Trainingstransfer: So setzen Sie das Gelernte im Arbeitsalltag um

Jeden Tag ergeben sich neue Anforderungen an Manager. Täglich fragen Sie sich, was Sie noch besser machen sollen, um erfolgreicher, menschlicher, natürlicher, kongruenter oder authentischer zu sein. Was denken Sie sich, wenn Sie das hören. Stehen Sie auch gelegentlich machtlos diesen Anforderungen gegenüber. Oder sagen Sie sich, dass Sie diese Anforderungen unberücksichtigt lassen, weil Sie davon ausgehen, dass es gut ist wie Sie Ihre Mitarbeiter, Ziele und Aufgaben managen und führen. Zumindest scheint es bei vielen Führungskräften immer wieder Zweifel darüber zu geben, ob das, was sie gerade machen, wirklich schon „alles“ ist. Entweder wird es Ihnen von den Mitarbeitern, Ihren Vorgesetzten oder dem privaten Umfeld aufgezeigt oder Sie fühlen selbst, dass etwas nicht so richtig rund läuft.

28.07.2023 Von: Matthias K. Hettl
Trainingstransfer

Fortbildung und Umsetzung

Sie suchen nach neuen Möglichkeiten und Sie begeben sich auf eine Fortbildung. Sie lernen und studieren neues Verhalten ein, sammeln Wissen darüber, wie Sie am besten in allen Formen von zwischenmenschlichen Beziehungen umgehen. Mit Fokus auf die Mitarbeiterführung, Feedback geben und Konflikte lösen. Schauen Sie doch mal auf Ihre Schulungen zurück und fragen Sie sich, wie viel Sie davon für sich umgesetzt haben? Auf einer Skala von 0 bis 100, wie würden Sie den Erfolg des Trainings für sich einschätzen?

Qualifizierte Trainings und Seminare sind von großer Bedeutung und sind wichtig für Ihre Weiterentwicklung als Führungskraft. Jedoch ist es von zentraler Bedeutung für Sie, dass Sie aus möglichst viel davon in Ihre persönliche Praxis überführen. Kein Seminar, nicht mal das Beste, macht Sie besser, allein die Umsetzung macht Sie besser.

Trainingstransfer – was ist das

Daher ist der Trainingstransfer am Ende des Trainings entscheidend. Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff Trainingstransfer. Folgenden drei Definitionen sind interessant und betrachten unterschiedliche Aspekte des Transfers. Zum einen beschreiben Baldwin & Ford (1988): „Trainingstransfer ist das Ausmaß, in dem Trainees Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen, die sie im Trainingskontext erworben haben, im Arbeitskontext effektiv einsetzen.“

Hütter (2017) zieht seine Erkenntnisse aus der Hirnforschung heran und leitet folgendes ab: „Denn wenn wir eines aus der Hirnforschung sicher wissen, so ist es, dass in der kurzen Zeit, die uns im Seminar zur Verfügung steht, veränderungswirksame neuroplastische Prozesse nur angetriggert werden können.

Die eigentliche Veränderung in den Hirnen und im Handeln der Menschen findet jedoch durch das konkrete und wiederholte Tun im Alltag statt.“ Und Besser (2017) blickt auf das Ergebnis und kommt zu dem Schluss: „Transfer ist nicht hinreichend: Outcome – die letztendliche Wirkung – ist erst dann erreicht, wenn die Beteiligten im Arbeitsumfeld zu den Inhalten einer Weiterbildungsmaßnahme Mitverantwortung übernehmen und im Sinne des Erwartungshorizontes eine Veränderung mitgestalten.“

Die erste Definition ist sehr pragmatisch und deutet auf die wichtigste Regel hin, dass es beim Transfer auf die effektive Anwendung im Arbeitskontext ankommt. Die zweite Definition zeigt auf, was wir in einem Training erreichen können: Im Seminarraum können Veränderungsprozesse nur angetriggert werden. Sehr klar definiert Ralf Besser, dass es um die Mitverantwortung der Seminarteilnehmer für die Veränderung geht und auch um einen Erwartungshorizont, also ein Ziel für das sich die Änderung lohnt.

15% wenden das Gelernte an

Robert O. Brinkerhoff, einer der führenden Experten im Bereich „Wirksamkeit und Evaluierung“ bringt es auf den Punkt (Weinbauer-Heidel, 2016), indem er folgert: circa fünfzehn Prozent der Teilnehmenden wenden das Gelernte erfolgreich an, siebzig Prozent probieren es aus, lassen es aber wieder sein und ungefähr fünfzehn Prozent probieren erst gar nicht, das Gelernte anzuwenden. Das bedeutet, dass nur zwei von zwölf Teilnehmenden das Gelernte umsetzen, acht in der Anwendung scheitern und zwei es gar nicht erst probieren.

Die Transferforschung untersucht seit mehr als hundert Jahren die Frage zu beantworten, wovon die Transferwirksamkeit abhängt. Dazu werden Studien durchgeführt, bestimmte Faktoren verändert und dann gemessen, inwieweit sich der Transfererfolg verändert. Große Einigkeit besteht darin, dass es drei Bereiche sind, die für die Transferwirksamkeit entscheidend sind der Teilnehmer, da gute designte und durchgeführte Training und die Beteiligung des Unternehmens.

