Imposter-Syndrom: 5 Tipps stoppen das Hochstapler-Gefühl

Hochstapler. Falscher Fünfziger. Scharlatan. Denken Sie so über sich selbst, handeln Sie – und zwar sofort. Stärken Sie Ihre Selbstsicherheit gezielt.

16.07.2024 Von: Brigitte Miller
Imposter-Syndrom

Imposter-Syndrom – jeder kann betroffen sein 

Da ist sie wieder. Die „liebe, nette, kleine Stimme“ im Kopf. „Was rede ich denn da nur wieder für einen Nonsens? Ich höre mich an wie ein Fake. Als hätte ich die Lösungsidee…Wow, was bin ich für ein Windbeutel…“

Jeder kennt solche Momente. Momente, in denen Sie sich fühlen, als wären Sie ein 

  • Hochstapler
  • Fake
  • Bluff
  • Falscher Fünfziger
  • Angeber
  • Schwindler
  • Aufschneider
  • Windbeutel – eben nichts als leere Luft
  • Blender
  • Heuchler

und glauben eins: Jeden Moment fliegen Sie auf. Jeden Moment wird Ihre Maskerade entdeckt. Jeden Moment erkennen alle Ihre angebliche Inkompetenz.

Imposter-Syndrom - und seine Auswirkungen 

Das Hochstapler-Gefühl, auch Imposter-Syndrom genannt, schlägt in solch einem Moment erbarmungslos zu. Erbarmungslos, weil es gravierende Auswirkungen hat: 

  • Verzerrte Selbstwahrnehmung. Fähigkeiten, Kompetenzen und Ressourcen werden ausgeblendet. 
  • Brüchige Erfolge. Oft werden Errungenschaften, Leistungen und Erfolge entwertet „Da war doch nichts dabei. Das kann doch jeder.“
  • Negative Selbstgespräche. Positive Leistungen werden diskreditiert. „Jetzt bausche mal diese Leistung nicht so auf. Nur, weil dich dein Chef gelobt hat. Der hat doch keine Ahnung, wie lange du an diesem mickrigen Bericht gesessen hast.“ 
  • Externe Faktoren. Häufig werden äussere Umstände für den Erfolg verantwortlich gemacht – wie beispielsweise „Das war halt Glück“ oder „Naja, sonst wollte ja keiner die Aufgabe“. 
  • Steigende Selbstzweifel. Je öfter das Imposter-Syndrom bei Ihnen getriggert wird, umso stärker leidet Ihre Selbstsicherheit. Sie beginnen sich nichts mehr zu zutrauen. Sie befürchten, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Sie halten sich zurück – und bleiben unter Ihrem Potenzial. 
  • Erhöhter Stress. Die Befürchtung aufzufliegen, aktiviert Stress. Vielleicht beginnt Ihr Herz schneller zu schlagen. Vielleicht leiden Sie unter Magendruck oder Kopfschmerzen. Vielleicht ist Ihnen schwindelig – denn Sie sind ja Ihre Meinung nach ein Schwindler. 

Imposter-Syndrom reduzieren: 5 Tipps, wie Sie aktiv werden 

Deshalb ignorieren Sie das Hochstapler-Gefühl nicht länger. Egal, ob es nur ab und an oder fast täglich auftritt. Egal, ob Sie als Freelancer arbeiten oder festangestellter Mitarbeiter sind. Gehen Sie aktiv gegen das Imposter-Syndrom vor. 

Tipp 1: Hinterfragen

Jedes Gefühl hat einen Auslöser und – ganz wichtig – eine Information über ein inliegendes Bedürfnis. Deshalb schauen Sie einmal hinter die Kulisse des Imposter-Syndroms. Sensibilisieren Sie sich für die Botschaft, die es enthält. Fragen Sie sich: 

  • Stellen Sie sich vor, Ihr Hochstapler-Gefühl könnte sprechen, was würde es Ihnen mitteilen?
  • Auf was weist Sie dieses Gefühl hin? Unsicherheit? Angst sich lächerlich zu machen? Negative Glaubenssätze wie „Ohne Studium kann ich nicht punkten“? 
  • Was benötigen Sie in diesem Moment? Von sich selbst? Von den anderen?
  • Was würde das Hochstapler-Gefühl in diesem Moment verschwinden lassen? Was sollten Sie denken? Wie sich nonverbal offenbaren? Wie kommunizieren? Worauf dürfen Sie zukünftig achten, damit Sie in ähnlichen Situationen nicht erneut Selbstzweifel hegen?

Tipp 2: Selbstwahrnehmung ändern

Sie können viel, sehr viel sogar. Sie haben viel erreicht. Sie haben Fähigkeiten erworben. Sie verfügen über hervorragende und herausragende Kompetenzen. All dies geht in dem Moment, in dem das Imposter-Syndrom zuschlägt, verschüttet. 

