Qualigespräch: Die grössten Fehler bei Mitarbeitergesprächen

Alle Jahre wieder … kommt das sogenannte Jahresmitarbeitergespräch oder auch Qualigespräch. Vielen Vorgesetzten macht dieses Gespräch nicht gerade Freude, es ist oft eine unerwünschte Pflicht, die das ohnehin schon überladene Jahresende- oder Jahresanfang-Programm noch weiter beschwert. Ähnlich geht es wohl auch vielen Mitarbeitern. Da läuft offenbar häufig etwas schief. Aber was?

23.01.2019 Von: Rolf Specht
Qualigespräch

Die Idee dahinter

Die Idee hinter dem Jahresmitarbeitergespräch fühlt sich auf den ersten Blick ja nicht schlecht an. Viele Unternehmen bieten für die Gesprächsführung meist irgendein Formular an, das der Vorgesetzte für das Gespräch benutzen kann/muss. Im Sinne einer Zusammenschau mit Fokus Mitarbeiter und Fokus Jahr werden im Qualigespräch einige wesentliche Themen aufgegriffen:

  • Zielerreichungsgrad für das vorhergehende Jahr
  • Zielvereinbarungen für das bevorstehende Jahr
  • Beurteilung der Fachkompetenzen/Qualifizierung
  • Lohnverhandlungen
  • Beförderungsoptionen
  • Entwicklungs- und Förderungsoptionen
  • u.a.m.

Ein problematisches Format

Mit dieser Fülle von (durchaus sinnvollen) Themen, in denen es immer um den Mitarbeiter geht, beginnen aber meistens auch die Probleme des Qualigesprächs, denn dieses Format überfordert in aller Regel sowohl den Vorgesetzten wie auch den Mitarbeiter, und zwar aus folgenden Gründen:

  1. Das Format widerspricht der kommunikationspsychologischen Regel "Ein Gespräch – ein Thema".
  2. Die notwendige Vorbereitungsarbeit auf beiden Seiten wird in aller Regel aus Zeitgründen gar nicht oder nur sehr oberflächlich geleistet.
  3. Der Vorgesetzte müsste ja z.B. für die Qualifizierung präzise Kriterien, sorgfältig erhoben Daten auf der Basis von regelmässiger (und schriftlich festgehaltener) Beobachtung des Mitarbeiters vorweisen können, was häufig nicht der Fall ist.
  4. Der Mitarbeiter müsste vorgängig schon wissen, was da auf ihn zukommt, damit er sich entsprechend vorbereiten kann. Das findet auch eher selten statt, der Mitarbeiter wird tendenziell eher überrumpelt und gerät rasch mal in die Defensive.
  5. Nimmt man die übliche Konfliktscheu und Konfrontationsunfähigkeit beider Seiten mit dazu, entsteht oft eine Atmosphäre von "Ich tu Dir nicht weh und Du tust mir nicht weh".
  6. Das macht die Ergebnisse oft schwammig, die Ziele oberflächlich und allgemein, die Beurteilungen wenig differenziert.

Viel Aufwand, wenig Wirkung

Unter dem Strich mutieren auf diese Weise die Jahresmitarbeitergespräche oft zu Fakes: Ich tu so, wie wenn ich Dich führen würde, und Du tust so, wie wenn Du von mir geführt würdest – für die Dauer von 90 Minuten. Dann gehen wir wieder zur Tagesordnung über, die darin besteht, dass ich als Vorgesetzter Dich Mitarbeiter einfach machen lasse und mal das Beste hoffe. Das ist natürlich schade, weil doch ein enormer Aufwand betrieben wird, aber eben nicht sehr viel herausschaut.

Die Alternative zum Qualigespräch

Das Jahresmitarbeitergespräch als Summe und Zusammenfassung von mehreren übers Jahr verteilter Gespräche, in denen jedes der obigen, tagesgeschäftsfreien Themen einzeln Platz hat, jedes für sich – eben nach dem Motto "Ein Gespräch – ein Thema".

Wie Sie dieses Prinzip der übers Jahr verteilten Führungsgespräche in Ihrem Führungsalltag verwirklichen, können Sie in der Checkliste für wirksame Gespräche mit Mitarbeitern nachlesen. Es lohnt sich. Sie verlassen damit den "Feigenblatt"-Modus und kommen in den Modus der nachhaltigen Mitarbeiter-Führung und erhöhen Ihren Wirkungsgrad als Führungskraft (Ziel: Transformation von Ressourcen in Nutzen) enorm.

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