Trainingstransfer – nach Seminarende

Was können Sie nun im Nachgang eines Trainings tun um den Transfer möglichst maximal zu erreichen, denn „Veränderte Ergebnisse entstehen nur durch verändertes Verhalten“. Sind Sie nach dem Seminar an Ihrem Arbeitsplatz zurück, dann helfen Ihnen die folgenden Punkte, um möglichst viel in Ihre eigene Praxis zu überführen.

1. Gewohnheiten verändern

Um Gewohnheiten zu verändern und Ihren Arbeitsstil anpassen brauchen Sie im ersten Schritt den nötigen Willen dazu. Wenn Sie wirklich wollen, dann helfen Ihnen die folgenden sechs Schritte. Bestimmen Sie, welche Ihrer bestehenden Gewohnheiten Sie ablegen wollen. Was stört Sie schon lange, welche „schlechte“ Gewohnheit  behindert Ihren weiteren Erfolg, worüber ärgern Sie sich bei sich selbst? Schreiben Sie sich diese Gewohnheit auf.

Es gilt die 72-Std. Regel, das heißt der Entschluss alleine hilft noch nicht. Wenn Sie innerhalb von 72-Std. nicht aktiv werden, sondern nur darüber nachdenken, was Sie den tun könnten, wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 99%  nichts passieren. 

2. Aktionsplan

Beschreiben Sie für sich möglichst genau, welche neue Gewohnheit Sie zukünftig praktizieren. Halten Sie schriftlich fest, was Sie ändern werden. Visualisieren Sie vor Ihrem geistigen Auge, dass Sie diese Veränderung bereits umgesetzt hätten. Wie fühlen Sie sich dabei, was empfinden Sie wenn Sie es schon geschafft hätten. Tun Sie in Ihrer Vorstellung so „als ob“ Sie schon dort wären. Das hilft Ihnen ungemein für die Umsetzung und stellt Ihr Unterbewusstsein auf Erfolg ein.

Erstellen Sie einen realistischen Aktionsplan zur Änderung dieser Gewohnheit und dann fangen Sie unmittelbar an (72-Std. Regel !).

3. Konsequent anfangen

Beginnen Sie mit dem neuen Verhalten so konsequent wie irgend möglich. Erzählen Sie Ihren Arbeitskollegen und Ihrem persönlichen Umfeld was Sie vorhaben. Schaffen Sie für sich eine Routine, die Sie immer und immer wieder praktizieren, wenn Sie die neue Gewohnheit praktizieren. Hängen Sie sich Post-it Notes auf. Da hängt eines wenn Sie morgens in den Spiegel sehen, ein anderes in Ihrem Auto, wenn Sie zur Arbeit fahren und wiederum eines, wenn Sie an Ihrem PC sitzen. Erinnern Sie sich überall und immer wieder an Ihr neues Verhalten und motivieren Sie sich dadurch selbst.

Lassen Sie sich nicht vom ISH – dem inneren Schweinehund zurückhalten mit allerlei Ausreden. Wer hat bei Ihnen das sagen, Sie oder der innere Schweinehund. Es gibt nichts Gutes außer man tut es, wusste schon Erich Kästner zu berichten.

4. Selbstdisziplin

Weichen Sie nicht von Ihrem neuen Verhalten ab, bevor sich dieses sicher etabliert hat. Nur Selbstdisziplin und Ausdauer helfen Ihnen dabei, bis Sie einen Automatismus des neuen Verhaltens, der neuen Gewohnheit haben. Denken Sie nicht darüber nach, handeln Sie konsequent und zwar so lange, bis die neue Gewohnheit die alte Gewohnheit ersetzt hat und Sie gar nicht mehr an die alte Gewohnheit denken.

Nach den Untersuchungen der London Business School brauchen Sie 66 Tage also ungefähr neun Wochen, bis sich das neue Verhalten ganz routinemäßig etabliert hat. Dann haben Sie es geschafft. Sie haben sich aus der Umklammerung Ihrer schlechten Gewohnheit befreit.      

5. Support Team

Bitten Sie andere, Sie bei der Veränderung zu unterstützen. Suchen Sie sich ein Support Team um Sie herum. Wer sind Ihre „Cheerleader“, die Sie pushen. Bitten Sie Ihr persönliches Umfeld Sie darauf hinzuweisen, falls Sie etwas „schleifen lassen“, falls Sie nachlassen. Es fällt Ihnen dann leichter, sich selbst auf Kurs zu halten. Wer kann Ihnen helfen und wer kann Sie immer wieder mal, wenn es Ihnen schwerfällt, den nötigen Drive geben. Suchen Sie sich Ihre Unterstützer.

6. Just do it

Konzentrieren Sie sich nur auf diese die eine Gewohnheit, die Sie verändern wollen. Wichtig ist, dass Sie sofort anfangen. Wenn nicht jetzt – wann dann ? Wollen Sie noch zwei Stunden, zwei Tage, zwei Wochen, zwei Monate oder zwei Jahre waren? „Just do it“, sagt Nike!

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