Führen mit Zielen: Führungskompetenz mit der richtigen Zielführung stärken

Das «Führen mit Zielen» erlebt eine Renaissance, vor allem, weil viele Unternehmen die Entwicklungskomponente bei diesem Management-Klassiker neu entdecken. Eigentlich ist das «Führen mit Zielen» ein alter Hut.

07.10.2021 Von: Matthias K. Hettl
Führen mit Zielen

Einleitung

Es ist Peter F. Drucker zu verdanken, dass wir das Führen mit Zielen seither als ein besonders motivierendes Führungsinstrument kennengelernt haben. Er bemerkte, dass Führungskräfte durch tätigkeits- und verrichtungsorientiertes Delegieren von Aufgaben viel Zeit verlieren. Stossen Mitarbeiter bei der Ausführung auf Schwierigkeiten, etwa fehlende Ressourcen, veränderte Rahmenbedingungen oder externe Einfl üsse, muss bei dieser Art zu delegieren der Vorgesetzte wieder «ran». Daher musste eine Lösung für das Problem gefunden werden, die Führungskräfte zu entlasten und die Motivation beim Mitarbeiter zu steigern.

Peter Druckers Idee war es, das Führen anhand von Zielen einzuführen. Statt Tätigkeiten nur anzuordnen, vereinbaren Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern Ziele, die von diesen engagiert zu verfolgen und auch zu erreichen sind. Falls ein Mitarbeiter auf Schwierigkeiten stösst, kann er selbst angesichts der anvisierten Ziele auf der Basis seines Wissens und seiner Erfahrung entscheiden, welche Vorgehensweise sinnvoll ist

Renaissance des Führens mit Zielen

Gerade in den heutigen agilen Zeiten entdecken immer mehr Unternehmen das «Führen mit Zielen» neu und es gibt eine Vielzahl von Unternehmen, in denen es seit Jahrzehnten zu den offiziellen Führungsinstrumenten zählt.

In manchen Unternehmen wurde das Konzept nicht konsequent angewandt und es verstaubte dann nach der Einführung in der Schublade. Dies vor allem, weil in der unternehmerischen Praxis Vorgaben übersehen wurden, die mit dem MbO verbunden sind, so z.B. Druckers Aussage, dass die mit den Mitarbeitern vereinbarten Ziele sich aus den Zielsetzungen des Gesamtunternehmens ableiten müssen, sodass der Sinnzusammenhang erkennbar bleibt. Das passiert oftmals zu wenig.

Mitarbeiter integrieren

Drucker war zudem davon überzeugt, dass mit dem MbO die Mitarbeiter besser in die Geschäftsprozesse eingebunden werden können. Sind sie in das Formulieren der Ziele involviert, engagieren sie sich stärker für ihr Erreichen, wenn ihnen die nötigen Handlungs- und Entscheidungsspielräume eingeräumt werden.

Auch diese Vorgabe von Drucker beachten zahlreiche Führungskräfte zu wenig. Mitarbeiter werden zu wenig konsequent einbezogen. Hintergründe und Zusammenhänge der Ziele bleiben dadurch unklar. Liessen Führungskräfte ihre Mitarbeiter an ihrem Wissen teil haben, dann war der wesentliche Motivator, die Leistung der Mitarbeiter zu kontrollieren. Das war zum einen nicht Druckers Intention und zum anderen verkam das «Führen mit Zielen» zu einem reinen Formalismus, weil dadurch das partnerschaftlich-kooperative Miteinander fehlt.

 

Entwicklung der Mitarbeiter fördern

Dieser Umgang mit dem Thema Zielvereinbarung ist falsch. Denn wenn das «Führen mit Zielen» als Kontrollinstrument missbraucht wird, geht gerade das Positive daran verloren, das dieses System auszeichnet. Den einzelnen Mitarbeitern wird weder deutlich, in welchem Sinnzusammenhang ihre Tätigkeit steht, noch welche Bedeutung ihr Tun für den Erfolg des Unternehmens hat.

