Psychologische Sicherheit: So stärken Sie als Führungskraft Ihr Team
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Warum ist psychologische Sicherheit relevant?
Stellen Sie sich vor, Ihre Mitarbeitenden würden sich nicht trauen, ihre innovativen Ideen zu teilen oder kritische Fragen zu stellen, weil sie Angst vor negativen Konsequenzen haben. In solch einer Atmosphäre kann kein Team wirklich erfolgreich sein. Eine fünfjährige Studie bei Google, durchgeführt von Charles Duhigg, zeigt, dass psychologische Sicherheit die wichtigste Schlüsseldynamik für Teamerfolg ist, gefolgt von Zielklarheit und gegenseitiger Unterstützung. Teams, die sich sicher fühlen, investieren mehr Energie in das Erreichen gemeinsamer Ziele als in Selbstschutz. Die Neuro-wissenschaft belegt ebenso, dass Angst das Lernen, die Lösungsfindung sowie die Zusammenarbeit stark einschränkt. Langfristig erbringen Menschen kaum Bestleistungen, wenn sie sich unsicher fühlen. Etliche Führungskräfte verunsichern unbewusst ihre Mitarbeitenden und fördern damit unproduktives Arbeiten und Absicherungsverhalten. In diesem Beitrag beleuchten wir, wie es Ihnen gelingt, Sicherheit zu stärken und Ihr Team bestärkend zu führen, um erfolgreich zusammenzuarbeiten.
Was ist psychologische Sicherheit?
Amy Edmondson, die Autorin des Buchs «Die angstfreie Organisation», beschreibt psychologische Sicherheit als «Überzeugung, dass die Arbeitsumgebung sicher genug ist, um zwischenmenschliche Risiken einzugehen und offen über Fehler zu sprechen». Diese Sicherheit wird stark von Führungskräften geprägt. Durch ihr Verhalten kann also jede Führungsperson aktiv Arbeitsbedingungen gestalten, die das Sicherheitsgefühl der Mitarbeitenden stärken. Wie das gelingt, schauen wir uns anhand von fünf Beispielen an.
Woran erkennen wir, dass psychologische Sicherheit fehlt?
Fehlende psychologische Sicherheit zeigt sich oft in der Epidemie des Schweigens. Wenn Mitarbeitende in Meetings dringende Fragen oder Anmerkungen zurückhalten, ist das ein klares Zeichen. Diese Schwerkraft des Schweigens kann verheerende Auswirkungen auf Lösungsorientierung, Effizienz und Arbeitserfolg haben. Führungskräften ist oft nicht bewusst, dass sie durch kleine Gesten wie eine wegwischende Handbewegung, das Ignorieren einer Bemerkung oder einen infragestellenden Blick Unsicherheit auslösen. Solches Verhalten führt dazu, dass sich Mitarbeitende zurückhalten, um nicht blossgestellt zu werden. Ein prominentes Beispiel für fehlende psychologische Sicherheit und eine Angstkultur ist der Dieselgate-Skandal bei VW. Martin Winterkorn, ehemaliger CEO, wurde als jemand beschrieben, der Angst erzeugte, indem er Mitarbeitende blossstellte, anschrie und verunsicherte. Seine illusorischen Vorgaben für das Bestehen der amerikanischen Abgastests und die daraus resultierende Angstkultur führten zu einem Desaster, das VW über 30 Milliarden Euro und den guten Ruf kostete. Bedenken vieler Fachexperten wurden durch das grosse Schweigen überlagert. Ferdinand Piëch hatte diese Angstkultur bereits eingeführt mit Kommentaren wie:
"Ich habe mir Ihre Namen notiert. Wenn wir das nicht in den nächsten sechs Wochen schaffen, dann werde ich Sie alle ersetzen!» Wir sehen, wie fatal sich fehlende psychologische Sicherheit auf ein Unternehmen auswirken kann."
