Stress: Neue Wege für mehr Effizienz im Beruf
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Stress – der Körper reagiert
Neurobiologisch ist unser Körper noch so gebaut, dass er bei einer drohenden Gefahr, zum Beispiel beim Auftauchen eines Säbelzahntigers, schnell fliehen kann. Die Psychologen Eni Becker und Jürgen Margraf beschreiben in ihrem Buch «Vor lauter Sorgen», wie die körperliche Vorbereitung auf Gefahren abläuft.
Bei Angst beschleunigt sich die Atmung, so dass Blut und Hirn ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden und...
- ...der Herzschlag erhöht sich
- ...Adrenalin wird ausgestossen,
- ...die Muskeln werden besonders gut mit Blut versorgt, um schnelles Fliehen oder aber Kampf zu ermöglichen,
- ...die äusseren Blutgefässe zum Beispiel in Händen und Füssen verengen sich,
- ...der Blutdruck steigt,
- ...die Haut erblasst, da sie dann nicht mehr so kräftig durchblutet wird,
- ...die Pupillen weiten sich, um besseres Sehen zu ermöglichen,
- ...das Hören wird sensibler.
Soweit die Fluchtreaktion auf zum Beispiel einen Tiger. Aber heute? Weit und breit kein Tiger – aber eine Menge Kolleginnen und Kollegen, Chefinnen und Chefs, Kunden, Menschen, die mit uns vor dem Kaffeeautomaten warten. Und jetzt kann man nicht so einfach fliehen. Wenn wir gestresst und mit diesen Menschen umgeben sind, hilft uns kein Blut in den Beinen - wir brauchen idealerweise Gelassenheit, Reflexionsfähigkeit, Kommunikations- und Entscheidungsfreude. Jetzt hilft uns Bewusstsein und Achtsamkeit für unser Empfinden und für die Reaktionen unseres Körpers (der naturgemäss zunächst mit Flucht, Angriff oder Totstellen reagieren möchte).
Stress – Blockierende und irreführende Gedanken
Wir sind also mit automatischen Reaktionen ausgestattet - diese automatischen Reaktionen sind aber nicht auf den Körper beschränkt, sie geschehen auch in unserem Denken: Wir haben an unsere Wahrnehmung von Daten, Situationen, anderen Menschen, unserer Leistung fast automatisch Bewertungen gekoppelt - und übersehen, dass wir dabei Gedankengewohnheiten folgen, deren Angemessenheit wir nicht überprüfen.
Wir alle machen leicht einen Fehler: Wenn wir gestresst sind, versuchen wir uns zu retten, indem wir mehr von dem machen, was wir bereits getan haben. Wir rechtfertigen uns und anderen unser Tun mit Gedanken, die uns vertraut sind. Wir schaffen zumeist nicht, einen ganz anderen Weg einzuschlagen – nicht in Gedanken, nicht in unserem Tun. Warum? Weil wir befürchten, wir würden noch mehr Stress bekommen, wenn wir etwas Neues wagen. Und in gewisser Weise ist das auch der Fall.
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Etwas anderes probieren – die Spirale unterbrechen
Derzeit haben Achtsamkeitsthemen Hochkonjunktur. Und allen Kritiken zum Trotz – ihre Stärke mag darin bestehen, dass sie sehr einfach sind und ausserdem eine zauberhafte Einladung enthalten. Im Mittelpunkt der Übungen steht nämlich eine Ihnen sehr vertraute Hauptperson: Sie selbst. Genau die Person, die Sie häufig im Alltag übersehen, obwohl sie für Sie der beste Orientierungspunkt in einem angefüllten Alltag ist. Und warum übersehen Sie sie? Weil Sie – aus welchem Grund auch immer – zu der gehetzten Überzeugung gelangt sind:
- «Ich muss meinen Job machen. Das geht jetzt vor.»
- «Die Kollegin ist krank, einer muss es ja machen.»
- «Ich habe schon seit drei Wochen Rückenschmerzen, darum kümmere ich mich dann auch mal, aber nicht jetzt.»
- «In mir rumort es, aber wenn ich da einmal anfange, sehe ich sobald kein Ende – das kann ich mir grad nicht leisten.»
- «Atemübungen? Ich habe nicht mal Zeit, einen Tee zu trinken.»
Auf die Gegenwart achten
Die Gegenwart wird man nicht durch Lesen entdecken. Man wird sie nur erfahren, wenn man sie wahrzunehmen beginnt. Voraussetzung ist, dass man mit einer freundlichen Haltung neugierig auf sie wird. Und sollte weiter oben davon die Rede gewesen sein, dass die Achtsamkeitsübungen durch ihre Einfachheit bestechen, so kommt hier das dicke Ende: Was glauben Sie, passiert, wenn Sie beginnen, freundlich auf Ihren gegenwärtigen Moment zu schauen?
- Wird Ihnen langweilig?
- Schreiben Sie innerlich die Einkaufsliste für heute Abend?
- Schweifen Sie ab und denken Sie an die ärgerliche Autofahrt heute Morgen?
- Sie bekommen Hunger?
Der entscheidende Punkt bei der Achtsamkeit ist, dass Sie Ihre Neugier nähren. Fragen Sie sich: Was passiert wohl, wenn ich aus dem Hamsterrad springe? Füttern Sie sich mit kleinen Gegenwärtigkeiten. Einige Beispiele:
- Nehmen Sie Ihr morgendliches Duschen als erste Achtsamkeitsübung am Tag. Kommen Ihnen Gedanken, so lassen Sie sie mit dem Wasser wegspülen. (Überlegen Sie anschliessend, ob Sie wirklich nur geduscht haben. Oder haben Sie in Gedanken schon die Post auf Ihrem Schreibtisch geöffnet?)
- Beissen Sie in Ihr Frühstücksbrötchen. Besinnen Sie sich ganz auf diesen einen Augenblick. Essen Sie diesen einen Bissen. Tun Sie sonst nichts.
- Stoppen Sie einmal am Tag den gewohnten Ablauf. Setzen Sie sich zum Beispiel auf Ihrem Schreibtischstuhl zurück. Einatmen geschieht von selbst.
- Gönnen Sie Ihrem Körper Ihre Beachtung. Schalten Sie Ihren Blick nach innen, und lassen Sie in stehender Position Ihr ganzes Körpergewicht auf Ihre Füsse fallen.
- Spüren Sie Ihre Anspannung, und erlauben Sie sich Entspannung. Das funktioniert sogar, wenn Sie vor dem Heimfahren kurz vor dem Steuer sitzen bleiben ohne loszufahren: Atmen Sie ein, und spannen Sie Ihren ganzen Körper an. Halten Sie einen Moment. Lassen Sie mit dem Ausatmen wieder los. Lassen Sie den Tag hinter sich. Überlassen Sie sich dem vor Ihnen liegenden Feierabend.
Ob das nützt?
Der Vorteil von kleinen Achtsamkeitsübungen wird schnell spürbar: Sie merken, dass Ihr Stress einen Riss bekommt und Möglichkeiten entstehen, die Sie vorher nicht wahrgenommen haben. Das sind Möglichkeiten für Sie ganz persönlich, aber das eröffnet auch neue Wege der Zufriedenheit und Effizienz im Beruf.