des privaten «Abendessen»-Prozesses: Ein Paar einigt sich darauf, dass die Person, die nicht kocht, nach dem Essen die Küche aufräumt. Oft landet das Geschirr vom Esstisch zunächst unnötigerweise auf der Küchenarbeitsfläche anstatt direkt in der Spülmaschine. In diesem Szenario liegt das Problem darin, dass sich das Paar zwar grundsätzlich über den Prozess bzw. das Prozessergebnis geeinigt hat, jedoch vergessen hat, den Prozessverantwortlichen und das SLA (Service Level Agreement) – also wie schnell bestimmte Schritte erledigt werden sollen – zu definieren. Zudem führt das Fehlen einer klaren Verantwortung dazu, dass Schritte, die einen «Medienbruch» verursachen, wie das Vorspülen der Teller, nicht hinterfragt werden. Dies beeinträchtigt die Möglichkeit, die Prozessqualität zu verbessern. Auch wurde versäumt, die Prozessschritte zu dokumentieren, was bei Unsicherheiten hilfreich wäre. Solche Versäumnisse führen zunehmend zu Konflikten. Die Ursachen für ineffiziente Prozesse finden Sie in der Abbildung 1.
Selbst wenn alle Fallstricke der Prozessoptimierungen in diesem Beispiel berücksichtigt werden, bleibt ein weiterer Stolperstein: Die betroffenen Personen sind oft resistent gegen Veränderungen und möchten ihr eigenes Verhalten nicht anpassen. Im Privatleben nutzen die meisten Personen gerne Self-Services wie den Bargeldbezug am Automaten statt in der Bankfiliale oder das Online-Buchen von Flügen und Hotels statt im Reisebüro. Diese ermöglichen es uns, Bedürfnisse jederzeit und nach unserem eigenen Zeitplan zu erfüllen. Doch warum stossen digitale Self-Service-Prozesse in Unternehmen oft auf Kritik und Widerstand bei den Mitarbeitenden? Ihnen wird das Gefühl vermittelt, sie würden den Verwaltungsaufwand des HR übernehmen, ohne einen erkennbaren Mehrwert für sich selbst zu sehen. Ein durchdachtes Change-Management ist daher essenziell. Es muss bedarfsgerechte Massnahmen für alle Stakeholdergruppen bieten, um Widerständen bestmöglich entgegenzuwirken.
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Den Prozess-Dschungel bändigen
Um die HR-Prozesse effizient zu digitalisieren, empfehlen wir folgendes Vorgehen:
- Bringen Sie Struktur in Ihre Prozesslandschaft. Erstellen Sie einen HR-Servicekatalog, welcher stetig weiterlebt.
Beginnen Sie damit, eine Übersicht mit allen HR-Prozessen zu erstellen. Dies kann entweder in einem einfachen Excel-Dokument erfolgen oder mit spezialisierten Visualisierungstools, die eine digitale Prozessstrukturierung unterstützen.
Legen Sie für jeden HR-Prozess eine verantwortliche Person fest. Definieren Sie den Prozessinhalt, um klarzustellen, worum es geht, wie der Prozess angestossen wird (Input) und was als Ergebnis erwartet wird (Output).
Um den internen Aufwand und Druck in der HR-Abteilung zu reduzieren, ist es wichtig, klare SLAs (Service Level Agreements) für jeden Prozess zu definieren und zu kommunizieren. So weiss jeder genau, bis wann Anfragen und Aufgaben erledigt sind.
Bestimmen Sie, wer die Verantwortung über dieses wichtige Dokument trägt, um seine fortlaufende Aktualität und Relevanz zu gewährleisten. Dadurch bleibt das Team stets bereit für weitere Transformationsmassnahmen. - Priorisieren Sie Ihre HR-Prozesse.
Viele Unternehmen verfügen nicht über die Ressourcen, um alle Prozesse gleichzeitig zu optimieren. Darum ist eine sorgfältige Evaluation des Nutzens jedes Prozesses empfehlenswert. Stellen Sie den Aufwand, der mit der Optimierung jedes Prozesses verbunden ist, mit dem daraus resultierenden Nutzen gegenüber. Dies hilft Ihnen zu bestimmen, welche Prozesse vorrangig angegangen werden müssen. - Designen Sie im ersten Schritt Ihre Happy-Prozesse und halten Sie diese schriftlich fest.
Überlegen Sie sich gut, welche Teilnehmenden im Prozessdesign involviert sein sollten. Es ist hilfreich, Entscheidungsträger, Prozess- und System Owner sowie Fachspezialisten einzubeziehen, um Entscheidungen effizient zu treffen und Unklarheiten sofort aus dem Weg zu räumen.
Beginnen Sie mit dem Design der Happy-Prozesse. Diese erreichen Sie, indem Sie beim Durchgehen der Prozessschritte keine Diskussionen über Ausnahmesituationen oder VIP-Behandlungen zulassen. Kleine oder selten vorkommende Situationen können zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden.
Visualisieren Sie den neu gestalteten Prozess während der Diskussion und sichern Sie die Zustimmung aller Beteiligten. Damit stellen Sie sicher, dass alle hinter dem neuen Prozess stehen und die nächsten Schritte zur Umsetzung effektiv angegangen werden können.
Organisieren Sie einen Architektur- Workshop mit Ihren Systemprofis, um technische Umsetzungsmöglichkeiten zu besprechen und alle Automatisierungsmöglichkeiten auszuschöpfen, die Ihre Tools bieten. Dies kann dem Admin-Team helfen, den Arbeitsaufwand zu reduzieren und sowohl die Qualität als auch die Durchlaufzeit der Prozesse zu optimieren. - Bieten Sie bedürfnisorientierte Change-Management-Massnahmen an.
Unterschätzen Sie nicht die Bedeutung einer Stakeholderanalyse, und berücksichtigen Sie dabei auch kulturelle Unterschiede, die zwischen den verschiedenen Standorten Ihres Unternehmens bestehen können.
Stellen Sie für jede Stakeholdergruppe bedürfnisorientierte Change-Management- Massnahmen und Kommunikationsstrategien bereit. Wichtig ist, dass Sie auf die Bedürfnisse und Rückmeldungen der Beteiligten hören und diese in die Planung einfliessen lassen. - Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) – holen Sie Feedback ein.
Etablieren Sie einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Ihrem Unternehmen, damit sowohl Ihre internen Kund*innen als auch die HR-Mitarbeitenden Feedback und Ideen zu den neuen Prozessen einreichen können. Nur durch das regelmässige Sammeln von Rückmeldungen können Sie sicherstellen, dass Ihre HR-Services mit den sich schnell wandelnden Bedürfnissen der Mitarbeitenden Schritt halten und stetig optimiert werden.
HR-Prozesse: Key Take-aways
Um den komplexen Prozess-Dschungel zu durchdringen, ist es oft erforderlich, Energie, Geduld, Mut und Verhandlungsgeschick aufzubringen. Es ist ratsam, zunächst einen Schritt zurückzutreten, den Umfang klar zu definieren und dann priorisiert vorzugehen. Bei der Umsetzung sollten die User Experience und das Serviceerlebnis der HR-Leistungsempfänger* innen nicht vernachlässigt werden, da diese einen bedeutenden Beitrag zur Wahrnehmung der Arbeitgebermarke leisten. Nicht zuletzt kann die künstliche Intelligenz (KI) entscheidend dazu beitragen, den Aufwand zu reduzieren und die Effizienz der HR-Prozesse zu maximieren.