Der 2-Stunden-Chef: Dank des Autonomie-Prinzips in der Führung zu mehr Zeit und Erfolg kommen
Passende Arbeitshilfen
Es ist 14 Uhr an einem ganz normalen Montag. Ich habe Hunger. Seit dem Frühstück ging es von einem Meeting direkt ins nächste. Zeit, auf die Toilette zu gehen, war da nicht, genauso wenig weiss ich bisher, warum meine Assistentin mich dringend sprechen will. Auf meinem Handy reihen sich die Bitten um Rückruf, meine Inbox blinkt unentwegt mit neuen E-Mails. Ich kehre mit meiner To-do-Liste aus den Meetings in mein Büro zurück, davor warten schon drei Mitarbeiter. «Insa, hast du kurz 5 Minuten für mich?» Durch die Glasscheibe sehe ich Martin vorbeigehen, und da fällt mir ein, dass ich vor der nächsten Runde in 15 Minuten unbedingt noch Input von ihm brauche. An Mittagessen ist nicht zu denken. Kommt Ihnen das bekannt vor?
Sechs Monate später an einem ganz normalen Montag um 14 Uhr. Ich komme gerade vom Mittagessen beim Italiener mit einem Kollegen, der nicht direkt an mich berichtet. Es war gut, in Ruhe zu hören, wie es ihm geht und was aus seiner Sicht zurzeit gut bei uns läuft und was nicht. Es wartet niemand vor meinem Büro, denn mit meinen Führungsaufgaben bin ich schon seit 11 Uhr fertig. So habe ich die nächsten zwei Stunden Zeit, nochmal über den Entwurf für unsere zukünftige Neuausrichtung nachzudenken. Danach kommt der Geschäftsführer eines Unternehmens einer ganz anderen Branche zu Besuch. Ich freue mich schon auf den kollegialen Erfahrungsaustausch über Fachkräftemangel und digitalen Datenschutz.
Zugegebenermassen verläuft zu dieser Zeit nicht jeder meiner Montage so wie dieser. Aber die alten Zeiten sind definitiv vorbei, in denen ich als multinationale Geschäftsführerin einer Restaurantkette durch den Tag hetzte und manchmal kaum Zeit fand, selbst etwas zu essen. Nun habe ich Zeit für die wirklich wichtigen Dinge, und das macht meinen Job spannender und zugleich entspannter als je zuvor.
Ein Unfall verändert alles
Wie es zu diesem Paradigmenwechsel kam? Ziemlich brachial und anfangs eher unfreiwillig. Bei einem Reitunfall hatte ich mir beide Arme gebrochen. Von heute auf morgen musste ich wortwörtlich und auch im übertragenen Sinne zahlreiche meiner Führungsaufgaben «loslassen». Der linke Arm war komplett durchgebrochen und in einer mehrstündigen Operation wieder fixiert worden. Die Reha danach dauerte sechs Wochen – eine Abwesenheitsspanne, die für mich vorher gänzlich unvorstellbar gewesen war. Als ich ins Büro zurückkehrte, trug ich einen Arm immer noch in der Schlinge, der andere war eingegipst. So wurde ich gezwungenermassen zum «2-Stunden-Chef», denn für mehr reichte meine tägliche Energie nicht aus. (Wenn ich im Folgenden auf die weibliche Form verzichte, ist das ausschliesslich der besseren Lesbarkeit geschuldet, bin ich doch selbst «Chefin».) Im Nachhinein war es das Beste, was mir passieren konnte, denn dadurch entdeckte ich das Autonomieprinzip und änderte meinen Führungsstil radikal.
Seminar-Empfehlungen
Das Chaos bricht nicht aus
Das Spannende war, dass meine Abwesenheit und meine daraufhin stark reduzierte Führungstätigkeit weder zum Chaos noch zum Stillstand führten. Im Gegenteil, das Team startete voll durch, übernahm immer mehr Verantwortung und beschleunigte Innovationen. Alle brachten sich mehr denn je ein und waren dabei motivierter als je zuvor. Wenn Sie das auch erleben wollen und wissen möchten, wie man das ganz ohne Unfall mit nur zwei Stunden Führung am Tag erreicht, dann sind Sie hier richtig.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch vor meinem Unfall führte ich schon sehr «kooperativ» und delegierte viele Aufgaben. Mehr ging nicht, so dachte ich damals. Schliesslich war ich diejenige, die die Verantwortung übernommen hatte, und unsere Erfolge gaben mir durchaus recht. Wir waren dabei, die Grösse der Firma zu verdoppeln, und das Leadership-Team, das ich in den Jahren zuvor neu zusammengestellt hatte, arbeitete mit Leidenschaft und Spass zusammen an unserer Mission. Chef-Sein und Zeitnot gehörten für mich irgendwie zusammen. Wofür wurde ich schliesslich sonst bezahlt? Was ich nicht ahnte, war, dass ein Führungsstil, der die Autonomie der Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellt, mir selbst Freiraum für strategische und andere wichtige Fragen und meinen Mitarbeitern einen zusätzlichen Motivationsschub verschaffen würde.
Den Kontrollwahn hinter uns lassen
Autonomie bedeutet aber nicht nur mehr Freiraum und Erfolg für Führungskräfte und Mitarbeiter. In Unternehmen mehr Autonomie zu gewähren, ist aus meiner Sicht auch der einzige Weg, um zu verhindern, dass unser Land in der digitalisierten Welt vollends den Anschluss verpasst. Im digitalen Zeitalter gilt für Firmen: Wer sich nicht neu erfindet, der verschwindet. Eine derart radikale Innovation erfordert eigenverantwortlich handelnde, motivierte, kreative – kurz: autonome – Mitarbeiter, und dies lässt die Kontrollmentalität in deutschen Chefetagen bislang nicht zu. Auch das oft gepredigte und ohnehin meist nur halbherzig umgesetzte Paradigma «kooperativer Führung» mit seinen Zahlenzielen, wöchentlichen Abteilungsmeetings und regelmässigen Zielkontrollen basiert letzten Endes immer noch auf Kontrolle und verhindert Autonomie. So werden wir immer mehr zu passiven Konsumenten von Technologien und Geschäftsmodellen, die in den USA, China und Südkorea entwickelt und in Südostasien produziert werden. Wir sind dabei, mit unserem Kontrollwahn unsere gesamtwirtschaftliche Autonomie auf dem Weltmarkt zu verspielen. Es wird Zeit, dass wir das ändern. Der 2-Stunden-Chef ist mein Vorschlag, wie das mit einem neuen Führungsparadigma gelingen könnte.
Auszug aus dem Buch «Der 2-Stunden-Chef. Mehr Zeit und Erfolg mit dem Autonomie-Prinzip» von Insa Klasing. Mit freundlicher Genehmigung des Campus Verlags.
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