Situative Führung: Strategischer Umgang mit unmotivierten Mitarbeitenden
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Von allen Führungsstilen ist die situative Führung wahrscheinlich die anspruchsvollste. Weil sie sich an unterschiedlichen Situationen und den vielfältigen Bedürfnissen von Mitarbeitenden orientiert, verlangt sie von Führungskräften eine hohe Konzentration auf die Führungsaufgabe, eine offene Haltung, Flexibilität im Denken und Handeln sowie sehr unterschiedliche Skills. Im Gegenzug sind Mitarbeitende motivierter und produktiver. Sie fühlen sich in ihrer Individualität gesehen und wissen, dass sich der Vorgesetzte um ihre spezifischen Bedürfnisse kümmert und sie auf dem Weg zum Erfolg unterstützt.
Führung ist Arbeit und braucht Zeit
Nur wenn die Führungsaufgabe auch als solche wahrgenommen und dementsprechend priorisiert wird, gelingt es der Führungskraft, einen High Performer genauso gut zu führen wie einen Low Performer. Der situative Führungsstil variiert je nach der Reife und den Bedürfnissen der Mitarbeitenden, der Aufgabe oder des Umfelds. Spannend wird es, wenn wir auf die Leistung schauen und die Aspekte Motivation und Kompetenzen gegenüberstellen. Daraus ergeben sich vier unterschiedliche Situationen, die eine andere Art der Führung benötigen (siehe Grafik).
Führungskräfte ist es eine Herausforderung, ihre Mitarbeitenden genau einzuschätzen, um die bestmögliche Führung zu leisten. Das funktioniert nur, wenn sich die Führungskraft ausreichend Zeit für ihre Führungsaufgabe nimmt und sich regelmässig mit jedem Mitarbeitenden auseinandersetzt (z. B. jede Woche eine Stunde Selbstreflexion zum Studium der einzelnen Mitarbeitenden). Gelingt das, kann man seine Führungsarbeit sehr gezielt und damit effektiv auf die unterschiedlichen Persönlichkeiten ausrichten.
Leistungstyp | Führungsaufgabe |
---|---|
High Performer | Delegieren, coachen, für Herausforderungen sorgen |
Low Performer | Eng begleiten, Kompetenzen entwickeln, Entwicklungsziele vereinbaren |
Potential High Performer | Konfrontation: Herausfinden, was die Ursachen für die mangelnde Motivation sind, Lösungen finden, Massnahmen und Ziele vereinbaren |
Non Performer | Alternativen suchen |
Strategisch vorgehen
In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass Führungskräfte dabei wenig strategisch vorgehen: Haben sie auch nur eine Person im Team, die wenig motiviert ist, absorbiert diese oft 80% der Aufmerksamkeit, während die High Performer – da läuft es ja – wenig Beachtung erhalten.
Das ist ein grosser Fehler. Keine Führungskraft will eine*n Top-Performer*in verlieren. Sich als Führungskraft mit dem High Performer zu befassen, ist wichtig: Wie steht es um seine Motivation? Was wünscht sie sich? Wie sieht unsere Beziehung aus? Kann ich sie bei Entscheidungen besser einbeziehen? Kann er seine Stärken optimal einsetzen? Hat sie genügend Gestaltungsraum? Was wäre ein nächster Entwicklungsschritt?
Es geht darum, die Beziehung zu pflegen, regelmässig das Gespräch zu suchen und zu verstehen, was sie beschäftigt, was ihn antreibt, welche Ambitionen sie hat. Konstruktives und wertschätzendes Feedback gehören genauso dazu, wie ihm anspruchsvolle Herausforderungen zu stellen und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten.
Es ist entscheidend, dass Vorgesetzte einen grossen Teil ihrer Führungszeit und -energie den Mitarbeitenden widmen, die eine gute Leistung erbringen. Gerade die High Performer sollten mindestens ebenso viel – wenn nicht sogar mehr – Beachtung erhalten wie die anderen Teammitglieder.
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Konsequent handeln
Motivierte und damit engagierte Mitarbeitende zu haben, ist für jede Führungskraft die Voraussetzung, um mit dem gesamten Team erfolgreich zu sein. Das ist jedoch kein Grund, sich unendlich lange mit wenig motivierten Mitarbeitenden abzumühen. Die Kosten, unwillige Mitarbeitende zu halten, sind immens. Es liegt in der Verantwortung der Führungskraft, hier proaktiv und rasch zu handeln. Ein Zuwarten hat negative Auswirkungen auf das ganze Team.
Es gibt verschiedene Gründe, wieso Führungskräfte zögern, konsequent zu handeln. Ein erster Schritt besteht darin, sich selbst und die eigene Führungsarbeit zu reflektieren und dabei ehrlich zu sein:
- War ich in der Aufgabendelegation und Zielvereinbarung klar genug?
- Habe ich dem Mitarbeitenden zwischendurch ausreichend Feedback gegeben?
- Bin ich in meiner Bewertung und dem Mitarbeitenden gegenüber fair?
