Hochbegabung: 5 Tipps, wie Sie Ihre Hochbegabung als Chance erkennen
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Hochbegabt sein: Die vielen Eigenschaften der Hochbegabung
Hochbegabung. Ein Begriff, der mehr und mehr ins Rampenlicht der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit rückt. Endlich bietet die eine oder andere Schule Klassen und/oder Unterrichtsfächer speziell für Hochbegabte an. Auch Universitäten und/oder Arbeitgeber öffnen sich diesem neuentdeckten „Phänomen“. Ein Grund zum Jubeln.
Für Hochbegabte wohl kaum. Oder viel zu selten. Denn meist wird Hochbegabung einzig und allein mit „Hohem Denkvermögen“ gleichgesetzt – und an dieses entsprechende Erwartungen geknüpft. Ohne jedoch zu erkennen: Hochbegabung umfasst viele weitere Eigenschaften, die wahrgenommen, angenommen und bedacht gehören. Denn Hochbegabung wirkt sich auch unverkennbar auf das Sein eines Menschen - eines Hochbegabten – aus.
Typisch hochbegabt | |
Komponente des Denkens |
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Komponente des Seins |
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Hochbegabt – und so manches Hindernis
Als Hochbegabte/r erleben Sie Ihre Hochbegabung – ganz richtig – vielschichtig. Wie kann es bei einer Hochbegabung auch anders sein. Der Segen des hohen Denkvermögens ist gekoppelt an den Fluch der daraus entstehenden Einsamkeit, weil viele Mitmenschen Ihren Gedanken nicht folgen wollen und/oder können. In Ihrem täglichen Erleben begegnen Ihnen jedoch viele weitere Hindernisse, die sich in Meinungen und Erwartungen, aber auch eigenen Glaubensmustern offenbaren:
Über die Eigenschaft „komplex schnell zu denken“:
- „Hör auf, das Thema so in der Tiefe zu betrachten. Das interessiert niemanden.“
- „Du machst dir viel zu viele Gedanken über die Umstrukturierung. Das geht uns nichts an. Das wird sich von selbst lösen.“
- „Ich erlebe es immer wieder, meine Kollegen empfinden mich mit meinen Ideen, meinem Bedürfnis alles zu hinterfragen und meinem Drang mein Wissen mitzuteilen, als Bedrohung. Oft verstehen sie nicht, was ich will und sage. Dann gibt es nur Widerstand. Das kostet so viel Kraft und Energie. Und ich fühle mich ausgeschlossen.“
Über die Eigenschaft „Fairness und Authentizität“:
- „Sie stehen sich selbst im Weg, wenn Sie ständig versuchen, fair vorzugehen und nicht zu lernen, strategischer zu agieren.“
- „Wen kümmerst, wenn diese Option keine gute für das Unternehmen ist. Du setzt falsche Prioritäten. Es geht um deinen Posten.“
- „Hält sich eigentlich das Unternehmen an die Regeln, die es selbst aufgestellt hat und propagiert? Ich hege meine starken Zweifel, nachdem was ich hier erlebe. Meine Motivation hier zu arbeiten, sinkt von Tag zu Tag.“
Über die Eigenschaft „Hohe Sensibilität“:
- „Sie lassen viel zu viel an sich heran. Darüber müssen Sie sich keine Sorgen machen.“
- „Du immer mit deiner `Botschaft hinter der Botschaft`. Ist doch egal, wenn er dies sagt und was anderes macht. Betrifft uns doch gar nicht.“
- „Mir bereitet es nicht allein Bauchschmerzen, sondern lähmt mich bei meiner Arbeit, wenn ich erlebe, wie unser Vorgesetzter uns Dinge erzählt, die gar nicht sein können und an die er selbst nicht glaubt. Wenn dies geschieht und er uns im Grunde anlügt, spielt er immer mit seinem Ehering. So unaufrichtig. Das geht mir gegen den Strich. In meiner Achtung ist er gesunken, total abgestürzt. Für den engagiere ich mich nicht mehr.“
Über die Eigenschaft „Latte hochlegen“:
- „Wozu benötigen Sie denn Unterstützung? Sie sind ein Schnelldenker. Erkennen blitzschnell die komplexen Zusammenhänge. Da würde doch eine Zusammenarbeit mit einem Kollegen nur stören.“
- „Diese Aufgabe ist ganz nach Ihrem Geschmack. Ich weiss, Sie haben schon viel auf Ihrem Schreibtisch liegen. Doch, mit Ihrer schnellen Auffassungsgabe, erledigen Sie dies mit links. Sie haben schon in der Vergangenheit bewiesen, wie gut Sie mit weiteren Aufgaben umgehen können. Jetzt erwarte ich nichts anderes von Ihnen.“
- „Mir wurde eine Beförderung angeboten. Eigentlich würde ich gerne zusagen. Nur, all die neuen Aufgaben. Um diese wirklich nach meinem Verständnis gut erledigen zu können, müsste ich mich in so viele Dinge einarbeiten. Diese Zeit wird mir nie gewährt werden. Auch sind an diesen Posten Führungsaufgaben geknüpft. Ich zweifele allerdings daran, ob ich mit meinen Führungsvorstellungen überhaupt durchkäme. Ich lasse es lieber.“
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Hochbegabung als Chance: 5 Tipps, wie Sie Ihr Talent fördern und entwickeln
Sicher, je früher Sie die Chance erhielten, Ihre Hochbegabung als Geschenk und als Chance zu erkennen, desto besser für Sie – und auch für die Gesellschaft. Dennoch es ist nie zu spät, die eigene Hochbegabung wahrzunehmen, sie zu umarmen und (weiter) zu entwickeln.
