Gesundheit: Was Menschen gesund hält und stärkt

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Konzept der Salutogenese
Salutogenese ist ein prozessorientiertes Konzept. Es …
• richtet den Blick auf Gesundheit und die Steigerung des Wohlbefindens.
• inkludiert die Anwesenheit von Gesundheit und Krankheit zu verschieden grossen Anteilen.
• rückt den Einzelne und seine Bewältigungsmechanismen in den Fokus.
• fragt nach der individuellen Sinnhaftigkeit für die aktuellen Umstände.
• bietet vielfältige Ansätze für Prävention, Begleitung und Hilfe.
Gesundheit vs. Krankheit
Antonovsky geht den Fragen nach, warum Menschen, trotz vieler potenzieller gesundheitsgefährdender Faktoren, gesund bleiben. Wie schaffen sie es, sich von Erkrankungen wieder zu erholen. Was ist das Besondere an Menschen, die trotz extremster Belastungen nicht krank werden.
Seine Grundannahme ist, dass Gesundheit kein normaler, passiver Gleichgewichtszustand, sondern ein labiles, aktives und sich dynamisch regulierendes Geschehen ist. Der Mensch neigt eher zu Unordnung, Leid, Ungleichgewicht und Chaos (= Kraft der Entropie). Von daher ist das Streben nach Gesundheit ein fortwährender Prozess, der mit Ordnung, Struktur und Rahmung einhergeht. Gesundheit muss immer wieder aufgebaut werden, ihr Verlust ist aber als ein natürlicher und allgegenwärtiger Prozess anzusehen, der in Wechselwirkungen der Person und ihrer Umwelt geschieht.
Jeder Mensch pendelt also zwischen den Polen Gesundheit/körperlichem Wohlbefinden und Krankheit/körperlichem Unwohlsein hin und her und hat dabei immer grössere oder kleinere Anteile beider Verfassungen in sich.
Stärken der Ressourcen
In der salutogenetischen Betrachtung geht es um Stärken und Ressourcen in allen Lebensbezügen, darum, widerstandsfähiger zu werden und mehr Genesung zu erlangen. Diese ganzheitliche Ressourcenperspektive birgt vielfältige Anknüpfungspunkte. Es sollen Talente, Stärken, gute Erfahrungen und Kenntnisse erlangt werden, die die persönlichen Möglichkeiten erweitern, zu Wohlbefinden führen und langfristig auch zu Gesundheit beitragen.
Zentrale Fragen nach Klüpfel (2021) für die Arbeit sind:
- „Was tut mir gut?
- Was ist mir wichtig?
- Was fühlt sich für mich stimmig an?
- Wohin möchte ich?“
Kohärenzgefühl
Antonowsky entwickelte für die Beschreibung dieses Selbstregulationsvermögens den Begriff des Kohärenzgefühls. Es bezeichnet die „Stimmigkeit der Dinge“, die eine Person für sich definiert, also eine individuelle Grundeinstellung gegenüber der Welt und dem eigenen Leben.
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Das Kohärenzgefühl setzt sich aus 3 Parametern zusammen:
- Dem Gefühl der Verstehbarkeit: Die Erwartung und Fähigkeiten eines Menschen, Stimuli (Eindrücke) als geordnete, konsistente und strukturierte Informationen erfassen zu können. Reize werden nicht als chaotisch, unkontrollierbar, willkürlich und zufällig erlebt. Die Welt ist auf kognitiver Ebene „verstehbar“.
- Dem Gefühl der Handhabbarkeit/Bewältigbarkeit: Beschreibt die Überzeugung eines Menschen, das Schwierigkeiten lösbar sind. „Das Ausmass, in dem man wahrnimmt, dass man geeignete Ressourcen zur Verfügung hat, um den Anforderungen zu begegnen“. Hierzu gehören nicht nur konkrete Ressourcen, sondern auch der Glaube an das Gelingen und die Überwindung von Schwierigkeiten
- Das Gefühl der Sinnhaftigkeit/ Bedeutsamkeit: Dieser Bereich spricht die Grundmotivation an, dass es sich lohnt, sich für etwas einzusetzen oder sich für etwas zu engagieren. Probleme und Anforderungen werden als wertvoll und lohnenswert angesehen. Hierhin geht Energie. Wenn alles sinnlos und leer ist, dann wird es als lästig und quälend erlebt. Entscheidend für die Ausprägung des Kohärenzsinns sind die generalisierten Widerstandsressource nach Lindström, Eriksson (2019), welche sowohl in der Person, ihrer direkten Umgebung, ihren Gruppen (z. B. Arbeitsteams), ihrer Kultur, Religion bis zur ganzen Gesellschaft reichen und physische, biochemische, psychische, kognitive oder materielle Aspekte betreffen).
Prävention
Konzepte der Prävention für den Einzelnen, für Berufs- und Altersgruppen schliessen hier an. Auch die Ottawa-Charta fusst auf diesem Grundsatz. Modelle von Schutz- und Risikofaktoren, Coping und Lebensqualität können mit der Salutogenese in Verbindung gebracht werden. In ihr liegt auch ein grosses Potenzial für Nachhaltigkeit.
Nach Meier und Magistretti (2019) verweisen vielfältig Studien darauf, dass ein hoch ausgeprägter Kohärenzsinn Menschen besser mit Langzeitbelastungen umgehen lässt und sich auch mit dem Alter weiterentwickelt. Besonders in frühen Jahren ist es wichtig, einen Kohärenzsinn zu entwickeln, also Situationen zu erleben, welche die Gefühle von Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit ermöglichen. Idan (2019) weist darauf hin dass Eltern mit einem höheren Kohärenzsinn ihren Kindern mehr Stärke und Zuversicht vermitteln als Eltern mit einem niedrigeren Wert, ebenso sind ihnen gesundheitsfördernde Verhaltensweisen leichter abruf- und vermittelbar.
Insgesamt lässt sich schlussfolgern, dass Menschen mit einem hohen Kohärenzgefühl sich bewusster und gezielter für gesundheitsförderliche Verhaltensweisen (gesunde Ernährung, Bewegung, Schlaf, zum Arzt gehen) entscheiden und gesundheitsgefährdendes Verhalten vermeiden. Die Stärkung der Gefühle von Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und damit Sinnhaftigkeit können in herausfordernden Lebensumständen ein wichtiger Beitrag sein, um gesünder zu bleiben oder zu werden.