Also zeigen sie auch nicht das nötige Engagement für das Erreichen der Ziele. Und schon gar nicht können sie sich, sofern nötig, allein für das richtige Handeln entscheiden, weil ihnen die nötige Orientierung fehlt.

Dies gilt insbesondere dann, wenn eine weitere Vorgabe von Drucker übersehen wird. Das «Führen mit Zielen» soll grundsätzlich auch der Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter dienen. Es wurde in Zielvereinbarungsgesprächen zwar lange und ausführlich über die operativen Ziele gesprochen und wie diese zu erreichen sind. Doch auf die Entwicklungsziele und die Weiterentwicklung der Mitarbeiter wurde nicht eingegangen. Über sie wurde, wenn überhaupt, eher am Rande gesprochen. Was in den meisten Fällen nicht erfolgte, war, dass die Führungskraft und das Unternehmen den Mitarbeiter in seiner Entwicklung unterstützen. Deshalb sahen die Mitarbeiter in den Zielvereinbarungsgesprächen eher mehr Aufwand und keinen wirklichen Nutzen für ihre Person.

Neubesinnen auf Funktion des MbO

Dieser Umgang mit dem «Führen mit Zielen» ist falsch. Das wurde inzwischen vielen Unternehmenslenkern bewusst. Eine zentrale Ursache hierfür ist, dass in der von rascher Veränderung und geringer Planbarkeit geprägten VUCA-Welt viele Unternehmen vor der Herausforderung stehen, schneller und flexibler auf Markt- und Umweltveränderungen zu reagieren. Dies gelingt ihnen nur mit selbstbewussten sowie eigenverantwortlich und -initiativ handelnden Mitarbeitern.

Wenn die Unternehmen von ihren Mitarbeitern jedoch mehr Eigenverantwortung und -initiative erwarten, dann müssen sie ihnen auch mehr Entscheidungsbefugnisse übertragen. Hinzu kommt ein zweiter Grund: In der VUCA Welt, in der sich auch die sogenannte digitale Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft vollzieht, stehen die Unternehmen vor vielen neuen Herausforderungen, für die sie noch keine Lösungen haben. Diese müssen in oft bereichsübergreifender Team- und Projektarbeit erst entwickelt werden.

Die Führungskräfte müssen ihren Mitarbeitern vertrauen, dass sie die richtigen Lösungen finden, und können ihnen auch nicht sagen: «Tut dies und das, dann habt ihr Erfolg.» Sie können ihnen nur aufzeigen, warum bestimmte Dinge zum Erreichen der übergeordneten Ziele nötig sind. Ansonsten müssen sie weitgehend auf deren Kompetenz vertrauen.

Führungskräfte brauchen neues Selbstverständnis

Vor diesem Hintergrund entdecken viele Unternehmen das MbO neu. Sie nehmen das «Führen mit Zielen» zunehmend als ein Koordinierungs- und Entwicklungsinstrument wahr. Ausserdem erkennen sie: MbO setzt eine bestimmte Unternehmens- und Führungskultur voraus. Das «Führen mit Zielen» gelingt nur, wenn:

  • im Unternehmen eine Vertrauenskultur besteht, in der alle Beteiligten angstfrei miteinander kommunizieren,
  • die Führungskräfte sich auch als Sinnvermittler sowie Unterstützer und Befähiger ihrer Mitarbeiter verstehen.

Ein solches Rollen- und Selbstverständnis setzt voraus, dass die Führungskräfte mehr Zeit in das Gespräch mit ihren Mitarbeitern investieren. Werden die vereinbarten Ziele dann jedoch von den Mitarbeitern getragen und kontrollieren sie deren Erreichen weitgehend selbst, gewinnen die Führungskräfte hierdurch Freiräume.

