Dienende Führungskräfte: Die Umsetzung dienender Führung in der Praxis

Wie schaffen Sie es nun, den dienenden Führungsansatz in Ihre Führungspraxis zu überführen? Die folgenden sechs konkreten Schritte helfen Ihnen dabei, selbst zu den dienenden Führungskräften zu zählen.

05.11.2024 Von: Matthias K. Hettl
Dienende Führungskräfte

Dienende Führungskräfte: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran

Eine dienende Führungskraft wird ihren Teammitgliedern stets zur Seite stehen und mit gutem Beispiel vorangehen. Solche Teams merken, dass ihre Vorgesetzten bereit sind, die gleiche Zeit und Mühe in ein Projekt zu investieren wie sie selbst und wissen dies zu schätzen. So werden die Teams dazu motiviert, hart und gewissenhaft zu arbeiten.

Mit gutem Beispiel voranzugehen, bedeutet jedoch mehr, als sich gemeinsam anzustrengen. Dienende Führungskräfte sollten ihre Teammitglieder auch dazu animieren, eine Auszeit zu nehmen und sich zu erholen, indem sie es selbst tun. Mitarbeitende nehmen viel eher einen Urlaub oder eine Auszeit für die mentale Gesundheit in Anspruch, wenn ihre Führungskräfte dies auch tun.

Zum Beispiel können Sie als dienende Führungskraft einem Teammitglied anbieten, bei einer Aufgabe auszuhelfen, die nicht unbedingt Teil Ihrer üblichen Tätigkeiten ist. So kann sich dieses Teammitglied auf wichtigere Aufgaben konzentrieren, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass seine Arbeit nicht erledigt wird.

Zeigen Sie Ihrem Team, warum die Arbeit wichtig ist

Menschen neigen dazu, sich mehr für ihre Arbeit zu interessieren, wenn sie verstehen, wie sich diese auf die übergeordneten Unternehmensziele auswirkt. Daher ist dieser Aspekt einer der wichtigsten Aufgabenbereiche im Servant Leadership. Dazu könnten Sie zum Beispiel auch kleinere Meilensteine würdigen, sollten Ihr Team aber auch immer wieder an das grosse Ganze erinnern, zu dem sie alle beitragen.

Beispiel: Um Ihr Team zu motivieren und ihm zu zeigen, dass seine Arbeit wertgeschätzt wird, empfehlen wir, mit ihm regelmässig die Erfolge des Unternehmens zu zelebrieren und ihm aufzuzeigen, wie sich ein Produkt oder eine Dienstleistung des Teams einen positiven Effekt auf die Kundschaft gehabt hat. Bringen Sie die gemeinsamen Ziele Ihres Unternehmens und Ihrer Abteilung beispielsweise in einem Überblick zusammen. Dieses visuelle Management kann in einer Softwareplattform erfolgen, z. B. Leapsome. So behält  jeder einzelne und die Teams den Überblick über ihre Arbeit behalten und gleichzeitig den Fortschritt im Blick. 

Animieren Sie Ihre Teammitglieder zum Teamwork

Dienende Führungskräfte verstehen, dass Teams stärker sind, wenn sie gemeinsam an einem Strang ziehen. Daher fördern sie die Zusammenarbeit im Team, indem sie jedem Teammitglied den nötigen Freiraum geben, um sich zu entfalten, sich zu profilieren und sich auf das Team verlassen zu können. Dieses Gemeinschaftsgefühl kommt sowohl jedem Einzelnen als auch dem Unternehmen als Ganzes zugute.

Zum Beispiel fördern regelmässige gemeinsame Unternehmungen die Zusammenarbeit im Team. Ganz gleich, ob es sich dabei um eine virtuelle oder eine persönliche Veranstaltung handelt, die gemeinsamen Erfahrungen werden die Beziehungen innerhalb Ihres Teams stärken.

Helfen Sie Ihren Teammitgliedern, sich weiterzubilden und zu entwickeln

Zu den wichtigsten Eigenschaften im Servant Leadership gehört das Engagement für das berufliche und persönliche Wachstum der eigenen Teammitglieder. Sie tragen aktiv zum beruflichen Wachstum ihres Teams bei, indem sie ihren Teammitgliedern diverse Möglichkeiten bieten, bei Projekten eine führende Rolle zu übernehmen, an Weiterbildungs- oder Förderprogrammen teilzunehmen und neue Qualifikationen zu erwerben.

