Beziehungsarbeit: Mitarbeiter gut führen dank der 15-Minuten-Runde
Passende Arbeitshilfen
Den Mitarbeiter im Blickfeld
Mitarbeiterführung ist eine vielschichtige Aufgabe. Vorgaben kommunizieren. Interessen Ihrer Mitarbeiter nach aussen und nach oben vertreten. Aufgaben und Projekte strukturieren und organisieren. Leistungsniveau sichern. Motivation stärken. Mitarbeiter entwickeln. Team schulen. Neue Mitarbeiter willkommen heissen und einarbeiten lassen. Fehlstände auffangen und die Aufgaben umplanen. Probleme lösen. Konflikte schlichten.
Zweifelsfrei fallen Ihnen viele weitere Führungsaufgaben ein, die Sie täglich, wöchentlich und/oder monatlich durchführen. Zweifelsfrei erkennen und wissen Sie auch um die Schnittmenge, die all Ihre Führungsaufgaben verbindet. Diese Schnittmenge ist und bleibt ihr Mitarbeiter.
Ihr Mitarbeiter steht somit stets im Zentrum jeder Führungsaufgabe. Nur, manches Mal bekommt er dies eigentlich gar nicht mit. Und zwar aus einem einfachen Grund: Sie als Vorgesetzter und Führungskraft haben viel zu selten persönlichen Kontakt zu Ihrem Mitarbeiter. Mit der Folge, weder Ihr Mitarbeiter weiss, was Sie alles für ihn tun, noch wissen Sie, was Ihren Mitarbeiter so umtreibt.
Übung
Halten Sie einmal für einen Augenblick mit dem Lesen inne. Überlegen Sie:
- Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu Ihren Mitarbeitern?
- Zu Ihrem Team?
- Im Meeting? Wie lange liegt dies zurück?
- Wann hatten Sie den letzten persönlichen Kontakt zu dem einzelnen Mitarbeiter? Etwa im jährlichen Mitarbeitergespräch?
- Zu welchem Mitarbeiter haben Sie regelmässigen Kontakt? Wie kommt dies? Was ist für diesen Kontakt der Anlass?
- Wen sehen und/oder sprechen Sie dagegen selten? Weshalb?
- Wie würden Sie also Ihre Beziehung zu den einzelnen Mitarbeitern beschreiben?
- Welche Beziehungs-Bindung ist allgemein entstanden? Welche Bindung zu welchem Mitarbeiter?
- Wie beeinflusst Ihrer Meinung nach Ihre Beziehungs-Bindung die Bindung und Loyalität zum Unternehmen?
- Sind Sie zufrieden mit Ihrer Beziehungsarbeit? Was könnten Sie verbessern?
Beziehungsarbeit ist wichtig
Sicher. Es stimmt. In der sachlich-orientierten Berufswelt erscheint der Begriff „Beziehung“ ein wenig befremdlich. Beziehung wird zuallererst mit Familie und Freunden assoziiert – und selten mit dem Kollegen und/oder Mitarbeiter in Verbindung gebracht.
Allerdings weist schon die Bezeichnung Arbeitsverhältnis und erst recht der Begriff Arbeitsbeziehung daraufhin, auch in der Berufswelt dreht es sich um Beziehungen. Deshalb spielt Beziehungsarbeit eine entscheidende Rolle, weil jeder Mensch – also jeder Mitarbeiter -
- gesehen werden will,
- mit seinen Leistungen, seinem Tun und seinen Ideen gewürdigt werden will,
- mit seinen Bedürfnissen, Stärken und Schwächen wahrgenommen werden will,
- (auch) als Mensch und nicht nur in seiner Job-Funktion geachtet und respektiert werden will,
- Kontakt zu seinen Mitmenschen – somit auch zu Ihnen als Führungskraft und Vorgesetzten – benötigt,
- durch die Pflege der gegenseitigen Beziehung Orientierung erhält,
- durch regelmässigen Kontakt ein Gefühl der Verbundenheit entwickelt,
- mitteilen möchte, was ihn beschäftigt,
- Gelegenheit erhalten möchte, Sie (auch informell) ansprechen zu können.
Beziehungsarbeit – auch, wenn es in einem sachlich-orientiertem Umfeld geschieht -, darf und sollte somit noch gezielter in Ihre Führungsaufgaben integriert werden. Ja, richtig gelesen „noch gezielter“. Denn Sie tun es ja bereits. Mehr geht allerdings immer, oder?!
Beziehungsarbeit bei knapper Zeit: Die 15-Minuten-Runde
Beziehungen zu stärken, sie zu hegen und pflegen, benötigt einen wichtigen Faktor: Ihre Zeit. Und genau dies offenbart ein Dilemma. Zeit ist für Sie als Führungskraft knapp. Allerdings sollte dieses Dilemma nicht dazu verführen, die Idee einer gezielteren und intensiveren Beziehungsarbeit ad acta zu legen.
Quality-Time ist angesagt, d.h. 15 Minuten pro Arbeitstag genügen bereits. Und 15 Minuten Ihrer Zeit werden Sie jeden Tag für diese Aufgabe reservieren können. Mit den folgenden Tipps gelingt es Ihnen noch müheloser.
Tipp 1: Eigenes Zeitfenster festlegen
Planen Sie die 15-Minuten-Runde täglich ein. Es muss eine Routine, gar ein Ritual, werden – für Sie und Ihre Mitarbeiter. So stellt sich eine Kontakt-Zuverlässigkeit ein, auf die Mitarbeiter zählen können. Damit die Routine gut greift, prüfen Sie Ihr Zeitkontingent.
