Führen in der Krise: 10 Tipps für Führungskräfte in der Corona-Krise
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Führen in der Krise
Ich persönlich habe in meinem Beratungsunternehmen die letzten 25 Jahre eine Reihe von Krisen erlebt. Angefangen im Jahr 2000 mit dem Börsenabsturz, den Anschlägen am 11. September 2001, der Banken- und Finanzkrise 2008/2009, und nun die Corona-Krise. Das heisst, wir haben mehrfach eine komplette Disruption erlebt und überlebt.
Daher weiss ich persönlich, dass es für jede Führungskraft eine absolute Herausforderung darstellt, die aktuelle Corona-Krise zu meistern. Das ist eine Situation, die einzigartig ist und viele Unwägbarkeiten mit sich bringt. Daher ist es verständlich, dass Sie selbst verunsichert sind. Doch was mindestens genauso herausfordernd ist: dass Ihre Mitarbeitenden mindestens genauso verunsichert sind wie Sie.
Damit kommt es jetzt auf Sie an. Sie als Führungskraft stehen im Augenblick und mehr denn je im Mittelpunkt. Ihre Mitarbeitenden suchen einen Fels in der Brandung, eine Orientierung und einen Ruhepol. Auch wenn Sie Angst haben vor dem, was vor Ihnen liegt, gilt Winston Churchills Spruch: «Auch für einen Winston Churchill ist es keine Schande, Angst zu haben. Aber es ist eine verdammte Schande, sie zu zeigen.» Führen in der Krise bringt gleichzeitig Herausforderungen und Chancen mit.
Führungsqualitäten sind gefragt
Ihre Mitarbeitenden erwarten gerade jetzt eine besonnene, ermutigende und entschlossene Führungskraft. Das müssen Sie jetzt sein und dies auch so zeigen. Und das können Sie nur dann zeigen, wenn Sie selbst auch an einen guten Ausgang der aktuellen Krise glauben. Die Erfahrung zeigt, dass auch nach einer noch so grossen Krise immer wieder ein Aufschwung folgt. Nach jeder Ebbe kommt die Flut, nach der Nacht kommt der Tag. Also richten Sie Ihren Blick nach vorne. Gerade jetzt kommt es darauf an, was Sie sagen und wie Sie sich verhalten. Ihre Worte hallen deutlich nach, und Ihr Auftritt wirkt und steht für Ihre Glaubwürdigkeit.
Sie als Führungskraft werden in der momentanen Krise von Ihren Mitarbeitenden und Kollegen daran gemessen, ob Ihre Worte und Taten in Einklang stehen.
Aus anderen Krisen ist bekannt, dass Unternehmen mit führungsstarken Persönlichkeiten besser durch die Krise kommen. Beim Führen in der Krise erkennen Sie auch die Chancen, die sich in der Krise ergeben. Die «Führung» ist der strategische Schlüsselfaktor zum Erfolg.
Daher hier einige konkrete Tipps zum Führen in der Krise für Sie:
Tipp 1: Kommunikation – das A und O
Sprechen Sie mit allen Ihren Mitarbeitenden. Sprechen Sie ihnen Mut zu, bauen Sie Ihre Kollegen auf. Geben Sie diesen ein Gefühl von Zuversicht. Stimmen Sie Ihr Team auf die vor Ihnen liegende Zeit ein. Zeigen Sie sich zuversichtlich, aber seien Sie ehrlich. Brutal ehrlich.
Tipp 2: Vertrauen und Motivation
Sagen Sie jedem einzelnen Mitarbeitenden, dass Sie auf ihn oder sie setzen und ihnen vertrauen. Sagen Sie ihnen auch, dass es auf jeden und jede ganz persönlich ankommt. Dass Sie sich darauf verlassen, dass alle das Beste geben über die nächsten Wochen und damit nicht aufhören, bis sich alles wieder zum Positiven wendet. Nicht die Krise ist das Problem, sondern, wie wir darauf reagieren.
Tipp 3: Chancen aufzeigen
Versuchen Sie, auch wenn die Situation noch so ausweglos erscheint, Chancen zu sehen. Was ergeben sich für Möglichkeiten aus der aktuellen Situation? Was können Sie tun, um die Situation zu beeinflussen? Wo besteht eine Möglichkeit, auch wenn diese noch so klein erscheint? Schauen Sie auf die Chancen und motivieren Sie Ihre Mitarbeitenden, das auch zu tun.
Tipp 4: Managen Sie aktiv den Status der Unsicherheit
Wir fahren alle auf Sicht, wie durch Nebel bei einer Sichtweite unter zehn Metern. Daher müssen Sie diese Unsicherheit annehmen und mit ihr umgehen. Unsicherheit zu managen, bedeutet einerseits, kurzfristig Entscheidungen zu treffen und deren Auswirkung zu betrachten. Andererseits immer wieder Entscheidungen von Neuem zu überdenken und mit möglichen neuen Erkenntnissen zu revidieren.