Auch Führungskräfte brauchen Unterstützung

Inwieweit dies gelingt, hängt stark von den Inhalten der Zielvereinbarungsgespräche ab. In der Vergangenheit redeten die Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern oft mehr über Aufgaben und Massnahmen als über Ziele – auch weil vielen der Unterschied zwischen Zielen, Massnahmen und Aufgaben nicht bewusst war.

Ziele, darum geht es

Ein Ziel beschreibt einen Zustand, in dem etwas Gewünschtes erreicht wird. Dieser liegt in der Zukunft. Das kann ein abgeschlossenes Projekt sein, ein eingerichteter und laufender Prozess oder eben eine Umsatzsteigerung um 10% bis 31.12. Ziele können kurzfristig, langfristig, gross, klein, geschäftlich oder privat sein. Es geht darum, dass derjenige, dessen Ziel es ist, diesen Zustand auch erreichen will.

Aufgaben – Mittel zum Ziel

Der grösste Konkurrent der Ziele in den 24 Stunden, die wir täglich haben, sind unsere Aufgaben. Was unterscheidet nun Aufgaben von Zielen? Eine Aufgabe kann nichts Gewünschtes erreichen, sie hat nur einen Zweck an sich. Sie ist immer nur ein Schritt auf dem Weg zu etwas, im besten Fall auf dem Weg zur Zielerreichung. Ein Mittel zum Ziel. Eine Aufgabe kann genauso gut eine Tätigkeit sein, wie ein Termin oder ein Dokument.

Hilfsmittel, Methoden und Werkzeuge

Methoden und Werkzeuge sind nichts weiter als das, was zur Erledigung einer Aufgabe notwendig ist. Wie Aufgaben nur Mittel zum Ziel sind, sind Methoden und Werkzeuge ebenfalls niemals Selbstzweck, sondern Mittel zur Erledigung von Aufgaben.

Wollen Sie sich Zeit für die Erreichung Ihrer Ziele verschaffen, sollten Sie Folgendes immer im Hinterkopf behalten. Sie müssen danach streben, Ihre Aufgaben so effizient wie möglich zu erledigen. Das fängt mit ihrer Priorisierung an und geht mit den Methoden und Werkzeugen, die wir zur Erledigung einsetzen, weiter.

Diese müssen dabei so sparsam wie möglich eingesetzt werden. Das bedeutet, dass Sie versuchen sollten, so lange wie möglich mit den Methoden und Werkzeugen auszukommen, die Sie bereits haben. Jedes Werkzeug und jede Methode, die Sie verwenden oder verwenden wollen, müssen vor allem zweierlei können: Sie müssen ihren Zweck tatsächlich erfüllen und dabei so einfach, wie irgend möglich sein.

In hierarchisch strukturierten Unternehmen werden die Entscheidungs- und Handlungsspielräume der Mitarbeiter in der Regel umso kleiner, je weiter man in der Hierarchie nach unten kommt. Deshalb war es auf der operativen Ebene häufig schwierig, mit den Mitarbeitern qualitative Ziele zu vereinbaren. Also wurden in den sogenannten Zielvereinbarungen oft nur Aufgaben aufgelistet.

Wofür «Führen mit Zielen» sinnvoll ist

Dies ist in vielen Unternehmen auf der operativen Ebene auch heute noch der Fall. Deshalb sollten Unternehmen durchaus darüber nachdenken: Ist es sinnvoll, das «Führen mit Zielen» flächendeckend zu praktizieren? Zuweilen empfi ehlt es sich, zwar mit allen Mitarbeitern regelmässig Mitarbeitergespräche zu führen, Zielvereinbarungsgespräche jedoch nur mit:

  • den Führungskräften,
  • den Mitarbeitern, die im Arbeitsalltag oft vor der Herausforderung stehen, Neues zu entwickeln und eigenständig zu entscheiden, und die deshalb auch grosse Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume haben.
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