- Wann passt es Ihnen am besten? Morgens? Nach dem Mittagessen? Am Nachmittag?
- Wann startet der Arbeitstag in Ihrem Unternehmen?
- Wann erreichen Sie die meisten Ihrer Mitarbeiter – vor Ort oder im Home-Office?
- Welches Zeitfenster eröffnet sich somit für Ihre 15-Minuten-Runde?
- Wann planen Sie diese fest ein?
Tipp 2: Meetings, Kundenzeit und Co ins Visier nehmen
Bevor Sie endgültig einen Zeitblock für Ihre Runde reservieren, werfen Sie noch einen Blick auf die einzelnen organisatorischen Aspekte im Unternehmen.
- Gibt es regelmässige Meetings – beispielsweise die Montagsmeetings? Falls ja, für welchen Zeitraum sind diese eingeplant?
- Müssen Ihre Mitarbeiter für Kunden erreichbar sein? Von wann bis wann?
- Gibt es andere Faktoren, die in das geplante Zeitfenster fallen? Welche sind diese?
- Wie wirken sich diese auf Ihre 15-Minuten-Runde aus? Ist das geplante Zeitfenster weiterhin sinnvoll? Oder wählen Sie einen anderen Zeitpunkt?
Tipp 3: Walk the Talk konzentriert
15 Minuten ist lang, aber auch wieder sehr kurz. Und zwar aus einem einfachen Grund: Ihr Team bzw. Ihre Abteilung umfasst garantiert mehr als 3 Mitarbeiter. Alle im Team pro Runde zu besuchen und mit jedem einzelnen Mitarbeiter zu sprechen, ist somit illusorisch und unrealistisch.
Deshalb gibt es den Walk the Talk konzentriert – oder wenn Sie wollen „Walk the Talk-light“. Ihr Ziel lautet: Pro Woche jeden Mitarbeiter wenigstens einmal persönlich innerhalb Ihrer 15-Minuten-Runde gesprochen zu haben. Vielleicht unterstehen Ihnen 20 Mitarbeiter, dann wären dies pro Tag 4 Mitarbeiter, die Sie in den 15 Minuten kontaktieren wollen.
Erstellen Sie sich am besten einen Plan für Ihre 15-Minuten-Runde. Listen Sie auf:
- Datum
- Wochen-Arbeits-Tag
- welche Mitarbeiter, Sie an diesem Wochen-Arbeits-Tag sprechen möchten.
So bewahren Sie leicht den Überblick – und vergessen garantiert niemanden.
Tipp 4: Kurz, knapp, knackig
Sensibilisieren Sie sich für das Zeitvolumen, dass Ihnen pro Mitarbeiter zur Verfügung steht. Bei 4 Mitarbeitern pro Runde lägen Sie bei 3,75 Minuten pro Mitarbeiter. Das ist nicht viel, aber ausreichend zur Beziehungspflege. Vielleicht stoppen Sie einmal die Zeit, um ein Gefühl für diesen Zeitraum zu erhalten.
Tipp 5: Aufs Wesentliche konzentrieren
Die 15-Minuten-Runde dient der Beziehungspflege. Deshalb sprechen Sie dabei nur Wesentliches an – beispielsweise
- „Wie läuft die Aufgabe seit dem letzten Steh-Meeting?“
- „Hat sich mit dem Kunden alles geklärt?“
- „Haben Sie alle Daten erhalten, die Sie für den Bericht benötigen?“
Achtung: Manches Mal wird die Antwort nicht knapp und kurz ausfallen. Vielleicht gibt es ein Problem. Vielleicht ist ein Hindernis aufgetreten. Vielleicht sind Schwierigkeiten entstanden. Gut, dass der Mitarbeiter jetzt Gelegenheit erhält, diese anzusprechen. Aber – und dies ist ganz wichtig – wirklich nur anzusprechen. Die 15-Minuten-Runde dient nicht – und ich wiederhole dient nicht dazu -, Probleme zu lösen. Sprechen Sie dies unbedingt aus. „Danke, dass Sie mir dies mitgeteilt haben. Damit wir dies in Ruhe klären können, schlage ich vor, wir treffen uns in einer halben Stunde in meinem Büro. Passt es Ihnen dann?“
Tipp 6: Emotionsampel nutzen
Auch das Fragen nach dem Befinden ist – leider oftmals – eine Zeitfalle. Schnell kann der Mitarbeiter seinen Frust äussern. Und dies sprengt einfach Ihr Zeitkontingent. Führen Sie deshalb eine Emotionsampel ein. Oder alternativ „Emotionskarten“, in den Farben
- Grün – Mir geht es gut
- Orange – Hoppla, ich stehe gerade unter Strom und Stress
- Rot – SOS, ich benötige Unterstützung
Abhängig davon, welche Farbe der Emotionskarte Ihr Mitarbeiter wählt, heisst es auch, in diesem Falle: Vereinbaren Sie einen gesonderten Termin für ein Gespräch.
Tipp 7: Infos, die alle betreffen, unbedingt weiterleiten
Die 15-Minuten-Runde stärkt die Beziehung zu Ihrem Mitarbeiter. Sie stärkt aber auch eins: Den Informationsaustausch. Oft genug geschieht es dann, dass Sie Fakten und Informationen erhalten, die andere Mitarbeiter und/oder das gesamte Team betreffen.
Klären Sie, ob der Mitarbeiter diese Informationen an die zuständigen Kollegen weitergeleitet hat. Falls nicht, bitten Sie ihn, dies unverzüglich zu tun. Notieren Sie sich die Informationen in jedem Falle. Damit Sie im nächsten Meeting den aktuellsten Stand ansprechen können.