Deshalb tun Sie eins – und nicht erst, wenn Sie wieder das Gefühl haben ein „Windbeutel“ zu sein. Reservieren Sie sich am Tag 15 Minuten Ihrer Zeit. In dieser Zeit fokussieren Sie eine oder zwei Aufgaben (auch Routine-Aufgaben), die Sie bearbeitet haben. Fragen Sie sich: 

  • Wie ist es Ihnen gelungen, zu tun, was Sie getan haben?
  • Welche Skills haben Sie dafür aktiviert?
  • Welche Kompetenzen haben Sie dafür genutzt?
  • Welche Erfahrungen waren dafür nötig?
  • Welche Fähigkeiten haben Sie dafür benötigt?

Tipp 3: Regelmässig Erfolge und Kompetenzen verankern 

Distanzieren Sie sich von Glaubenssätze wie „War halt Glück“. Sie allein sind verantwortlich für Ihre Erfolge und Kompetenzen. Sie allein haben sich engagiert, weitergebildet und entwickelt. Sie allein haben die Chancen, die sich Ihnen boten erkannt und auch genutzt. 

Deshalb tun Sie ab heute folgendes: 

  • Erfolge registrieren. Listen Sie einmal in Ruhe alles auf, was Sie bis heute erreicht haben. Ganz egal, wie klein oder gross der Erfolg war, schreiben Sie ihn auf.
  • Kompetenzen registrieren. Nehmen Sie wahr, welche Kompetenzen Sie eingesetzt haben, um so erfolgreich zu sein. Machen Sie sich auch bewusst, welche Fähigkeiten Sie mit jedem Tag und vor allem jedem Erfolg hinzugewonnen haben. 
  • Neue Glaubenssätze verankern. Formulieren Sie aus Ihren Erkenntnissen neue Glaubenssätze – beispielsweise „Mein Einfühlungsvermögen hat mir die Signale des Kunden eröffnet. So konnte ich meine Argumentation anpassen und den Deal an Land ziehen.“

Tipp 4: Lob annehmen und sich selbst loben lernen

Sensibilisieren Sie sich für jedes positive Feedback, das Sie erhalten. Werden Sie so richtig hellhörig, wenn ein Lob kommt – wie beispielsweise „Die ausgewählten Bilder bei Ihrer PowerPoint-Präsentation haben für mich den Inhalt emotional transportiert“. 

Lassen Sie das Lob auf sich wirken. Überlegen Sie kurz, welche Aspekte gelobt wurden – beispielsweise 

  • Sie haben gute Bilder ausgewählt
  • Die Bilder haben den Inhalt unterstützt und visuell greifbar gemacht
  • Die Bilderauswahl hat emotional angesprochen

Verankern Sie unbedingt, welche Ihrer Kompetenzen gerade ein positives Feedback erhalten haben. 

Greifen Sie dieses Lob auf – und loben Sie sich selbst. „Ja, die Bilder waren wirklich ausgezeichnet. Ja, ich habe bei der Bildauswahl die richtigen Schwerpunkte gesetzt, damit der Inhalt emotional erfasst werden konnte.“ 

Gehen Sie dann aber noch einen Schritt weiter. Warten Sie nicht allein auf ein Lob von aussen. In den seltensten Fällen werden Ihr Vorgesetzter, noch Ihr Kunde, sollten Sie als Freelancer arbeiten, mit positivem Feedback um sich „werfen“. Deshalb loben Sie sich selbst – wieder und immer wieder – beispielsweise „Gut gemacht. Ich habe die Nerven bei der Präsentation behalten“ oder „Zwar mögen meine Ideen vielleicht als Nonsens erscheinen, aber wenigstens habe ich Ideen geäussert.“ 

Tipp 5: Achtsamkeit praktizieren

Halten Sie immer wieder mal inne. Fokussieren Sie Ihren Atem. Kommen Sie im Hier und Jetzt an. Spüren Sie, wie Sie sitzen. Spüren Sie, was um Sie herum geschieht. Spüren Sie, wie es Ihrem Körper geht. Sollten Sie bestimmte Körperteile anspannen, führen Sie für diesen Bereich eine kurze Progressive Muskelrelaxation durch – beispielsweise Hand bewusst zur Faust ballen, halten und wieder loslassen. 

So reduzieren Sie Stressgefühle. So durchbrechen Sie aber auch die Spirale des Hochstapler-Gefühls. Lenken Sie, sobald wieder ein Imposter-Syndrom-Gedanke aufpoppt, Ihre Achtsamkeit auf das Hier und Jetzt. Auf Ihre Atmung. Auf Ihre Haltung. Auf Ihre Umgebung. Reduzieren Sie auf diese Weise Ihr Gefühl ein Fake zu sein. 

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