Systemisches Denken: Erlernen Sie systemisches Denken

Komplexität, Dynamik und ein klares «Wofür» prägen die Geschäftslogik nach Corona. Auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen geht die Next Generation of Business über die Grenzen klassischer Betriebswirtschaft hinaus: Das Denken in Ökosystemen, die eigene Wirkung auf Planet und Gesellschaft und ein humanzentriertes Organisationsdesign werden wichtiger als klassische Wertversprechen, KPIs und Buyer Personas.

30.03.2021 Von: Roger Spindler
Systemisches Denken

Systemisches Denken ist erlernbar

Systemisches Denken ermöglicht es, nicht-lineare räumliche und zeitliche Beziehungen und Rückkopplungen anstelle von linearen Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu erkennen. Und das Beste ist: Systemisches Denken ist erlernbar. Im Kern geht es darum, das gesamte Vorgehen – von den ersten Gedanken zum Problem über die Systemmodellierung bis zur Entscheidungsfindung – als Reifeprozess anzusehen, der die Schaffung eines tieferen, systemischen Verständnisses gewährleistet. Dazu braucht es zunächst einen Shift im Blickwinkel, der es ermöglicht, hinter die Verhaltensebene zu blicken und die dahinterliegenden Strukturen zu erkennen und zu verstehen. Um dies zu erreichen, werden bestimmte Denkfähigkeiten benötigt – sogenannte Thinking Skills.

Diese acht thinking Skills werden in Zukunft wichtig sein

  • Das Dynamische Denken (Dynamic Thinking) zeigt Zusammenhänge auf. Das singuläre Ereignis wird in einen Kontext gestellt und im zeitlichen Verlauf betrachtet. Kennzahlen, Jahresabschlüsse und Co. können lediglich noch Indiz sein und nicht mehr als absolute Erfolgs-Wahrheit betrachtet werden.
  • Im Kreislaufdenken (Closed-loop Thinking) denken wir in Wechselbeziehungen und nicht in einfachen linearen Kausalzusammenhängen. Innovation, Lernen und Entwicklung sind keine linearen Prozesse. Die Frage, ob wir Fehler machen, stellt sich nicht mehr, denn ohne Fehler ist eine Entwicklung nicht möglich. Die Quelle der Entwicklung ist das kontinuierliche Lernen.
  • Generisches Denken (Generic Thinking) bedeutet, Probleme in ihrer generischen Struktur zu betrachten und nicht an der symptomatischen Oberfläche. Strukturen sind in der Organisationsarchitektur, den Weiterbildungskonzepten, der Führungsentwicklung et cetera zu erkennen. Diese generische Betrachtung liefert uns konkrete Hinweise auf wiederkehrende Verhaltensmuster.
  • Das Operative Denken (Operational Thinking) fokussiert auf praktische und realitätsnahe Ergebnisse. Diskussionen dienen zu oft zur Festigung der eigenen Position und nicht zur Lösung von vorhandenen Problemen.
  • Das Kontinuumdenken (Continuum Thinking) umfasst das kontinuierliche Entdecken von Handlungsalternativen. Unsere Annahmen über die Welt müssen wir fortwährend weiterentwickeln, verwerfen und neu justieren. Die Welt verändert sich rasant, wir sollten unser Denken ebenfalls mitentwickeln.
  • Im Wissenschaftlichen Denken (Scientific Thinking) konzentrieren wir uns auf die Messbarkeit der getätigten Annahmen. Kennzahlen in Frage zu stellen heisst nicht, dass wir keinerlei Kenn- zahlen benutzen. Vielmehr geht es darum, dass wir unsere Messsysteme laufend prüfen und adaptieren. Wie bewerten wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Wie messen wir Erfolg? Wie integrieren wir externe Einflüsse?
  • Das System-als-Ursache-Denken (Systemas-Cause Thinking) zielt auf die mangelnde externe Veränderbarkeit von Systemen ab. Beraterinnen und Berater können zwar Impulse geben, externe Einflüsse können zwar Druck auf das Unternehmen ausüben – doch eine Garantie für einen (internen) Wandel resultiert daraus nicht. Veränderung und Entwicklung müssen immer von innen heraus geschehen.
  • Das Denken in Modellen (Thinking in Models) vermittelt unsere Haltung zur Wahrheit. Alle Annahmen, Bewertungsmethoden, Prozesse oder Massnahmen spiegeln nur unsere eigenen Vorstellungen davon, wie die Welt funktioniert. Diese müssen wir mit den Modellen anderer Menschen abgleichen.

Acht Learnings aus den thinking skills

  • Vertrauen Sie nicht ausschliesslich auf Kennzahlen. Beobachten Sie die Welt.
  • Unternehmerischer Erfolg basiert auf der Fähigkeit des kontinuierlichen Lernens.
  • Betrachten Sie generische Strukturen und erkennen Sie wiederkehrende Verhaltensmuster.
  • Fokussieren Sie auf praktisch relevante Ergebnisse und nicht auf Mikropolitik.
  • Entdecken Sie fortlaufend weitere Hand- lungsalternativen und Szenarien.
  • Stellen Sie vorhandene Messsysteme und Bewertungsschemata kontinuierlich in Frage.
  • Vertrauen Sie nicht auf ein Wunder von aussen. Veränderung kann nur von innen, aus dem Selbst heraus umgesetzt werden.
  • Gleichen Sie Ihre Vorstellungen mit denen anderer Menschen ab.
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