Schlechtes Führungsverhalten: Vom Tyrannus-Bossus bis zum Hängemattenkönig
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Die Bürospatzen pfeifen es von allen Dächern. Doch wie so oft bleiben blinde Flecken genau von denen unbemerkt, denen sie anhaften. Denn es zeigt sich, dass die meisten Führungspersonen ein optimistischeres Selbstbild haben, als Mitarbeiterbefragungen ergeben. Einer Allensbach-Studie entsprechend, schätzen erfahrene Manager ihr Führungsverhalten deutlich positiver ein, als es Mitarbeitende ihnen attestieren. Selbst- und Fremdbild klaffen z.B. bei der Bewertung der Zuverlässigkeit von Führungskräften auseinander.1 Ebenso bemängeln Mitarbeitende die fehlende Kritikfähigkeit ihrer Chefs (62%), dominantes Führungsverhalten und mangelnde Förderung. Die gute Nachricht: Ungünstiges Führungsverhalten ist kein Vorsatz. Kaum jemand steht morgens auf und nimmt sich vor, den Mitarbeitenden mal ordentlich den Tag zu verderben. Und dennoch scheinen demotivierende Verhaltensweisen hier und da durch und entfalten ihre Wirkung. Gut gemeint ist nicht immer gut umgesetzt. Auch Führungsschnitzer zeichnen sich durch Artenvielfalt aus. Wer in einem der Beispiele eigene Tendenzen erkennt, kann dies schon als ersten Schritt zur eigenen Entwicklung sehen und etwas verändern. Schauen wir uns doch einige Spezies genauer an:
Der Bewahrer und Verwalter
Sie sind die Hüter der Vergangenheit und betrachten Veränderung als ähnlich bedrohlich wie Lord Voldemort (Bösewicht aus Harry Potter). Oftmals ist diese Gattung schon seit Jahrzehnten im Beruf und hat dadurch bereits manches kommen und gehen sehen. Mitarbeitende werden in Kenntnis darüber gesetzt, wie oft schon Veränderungen nicht funktioniert haben und warum es diesmal auch scheitern wird. Sie verwalten Aufgaben, statt Prozesse zu verbessern. Sie meinen es gut – doch ersticken leider den Zeitgeist und notwendige Entwicklungen in unzähligen «Ja, aber ...». Auf ambitionierte und entwicklungsbereite Kollegen wirken sie wie ein Löschzug, der jedes Feuer der Begeisterung zum Erliegen bringt.
Tyrannus-Bossus
Man hört diese Gattung schon, bevor man sie sieht. Ihr Atem weht die Bürogänge entlang und hinterlässt Flurschäden. Sie sind verärgert, wenn etwas nicht so läuft, wie sie es sich vorgestellt haben.
Ihre Kommunikation kennt nur eine Richtung: Sie reden. Zuhören ist etwas für Weichspüler. Ansagen bestimmen ihren Tag. Andere Ideen oder Widerspruch sind zwecklos bis gefährlich. Man erkennt sie auch gut an den Aussagen: «Wir haben hier keine Innovatoren. Keiner denkt mit. Wofür bezahlen wir die überhaupt?» In diesem Regime traut sich niemand mehr, sich einzubringen, da Ideen und Mitarbeitende auch gerne zügig abgebügelt werden.
Besserwisser und Universalgenies
Die Ersteren sehen sich als verkannte Nobelpreisträger, ohne deren Fachkompetenz der Laden sofort zusammenbrechen würde. Deshalb beglücken sie auch alle auf Schritt und Tritt mit Erklärungen und Hintergrundinformationen. Dass dies sämtliche Prozesse episch werden lässt, ist nicht ihr Problem. Sie sorgen ja für Qualität angesichts all der Unwissenheit in der Firma. Die Universalgenies setzen da noch eine Schippe drauf. Denn sie wissen nicht nur alles, sie sind quasi MacGyver in Aktion und retten täglich durch ihren Beitrag das Überleben aller in der Firma. Den Besserwisser hält das Universalgenie für einen Fachidioten, den Rest der Belegschaft für hilflose Welpen, deren Horizont es zu erweitern gilt durch 24/7-Feedback. Beide neigen zu Mikromanagement und übersteuern das System. Und beide umgibt früher oder später der Hauch der Unberührbaren – denn sie werden aufgrund ihrer Zeitintensivität weitläufig gemieden.
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Stürmer und Dränger
Man erkennt sie schon an ihrer Körpersprache: angespannt bis in die Haarspitzen, strammer Gang, wedelnde Arme. Alles geht «zack, zack», zwischen Gedanken und Tat verstreichen nur Millisekunden, und eine eigene Idee gilt schon als durchdacht, wenn sie die Reifezeit eines Toilettenbesuchs hatte. Diese Gattung tritt bossy auf, überzeugt mit Geschwindigkeit oder Vehemenz und duldet keinen Aufschub. Die Hüftschussmentalität führt in der Belegschaft zu viel Sackgassenarbeit, hektischer Stimmung und Verwirrung.
Die Mutter
Mutter-Führungskräfte stülpen sich wie eine Käseglocke allzeit präsent über ihre Mitarbeitenden und lesen ihnen alles von den Augen ab. Sie fragen, geben Rat – auch gerne ungebeten, unterstützen, umarmen, quatschen und bringen Selbstgekochtes von zu Hause mit. Sie wollen, dass sich alle wohlfühlen in ihrer Gegenwart. Ihre zeitraubende Omnipräsenz weckt bei eigenständig denkenden Erwachsenen leider schon bald Mordgelüste, denn all die Fürsorge erstickt Freiraum und Arbeitsfreude. Meinungsdifferenzen kommen einem Armageddon gleich, die wochenlange Teamtherapie zur Folge haben können. Dieses Verhalten führt oft zu einer Art erzwungener Nähe statt Wir-Gefühl und fördert Lästereien.
Hängemattenkönig
Hängemattenkönige arbeiten im Tarn-kappenmodus, und niemand weiss so richtig, wofür es sie gibt. Sie wälzen alle Aufgaben – inklusive ihrer Führungsaufgaben – an das Team ab und halten sich für Delegationsmeister. Konflikten gehen sie aus dem Weg, Sicherheit und Unterstützung geben sie nicht, sondern delegieren auch das direkt an andere aus dem Team. Bei Meetings tauchen sie selbst unvorbereitet auf, beglücken dann aber alle mit flotten Sprüchen. Das Gute an ihnen ist, dass sie der Eigenständigkeit des Teams nicht im Weg stehen. Nicht selten führen teaminterne Rollenkonflikte jedoch zu Produktivitätseinbussen, die viel zu spät erkannt werden.
Führungs-No-Gos | Stark in Führung |
---|---|
Bewahrer: | Innovatoren: |
Tyrannus Bossus: | Botschafter: |
Besserwisser: | Coaches: |
Alles-Entscheider: | Bestärker: |
Mikromanager: | Leuchttürme: |
Stürmer und Dränger: | Fels in der Brandung: |
Universalgenies: | Leader: |
Mütter: | Visionäre: |
Hängemattenkönige: | Delegierer: |
Quellen und Hinweise
1 In der Allensbach-Studie wurden im Herbst 2015 278 Führungskräfte und 273 Nachwuchskräfte aus der Wirtschaft (produzierendes Gewerbe, Handel und Dienstleistungen) und der öffentlichen Verwaltung befragt.