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Junge Führungskraft: Erfolgreich in der neuen Führungsrolle

Sowohl für junge Führungskräfte als auch Führungskräfte, die die Stelle wechseln, gilt: Ob sich eine Führungskraft auf ihrer Positionen behauptet, entscheidet sich in aller Regel in den ersten 100 Tagen. Schauen wir uns den folgenden Praxisfall genauer an.

03.07.2024 Von: Matthias K. Hettl
Junge Führungskraft

Ein 32-jähriger Betriebswirt wird zum Leiter der Abteilung Kundenbetreuung befördert. Schwungvoll geht er ans Werk. Flugs gestaltet er in den ersten Tagen zentrale Arbeitsabläufe in seiner Abteilung um. Außerdem streicht er die gewohnten Besprechungen am Wochenanfang, die von allen als Zeitverschwendung angesehen werden. Danach beschäftigt er sich wochenlang vor allem mit der Ausgestaltung eines neuen Beschwerdemanagementsystems. Mit ihm will er Pluspunkte bei der Firmenleitung sammeln. 

Anfangs lassen sich die Mitarbeiter vom Tempo ihres neuen Vorgesetzten und von dessen Organisationstalent und –eifer noch inspirieren. Motiviert arbeiten sie in den ersten drei, vier Wochen mit. Doch dann fällt ihre Leistung spürbar ab. Solche Prozesse registriert man immer wieder, wenn eine junge Führungskraft ihr Amt antritt. 

Die Mitarbeiter ins Boot holen

Ein zentrales Versäumnis des neuen Leiters der Abteilung Kundenbetreuung war: Er holte seine Mitarbeiter nicht „mit ins Boot“. Er informierte sie weder über seine Arbeit, noch nutzt er ihre Erfahrung. Deshalb fragten sich seine Mitarbeiter irgendwann: Mit welch nutzlosem Kram beschäftigt er sich eigentlich den ganzen Tag? 

Der neue Leiter der Abteilung Kundenbetreuung vermittelte seinen Mitarbeitern zudem keine Vision, wie sich die Zusammenarbeit künftig gestalten solle. Er verständigte sich mit ihnen auch nicht auf Ziele, die es bei der gemeinsamen Arbeit zu erreichen gilt. 

Also legten sich die Mitarbeiter zwar anfangs ins Zeug, um dem Neuen zu signalisieren: Ich bin ein guter Mann beziehungsweise eine gute Frau. Doch dann registrierten sie: Unser neuer Chef interessiert sich eigentlich gar nicht für uns und unsere Arbeit, er ist weitgehend mit sich selbst beschäftigt. Also schalten sie ein, zwei Gänge runter. Das heißt: Ihr anfänglicher Elan ließ nach – auch weil ihnen die nötige Orientierung im Arbeitsalltag fehlte.

Wie hätte die junge Führungskraft dies vermeiden können? Eine neue Führungskraft sollte in der Startphase, bevor sie beginnt, Dinge umzukrempeln, in Gesprächen mit ihren Mitarbeitern zunächst stets ermitteln:

  • Wie war die Arbeit in dem Bereich bisher strukturiert und organisiert?
  • Von welchen Maximen ließen sich die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit leiten? Und:
  • Welche Wünsche und Vorstellungen haben diese bezüglich der künftigen Zusammenarbeit? 

Anschließend sollte sie ihren Mitarbeitern vermitteln,

  • inwieweit ihre Erwartungen realistisch sind,
  • welche (übergeordneten) Ziele es bei der künftigen Zusammenarbeit zu erreichen gilt und
  • welche Rolle sie selbst beim Erreichen der gemeinsamen Ziele spielen.

Außerdem sollte die Führungskraft mit jedem Mitarbeiter im Vier-Augen-Gespräch klären: 

  • Wo stehst du? 
  • Wo willst du hin? 
  • Was brauchst du dafür? 