Die folgenden Tipps bieten Impulse, wie es gelingen kann und welche Themen – vielleicht – Beachtung finden sollten. Spüren Sie nach, welcher Tipp Sie ganz besonders stark anspricht. Denn so zeigt sich, welcher Aspekt Ihrer Hochbegabung Ihre Aufmerksamkeit benötigt. Viel Freude … am Ausprobieren und dem Freisetzen Ihres Talents Hochbegabung.
Tipp 1: Sich-selbst-als-Norm-sehen loslassen
Verankern Sie ab heute einen Fakt: Sie sind nicht die Norm, d.h. Ihr Denkvermögen, Ihre Leistungsfähigkeit, Ihre Sensibilität, noch Ihre schnelle Auffassungsgabe entsprechen nicht dem Durchschnitt. Sie sind hochbegabt. Eben. Ja. So ist es.
Sobald Sie diesen Fakt wirklich (!) annehmen, geschehen oft viele Dinge gleichzeitig:
- Innere Befreiung, da Sie Ihre Hochbegabung erkennen und akzeptieren dürfen.
- Die Grenzen der anderen akzeptieren lernen.
- Das Unverständnis, das Ihnen oft entgegengebracht wird, nicht länger als Ablehnung Ihrer Person interpretieren, noch dass „etwas falsch mit Ihnen ist“.
- Ihre Leistungsansprüche korrigieren, d.h. Sie werden für sich realistischere Ziele definieren, ohne in Ihrem Niveau abzusinken.
- Hohe Erwartungshaltung klären – bei Kollegen, Vorgesetzten und bei sich selbst -, um diese der Norm-entsprechende-Erwartungen zu wandeln.
- Erleichterung im Miteinander. Sie erkennen die Grenzen der anderen.
Tipp 2: Lernen sich Zeit zu geben
Vieles „fliegt“ Ihnen zu. Sachverhalte eröffnen sich blitzschnell. Texte werden rasch verstanden. Ideen poppen im Sekundentakt auf. So selbstverständlich. Manches Mal auch überwältigend, weil so viel bedacht, beachtet und umgesetzt werden will.
Doch, da Ihnen schon seit Kindestagen vieles leicht fiel, haben Sie eins meist gar nicht so richtig „gelernt“: Sich Zeit zu geben. Zeit, um
- etwas Neues zu lernen. Da stellen sich jetzt vielleicht auch Frust und Versagensängste ein, wenn es „plötzlich“ nicht mehr so schnell wie gewohnt geht, sondern vielleicht ein Thema mehr Energie und Einsatz fordert.
- etwas umzusetzen. Ganz besonders im Team. Sie sehen das Ergebnis schon vor sich. Sie wissen, was bei welchem Schritt bedacht werden sollte. Sie haben die Präsentation nicht allein schon im Kopf geschrieben, sondern schon gehalten. Alles erschliesst sich Ihnen sofort. Nur eben Ihren Teamkollegen nicht. Und diese brauchen Sie, um die Aufgabe zu realisieren. Doch, selbst, wenn Sie alleine an die Arbeit gehen, manches braucht Zeit, braucht länger, als Sie vermutet haben. Kein Grund zur Panik. Alles im grünen Bereich. Und falls doch Panik aufkommt, denken Sie an Tipp 1.
Erlauben Sie sich deshalb, Ihre Zeit zu öffnen. Sie dürfen sich entwickeln. Sie dürfen etwas „nicht-sofort-können“. Sie dürfen sich Zeit nehmen, um etwas zu trainieren. Sie dürfen ausreichend Zeit einplanen, um eine Aufgabe oder ein Projekt zu realisieren. Rom wurde nicht über Nacht erbaut, erinnern Sie sich daran.
Tipp 3: Soll überfüllen in Balance bringen
Sie erbringen gerne Leistung. Sie sind es gewohnt. Und – tja, Sie können es sich denken – Ihre Umgebung ist es auch von Ihnen gewohnt, erwartet es im Grunde. So ist es kaum verwunderlich, dass Sie Ihr Soll überfüllen. Oft und immer wieder. Letztendlich so riskieren, auf einen Burn-Out zusteuern.
Keine gute Zukunftsaussicht. Deshalb steuern Sie gegen. Aktiv und Proaktiv:
- Prioritäten setzen. Klären Sie für sich – und falls erforderlich mit Rücksprache Ihres Vorgesetzten -, welche Aufgaben welche Priorität haben. Klären Sie bei zusätzlichen Aufgaben oder Aufgaben, die Sie zusätzlich reizen: Bringt mich diese Aufgabe voran? Erfüllt mich diese Aufgabe mit einem Sinn-Gefühl? Ist sie für mich überhaupt notwendig und wichtig?
