Gewohnheiten ändern: Schliessen Sie einen Vertrag mit sich ab

Manche Gewohnheiten blockieren Ihr Wohlbefinden und Tun. Deshalb möchten Sie diese Gewohnheiten ändern. Machen Sie Ihr Vorhaben verbindlich: Mit einem Vertrag.

24.11.2023 Von: Brigitte Miller
Gewohnheiten ändern

Der liebe Trott

Unser Leben besteht aus vielen, liebgewonnenen Gewohnheiten. Es beginnt schon morgens beim Aufstehen. Vielleicht trinken Sie erst eine Tasse Kaffee, bevor Sie duschen. Vielleicht joggen Sie erst eine Runde. Vielleicht greifen Sie zu allererst zu Ihrem Smartphone, um auf Insta das Neuste abzurufen. Wie auch immer, Sie folgen stets bestimmten Angewohnheiten. Und dies ist gut. Ihr Tag erhält dadurch eine Struktur. Sie wissen, was Sie wann, wie, wo und mit wem tun.

Nur, manches Mal ist der liebe alltägliche Trott hinderlich. Morgens kommt schon Stress auf, weil die Zeit knapp kalkuliert ist. Vielleicht trinken Sie zu viel Kaffee, um in Gang zu kommen. Vielleicht greifen Sie zu ungesunden Lebensmitteln, gar zur Zigarette. Kaum im Büro angekommen, checken Sie sofort all Ihre E-Mails, statt Ihrem Biorhythmus zu folgen und Aufgaben der Priorität A zu erledigen. Alles nur, weil Sie es so gewohnt sind.

Den lieben Trott durchbrechen

Oft genug spüren Sie es: Sie stehen sich selbst im Wege. Die liebe Gewohnheit stört. Deshalb nehmen Sie sich immer wieder vor: Ab heute nicht mehr. Ab heute mache ich es anders. Ab heute verhalte ich mich so und so. Ab heute lasse ich meine Angewohnheit los.

Coole Gedanken. Beste Vorsätze. Einfach prima, ausgezeichnet, wunderbar. Denn mit diesen Gedanken durchbrechen Sie blockierende, negative Angewohnheiten. Das ist wichtig. Das ist ein erster Schritt, ohne den jede langfristige Umstellung kaum gelingen kann.

Allerdings – und dies wissen Sie selbst nur zu gut – geben diese Gedanken nur einen kurzzeitigen Impuls, um Ihre Gepflogenheit zu stoppen. Es ist nicht von Dauer. Leider.

Dauerhaft lässtige Gewohnheiten ändern: Schliessen Sie einen Vertrag mit sich ab

Machen Sie deshalb Ihren Vorsatz – und somit Ihr Ziel – für sich verbindlich: Mit einem Vertrag. Denn mit einem Vertrag legen Sie fest, was Sie wie bis wann ändern wollen. Sie fixieren auf diese Weise den Rahmen Ihres neuen Tuns. Beste Voraussetzungen, um alte, hinderliche Gewohnheiten loszulassen. Und dafür müssen Sie einige Punkte ausarbeiten und vertraglich für sich fixieren.

Schritt 1: Das Störende der Gewohnheit benennen

Widmen Sie sich kurz der Gewohnheit, die Sie loslassen möchten. Notieren Sie,

  • wann diese Gewohnheit auftritt,
  • welche Auslöser es für diese Gewohnheit gibt,
  • wie sich diese Gewohnheit auf Sie und Ihr Leben auswirkt,
  • weshalb Sie diese Gewohnheit loslassen möchten,
  • was Ihre Motivation für Ihre Verhaltensänderung ist.

Schritt 2: Neue Verhaltensweise auflisten

Der zweite Punkt in Ihrem Vertrag dreht sich um das neue Verhalten, das Sie statt Ihrer bisherigen Angewohnheit zeigen möchten. Seien Sie dabei so kreativ als möglich, d.h. listen Sie so viele Verhaltensoptionen auf, die

  • Ihnen einfallen,
  • Sie in unterschiedlichen Situationen einsetzen könnten,
  • leicht und mühelos abrufbar sind,
  • Sie bereits kennen und auch anwenden können,
  • Sie „sofort“, wenn der Auslöser für die alte Gewohnheit aktiviert wird, starten können.

Schritt 3: „Wenn …, dann …“ im Blick haben

Alte Gewohnheiten sind eins: Sie sind vertraut – und zwar so vertraut, dass diese ohne viel Überlegung verwendet und eingesetzt werden. Gerade in Situationen, die Sie nervös machen, verunsichern oder in denen Sie unter Stress setzen, ist dieser Automatismus sehr hilfreich. Sie bleiben handlungsfähig. Nur leider stärkt dies wiederum die Gewohnheit, die Sie ja eigentlich loslassen wollen.

Deshalb agieren Sie pro-aktiv. Listen Sie alle möglichen Situationen auf, in denen die alte Gewohnheit greifen könnte. Überlegen Sie sich im Anschluss, welche Handlungsalternativen Sie haben. Vervollständigen Sie einfach den Satz „Wenn …, dann…“ – und Sie haben sich viele Optionen erarbeitet.