Erst wenn sie diese Info hat, sollte sie damit beginnen, Abläufe sowie Zuständigkeiten neu zu definieren – und zwar so, dass ihre Mitarbeiter zielgerichtet arbeiten und ihren Beitrag zum Erreichen der übergeordneten Ziele leisten können.

Folgendes sollten Sie sich als Führungskraft nämlich stets vor Augen führen. Ihre Leistung wird letztlich an der Leistung Ihres Teams gemessen. Folglich ist Ihr beruflicher Erfolg und Ihr berufliches Fortkommen als Führungskraft, so paradox dies klingt, weitgehend abhängig von den Personen, die Ihnen untergeben sind. Das ist vielen jungen Führungskräften nicht ausreichend bewusst.

Weniger Fachaufgaben erledigen

Der neue Leiter der Abteilung Kundenmanagement beging noch einen Fehler. Er verwendete (oder verschwendete) die meiste Energie für Fachaufgaben. Solche Aufgaben sollten Sie als Führungskraft nur erledigen, wenn dies außer Ihnen niemand tun kann. Sonst fehlt Ihnen schnell die erforderliche Zeit für Ihre Führungs- und Steuerungsaufgaben. Hierzu zählen unter anderem alle Gespräche, die Sie als Führungskraft mit Ihren Mitarbeitern führen müssen, damit diese ihren Beitrag zum Erreichen der Bereichs-/Unternehmensziele leisten (können). Die hierfür benötigte Zeit wird insbesondere von Führungskräften oft unterschätzt. Bei den meisten Führungskräften entspricht die Zeit, die sie für Fach-, Steuerungs- und Führungsaufgaben verwenden, nicht deren Bedeutung für ihren Erfolg als Führungskraft. Umfragen zeigen: Die meisten Führungskräfte verbringen 80 Prozent ihrer Zeit mit Fachaufgaben; nur zu jeweils 10 Prozent sind sie mit Steuerungs- und Führungsaufgaben beschäftigt. Dabei sollte das Verhältnis nahezu umgekehrt sein. Als Kompass für den Führungserfolg gilt: Führungskräfte sollten höchstens 20 Prozent ihrer Zeit für Fachaufgaben verwenden, 40 Prozent jeweils für Steuerungs- und Führungsaufgaben. Denn Führungskräfte werden grundsätzlich nicht dafür bezahlt, Fachaufgaben zu erfüllen. 

Die Leistung der Mitarbeiter erzeugen

Was ist der „Job“ einer Führungskraft? Sie muss dafür sorgen, dass jeder Mitarbeiter seinen Beitrag dazu leistet, dass der Bereich beziehungsweise das Unternehmen seine Ziele erreicht. Doch wie lässt sich die hierfür nötige Leistung bei den Mitarbeitern erzeugen? Das wissen viele junge Führungskräfte nicht. Unabdingbar hierfür ist, dass Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern regelmäßig über ihre Erwartungen an sie sprechen. Vor diesen Gesprächen sollten sich Führungskräfte überlegen: Wie kann ich dem Mitarbeiter die Ziele, die er bei seiner Arbeit erreichen soll, so vermitteln, dass er deren Wichtigkeit erkennt? 

Des Weiteren: Wie motiviere ich ihn dazu, dass die für das Erreichen der Ziele nötigen Dinge auch wirklich tut? Dabei sollten Führungskräfte folgende Regel beherzigen: Diskutieren Sie im Gespräch mit dem Mitarbeiter nie über das Ziel, das es zu erreichen gilt. Dieses ist nicht diskutabel! Reden Sie mit ihm nur über den Weg, wie er dieses Ziel erreichen möchte. Denn wenn ein Mitarbeiter mitentscheiden darf, wie er beim Erreichen der gesteckten Ziele vorgeht, ist er in der Regel motivierter, als wenn Sie ihm jeden Arbeitsschritt vorschreiben. Außerdem entlasten Sie sich selbst als Führungskraft, wenn Sie die Entscheidung über das „Wie“ weitgehend Ihren Mitarbeitern überlassen.