Ihre Aufgabe liegt darin, den Zustand der Unsicherheit anzunehmen und so gut wie möglich für Sie selbst zu strukturieren. Das hilft auch Ihnen selbst im Umgang mit der Krise. Da Sie sowohl agieren als auch reflektieren. Nehmen Sie diese drei Fragen zur Orientierung:
- Was ist in der Unsicherheit sicher? Worauf können wir uns relativ sicher verlassen?
- Welches sind die unsicheren Faktoren?
- Was können wir gemeinsam dafür tun, um Klarheit zu bekommen, und bis wann?
Diese Fragen schaffen ein gewisses Mass an Transparenz und bringen Sicherheit. Für Ihre Mitarbeitenden, aber auch für Sie. Die Folge ist, dass Ihre Mitarbeitenden die Unsicherheit eher akzeptieren. Fordern Sie sie dazu auf, sich aktiv zu beteiligen. Das hilft schon ungemein.
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Tipp 5: Agieren – statt reagieren
Nehmen Sie eine aktive, agierende Rolle ein. Denken Sie bewusst in Szenarien. Bereiten Sie sich auf mögliche Entwicklungen vor, simulieren Sie die Situation und spielen Sie diese durch. Es haben sich in der Szenario technik die «Worst Case»- und die «Best Case»-Variante als zielführend erwiesen. Stimmen Sie sich mit Ihrem Team darüber ab.
Tipp 6: Regelmässige Lagebesprechung
Machen Sie regelmässig eine Lagebesprechung mit Ihren Mitarbeitenden. Informieren Sie diese über aktuelle Entwicklungen. Geben Sie ihnen ein Update zu weiteren Massnahmen und behalten Sie dabei einen kühlen Kopf.
Tipp 7: Bilden Sie einen Notfallstab
Bilden Sie mit zwei bis drei weiteren Ihrer Mitarbeitenden einen Notfallstab. Dieser soll Ihnen bei Ihren Entscheidungen helfen und Ihnen als Berater dienen, wie Sie angeordnete Schutzmassnahmen und geplante Massnahmen aus Ihrem Pandemie-Notfallplan umsetzen.
Tipp 8: Führen auf Distanz
Führen auf Distanz ist eine Herausforderung, wenn Sie es nicht kennen. Es kann Ihr Team und Sie jedoch auch weiterentwickeln. Wichtig ist, dass Sie die Kollegen in die Systeme einweisen und ihnen zeigen, wie alles funktioniert.
Zudem bedarf es beim Führen über Distanz gerade zu Beginn mehr Abstimmung und Möglichkeit zum Gespräch mit Ihnen. Vereinbaren Sie mit Ihren Mitarbeitenden einen täglichen Gruppencall (per Telefon oder besser per Video).
Und zusätzlich mit jedem Einzelnen, nach individuellem Bedarf tägliche, zweitägige oder wöchentliche Rücksprache-Calls für Abstimmungen zu laufenden Projekten, der laufenden Arbeit etc. Lassen Sie sich dabei informieren und geben Sie Ihren Mitarbeitenden ein Template (inhaltliche Punkte), worüber diese Sie konkret informieren sollen. Ihre Mitarbeitenden können dieses ausfüllen (one note) und Ihnen dann nach dem Gespräch zuschicken. So sind Sie immer auf dem aktuellen Stand, und Ihre Mitarbeitenden sehen ebenfalls, wie weit sie bei den Projekten sind.
Tipp 9: Regelkommunikation auf dem Prüfstand
Überdenken Sie auch Ihre Regelkommunikation mit jedem einzelnen Mitarbeitenden. Etablieren Sie falls nötig neue (virtuelle) Möglichkeiten zur Kommunikation. Und stellen Sie sicher, dass alle Ihre Mitarbeitenden teilnehmen können oder im Nachgang informiert werden. In Krisenzeiten ist «informieren» stärker eine Bringschuld der Führungskräfte, ohne die Mitarbeitenden aus der Holschuld zu entlassen.
Tipp 10: Regelmässige 1:1-Kontakte
Bieten Sie Ihren Mitarbeitenden auch regelmässige «One-on-Ones» an. Geben Sie ihnen die Möglichkeit, sich mit Ihnen persönlich und virtuell auszutauschen. Zum Beispiel über die eigene aktuelle Situation und den persönlichen Umgang damit (Homeoffice, Arbeiten und Kinderbetreuung in Balance zu halten, fehlende oder hauptsächlich virtuelle soziale Kontakte).
Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen, bleiben Sie gesund und kommen Sie gut und gestärkt aus der aktuellen Krise!