Mangelnde Führungskompetenz: Ursachen, Auswirkungen und Wege zur Vermeidung von toxischem Führungsverhalten
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Mangelnde Führungskompetenz wirkt sich nicht nur auf die Mitarbeiter direkt aus, sondern kann auch unerwünschte Folgen für die Führungskräfte selbst und direkten Auswirkungen auf damit den unternehmerischen Erfolg haben (May et al. 2016). In Rahmen einer Umfrage des DGB „Gute Arbeit“ wurden über 8 000 Beschäftigte zu ihren sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz interviewt. Sie gaben dabei an, dass sie Probleme am Arbeitsplatz nicht ansprechen können oder Angst vor ihrer Führungskraft haben.
Obwohl das Phänomen des Bad Leadership, der toxischen Führung eine Vielzahl negativer Konsequenzen haben kann und es häufig vorkommt, ist noch nicht umfangreich erforscht, wie ein solches Führungsverhalten entsteht und wie dieses Phänomen richtig angegangen werden muss. Fakt ist jedoch, dass der Zustand des Bad Leadership nicht zu tolerieren ist.
Massnahmen gegen mangelnde Führungskompetenz
Daher stellt sich die Frage, welche Massnahmen Unternehmen ergreifen können, um mangelnde Führungskompetenz entgegenzuwirken. Im Rahmen verschiedener Studien werden immer wieder ähnliche Gründe genannt, die zu Bad Leadership führen. In den Studien liegen die Ursachen von Bad Leadership einerseits bei der Führungskraft, andererseits bei den Geführten oder deren Kollegen.
In Übereinstimmung mit bestehenden Ansätzen zu Bad Leadership in der wissenschaftlichen Literatur, gelten die (psychologische) Macht der Führungskraft, das fehlende Interesse am Wohlbefinden der Mitarbeitenden oder auch deren mangelnde Selbstwahrnehmung als mögliche Hauptursachen oder Auslöser.
Anfälliges oder verletzliches Auftreten einer Führungskraft beschreibt eine weitere Ursache für Bad Leadership. Darüber hinaus kann die schlechte Behandlung eines Kollegen durch andere Teammitglieder bewirken, dass die Führungskraft dieses Verhalten adaptiert. Das kann dann neben falschen Schuldzuweisungen die unbewusste bzw. bewusste Demütigung vor anderen, emotional und persönlich werden und die Stimme erheben sowie übermässige Kritik umfassen. Möglich sind zudem die willkürliche Anwendung von Regeln und Strafen, unangemessene Arbeitsanforderungen oder die fehlende Duldung von kritischem Hinterfragen.
Mobbing durch die Führungskraft stellt eine weitere Ausprägung von Bad Leadership dar. Auch die von Mitarbeitern wahrgenommene Unhöflichkeit der Führungskraft, wie das Ignorieren oder ein herablassender Ton, zählen zu toxischem Führungsverhalten. Weniger häufig kommen Verhaltensweisen wie Feindseligkeit oder das Bevorzugen von bestimmten Mitarbeitern vor.
Leistungskiller Bad Leadership
Bad Leadership kann die Leistungsbereitschaft und das physische und psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden negativ beeinflussen. Es kann die Beziehung zu anderen Personen sowohl beruflich als auch familiär beeinträchtigen, mit negativen Folgen für die Führungskraft und die Organisation. Die Arbeitsleistung sinkt womöglich, Fehler häufen sich, das Arbeitsklima leidet infolge von Misstrauen, Sabotage oder Unhöflichkeit.
Es gibt Untersuchung, die darauf hindeutet, dass Mitarbeiter das entgegengebrachte Verhalten erwidern, um der Führungskraft zu schaden. Die Mitarbeiterbindung kann sich verschlechtern und die Fluktuation erhöhen, was der Organisation zusätzliche finanzielle und personale Ressourcen abverlangt.
Ein erster Ansatzpunkt zur Vorbeugung von Bad Leadership beginnt mit der Auswahl der Führungskräfte. Dazu empfiehlt es sich standardisierte Persönlichkeitsfragebogen einzusetzen, die gewährleisten, dass Kandidaten berücksichtigt werden, die passende Ausprägungen in berufsbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen zeigen. Hilfreich ist dabei zum Beispiel das TOP‑Verfahren nach Schwarzinger und Schuler, welches ein valides Instrument zur Erfassung von Merkmalen der sogenannten dunklen Triade der Persönlichkeit darstellt.