Warum psychologische Sicherheit allein nicht ausreicht
Dass sich Mitarbeitende sicher fühlen, ist noch kein Garant für gute Leistungen und Teamerfolg. Ebenso wichtig ist es, angemessene Leistungsstandards zu setzen und die Rahmenbedingungen zu schaffen, diese zu erreichen. Auch wenn wir Menschen das Gefühl haben, uns in der Komfortzone sicher zu fühlen, erfüllt uns das Erreichen von ambitionierten Zielen, das Überwinden von Herausforderungen und Finden von funktionierenden Lösungen im Nachhinein mit Stolz. Wir wachsen und entwickeln uns weiter, wenn wir unser Potenzial nutzen. Feedback ist dabei eine wichtige Anzeigetafel für den Einzelnen. Wenn eine Führungskraft spezifisches Feedback dazu gibt, welches Verhalten zum Erfolg beigetragen hat und wo wir uns eventuell selbst noch ausbremsen, leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Selbstsicherheit und Motivation.
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Fünf Strategien für Führungskräfte, um psychologische Sicherheit zu stärken
- Kultur des Zuhörens aufbauen: Statt Annahmen zu treffen, fragen Sie Ihre Mitarbeitenden aller Stufen aktiv nach Input und holen Sie ihre Sicht ein. Auch Experten sehen nur einen Teil der Wahrheit, und unser Gehirn füllt Lücken gerne mit uns bekannten Inhalten und Lösungen, die jedoch nicht immer dem tatsächlichen Bedarf entsprechen. Hierarchieübergreifende Gespräche über aktuelle Herausforderungen oder Herangehensweisen stärken die Zusammenarbeit, Effizienz und gegenseitige Unterstützung.
- Aufrichtigkeit würdigen und stärken: Wir sollten auf dem Weg zum Ziel auch das Stolpern umarmen und daraus lernen. Denn ohne Fehler gibt es keine Entwicklung. Ray Dalio, der Gründer von Bridgewater, sagte einmal, dass Schmerz + Nachdenken = Fortschritt sei. Mit jedem Stolperstein werden wir erfolgreicher, weil wir dazulernen. Wirksames Scheitern führt oft zu Prozessverbesserungen. Wenn wir kleine Fehler ahnden und Mitarbeitende zurechtweisen, werden sie den Mut verlieren, etwas auszuprobieren und lieber Absicherung betreiben. Das jedoch führt selten zu herausragenden Lösungen.
- Transparenz erhöhen: Gestalten Sie die Kommunikation so klar und direkt wie möglich. Eliminieren Sie unbedingt Gossip aktiv und beteiligen Sie sich selbst niemals an Gesprächen über nicht anwesende Personen. Gossip ist in vielen Unternehmen ein zentraler Faktor für fehlende psychologische Sicherheit. Denn wir alle haben das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Laufen wir Gefahr, hinter unserem Rücken verurteilt zu werden, werden wir unser Verhalten defensiv gestalten und weniger Risiken eingehen. Sorgen Sie dafür, dass Sie Ihre Entscheidungen nachvollziehbar kommunizieren. Fehlende Nachvollziehbarkeit aktiviert wieder den «Buschfunk» im Büro, und das zieht Produktivität ab.
- Konflikte erkennen und lösen: Auch wenn es noch so verlockend ist, sich rauszuhalten: Ignorieren Sie bitte keinesfalls sichtbare Spannungen im Team. Sie können sicher sein: Wenn Sie etwas bemerken, ist es ein Thema! Das frühzeitige Ansprechen von wahrnehmbaren Verhaltensunterschieden kann Wunder wirken und potenzielle Konflikte im Keim ersticken. Bauen Sie aktiv eine Kultur des Dialogs und der konstruktiven Reibung auf. Denn konstruktiv ausgetragene Meinungsverschiedenheiten verhindern destruktive Konflikte und fördern Innovation.
- Positive und starke Kommunikation: Sie können Menschen mit Worten aufrichten oder hinrichten. Bestärkende Kommunikation fokussiert sich immer auf das Gelingende. Was nicht passt, ist einfach NOCH nicht gelungen und befindet sich noch im Prozess. Schuldzuweisungen und Kritik lösen schnell Widerstand sowie Unsicherheit aus. Dies lähmt die Kreativität.
Fazit
Jede Führungskraft kann dazu beitragen, die psychologische Sicherheit in ihrem Team zu stärken und damit die Talente der Mitarbeitenden zu nutzen, gemeinsam zu lernen und an Herausforderungen zu wachsen. Gesunde Arbeitsbeziehungen zeichnen sich dadurch aus, dass die Beteiligten sich frei äussern und kluge Risiken eingehen. Auf diese Weise wird nichts vertuscht, und es entsteht ein Raum, gemeinsam mehr zu erreichen und auch die grössten Herausforderungen anzupacken.