Schritt 4: Zeitrahmen abstecken

Jeder Vertrag hat eine Laufzeit. Oft ist es ein Jahr, bevor gekündigt werden darf. Legen Sie fest, in welchem Zeitraum Sie Ihre Gewohnheit verändern möchten. Oft ist ein Zeitrahmen von einem bis drei Monaten sinnvoll und realistisch.

Schritt 5: Vertragsverletzung und seine „Strafe“ festlegen

Rückschläge kann es geben. Kalkulieren Sie diese mit ein. Denn es handelt sich ja um eine Vertragsverletzung. Überlegen Sie, welche Massnahmen Sie ergreifen möchten, wenn

  • Sie einen Rückfall haben,
  • Sie gar aufgeben – also kündigen – möchten.

Schritt 6:  Erfolg würdigen

Erhöhen Sie Ihre Motivation. Fixieren Sie in Ihrem Vertrag, wie Sie Ihren Erfolg feiern werden. Auch Etappenziele dürfen gewürdigt werden. Beschreiben Sie so genau als möglich, welcher „Gewinn“ für Sie dabei herausspringen wird.

Schritt 7: Vertrag aufsetzen und unterschreiben

Jetzt ist es soweit: Setzen Sie Ihren Vertrag auf. All Ihre Antworten der einzelnen Schritte werden zum Vertragsgegenstand, d.h.

  • aus jedem Schritt wird ein  Vertrags-Paragraf - § -, wenn Sie es richtig offiziell gestalten wollen,
  • die einzelnen Fakten und/oder Ideen des jeweiligen Schrittes werden zu Unterpunkten,
  • heben Sie für Sie wichtiges hervor, indem Sie es mit F(ett) markieren,
  • zum Schluss fügen Sie eine Leerzeile ein, unter die Sie durch die Funktion „Tiefgestellt“ (Strg + #) die Worte „Ort, Datum, Unterschrift“ setzen,
  • wollen Sie es für sich noch verbindlicher machen, können Sie auch eine Zeile für einen „Zeugen“ – wie beispielsweise Ihr Partner oder Ihre Partnerin, Freunde oder Verwandte – einfügen, der Ihren Vertag mit unterschreibt. Aber Vorsicht: Erhöht sich allein durch den Gedanken daran der eigene Stress, lassen Sie es. Denn Stress triggert ja eher alte Gewohnheiten.

Beispiel – kurzer Auszug

Vertrag zwischen mir (Name gerne nennen) und mir (Name gerne nennen)

Gegenstand des Vertrages:

Loslassen der Gewohnheit Solitärspielen in den Pausen und bei schwierigen Aufgaben

§ 1 Störendes der Gewohnheit

Punkt 1: Es kostet mich zu viel Zeit. Meine Konzentration wird gestört.

Punkt 2: Zu viele Aufgaben bleiben liegen. Ich gerate unter Druck, um die Deadline einzuhalten.

Punkt 3 Ich habe Angst ertappt zu werden.

Punkt 4: Mein Soziales leidet, da ich die Pausen nicht mit Kollegen verbringe.

Punkt 5: Das Spielen in den Pausen macht mich hippelig, unruhig, aufgedreht, zappelig. Kein wirkliches Energietanken.

§ 2 Neue Verhaltensweisen

Punkt 1: Die Pausen sinnvoller planen.

Punkt 1a: Bei Spielimpuls stets das Büro verlassen, um vom PC wegzukommen.

Punkt 1b: Die Kantine aufsuchen. Checken, ob es in der Nähe einen Park gibt. Oder einfach mal die Umgebung erkunden.

Punkt 1c: Aufenthaltsraum, Teeküche oder leeren Konferenzraum für kurze Frühstückspause nutzen.

Punkt 1d: Musik hören, lesen, Achtsamkeitsübungen durchführen, Stretching als Alternativen.

Punkt 2: Soziales stärken, indem ich mich mit Mitarbeitern zum Mittagessen oder Spazierengehen verabrede.

Punkt 2a: In den kurzen Pausen mal einen Tee/Kaffee einem Kollegen bringen und so ins Gespräch kommen.

Punkt 2b: Mal Kuchen mitbringen, um in den Pausen mit allen zusammenkommen zu können.

Punkt 3: Sofort einsetzbar, wenn der Impuls wieder kommt: Aufstehen, kurz im Büro herumlaufen; einen Schluck Wasser trinken; kurz aus dem Fenster schauen.

§ 3 Wenn …dann

Wenn eine Aufgabe zu schwierig erscheint…

Punkt 1: … breche ich diese in machbare Chunks hinunter.

Punkt 2: … plane ich kürzere Arbeitseinheiten pro schwierigem Aufgabenschritt, um mich nicht zu überfordern. Dadurch entsteht keine Nervosität und ich triggere so keinen Spielimpuls.

Punkt 3: …stimme ich mich bei herausfordernden Aufgaben mit „Speedwriting“ ein. Nachdem ich die Aufgabe oder den Teilschritt erledigt habe, lasse ich das Ergebnis positiv sacken.

Punkt 4: …notiere ich mir auf einer Karteikarte neue Glaubenssätze – beispielsweise „Auch schwierige Aufgaben meistere ich“ -, die ich mehrmals am Tag lese.

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