Seminar-Empfehlungen
Als Dunkle Triade der Persönlichkeit werden die drei Persönlichkeitsmerkmale Narzissmus, Machiavellismus und subklinische Psychopathie bezeichnet. Narzissmus zeichnet sich durch eine überzogene Selbstwerteinschätzung, ein überzogenens Anspruchsdenken und arrogantes Verhalten aus. Personen mit einer hohen Ausprägung in Machiavellismus neigen zur Anwendung gewiefter, jedoch allgemein gering akzeptierter Taktiken, wie z. B. Lügen oder Betrug zur Durchsetzung eigener Interessen. Zudem weisen sie eine von Zynismus und Misstrauen geprägte Haltung zu ihren Mitmenschen sowie ein realistisches Selbstbild auf. Sie glauben, dass Härte und Stärke für die Durchsetzung eigener Interessen notwendig sei. Subklinische Psychopathie als Persönlichkeitsmerkmal ist gekennzeichnet durch selbstsüchtiges, rücksichtsloses Ausnutzen anderer, Gewissenlosigkeit und fehlendem Einfühlungsvermögen sowie Impulsivität und antisozialem Lebensstil. Diese drei Persönlichkeitsmerkmale weisen Überlappungen auf, lassen sich also nicht scharf voneinander abgrenzen.
Der Einsatz des TOP-Verfahren in der Personalauswahl muss wohlüberlegt erfolgen. Zum Beispiel kann die Annahme, dass eine niedrige Ausprägung der Dunklen Triade stets vorteilhaft ist, irreführend sein. Schwarzinger und Schuler führen dazu aus: „Beispielsweise werden Führungskräfte danach ausgewählt, dass sie über ausgeprägtes Selbstvertrauen verfügen und gerne gegenüber anderen Personen den Ton angeben, ihre Mitmenschen überzeugen können und auch über ausreichende Härte verfügen, unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Mit diesen Eigenschaften und Haltungen wird eine Person mittlere oder überdurchschnittliche Werte in den Dunkle Triade-Faktoren erzielen“. Entscheidend beim Einsatz des Instruments sind die Anforderungen an den Stelleninhaber.
Führungskräftecoaching
Grundsätzlich ist es im Rahmen von geeigneten Führungskräftecoachings bzw. Führungskräfteentwicklungsmassnahmen wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie eine Führungskraft Einfluss und Macht als Führungsmittel einsetzt. Im Rahmen dieser Leadership‑Trainingsprogramme können zum Beispiel Achtsamkeits‑ und Empathietrainings helfen, die Selbstkontrolle und Selbstregulation der Führungskräfte zu stärken. Wichtig ist dabei, aktiv geeignetes und erwünschtes Führungsverhalten zu fördern.
Im Rahmen der Führungskräfteentwicklung ist es zum Beispiel hilfreich, einen situativen Führungsstil zu fördern, um den Reifegrad der Mitarbeiter entsprechend adäquat einzuschätzen und weiterzuentwickeln. Ebenfalls helfen Führungskräften Massnahmen zur Stressbewältigung.
Unternehmenskultur stärken
Auch auf organisatorischer Ebene ergeben sich Massnahmen zur Vorbeugung und Überwindung von Bad Leadership. Gemeinsam mit den eigenen Führungskräften ist es ratsam eine Unternehmenskultur zu etablieren, die missbräuchliches Verhalten der Mitarbeitenden nicht duldet. Ein Führungsleitbild kann hier erklären, welches Führungsverhalten erwartet wird. Um mögliches Fehlverhalten zu erkennen, kann zudem ein Whistleblowing‑System oder ein Ethik‑Office sinnvoll sein.
Regelmässige anonyme Mitarbeiterbefragungen zum Arbeitsklima lassen Rückschlüsse auf Missstände in der Führungskultur zu. Darüber hinaus müssen die Führungskräfte regelmässig konstruktive Rückmeldung zu ihrem Führungsverhalten erhalten. Bei Feedbackgespräche zwischen einer Führungskraft und ihrem Vorgesetzten ist das Instrument des 360‑Grad‑Feedback sehr hilfreich.
Bei diesem systematischen Prozess wird die Führungskraft multiperspektivisch – nicht nur von einer hierarchisch höheren Person und der Führungskraft selbst, sondern auch von ihren Kollegen und Mitarbeitern eingeschätzt. Um Bad Leadership langfristig entgegenzuwirken, muss das Selbstbewusstsein von Mitarbeitern im positiven Sinne gestärkt werden. Dadurch wird ein gesunder Umgang mit negativem Feedback erreicht. Instrumente können strukturierte Mitarbeitergespräche, die Beratung durch psychologisch geschultes Personal oder Business Coachings sein. Ausserdem ist es zielführend regelmässige Trainings zum Aufbau und zur Stärkung der Sozialkompetenz der Mitarbeiter durchzuführen, um das Miteinander zu stärken.