Um Ihrem Team dabei zu helfen, sich weiterzuentwickeln, sollten Sie jeden einzelnen regelmäßig nach seinen Zielen befragen. Basierend darauf können Sie Lernmöglichkeiten und Meilensteine schaffen, um diese beim Erreichen dieser Ziele zu unterstützen.

Nehmen Sie auch die privaten Themen Ihrer Teammitglieder ernst

Dienende Führungskräfte unterstützen ihre Teammitglieder nicht nur beruflich, sondern zeigen auch ein echtes persönliches Interesse an ihnen. Da sie wissen, was im Privatleben der Mitglieder ihres Teams vor sich geht, handeln dienende Führungskräfte mit Empathie. Ein Teammitglied, das persönlich eine schwierige Zeit durchmacht, wird die persönliche Unterstützung zu schätzen wissen und wahrscheinlich mit einer gewissen Dankbarkeit reagieren, wodurch die Arbeitsmoral gestärkt wird und das Team und das Projekt insgesamt davon profitieren. 

Dienende Führungskräfte konzentrieren sich auf langfristige Ziele und wissen: Wenn man sich auch für die persönlichen Belange der Mitarbeitenden in seinem Team interessiert, fördert man damit eine starke Arbeitsmoral unter den Mitgliedern. Fragen Sie hierzu Ihre Teammitglieder, was in ihren persönlichen Leben vor sich geht und erzählen Sie auch selbst etwas Persönliches von sich selbst, um eine echte Beziehung aufzubauen. Diese Offenheit schafft eine Vertrauensbasis, die es Ihrem Team leichter macht, bei Bedarf um Unterstützung zu bitten.

Bitten Sie regelmässig um Feedback

Nur eine Führungskraft, die offen für Feedback ist und dieses auch einfordert, verfügt über die nötige Selbstwahrnehmung. Regelmässiges Feedback von einzelnen im Team und anderen Personen im Unternehmen ermöglicht es einer dienenden Führungskraft, ihre Führungsqualitäten ständig zu verbessern. Und Mitarbeitende, die sich dazu ermutigt fühlen, ehrliches Feedback abzugeben, sind auch eher bereit, Probleme oder Hindernisse anzusprechen, auf die sie bei Projekten stoßen, was zu einem fortschrittlichen und flexiblen Arbeitsumfeld beitragen kann.

Beenden Sie Sitzungen oder E-Mails beispielsweise mit ein paar einfachen Fragen, um ehrliches Feedback einzuholen: „Haben Sie Anregungen für mich? Was läuft Ihrer Meinung nach gut? Gibt es Dinge, die ich verbessern kann?“

Vor- und Nachteile von Servant Leadership

Wie bei jedem Führungsstil gibt es auch bei dem dienenden Führungsstil Vor- und Nachteile. Dienende Führungskräfte übertragen ihren Teams mehr Verantwortung, um deren Motivation, Mut und Kreativität zu steigern. Auf diese Weise entsteht eine starke Teamkultur.

Allerdings erfordert dieser Führungsstil auch viel Zeit, Energie und Erfahrung. Dienende Führungskräfte müssen ihre Teammitglieder auf beruflicher und persönlicher Ebene sehr gut kennen, um sie bestmöglich unterstützen zu können.

Bevor Sie sich für den dienenden Führungsstil entscheiden, sollten Sie sich einige weitere Vor- und Nachteile dieses Stils vor Augen führen.

Vorteil: Mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur

Dienende Führungskräfte schaffen eine auf den Menschen ausgerichtete Arbeitsatmosphäre, indem sie tiefe, vertrauensvolle Beziehungen zu und zwischen ihren Mitarbeitern aufbauen. Diese Vertrauensbasis und das daraus resultierende Zusammengehörigkeitsgefühl ermöglicht es den Menschen, Entscheidungen im Einklang mit den Interessen des Unternehmens und aller Beteiligten zu treffen. 

Nachteil: Mögliche Autoritätseinbussen

Da dienende Führungskräfte auf einer persönlichen Ebene mit ihren Teams interagieren, kann sich ihre natürliche Autorität möglicherweise reduzieren. Problematisch wird es dann, wenn Einzelne die Offenheit der Führungskraft versuchen auszunutzen. Auch können Missverständnisse entstehen, wenn andere Führungskräfte des Unternehmens einen anderen Ansatz verfolgen. 