Gleichzeitig sollte man sich Klarheit über den Kontext verschaffen:
- Welches sind die genauen Anforderungen und Erwartungen an den Mitarbeitenden?
- Was sind konkrete Beispiele für die schlechte Leistung?
- Sind die Rahmenbedingungen für den Mitarbeitenden passend?
Es kann hilfreich sein, sich dazu mit einer vertrauten Person auszutauschen und einen geeigneten Weg zu finden, um die Situation anzugehen. Dann bietet es sich an, den Mitarbeitenden mit dessen ungenügender Leistung oder ungenügendem Verhalten zu konfrontieren, um herauszufinden, was der Grund dafür ist. Liegt die Ursache im Nichtkönnen oder im Nichtwollen? Fehlen ihm die nötigen Kompetenzen, die Motivation oder gar beides? Es lohnt sich, da aufmerksam hinzuhören, um die Ursache genau zu verstehen (siehe Box) und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen.
Mögliche Ursachen für schwache Leistung:
- Einsatz am falschen Ort
- Unzufriedenheit mit den zugewiesenen Aufgaben
- Unterforderung/Überforderung
- Beziehung zum Team oder einzelnen Kollegen
- Beziehung und Zusammenarbeit mit der Führungskraft
- Aspekte der beruflichen Entwicklung
- Private und persönliche Probleme
Zielführend kommunizieren
Im Gespräch mit dem Mitarbeitenden geht es um eine gemeinsame Problemanalyse und darum, geeignete Massnahmen zu vereinbaren. Ist die schlechte Leistung auf fehlende Fähigkeiten zurückzuführen, können Weiterbildung oder Unterstützung z. B. durch einen High Performer mögliche Massnahmen sein. Wenn jedoch mangelnde Motivation das Problem ist, liegt es an der Führungskraft, vom Mitarbeitenden eine Lösung einzufordern, wie er wieder engagierter und produktiver werden kann (z. B. neue Aufgaben und Verantwortlichkeiten, bei welchen der Mitarbeitende seine Stärken optimal einbringen kann).
Stimmen weder Motivation noch Leistung, dann bleibt meistens nur noch eine Option: das Unternehmen verlassen. Ein solches Gespräch ist anspruchsvoll und für viele Führungskräfte unangenehm. Sie vermeiden es, Klartext zu reden, um Menschen nicht zu verletzen und die Harmonie im Team nicht zu stören. Das ist jedoch auf Dauer keine Lösung. Ihnen hilft es, eine Haltung einzunehmen, die zielorientiert in der Sache und wertschätzend zum Menschen ist. Wertschätzend bedeutet auch, dass man dem Mitarbeitenden zutraut, die Verantwortung für das Lösen seiner Probleme zu übernehmen.
Transparenz schaffen
Für eine Führungskraft ist es nützlich, systematisch vorzugehen und Klarheit über den Prozess – oft vom HR bereits definiert – zu haben. So können z. B. verschiedene Eskalationsstufen vorgesehen werden, welche dem Mitarbeitenden transparent kommuniziert werden:
- Klärungsgespräch
- Kritikgespräch
- Abmahnungsgespräch
- Kündigung
Dieses Vorgehen erleichtert nicht nur dem Vorgesetzten das Vorgehen in diesen komplexen Situationen, auch der kritisierte Mitarbeitende erkennt dadurch die Konsequenz seines Verhaltens. Am Ende jedes Gesprächs ist eine verbindliche und konkrete Vereinbarung zu treffen, die schriftlich festgehalten wird. Zusätzlich sollte ein Folgetermin in absehbarer Zeit festgelegt und das Gespräch mit einer zuversichtlichen Stimmung abgeschlossen werden.
Verantwortung für Entscheidungen
Die Führungsrolle erfordert eine umfassende Übernahme von Verantwortung für das Wohl der einzelnen Mitarbeitenden, des Teams und des Unternehmens. Diese Verantwortung beinhaltet auch die Pflicht, unangenehme Entscheidungen zu treffen.
Notabene: Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung – nur nicht die eigene –, und sie hat Konsequenzen. Immer. Dies vor Augen zu haben, hilft Führungskräften, ins Tun zu kommen und zielgerichtet zu handeln, auch wenn es Mut braucht.
Take Home Message
Die situative Führung erfordert von Führungskräften Konzentration und vielfältige Skills. Es ist erfolgsrelevant, sich ausreichend Zeit für die Führungsaufgabe zu nehmen und Mitarbeitende individuell zu beachten sowie eine vertrauensvolle Beziehung mit ihnen aufzubauen. Führungskräfte sollten ihre Zeit und Energie in engagierte Mitarbeitende investieren. Gleichzeitig müssen sie konsequent handeln, wenn Mitarbeitende unmotiviert sind, um negative Auswirkungen auf das Team zu vermeiden. Zielführende Kommunikation und transparente Prozesse sind entscheidend, um Probleme konsequent anzugehen. Führungskräfte müssen Verantwortung übernehmen und bereit sein, unangenehme Entscheidungen zu treffen, insbesondere im Umgang mit Low Performern.