- Komplexität runterfahren. Nicht jeder Bericht oder jede Präsentation benötigt eine komplexe Darstellung des Sachverhaltes. Lernen Sie sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Falls Sie dennoch in die Tiefe gehen wollen, besprechen Sie es mit Teamkollegen und/oder Ihrem Vorgesetzten. Erfragen Sie deren Sichtweise, um abschätzen zu können, was für die Mehrheit wesentlich ist.
- Die Verantwortlichkeiten stets vor Augen. Als Hochbegabter entdecken Sie schnell Schwachstellen und Möglichkeiten, wie diese zu lösen sind. Gleichzeitig spüren Sie einen starken Drang, Probleme anzupacken und zu bewältigen. Verständlich. Bevor Sie sich jedoch verausgaben, führen Sie sich die Verantwortlichkeiten vor Augen. Klären Sie für sich Ihre Einflussnahme. Wägen Sie ab, ob sich Ihr Einsatz lohnt – und überhaupt gewünscht ist. Meist ist dies gar nicht der Fall.
- Grenzen setzen. Nur, weil Sie es können, müssen Sie es noch lange nicht tun. Nur, weil Sie den Sachverhalt schnell erfassen, müssen Sie nicht die Aufgabe übernehmen. Nur, weil Sie leistungsbereit sind, müssen Sie nicht permanent Leistung erbringen. Geben Sie anderen den Vortritt. Setzen Sie Grenzen.
Tipp 4: Gefühle meistern
Als Hochbegabte/r verfügen Sie nicht allein über eine schnelle intellektuelle Auffassungsgabe, sondern durch die erhöhte Sensibilität und dem starken Gerechtigkeitssinn werden viele Gefühle getriggert und intensiver erlebt. Gefühle wie beispielsweise
- Einsamkeit. „Keiner versteht mich und mein Anliegen.“
- Mich verbiegen müssen. „Ich passe mich in meinem Denken an, um nicht ausgeschlossen zu werden.“
- Frust. „Jetzt versteht er dies noch immer nicht. Dreimal habe ich es erklärt.“
- Sorge. „Sehen die denn nicht, welche Probleme entstehen werden, wenn wir dieser Idee folgen?“
- Wut. „Jetzt haben wir den Schlamassel. Darauf hatte ich hingewiesen. Aber meine Einwände und Fakten wurden mal wieder beiseite gewischt.“
Keines dieser Gefühle ist positiv besetzt. Leider. So kann es geschehen, dass Sie das jeweilige Gefühl ignorieren. Geben Sie sich stattdessen die Chance, Ihr Gefühl zu verstehen – und für sich zu nutzen. Manchmal heisst es dann, sich Trost zu spenden. Manches Mal bedeutet es aber auch, zu akzeptieren, dass Teamkollegen andere Fähigkeiten besitzen. Überlegen Sie, wie Sie mit Frust und Wut besser umgehen können. Setzen Sie aber auch Ideen frei, wie Sie Mitmenschen kennenlernen, die offen für Ihre Gedankengänge sind und auch das Bedürfnis haben, sich tiefer über Themen auszutauschen.
Tipp 5: Unterschiede akzeptieren und nutzen
Sie sind nicht die Norm. Noch ist die Norm eine Einheit. Denn jede/r ist ja einzigartig. Es gibt somit ständig Unterschiede zu entdecken und diese zu akzeptieren. Ja, als Hochbegabte/r vielleicht ein wenig mehr. Doch dies ist okay. Überlegen Sie, wie Sie mit diesen gut umgehen können:
- Argumentation anpassen. Nicht jeder kann Ihnen sofort folgen. Passen Sie Ihre Argumente an. Hören Sie zu, um zu verstehen, was von Ihren Ausführungen verstanden wurde. Vielleicht gilt es, erst einmal nur einige Argumente sacken zu lassen.
- Denktempo drosseln. Ihre Gedanken überschlagen sich. Gut. Wunderbar. Notieren Sie Ihre Geistesblitze. Legen Sie dann zuerst den einen oder anderen Gedanken offen. Prüfen Sie, wie weit Ihnen das Team folgen kann. Nutzen Sie deren Fragen, um zu prüfen, ob Sie vielleicht einen Zwischenschritt übersprungen haben, weil Ihnen dieser einfach logisch war.
- Choose your battle. Ihr Denkvermögen beschert Ihnen eine Weitsicht, die für Sie viele potenzielle Probleme aufdeckt. Dennoch werden im Team und/oder im Unternehmen Entscheidungen getroffen, die konträr zu Ihren Ausarbeitungen und Empfehlungen stehen mögen. Und die zu einem späteren Zeitpunkt korrigiert werden müssen. Akzeptieren. Es gilt bei solchen Diskussionen und Entscheidungsprozesses immer eins: Choose your battle.