Der dienende Führungsstil verträgt sich ausserdem eher nicht mit den meisten leistungsorientierten Managementformen oder kurzfristig ausgerichteten Prämiensystemen in Unternehmen. Aber wenn Sie es schaffen, Ihr Team authentisch und zielgerichtet zu führen, den Mitgliedern die Gelegenheit geben, sich weiterzuentwickeln und einen starken Zusammenhalt innerhalb Ihres Teams aufzubauen, können Sie den dienenden Führungsstil trotzdem anwenden.

Vorteil: Bessere Arbeitsmoral im gesamten Team

Ein Team, das sich von seiner Führungskraft wahrgenommen und wertgeschätzt fühlt, arbeitet in der Regel zuverlässiger und ist stolzer auf seine Arbeit. Dienende Führungspersönlichkeiten können die Arbeitsmoral im gesamten Team positiv beeinflussen und zukünftige Führungskräfte fördern, indem sie ihnen die Möglichkeit geben, sich zu profilieren.

Nachteil: Teammitglieder haben manchmal Probleme bei der Entscheidungsfindung.

Wenn dienende Führungskräfte ihren Teams die Gelegenheit geben, sich zu beweisen, besteht auch die Gefahr, dass sie einzelne Mitglieder überschätzen und überfordern. Personen, die noch nicht den Mut oder das Selbstvertrauen haben, grosse Entscheidungen allein zu treffen, könnten sich in einem Arbeitsumfeld, das ihnen so viel Entscheidungsgewalt einräumt, entmutigt und verloren fühlen.

Einer erfahrenen Führungskraft gelingt es normalerweise ihren Führungsstil an die jeweilige Situation, an ihre Mitarbeitenden und an die Erfordernisse des jeweiligen Projekts anzupassen. Das Beste, was eine Führungskraft tun kann, ist, die Bedürfnisse und Motivationsfaktoren ihrer Teammitglieder zu ermitteln und sie auf eine Art und Weise zu unterstützen, die ihre Entfaltung ermöglicht.

Bedeutung engagierter und zufriedener Mitarbeiter

John W. Gardner und Philippe de Woot sehen Leadership als „die natürliche und zwanglose Fähigkeit, Menschen anzuregen, sich freiwillig, engagiert und motiviert für die Erreichung gemeinsamer Ziele einzusetzen.“ Die wirkliche Achtung vor dem Menschen und das echte Interesse am Menschen sind Merkmale von Leadership. Leadership ist nach Meinung Hans H. Hinterhuber und Mohtsham M. Saeed erlernbar, falls man danach strebt und bereit ist „Opfer dafür zu bringen “ und beständig an sich selbst arbeiten zu wollen. 

Empirische Untersuchungen durch David Maister und Hans Hinterhuber zeigen, dass die nachhaltige Wertsteigerung eines Unternehmens hauptsächlich durch zwei Faktoren beeinflusst wird. In erster Linie durch die Kundenbeziehung und durch die Qualität des Produktes oder der Dienstleistung und gleich darauf folgend durch die Mitarbeitendenzufriedenheit. Zufriedene Kunden und deren positives Feedback über die Produkte und Dienstleistungen sind die Grundlage erfolgreichen Unternehmertums. 

Engagierte und zufriedene Mitarbeitende sind der Schlüssel für Kundenzufriedenheit, Kundentreue und dem „Kunden als Botschafter“ und dadurch massgeblich an der Wertsteigerung des Unternehmens beteiligt. Durch ihr Engagement, in ihrem Aufgabenbereich das Beste geben zu wollen, erhalten die Kunden einen Mehrwert, den sie von anderen Unternehmen nicht bekommen. 

Der Kunde steht somit im Mittelpunkt des „Führungsrades“. Die Leadership-Frage, die sich Unternehmer und Führungskräfte demnach laufend stellen müssen, lautet für die Autoren: „Sind die Mitarbeiter stolz auf das Führungsteam und auf die Werte, die dieses vertritt? “. Die Zielmarke sollte ein 100%iges „Ja“ der Mitarbeitenden zum Führungsteam sein und durch das Vorleben und das Konzept des Servant Leadership, lässt sich dies auch erreichen.

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