Selbstverständlich gibt es auch Situationen, in denen Arbeitsanweisungen sinnvoller als Zielvorgaben sind – zum Beispiel bei extremem Zeitdruck. Wenn ein Schiff sinkt, kann der Kapitän nicht mit der Mannschaft darüber diskutieren, ob die Rettungsboote ins Wasser gelassen werden sollten. Er muss knappe und präzise Befehle erteilen. Intelligente Mitarbeiter akzeptieren das. Eine Führungskraft sollte daher ihr Führungsverhalten stets der jeweiligen Situation anpassen. Aber auch dem jeweiligen Gegenüber! Wenn ein Mitarbeiter eigeninitiativ nicht die erforderliche Leistung bringt, dann müssen Sie ihn an der „kurzen Leine“ führen – also weitgehend mittels Arbeitsanweisungen.

Steuerung und Kontrolle ist nötig

Das „Ziele vereinbaren“ oder „Anweisen“ ist aber nur der erste Schritt im Führungsprozess. Wenn der Mitarbeiter das Ziel kennt, muss er seine Aufgaben auch erfüllen. Dieses Umsetzen beziehungsweise das Erreichen von Teilzielen sollten Sie als Führungskraft auch kontrollieren. Denn sonst können Sie irgendwann nur noch registrieren: Das Kind ist in den Brunnen gefallen – also, die Ziele wurden nicht erreicht. Ein Gegensteuern ist dann nicht mehr möglich. Kontrollieren und Steuern lautet folglich der zweite Schritt im Führungsprozess. Die Kontrolle kann sich, je nach Mitarbeiter und Bedeutung der Aufgabe, auf das Erreichen bestimmter Teilziele oder das Durchführen der hierfür nötigen Arbeitsschritte beziehen. Was der Situation und dem Mitarbeiter angemessen ist, müssen Sie als Führungskraft jeweils neu entscheiden. Klar sollte Ihnen aber sein: Ein Mitarbeiter, den Sie an der kurzen Leine führen müssen, verursacht Ihnen Mehrarbeit – ganz gleich, warum. Deshalb ist seine Arbeit weniger wert. Das sollten Sie ihm, sofern nötig, auch sagen. Auf die Kontrolle folgt im Regelkreis des Führens das Anerkennen oder Verbessern der Leistung des Mitarbeiters. Doch wie erkenne ich als Führungskraft die Leistung von Mitarbeitern angemessen an? Sollen Sie Ihre Mitarbeiter für alles Erreichte oder Getane loben? Geben Sie unterstützendes Feedback und greifen Sie frühzeitig ein um zu korrigieren. Dies tun Sie immer sehr zeitnah, wenn möglich in der Situation, sachlich und konkret. Und wichtig „unter vier Augen“. 

Keinen Übereifer

Ein letzter Tipp für angehende Führungskräfte: Beim Gestalten des Führungsalltags führen viele Wege zum Erfolg. Nur einer meist nicht: Von Anfang an alles anders machen zu wollen als der Vorgänger. Dies produziert in der Regel Widerstand. Außerdem fehlt Ihnen hierfür als Neuer in der Abteilung meist die erforderliche Information.

Deshalb folgender Tipp (nicht nur für angehende Führungskräfte): Treffen Sie, wenn Sie eine neue Führungsposition antreten, in den ersten zwei Wochen keine wegweisenden Entscheidungen. Bemühen Sie sich vielmehr zunächst darum, die Arbeitsweise und die Handlungsabläufe in Ihrer neuen Abteilung kennen zu lernen. Und sagen Sie dies auch Ihren neuen Mitarbeitern in den ersten Gesprächen, die Sie mit ihnen führen, selbst wenn diese Sie mit noch so vielen Anfragen wie „Chef, wie geht es weiter“ bestürmen. Denn manche Führungskraft schaufelte sich schon das eigene Grab, weil sie in der Startphase vorschnell weitreichende Entscheidungen traf und ihren Mitarbeitern irgendwelche Versprechen gab, welche diese später nicht einhalten konnte.

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